Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 17.05.2023, Az.: 3 U 67/22

negative Feststellungsklage; Vorleistungspflicht; Leistungsverweigerungsrecht; verbundener Darlehensvertrag; Kein Zurückbehaltungsrecht des Darlehensgebers gegenüber dem negativen Feststellungsantrag des Darlehensnehmers, aufgrund des Widerrufs der auf Abschluss eines verbundenen Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung nicht zur Zahlung des Vertragszinses und der vertragsgemäßen Tilgung verpflichtet zu sein

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.05.2023
Aktenzeichen
3 U 67/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 18794
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0517.3U67.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 14.07.2022 - AZ: 4 O 149/21

Fundstelle

  • VuR 2023, 319

Amtlicher Leitsatz

Der Darlehnsgeber kann dem auf negative Feststellung gerichteten Antrag des Darlehensnehmers, der Darlehensgeber habe aufgrund des Widerrufs der auf Abschluss eines mit einem Fahrzeugkaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Darlehensnehmers keinen Anspruch auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung, nicht entgegenhalten, der Darlehensnehmer sei vorleistungspflichtig.

In dem Rechtsstreit
M. N.,
Kläger, Berufungskläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
B. Bank GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,
...,
Beklagte, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2023 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 14. Juli 2022, Az. 4 O 149/21 wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 14. Juli 2022, Az. 4 O 149/21 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1. des angegriffenen Urteils dahingehend klargestellt wird, dass festgestellt wird, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. ... über nominal 26.000 € aufgrund des Widerrufs vom Januar 2020 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.

  3. 3.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 46 % und die Beklagte zu 54 %.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  5. 5.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf einer auf den Abschluss eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.

Auf den schriftlichen Darlehensantrag vom Februar 2019 (Antragsnummer: 123) gewährte die Beklagte dem Kläger ein Darlehen (Finanzierungsnummer: 456) zur Finanzierung des Erwerbs eines gebrauchten Pkw M. C. S. Der Nettodarlehensbetrag belief sich - ebenso wie der Kaufpreis des finanzierten Fahrzeugs - auf 26.000,00 €. Das Darlehen mit einem vereinbarten Sollzinssatz von 2,95 % p.a. sollte in 59 monatlichen Raten zu je 285,79 € sowie einer Schlussrate von 11.960,00 € zurückgezahlt werden.

Der Darlehensantrag enthielt folgende Widerrufsinformation:

olg_celle_20230517_3u6722_urteil_as1

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K1a (Anlagen, soweit nicht anders angegeben, im Anlagenband Kläger) Bezug genommen.

Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß ausgezahlt und der Kläger nahm die Ratenzahlungen auf. Er erwarb das durch das Darlehen finanzierte Fahrzeug bei der B. AG Niederlassung H.

Mit Schreiben vom Januar 2020 (Anlage K 3) erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom Januar 2020 (Anlage K 4) und - auf das zwischenzeitliche Schreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom Februar 2020 (Anlage K 5) - mit Schreiben vom Februar 2020 (Anlage K 6) zurück.

Der Kläger leistete auf das Darlehen Zahlungen, von denen 2.286,32 € auf die Zeit bis zur Erklärung des Widerrufs entfielen.

Im August 2022 löste der Kläger das Darlehen vorzeitig ab und zahlte an die Beklagte entsprechend ihrem Ablöseangebot vom xx.07.2022 (Anl. BE9, Bl. 435 f. d.A.) eine Ablösesumme in Höhe von 17.032,65 €. Ebenfalls im August 2022 veräußerte der Kläger das Fahrzeug zu einem Kaufpreis in Höhe von 18.000,00 € (vgl. Kaufvertrag vom August 2022, Anlage BK2, Bl. 346 d.A.)

Der Kläger hat zur Begründung seiner im Wesentlichen auf Feststellung, keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr zu schulden, sowie auf Rückzahlung der bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gerichteten Klage vorgetragen, er habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung noch wirksam widerrufen können. Die Widerrufsfrist habe nicht bei Vertragsschluss zu laufen begonnen, weil der Darlehensvertrag nicht alle hierfür erforderlichen Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB enthalten habe. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf Seite 12 ff. der Klageschrift (Bl. 7 R ff. d.A.), der Beklagten zugestellt am 27. September 2021, und auf Seite 6 ff. des Schriftsatzes vom 22. Januar 2022 (Bl. 101 R ff. d.A.) verwiesen. Im Übrigen sei die Widerrufsbelehrung unwirksam, weil der Text der Belehrung aufgrund der geringen Schriftgröße für den durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar sei und der Kaskadenverweis über § 492 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unzulässig sei. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil diese europarechtswidrig sei. Die Vorleistungspflicht aus § 357 Abs. 4 BGB stehe seinem Rückzahlungsanspruch nicht entgegen. Die Beklagte verhalte sich treuwidrig, indem sie sich einerseits auf die Vorleistungspflicht berufe, andererseits aber die Wirksamkeit des Widerrufs nicht anerkenne. Einen Wertersatzanspruch der Beklagten, den er - der Kläger - grundsätzlich nicht in Abrede stelle, habe die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte bisher nicht nachvollziehbar beziffert und bewiesen. Insbesondere seien bei der Bestimmung des Ausgangswertes des Fahrzeugs die Umsatzsteuer und die Händlergewinnmarge in Abzug zu bringen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, der Widerruf des Klägers sei unwirksam, weil die Widerrufsfrist abgelaufen sei. Die verwendete Widerrufsinformation habe dem gesetzlichen Muster der Anlage 7 zu Art. 247 Abs. 2 Satz 3 EGBGB entsprochen, so dass die Gesetzlichkeitsfiktion eingreife. Die für das Anlaufen der Widerrufsfrist notwendigen Pflichtangaben seien ordnungsgemäß erteilt worden. Der Beklagten stehe ein Wertersatzanspruch in Höhe von 8.350,00 € zu, der sich aus der Differenz des Fahrzeugwertes zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger von 26.000,00 € und des gegenwärtigen Wertes von 17.650,00 € errechne. Hiermit hat die Beklagte hilfsweise die Aufrechnung gegen den Anspruch auf Rückzahlung der vom Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsraten erklärt. Sie habe im Übrigen einen - derzeit nicht abschließend bezifferbaren - Anspruch auf Ersatz eines darüber hinausgehenden möglichen Wertverlustes des Fahrzeugs bis zu dessen Rückgabe an sie, die Beklagte. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hannover hat sie gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere der in erster Instanz gestellten Anträge, wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags, keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr zu schulden, stattgegeben und sie im Übrigen als - zum Teil derzeit - unbegründet abgewiesen. Der hilfsweise erhobenen Widerklage auf Feststellung der (weiteren) Wertersatzpflicht des Klägers hat es stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, seine örtliche Zuständigkeit ergebe sich aus § 29 Abs. 1 ZPO, weil sich das finanzierte Fahrzeug bestimmungsgemäß in seinem Zuständigkeitsbezirk am Wohnsitz des Klägers befinde und dort ein gemeinsamer Erfüllungsort für die negative Feststellungsklage und die Leistungsklage liege. Der Feststellungsantrag sei begründet. Der Kläger habe den Vertrag wirksam widerrufen, weil die Pflichtangaben zum Verzugszinssatz, der als konkreter Prozentsatz hätte angegeben werden müssen, sowie zum außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren nicht ordnungsgemäß erteilt worden seien. Die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen könne der Kläger derzeit nicht zurückfordern, weil er seine Vorleistungspflicht aus § 357 Abs. 4 BGB nicht erfüllt habe. Weder habe er der Beklagten das Fahrzeug zurückgegeben noch es in Annahmeverzug begründender Weise an ihrem Geschäftssitz angeboten. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag, dass der Zahlungsanspruch nach Rückgabe des Fahrzeugs fällig sei, sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Die Hilfswiderklage sei zulässig und begründet. Die Beklagte habe aus § 357a Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz einer etwaigen über den Betrag von 8.350,00 € hinausgehenden Wertminderung des Fahrzeugs, die derzeit noch nicht abschließend bezifferbar sei. Feststellungen zur Höhe des Wertersatzanspruchs seien nicht erforderlich.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.

Nach Ansicht des Klägers gehe das Landgericht unzutreffend von einer ihn treffenden Vorleistungspflicht aus. Gemäß § 322 Abs. 2 BGB könne auch der Vorleistungsverpflichtete auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen, wenn der andere Teil im Verzug der Annahme sei, wie es hier der Fall sei. Die Beklagte habe die Rückabwicklung des streitgegenständlichen Vertrags zurückgewiesen, damit inzident auch die Annahme des außergerichtlich angebotenen Fahrzeugs abgelehnt und damit im Sinne des § 295 BGB erklärt, sie werde die Leistung nicht annehmen. Es habe daher gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot des Klägers genügt, um die Beklagte in Annahmeverzug zu versetzen. Ein solches liege jedenfalls in der die Vorleistungspflicht beachtenden Antragstellung. Der Verkauf des Fahrzeugs sei erst erfolgt, nachdem die Beklagte den Widerruf mehrfach als unwirksam zurückgewiesen habe und infolgedessen auch zu keinem Zeitpunkt an einer Rückgabe interessiert gewesen sei. Die Veräußerung des Fahrzeugs habe dem Werterhalt gedient und komme somit auch der Beklagten zugute.

Ferner stehe der Zulässigkeit der die Wertersatzpflicht des Klägers betreffenden Feststellungswiderklage jedenfalls der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Die Beklagte wäre durchaus bereits vor Klageerhebung imstande gewesen, das Fahrzeug zu begutachten und ihren Anspruch entsprechend zu beziffern.

Nachdem der Kläger auch nach dem Widerruf monatliche Raten i.H.v. jeweils 285,79 € gezahlt hat, bis er schließlich im August 2022 das Darlehen vorzeitig abgelöst, an die Beklagte eine Ablösesumme in Höhe von 17.032,65 € geleistet und das Fahrzeug im August 2022 zu einem Kaufpreis in Höhe von 18.000,00 € veräußert hat, hat er seinen ursprünglichen Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.580,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs M. C. S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX nebst Fahrzeugschlüsseln und Papieren, dahingehend angepasst, dass er nunmehr Zahlung in Höhe von 10.464,25 € verlangt hat, wobei sich der geforderte Betrag aus der Summe der gezahlten Raten und der Schlussrate (40 x 285,79 € = 11.431,60 € + 17.032,65 € = 28.464,25 €) abzüglich des Verkaufserlöses (18.000 €) ergibt. Der Kläger ist der Auffassung, dass infolge der Veräußerung und der nicht bestehenden Möglichkeit des Rückerwerbs des Fahrzeuges hinsichtlich der Rückübereignung Unmöglichkeit eingetreten sei, sodass die Beklagte anstelle der Rückübereignung des Fahrzeugs den Verkaufserlös verlangen könne. Gegen diesen Anspruch erklärt der Kläger die Aufrechnung mit seinem Anspruch auf Rückzahlung aller geleisteten Raten und der Schlussrate, sodass zu seinen Gunsten ein Anspruch in Höhe von 10.464,25 € verbleibe. Nach der hilfsweisen Aufrechnung der Beklagten mit einem Wertersatzanspruch in Höhe von 8.000 € (Bl. 356 d.A.) hat der Kläger wiederum seinen Zahlungsantrag erneut geändert und macht nunmehr einen Betrag in Höhe von 2.464,25 € nebst Zinsen geltend. Im Übrigen hat er den Rechtsstreit hinsichtlich des Zahlungsantrags teilweise für erledigt erklärt (Bl. 336, 409 d.A.). Ebenfalls für erledigt erklärt hat der Kläger seinen erstinstanzlich verfolgten Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs. Den teilweisen Erledigungserklärungen hat die Beklagte widersprochen (Bl. 354, 433 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 17. Oktober 2022 (Bl. 335 ff. d.A.) sowie die sonstigen Schriftsätze des Klägers verwiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Aufhebung [gemeint: Änderung] des am 14. Juli 2022 verkündeten Urteils (Az. 4 O 149/21) des Landgerichts Hannover

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.464,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 691,33 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Ferner beantragt sie,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 14. Juli 2022, (Az. 4 O 149/21), die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Nachdem die Beklagte zudem zunächst hilfsweise widerklagend beantragt hat,

  1. 1.

    festzustellen, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust i.H.v. 8.350,00 € hinausgehenden Wertverlust des M. C. S, Fahrgestellnummer XXX, sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen, der auf einen Umfang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war,

  2. 2.

    den Kläger zu verurteilen, den Personenkraftwagen des Typs M. C. S, Fahrgestellnummer XXX, einschließlich Fahrzeugschlüssel, Zulassungsbescheinigung Teil I und Bord/Wartungshandbuch an sie herauszugeben,

hat sie mit Schriftsatz vom 24. November 2022 (Bl. 356 ff. d.A.) den Hilfswiderklageantrag zu 1. für erledigt erklärt und den Hilfswiderklageantrag zu 2. zurückgenommen. Der Erledigungserklärung hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 21. März 2023 (Bl. 409 d.A.) angeschlossen.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht habe dem Feststellungsantrag des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Die Vorleistungspflicht stehe auch der Feststellung entgegen, der Kläger schulde keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr aus dem Darlehensvertrag. § 357 Abs. 4 BGB sei insoweit analog anzuwenden, so dass die erhobene Feststellungsklage ebenso wie eine auf Rückzahlung bereits geleisteter Raten gerichtete Klage als derzeit unbegründet abzuweisen sei, solange der Kläger das finanzierte Fahrzeug nicht an die Beklagte herausgegeben habe. Ferner sei die Erklärung des Widerrufs rechtsmissbräuchlich, weil der Kläger das Fahrzeug nach Erklärung des Widerrufs nicht abgemeldet und weiter genutzt und sogar in Kenntnis des Widerrufs und des laufenden Gerichtsverfahrens an einen Dritten weiter veräußert habe. Es gehe dem Kläger erkennbar nur darum, das finanzierte Fahrzeug loszuwerden, ohne Wertersatz für dessen Nutzung zu leisten, und sich auf diese Weise einen wirtschaftlichen Vorteil zu schaffen. Der Kläger versuche, eine formale Rechtsstellung auszunutzen.

Die für das Anlaufen der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben seien ebenfalls ordnungsgemäß erteilt worden. Den Verzugszinssatz könne der Verbraucher durch den Hinweis im Darlehensvertrag, welcher dem Wortlaut des § 288 BGB entspreche, einfach und verständlich nachvollziehen. Der Hinweis auf die Möglichkeit eines Ombudsmannverfahrens und der Verweis auf die im Internet einsehbare Verfahrensordnung genüge den Anforderungen der Rechtsprechung. Im Übrigen sei es nicht zulässig, inhaltlich fehlerhafte Pflichtangaben fehlenden oder unvollständigen Pflichtangaben gleichzusetzen.

Die Beklagte berufe sich ausdrücklich auf ihr Leistungsverweigerungsrecht, solange sie das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zurückerhalten habe. Ein Annahmeverzug der Beklagten scheide aus, da der Kläger das Fahrzeug der Beklagten bislang nicht zurückgegeben und damit seiner Vorleistungspflicht nicht Genüge getan habe. Der Kläger habe das Fahrzeug der Beklagten auch nicht im Sinne des § 294 BGB tatsächlich angeboten. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Beklagte nicht auf das Surrogat zu verweisen.

Vor dem Hintergrund, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug weiter genutzt und einer andauernden Wertminderung ausgesetzt habe, sei der Hilfswiderklageantrag zu 1. geboten gewesen. Zudem habe der Kläger auf die Herausgabeaufforderung der Beklagten in der Klageerwiderung vom 20. Dezember 2021 und im Schriftsatz vom 16. Mai 2022 nicht reagiert, weshalb der Hilfswiderklageantrag zu 2. geboten gewesen sei. Dadurch, dass der Kläger - ohne Kenntnis der Beklagten - das streitgegenständliche Fahrzeug im August 2022 an einen Dritten veräußert habe, seien diesem die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen. Im Übrigen fehle es an einem Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten als Verzugsschaden, da dem Kläger gegen die Beklagte kein durchsetzbarer Leistungsanspruch zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 5. September 2022 (Bl. 263 ff. d.A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 24. November 2022 (Bl. 356 ff. d. A.), vom 22. März 2023 (Bl. 412 ff. d.A.) und vom 30. März 2023 (Bl. 433 ff. d.A) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat ebenso wie die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Beklagten infolge des Widerrufs keine Ansprüche mehr auf Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Darlehensvertrag zustehen (dazu unter 1.). Der Kläger hat gegen die Beklagte jedoch keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.464,25 € (dazu unter 2.). Der Antrag auf Erledigungsfeststellung bezüglich eines ursprünglich darüber hinaus geltend gemachten Betrags ist unbegründet (hierzu unter 3.). Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache entfällt auch ein Anspruch auf Zinsen. Ein Anspruch des Klägers auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 € besteht ebenfalls nicht (dazu unter 4.). Ein Anspruch des Klägers auf Erledigungsfeststellung, dass der Rechtsstreit wegen des ursprünglichen Antrags auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs M. C. S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX in Annahmeverzug befinde, besteht nicht (dazu unter 5.). Den ursprünglichen Antrag der Beklagten auf Feststellung, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über den vorstehend bezifferten Wertverlust i.H.v. 8.350,00 € hinausgehenden Wertverlust des vorgenannten Fahrzeugs sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen, der auf einen Umfang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Insofern hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (dazu unter 6. a)). Schließlich ist der Antrag der Beklagten, dem Kläger hinsichtlich des zurückgenommenen Antrages auf Herausgabe des Fahrzeugs gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen, begründet (dazu unter 6. b)).

1. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag (vgl. Ziffer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils) zu Recht stattgegeben. Allerdings ist der zu unbestimmte Antrag auszulegen (dazu unter a)). Im Übrigen ist der Antrag zulässig (dazu unter b)) und begründet. Der Widerruf vom Januar 2020 war wirksam, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Erteilung der für ihr Anlaufen erforderlichen Pflichtangaben nicht verstrichen war (dazu unter c)). Das Widerrufsrecht war nicht wegen Verwirkung und/oder rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers ausgeschlossen (dazu unter d)) und der Widerruf ist nicht gemäß § 141 BGB analog unwirksam (dazu unter e)). Des Weiteren steht der begehrten Feststellung nicht die Vorleistungspflicht nach § 357 Abs. 4 BGB (analog) entgegen (dazu unter f)).

a) Der Feststellungsantrag und der Tenor zu 1. des angefochtenen Urteils sind nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 a.E. ZPO), soweit es dort heißt, der Anspruch auf Zins- und Tilgungsleistungen bestehe "ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom Januar 2020" nicht mehr. Denn dem Tenor ist, auch unter ergänzender Berücksichtigung von Tatbestand und Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils, nicht zu entnehmen, zu welchem Zeitpunkt das Landgericht vom Zugang der Widerrufserklärung und damit dem Erlöschen der vertraglichen Zahlungspflicht des Klägers ausgeht.

Trotz des gerichtlichen Hinweises mit Beschluss vom 2. März 2023 (Bl. 388 ff. d.A.) hat der Kläger seinen Antrag insofern nicht angepasst. Da es sich jedoch lediglich um eine Konkretisierung des Antrags und nicht um eine Klageänderung handelt, war dem Senat eine Auslegung in der aus dem Tenor ersichtlichen Weise möglich.

b) Der Feststellungsantrag ist im Übrigen zulässig, insbesondere besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. BGH, Urteil vom

16. Mai 2017 - XI ZR 586/15 -, Rn. 15 f., juris; Senat, Urteil vom 3. August 2022 - 3 U 20/22, S. 8 f.).

Die vom Landgericht bejahte örtliche Zuständigkeit ist gemäß § 513 Abs. 2 ZPO der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen (vgl. im Übrigen Senat, Urteil vom 3. August 2022 - 3 U 20/22, Rn 68, - juris).

c) Der Kläger hat seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung vom 23. Februar 2019 wirksam durch das Schreiben vom Januar 2020 widerrufen.

Ursprünglich stand dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1, § 356b BGB zu. Die 14-tägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen, da der Darlehensvertrag nicht alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB in hinreichendem Umfang enthielt (hierzu unter aa)), weshalb die Widerrufsfrist gem. § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen begonnen hat (hierzu unter bb)).

aa) Der Vertrag informiert nicht hinreichend über sämtliche erforderlichen Pflichtangaben.

(1) Unzureichend ist die Angabe zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner Anpassung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB (hierzu Senat, a.a.O., Rn. 41 ff. - juris).

Zu dem Umfang der Informationspflicht einer Bank bezüglich des Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 9. September 2021 (Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) unter Rn. 95 (zitiert nach juris) ausgeführt:

"Daher ist auf die erste Frage in den Rechtssachen C-33/20 und C-155/20 und die dritte Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass in dem Kreditvertrag der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben und der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben ist. Haben die Parteien des betreffenden Kreditvertrags vereinbart, dass der Verzugszinssatz nach Maßgabe des von der Zentralbank eines Mitgliedstaats festgelegten und in einem für jedermann leicht zugänglichen Amtsblatt bekannt gegebenen Änderung des Basiszinssatzes geändert wird, reicht ein Verweis im Kreditvertrag auf diesen Basiszinssatz aus, sofern die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen nach Maßgabe des Basiszinssatzes in diesem Vertrag beschrieben wird. Insoweit sind zwei Voraussetzungen zu beachten. Erstens muss die Darstellung dieser Berechnungsmethode für einen Durchschnittsverbraucher, der nicht über Fachkenntnisse im Finanzbereich verfügt, leicht verständlich sein und es ihm ermöglichen, den Verzugszinssatz auf der Grundlage der Angaben im Kreditvertrag zu berechnen. Zweitens muss auch die Häufigkeit der Änderung dieses Basiszinssatzes, die sich nach den nationalen Bestimmungen richtet, in dem fraglichen Kreditvertrag angegeben werden."

Diesen Anforderungen genügen die Darstellungen auf Seite 2, 5 und 15 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags (Anlage K 1a) nicht. Auf Seite 5 ist zwar unter der Überschrift "Warnhinweis bei ausbleibenden Zahlungen" angegeben, dass der Basiszinssatz zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres ermittelt und von der Deutschen Bundesbank im Bundesanzeiger bekannt gegeben werde. Dieser Hinweis befindet sich auch in Nr. 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen (Seite 15 des Vertrages). Es fehlt jedoch an der nach der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erforderlichen Angabe des konkreten bei Vertragsschluss geltenden Prozentsatzes. Dass diese Angaben nach der Auffassung der Beklagten für jedermann leicht zugänglich sind, reicht nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union gerade nicht aus (Senat, Urteil vom 25. März 2022 - 3 U 130/12 - beck-online, Rn. 29 ff.). Soweit in der Rechtsprechung teilweise vertreten wird, dass die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie über die Wortlautgrenze der nationalen Vorschrift des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB hinausgehe (LG München I, Urteil vom 13. Januar 2022 - 28 O 5167/21, nicht veröffentlicht) oder dass der Darlehensgeber bei Vertragsschluss darauf vertrauen durfte, dass die von ihm erteilten Pflichtangaben hinreichend seien (OLG Bamberg, Urteil auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2021 - 8 U 54/21, nicht veröffentlicht), teilt der Senat diese Auffassungen nicht. Die Argumentation unter Heranziehung der Wortlautgrenze scheitert schon daran, dass der nationale Gesetzgeber die Regelung des Art. 10 Abs. 2 lit. l) der Verbraucherkreditrichtlinie nahezu wortgleich in nationales Recht umgesetzt hat und Art. 10 Abs. 2 eine vollständige Harmonisierung der in Kreditverträge zwingend aufzunehmenden Angaben enthält (EuGH, Urteil vom 09. November 2016 - C-42/15, Rn. 56 ff., juris; EuGH, Urteil vom 26. März 2020 - C-779/18, Rn. 45, juris), womit dem deutschen Gesetzgeber nach Art. 22 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie verwehrt ist, abweichende Vorschriften zu erlassen, so dass von einer inhaltsgleichen Auslegung der europäischen als auch der nationalen Vorschriften auszugehen ist. Der Wortlaut der entsprechenden Normen steht der vom Gerichtshof der Europäischen Union getroffenen Auslegung nicht entgegen. Dass eine für den Vertragsschluss relevante Norm in einer nach Abschluss des Vertrags ergehenden Entscheidung anders ausgelegt wird, als von den Parteien bei Vertragsschluss angenommen, kann im Übrigen einen Vertrauensschutz nicht begründen, sondern ist Teil der Rechtsunsicherheit, die zwar durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung in möglichst geringem Maße zu halten, jedoch jedem Vertragsschluss immanent und nicht gänzlich vermeidbar ist. Könnte sich ein Vertragspartner beliebig auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, wenn eine aus seiner Sicht nachteilige Auslegung eines Gesetzes drohe, bliebe für eine richterliche Rechtsfortbildung, normiert etwa in § 511 Abs. 4 Nr. 1, § 543 Abs. 2 Nr. 2, § 566 Abs. 4 Nr. 2 ZPO und § 132 Abs. 4 GVG, als anerkannte Gestaltungsmöglichkeit der Judikative und damit Ausdruck der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1953 - 1 BvL 106/53 -, BVerfGE 3, 225-248 Rn. 44) kein Raum mehr.

Auch der Bundesgerichtshof hat sich nunmehr unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung der Auffassung angeschlossen, dass im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie die Angabe des bei Vertragsschluss geltenden konkreten Prozentsatzes erforderlich ist (BGH, Urteil vom 12. April 2022 - XI ZR 179/21 - beck-online, Rn. 11 f.; seitdem mehrfach bestätigt, etwa durch Urteil vom 28. Juni 2022 - XI ZR 266/21; Urteil vom 26. Juli 2022 - XI ZR 153/21 - beck-online). Auf frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, welche nach Ansicht der Beklagten die Ordnungsgemäßheit ihrer Darlehensunterlagen bestätigt hätten (vgl. Seite 6 f. der Klageerwiderung vom 20. Dezember 2021, Bl. 45 R f. d.A.), kann sie sich daher im vorliegenden Fall nicht (mehr) mit Erfolg berufen. Dies gilt auch für die in der Berufungsbegründung auf Seite 23 (Bl. 285 d.A.) angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Naumburg und Frankfurt sowie des Landgerichts Koblenz.

(2) Unzureichend sind darüber hinaus die Angaben zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren gem. Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB im streitgegenständlichen Darlehensvertrag.

Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der vorgenannten Entscheidung in Rn. 138 (zitiert nach juris) ausgeführt:

"Nach alledem ist auf die sechste Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. t der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass im Kreditvertrag die wesentlichen Informationen über alle dem Verbraucher zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und gegebenenfalls die mit diesen Verfahren verbundenen Kosten, darüber, ob die Beschwerde oder der Rechtsbehelf per Post oder elektronisch einzureichen ist, über die physische oder elektronische Adresse, an die die Beschwerde oder der Rechtsbehelf zu senden ist, und über die sonstigen formalen Voraussetzungen, denen die Beschwerde oder der Rechtsbehelf unterliegt, anzugeben sind. Was diese Informationen betrifft, reicht ein bloßer Verweis im Kreditvertrag auf eine im Internet abrufbare Verfahrensordnung oder auf ein anderes Schriftstück oder Dokument, in dem die Modalitäten der außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren festgelegt sind, nicht aus."

Nach dieser Maßgabe genügt die Information im streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht den Anforderungen des Art. 247 § 7 Nr. 4 EGBGB. Auf Seite 5 des Vertrags und in den Verbraucherinformationen wird zwar unter der Überschrift "Ombudsmannverfahren" auf die Möglichkeit eines außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren hingewiesen. Es finden sich jedoch keine Angaben zu den Kosten. Die Beklagte hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Schlichtungsstelle nebst deren Erreichbarkeit zu benennen, ohne mitzuteilen, in welcher Höhe Kosten für das Schlichtungsverfahren anfallen. Unerheblich ist, dass nach dem Vortrag der Beklagten den Kläger im Falle der Durchführung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens keine Kosten treffen. Denn gerade um diesen Umstand weiß der Kläger mangels der hinreichenden Information nicht, was ihn von der Durchführung eines entsprechenden Verfahrens abhalten könnte (Senat, Urteile vom 25. März 2022 - 3 U 130/21 - beck-online, Rn. 32 ff. und vom 11. Mai 2022 - 3 U 187/21, n.v.). Auch ist nicht vorgetragen, dass dem Kunden die für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens in eigener Person entstehenden Kosten erstattet würden (vgl. Senat, a.a.O. beck-online Rn. 34).

Soweit auch hier vertreten wird, dass ein Vertrauensschutz des Darlehensgebers der von dem Gerichtshof der Europäischen Union getroffenen Auslegung entgegensteht (OLG Bamberg a.a.O.), gelten die obigen Ausführungen zur Pflichtangabe des Verzugszinssatzes entsprechend.

bb) Folge der fehlerhaften Pflichtangaben ist, dass die Widerrufsfrist gem. § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen begonnen hat.

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu in Rn. 114 (zitiert nach juris) ausgeführt:

"Für die Beantwortung dieser Fragen ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/48 ergibt, die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn dem Verbraucher die Informationen gemäß Art. 10 dieser Richtlinie übermittelt wurden, sofern der betreffende Zeitpunkt nach dem Tag des Abschlusses des Kreditvertrags liegt. Besagter Art. 10 zählt die Informationen auf, die in Kreditverträgen anzugeben sind."

Zwar erfolgen diese Ausführungen zu den vorgelegten Fragen zur Verwirkung. Ihnen ist jedoch verallgemeinernd zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist generell nicht zu laufen beginnt, wenn eine der Informationen nach Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt wurde.

Dies ergibt sich auch daraus, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in Rn. 124 (zitiert nach juris) den Strafcharakter des Art. 14 Abs. 1 lit. b) VerbrKrRL hervorgehoben hat. Danach liegt der Zweck der Vorschrift darin, den Kreditgeber, der die in Art. 10 der Richtlinie vorgesehenen Informationen nicht erteilt, hierfür zu bestrafen.

(2) Die Regelung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB schließt die Widerruflichkeit des Vertrages im vorliegenden Fall nicht aus.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB als Rechtsfolge neben § 356b Abs. 2 BGB tritt oder ob es sich bei den dort geregelten Folgen um hinreichende Sanktionen im Sinne des Art. 23 der Verbraucherkreditrichtlinie handelt, die eine Widerruflichkeit des Vertrages ausschließen.

(a) Jedenfalls beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB auf Kosten, die entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nicht in der Vertragsurkunde angegeben wurden. Bereits die begriffliche Unterscheidung in § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB zeigt, dass der Gesetzgeber Zinsen nicht zu den Kosten zählt und an versäumte Angaben zu Zinsen folglich nicht den Wegfall des darauf gerichteten Anspruchs knüpft. Selbst angenommen, nicht nur § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB, sondern auch § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB gelte für Zinsen und Kosten, fiele der Verzugszins nicht darunter. Denn mit Zinsen und Kosten im Sinne des § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB sind nur preisbestimmende Faktoren gemeint (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021 - 6 U 32/19 -, Rn. 34, juris; MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 494 Rn. 37).

Eine analoge Anwendung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB auf fehlende Pflichtangaben kommt angesichts des Fehlens einer Regelungslücke, aber auch nach dem Zweck der Norm nicht in Betracht. Für den Fall der Heilung des Formmangels wegen fehlender Pflichtangaben (§ 494 Abs. 1 BGB) ordnet die Regelung in § 494 Abs. 2 bis 6 BGB als Sanktion für die Verletzung bestimmter Informationspflichten einzelne Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen an, um zum Schutz des Verbrauchers einen interessengerechten Inhalt des Vertrages zu gewährleisten. Das Gesetz sieht aber gerade nicht für sämtliche nach § 492 Abs. 2 BGB notwendigen Angaben Sanktionen vor und lässt sich deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dahin verallgemeinern, dass der Unternehmer, der über seine Rechte gegenüber dem Darlehensnehmer unzureichend informiert, diese Rechte verliert (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021, a.a.O., Rn. 35). Die Sanktion der Nichtigkeit nach § 494 Abs. 1 BGB stellt sich wegen der regelmäßig nach § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB eingetretenen Heilung als keine echte Sanktion im Sinne der europarechtlichen Vorgaben dar.

Insoweit geht auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 12. April 2022 ohne weiteres davon aus, dass die fehlende Information über den Verzugszinssatz das Anlaufen der Widerrufsfrist verhindert (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2022 - XI ZR 179/21 -, Rn. 10, juris).

(b) Die unzureichende Angabe zum außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren fällt ersichtlich nicht in den Anwendungsbereich des § 494 Abs. 4 S. 1 BGB.

Eine analoge Anwendung im Hinblick auf die fehlerhaften Angaben zum außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren führte zudem zu der Problematik, dass hier keine denkbare Sanktion der Beklagten in Betracht kommt. § 494 Abs. 1 BGB verweist nicht auf Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB. Hierzu trägt auch die Beklagte nicht vor. Eine Sanktionslosigkeit von Verstößen gegen § 492 Abs. 2 BGB ist im Lichte europarechtlicher Vorgaben, insbesondere Art. 23 der Verbraucherkreditrichtlinie, die ausdrücklich von "abschreckenden" Maßnahmen spricht, nicht möglich. Mangels entsprechender anderweitiger gesetzlicher Vorgaben muss es daher bei dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall einer grundsätzlichen Rückabwicklung der Vertragsbeziehungen im Falle eines wirksamen Widerrufs verbleiben (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2021 - I-16 U 291/20, Rn. 29, juris).

(3) Der Einwand der Beklagten, fehlerhafte Pflichtangaben seien nicht mit fehlenden oder unvollständigen Pflichtangaben gleichzustellen (Seite 28 der Berufungsbegründung, Bl. 290 d.A.), greift nicht durch.

Zum einen handelt es sich hier um unvollständige Pflichtangaben, weil - wie ausgeführt - der konkrete Prozentsatz des bei Vertragsschluss geltenden Verzugszinses sowie die Kosten des Ombudsmannverfahrens nicht angegeben wurden.

Darüber hinaus teilt der Senat die Ansicht, dass nur fehlende, nicht aber fehlerhafte, Pflichtangaben die Rechtsfolge des § 356b Abs. 2 Satz 1 BGB auslösen, bereits im Ausgangspunkt nicht (Senat, Urteil vom 11. Mai 2022 - 3 U 187/21, n.v.). Der Wortlaut der Vorschrift gebietet ein solches Verständnis nicht: Er lässt vielmehr offen, ob ein "Nicht-Enthalten" der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nur bei deren vollständigem Fehlen oder auch bei Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit gegeben sein soll. Für letztere Auslegung spricht die Zusammenschau mit § 492 Abs. 6 Satz 1 und 4 BGB, wonach auch im Falle nicht vollständiger Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB die Widerrufsfrist erst mit deren Nachholung zu laufen beginnt. Würde nach § 356b Abs. 2 Satz 1 BGB lediglich das gänzliche Fehlen der Pflichtangaben das Anlaufen der Widerrufsfrist hindern, hätte es der Regelung in § 492 Abs. 6 Satz 1 und 4 BGB über die Erforderlichkeit der Ergänzung unvollständiger Pflichtangaben, um die Widerrufsfrist nachträglich in Lauf zu setzen, nicht bedurft (vgl. auch Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 356b Rn. 3 a.E.).

Auch die richtlinienkonforme Auslegung des § 356b Abs. 2 Satz 1 BGB spricht dafür, unvollständige oder fehlerhafte Pflichtangaben als Hindernis für das Anlaufen der Widerrufsfrist anzusehen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu in Rn. 124 der vorgenannten Entscheidung (zitiert nach juris) ausgeführt, der Zweck von Art. 14 Abs. 1 Buchst. b) der Verbraucherkreditrichtlinie bestehe darin, sicherzustellen, dass der Verbraucher alle Informationen erhalte, die erforderlich seien, um den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung zu beurteilen und den Kreditgeber, der ihm die in Art. 10 dieser Richtlinie vorgesehenen Informationen nicht erteile, zu bestrafen. Ein Verbraucher ist aber nur dann imstande, den Umfang seiner Verpflichtungen aufgrund der Belehrung korrekt zu erfassen, wenn die Belehrung inhaltlich zutreffend und vollständig ist. Eine fehlerhafte oder unvollständige Belehrung kann diesen Zweck ebenso wie eine fehlende Belehrung gerade nicht erfüllen. Für den Fall einer fehlerhaften schriftlichen Widerrufsbelehrung des Verbrauchers hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits an anderer Stelle ausdrücklich entschieden, dass diese einer fehlenden Belehrung gleichzusetzen sei, weil sie den Verbraucher ebenfalls über sein Widerrufsrecht irreführe (EuGH, Urteil vom 10. April 2008 - C-412/06 - beck-online, Rn. 35). Diese Erwägungen gelten für fehlerhafte Pflichtangaben gleichermaßen.

Auch der Bundesgerichtshof stellt für das Anlaufen der Widerrufsfrist darauf ab, ob der Darlehensgeber die sich aus § 492 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB ergebende Verpflichtung "ordnungsgemäß" erfüllt hat (BGH, Urteil vom 12. April 2022 - XI ZR 179/21 - beck-online, Rn. 10). Eine fehlerhafte Belehrung ist jedoch schon dem Wortsinn nach nicht ordnungsgemäß.

d) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Eine unzulässige Rechtsausübung in Gestalt der Verwirkung dürfte bereits am Fehlen eines Zeitmoments scheitern. Zwischen dem Vertragsschluss im Februar 2019 und der Erklärung des Widerrufs im Januar 2020 lag ein Zeitraum von lediglich ca. 11 Monaten. Diese Spanne liegt deutlich unterhalb der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, deren Dauer - wenn sie auch nicht als feste Mindestdauer des Zeitmomentes herangezogen werden kann - doch zumindest ein Indiz dafür bildet, dass dieser Zeitablauf aus der Sicht des Gesetzes regelmäßig als erheblich anzusehen ist (vgl. ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt etwa Hinweisbeschluss vom 15. August 2022 - 3 U 50/22, n.v.).

Eine Rechtsmissbräuchlichkeit ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug zunächst weiterhin in seinem Besitz hatte und es genutzt hat.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht die Verbraucherkreditrichtlinie keine zeitliche Beschränkung der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher für den Fall vor, dass ihm diese Informationen nicht erteilt wurden, so dass eine solche Beschränkung mithin auch nicht in einem Mitgliedstaat durch die nationalen Rechtsvorschriften auferlegt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 117). Es ist dem Kreditgeber daher verwehrt, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß Art. 14 der Verbraucherkreditrichtlinie durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 118).

Zwar hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 31. Januar 2022 (Az. XI ZR 113/21) dem Gerichtshof der Europäischen Union erneut die Frage vorgelegt, ob Art. 14 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es den nationalen Gerichten nicht verwehrt ist, im Einzelfall bei Vorliegen besonderer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich oder betrügerisch zu bewerten mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden können. In seiner Begründung hat der Bundesgerichtshof allerdings aufgeführt, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (nur) dann in Betracht kommt, wenn es dem Darlehensnehmer nicht um die Rückabwicklung des Vertrages, sondern darum geht, das finanzierte Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung kostenfrei zurückgeben zu können (Rn. 74, zitiert nach juris), mithin neben die Weiternutzung des Fahrzeugs kumulativ noch die Negierung eines Wertersatzanspruchs der Bank tritt. Dies ergibt sich auch daraus, dass sämtlichen unter dem Aktenzeichen XI ZR 113/21 durch den Bundesgerichtshof zusammengeführten Fällen gemein ist, dass die Berufungsgerichte einen Rechtsmissbrauch nur bejaht haben, wenn der jeweilige Kläger das Fahrzeug nach dem Widerruf weiter nutzt und gleichzeitig seine Pflicht zum Wertersatz negiert.

Der Kläger hat im vorliegenden Fall seine Wertersatzpflicht dem Grunde nach nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich die Auffassung geäußert, es obliege der Beklagten, ihren diesbezüglichen Anspruch geltend zu machen, zu beziffern und zu beweisen (Seite 19 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2022, Bl. 108 d.A.). Im Folgenden führt er aus, nach welchen Grundsätzen der Wertersatz seiner Ansicht nach zu berechnen und weshalb die Beklagte dem bisher nicht nachgekommen sei (Bl. 108 ff. d.A.). Dies reicht - auch wenn der Kläger selbst nicht mitteilt, in welcher Höhe er bereit sei, sich einen Wertersatzanspruch in Abzug bringen zu lassen - nicht aus, um ein rechtsmissbräuchliches Verhalten anzunehmen. Denn der Kläger räumt grundsätzlich ein, dass er verpflichtet ist, die Beklagte für den Wertverlust des Fahrzeugs zu kompensieren, mag auch die Höhe der Kompensation streitig sein (vgl. Senat, Urteil vom 3. August 2022 - 3 U 20/22, Rn. 61, - juris). Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus seinem Verhalten nicht ableiten, es käme ihm darauf an, das Fahrzeug kostenfrei zu nutzen und sich auf diese Weise durch den Widerruf des Vertrages einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Dass die Beklagte - wie der Kläger meint - für die Höhe des Wertersatzanspruchs (§ 358 Abs. 4 Satz 1 BGB in der vom 21. März 2016 bis zum 27. Mai 2022 gültigen Fassung, § 357 Abs. 7 BGB in der vom 13. Juni 2014 bis zum 27. Mai 2022 gültigen Fassung, a.F.) beweisbelastet ist, trifft zu (Mörsdorf in: BeckOGK-BGB, Stand 1. September 2021, § 357 Rn. 78).

Aus diesem Grund ist auch eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Vorlageentscheidung des Bundesgerichtshofs an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst.

e) Der Widerruf ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gemäß § 141 BGB analog, weil der Kläger den Pkw verkauft hat, unwirksam. Gemäß § 141 Abs. 1 BGB ist, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt wird, die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen. Eine unmittelbare Anwendung kommt hier nicht in Betracht, da die mangelhafte Widerrufsbelehrung nicht die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge hat. Unabhängig von der Frage, ob es überhaupt Raum für eine analoge Anwendung gibt, hat der Kläger das Rechtsgeschäft nicht nach seinem erklärtem Widerruf bestätigt.

Eine Bestätigung ist ein Rechtsgeschäft mit dem Inhalt, dass ein anderes, bereits vorgenommenes, aber unwirksames Rechtsgeschäft trotz der bereits eingetretenen Nichtigkeit doch als wirksam behandelt werden soll (vgl. Beurskens, in: BeckOGK, Stand 1.2.2023, BGB § 141 Rn. 9). Es genügt, wenn der Erklärung durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB entnommen werden kann, dass der Erklärende das bis dahin unwirksame Geschäft trotz der Zweifel oder erkannten Unwirksamkeit fortan als gültig behandeln will (vgl. Beurskens, in: BeckOGK, Stand 1.2.2023, BGB § 141 Rn. 20). Die Bestätigung erfordert die Einigung der Parteien, sich in Kenntnis der Abreden auf den Boden des ursprünglichen Vertrages zu stellen (BGH, Beschluss vom 28. November 2008 - BLw 4/08 -, Rn. 36, juris). Über den äußeren Erklärungstatbestand hinaus ist subjektiv ein Bestätigungswille erforderlich (vgl. Beurskens, in: BeckOGK, Stand 1.2.2023, BGB § 141 Rn. 19).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Bestätigung des Darlehensvertrags kann nicht in dem Verkauf des Fahrzeugs im laufenden gerichtlichen Verfahren trotz Widerruf gesehen werden. Dem klägerischen Verhalten kann kein Erklärungsgehalt dahingehend entnommen werden, an dem Widerruf nicht festhalten zu wollen und den Darlehensvertrag mit der Beklagten und/oder den Kaufvertrag mit der B. AG aufrechterhalten zu wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger das Fahrzeug gerade in der Annahme eines wirksamen Widerrufs weiterverkauft hat, zumal er das Darlehen zu diesem Zeitpunkt vorzeitig abgelöst und das Eigentum an dem Fahrzeug erhalten hatte. Warum die Beklagte vor diesem Hintergrund nach dem Weiterverkauf des finanzierten Fahrzeugs davon ausgegangen sein will, dass der Kläger nunmehr doch an dem Darlehensvertrag festhalten will, ist nicht nachvollziehbar.

f) Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der vom Kläger begehrten Feststellung nicht § 357 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. in direkter oder analoger Anwendung entgegen. Ein Leistungsverweigerungsrecht besteht insoweit nicht.

aa) § 357 Abs. 4 BGB a.F. räumt im Falle eines Vertrages über die Lieferung einer Ware, der mit dem Darlehensvertrag im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB a.F. verbunden ist, dem Unternehmer nach wirksamem Widerruf ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs des Verbrauchers ein, solange der Unternehmer die Ware nicht zurückerhalten oder der Verbraucher den Nachweis über die Absendung der Ware erbracht hat (vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 63; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19 - beck-online Rn. 22 f.). Die Vorschrift stellt die Umsetzung von Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EU (Verbraucherrechte-Richtlinie, nachfolgend auch: VerbR-RL) in nationales Recht dar (BT-Drs. 17/12637, S. 63; Grüneberg in: Grüneberg, BGB, 82. Aufl. 2023, § 357 Rn. 5). Sie betrifft die - schuldrechtlichen - Pflichten der Parteien, die sich aus dem Rückabwicklungsverhältnis ergeben, in das sich der ursprüngliche Vertrag infolge des wirksamen Widerrufs umgewandelt hat (vgl. Überschrift von Art. 13 VerbrR-RL: "Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall"). Von den schuldrechtlichen Pflichten aus dem Rückabwicklungsverhältnis zu unterscheiden ist die rechtsgestaltende Wirkung des Widerrufs, die unmittelbar mit seiner (wirksamen) Ausübung eintritt (vgl. Fritsche in: MüKo-BGB, 9. Aufl. 2022, § 355 Rn. 43), und das Erlöschen der gegenseitigen Leistungspflichten aus dem Vertrag herbeiführt (vgl. Art. 12 VerbR-RL; Mörsdorf in: BeckOGK-BGB, Stand 1. Juni 2022, § 355 Rn. 96). Dies verkennt die Beklagte, wenn sie meint, die vom Kläger begehrte Feststellung, er schulde keine Zins- und Tilgungsraten mehr, sei ein Anspruch, der Teil eines einheitlichen Rückgewährschuldverhältnisses sei und erst fällig werde, wenn der Kläger der Vorleistungspflicht nachkomme (Seite 13 der Berufungsbegründung, Bl. 275 d.A.). Es handelt sich gerade nicht um die Feststellung eines erfüllbaren Anspruchs, sondern um die Feststellung des Erlöschens eines Anspruchs aufgrund der wirksamen Ausübung eines Gestaltungsrechts. Das Feststellungsbegehren stellt keinen der Erfüllung und damit der Fälligkeit zugänglichen Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB dar, sondern ist das von der Zivilprozessordnung in § 256 Abs. 1 vorgesehene prozessuale Mittel zur gerichtlichen Feststellung von Rechtsverhältnissen.

Nach der insoweit eindeutigen Regelung des § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie des Art. 12 VerbrR-RL ist das Erlöschen der Leistungspflichten allein an die Wirksamkeit des Widerrufs geknüpft und nicht von der Erfüllung der allein für den Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers geltenden Vorleistungspflicht aus § 357 Abs. 4 BGB a.F. abhängig. Die vom Gesetzgeber auf der Grundlage der unionsrechtlichen Vorgaben vorgenommene Ausgestaltung des § 357 Abs. 4 BGB a.F. als Zurückbehaltungsrecht ("kann ... verweigern") verbietet schon der Rechtsnatur der Vorschrift nach eine Anwendung auf den Eintritt der rechtsgestaltenden Wirkungen des Widerrufs, da ein Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht lediglich gegenüber Ansprüchen geltend gemacht werden kann (vgl. §§ 273, 320 BGB). Die Herbeiführung der Wirkungen eines Gestaltungsrechts wie des Widerrufs kann dagegen nicht durch ein Zurückbehaltungsrecht verhindert werden.

bb) Eine analoge Anwendung des § 357 Abs. 4 BGB a.F. lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht über § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB a.F. rechtfertigen, wonach der Darlehensgeber im Widerrufsfalle im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, wenn das Darlehen dem Unternehmer bei Wirksamwerden des Widerrufs bereits zugeflossen ist. Die Vorschrift betrifft die Rechte und Pflichten aus dem Rückabwicklungsverhältnis über den mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag (vgl. Rosenkranz in: BeckOGK-BGB, Stand 15. April 2022, § 358 Rn. 120), also insbesondere den Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen. Diesem kann der Darlehensgeber das Zurückbehaltungsrecht aus § 357 Abs. 4 BGB a.F. entgegenhalten. Hingegen folgt aus § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB a.F. nicht, dass der Darlehensgeber (d.h. die Beklagte) nunmehr - wie der Verkäufer der Ware - berechtigt wäre, die gesamte Kaufpreiszahlung an sich selbst zu verlangen, mit der Folge, dass der Verbraucher zur Einstellung der Zahlungen auf das Darlehen nur bei Erfüllung seiner Vorleistungspflicht berechtigt wäre. Das Recht des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises resultiert aus dem ursprünglich mit dem Kläger geschlossenen Vertrag. In diese - durch den wirksamen Widerruf ohnehin erloschene - Rechtsposition ist die Beklagte jedoch durch § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB a.F. nicht eingerückt, weil sie nicht aus dem Rückabwicklungsverhältnis herrührt.

cc) Die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des Landgerichts München I (Seite 13 f. der Berufungsbegründung, Bl. 275 f. d.A.), die eine analoge Anwendung des § 357 Abs. 4 BGB bejahen, verkennen - aus den unter aa) ausgeführten Gründen - Reichweite und Rechtsnatur der Vorleistungspflicht. Auch der Bundesgerichtshof hat die Vorleistungspflicht nicht auf den Feststellungsantrag erstreckt: Dem Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19 lagen sowohl ein Feststellungs- als auch ein Rückzahlungsbegehren der dort klagenden Partei zugrunde (vgl. Rn. 4, juris). Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof dem Berufungsgericht, an das er die Sache zur erneuten Entscheidung über beide Anträge zurückverwiesen hat, die Beachtung der Vorleistungspflicht allein im Hinblick auf den Zahlungsantrag aufgegeben (vgl. Rn. 29, juris). Die Argumentation des Landgerichts München I, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vorleistungspflicht werde unterlaufen, wenn diese nicht auch auf die Feststellung des Wegfalls der Pflicht zur Zahlung künftiger Darlehensraten angewendet würde, trägt vor diesem Hintergrund ersichtlich nicht. Aus der vom Landgericht München I zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2022 - XI ZR 559/20 ergibt sich nichts Anderes. Streitgegenständlich war dort lediglich der Rückzahlungsanspruch, nicht aber der Feststellungsanspruch (vgl. Rn. 5, beck-online), zu dem die Entscheidung folglich keine Ausführungen enthält.

2. Der Kläger kann von der Beklagten zumindest derzeit keine Rückzahlung bereits geleisteter Zinsen und Raten verlangen. Zwar steht dem Kläger infolge des Widerrufs ein Anspruch auf Rückgewähr der an die Beklagte geleisteten Zahlungen zu. Insofern die Höhe der geleisteten Zahlungen im Hinblick auf die Rate für August 2022 streitig ist, kommt es hierauf letztlich nicht an. Denn die Beklagte kann sich, ggf. auch dauerhaft, auf ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. berufen.

Nach dem Widerruf steht dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Rückgewähr der an die Beklagte geleisteten Zahlungen zu, wobei sich der Anspruch bezüglich der bis zu dem Widerruf geleisteten Raten in Höhe von insgesamt 2.286,32 € (8 Raten zu je 285,79 €) aus § 358 Abs. 4 S. 1 a.F. i.V.m. § 355 Abs. 3 S. 1 BGB und der Anspruch bezüglich der nach dem Widerruf geleisteten Zahlungen sich aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ergibt.

Zwar hat der Senat die Auffassung vertreten, dass nach einer Veräußerung des finanzierten Fahrzeugs sich die Bank grundsätzlich nicht mehr auf ihr Leistungsverweigerungsrecht aus § 358 Abs. 4, § 357 Abs. 4 BGB berufen kann, da dem Anspruch auf Rückgabe des Fahrzeugs der Einwand des Ausschlusses der Leistungspflicht nach § 275 BGB entgegensteht (OLG Celle, Urteil vom 2. Februar 2022 - 3 U 51/21 -, juris). Allerdings hat der Bundesgerichtshof, dessen Rechtsauffassung der Senat sich nunmehr anschließt, mit Urteil vom 14. Februar 2023 - XI ZR 152/22 eine davon abweichende Entscheidung getroffen. Danach steht der Beklagten das Leistungsverweigerungsrecht aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. auch dann zu, wenn dem Kläger die Rückgabe infolge der Veräußerung des Fahrzeugs an einen Dritten - wie hier - nicht möglich sein sollte. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Gesetzgebungshistorie der Vorschrift, dem Sinn und Zweck des Leistungsverweigerungsrechts und der Systematik der aufeinander bezogenen Normen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2023 - XI ZR 152/22 -, Rn. 31, juris). Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. steht der Beklagten auch in Bezug auf die von dem Kläger nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen erfolgten Zahlungen zu (BGH, Urteil vom 25. Januar 2022 - XI ZR 559/20 -, Rn. 17, juris). Kann der Verbraucher die Ware nicht zurückgeben, besteht das Leistungsverweigerungsrecht dauerhaft, sofern die Beklagte nicht gemäß § 285 BGB das Surrogat verlangt (Grüneberg, in:.Grüneberg, a.a.O., § 357 Rn. 5).

Letzteres hat die Beklagte vorliegend nicht getan. Vielmehr hat sie sich ausdrücklich und wiederholt auf ihr Leistungsverweigerungsrecht berufen. Eine Aufrechnung mit dem Zahlungsanspruch der Beklagten bezüglich der Herausgabe des Verkaufserlöses hat lediglich der Kläger gegen seinen Anspruch auf Rückzahlung aller geleisteten Raten und der Schlussrate erklärt.

3. Der nach der einseitigen teilweisen Erledigungserklärung des ursprünglichen Zahlungsantrags i.H.v. 10.580,89 € nebst Zinsen nach Herausgabe des Fahrzeugs unter Berücksichtigung des nunmehr gestellten Antrags des Klägers auf Zahlung von 2.464,25 € nebst Zinsen in Rede stehende Feststellungsantrag ist unbegründet.

Die (Teil-)Erledigungserklärung des Klägers stellt sich als eine nach § 264 Nr. 2 ZPO kraft Gesetzes stets zulässige Klageänderung dar, durch die sich der ursprüngliche Antrag in einen solchen ändert, im Umfang der Erledigungserklärung die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2008 - IX ZR 84/07, Rn. 8, juris; BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 157/98, Rn. 19, juris; Althammer in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 91a Rn. 34). Das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO folgt dabei aus dem berechtigten Begehren des Klägers, eine abschließende Entscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu erhalten.

Der Feststellungsantrag ist begründet, wenn die ursprüngliche Klage zulässig und begründet gewesen ist und durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 - II ZR 10/15, Rn. 8, juris; Althammer in: Zöller a.a.O.).

Das ist hier nicht der Fall. Vorliegend war der Klageantrag zu 2) auf Rückzahlung bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen ursprünglich zumindest derzeit unbegründet, da die Beklagte sich bereits mit der Klageerwiderung auf ihr Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB a.F. berufen hat. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziff. 2. verwiesen.

4. Die mit der Klage geltend gemachten Nebenforderungen kann der Kläger nicht verlangen.

a) Soweit der Kläger ab Rechtshängigkeit Zinsen geltend macht, steht ihm mangels eines Anspruchs in der Hauptsache kein Anspruch aus § 288 Abs. 1, § 291 S. 1 BGB zu.

b) Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 691,33 € steht dem Kläger weder aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB noch aus einer anderen Norm zu.

Die Beklagte hat sich im Zeitpunkt der Beauftragung der Bevollmächtigten des Klägers mit der Erfüllung des Anspruchs auf Rückerstattung der nach dem Widerruf geleisteten Zahlungen nicht im Schuldnerverzug befunden. Voraussetzung dafür wäre bezogen auf den Teil der Forderung, der sich auf die Rückforderung der vor Widerruf an die Beklagte geleisteten Zahlungen bezieht, dass der Kläger die von ihm selbst aus dem Rückgewährschuldverhältnis geschuldete Leistung der Beklagten in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20 -, Rn. 18, juris). Das war hier nicht der Fall.

Die Rückgabepflicht des Klägers ist mangels anderweitiger Vereinbarung eine Bring- oder Schickschuld, die der Schuldner dem Gläubiger an dessen Wohnsitz anbieten oder an ihn absenden muss. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach §§ 293 bis 297 BGB angeboten. Dass der Kläger der Beklagten das Fahrzeug an deren Sitz tatsächlich angeboten oder an sie nachweisbar abgesandt hat (§ 294 BGB), hat er nicht vorgetragen.

Ein wörtliches Angebot liegt nicht vor. Im Widerrufsschreiben vom 20. Januar 2020 hat er die Rückgabe überhaupt nicht erwähnt. In dem Anwaltsschreiben vom Februar 2020 ist die Rückgabe - entgegen § 357 Abs. 4 S. 1 BGB - nur in Form einer Abholung des Fahrzeugs durch die Beklagte angeboten worden, was diese zuvor nicht angeboten hat (§ 357 Abs. 4 S. 1 BGB) und was daher unzulänglich war.

5. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die nach der einseitigen Erledigungserklärung noch begehrte Erledigungsfeststellung bezogen auf den ursprünglichen Antrag auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs M. C. S mit der Fahrzeugidentifikationsnummer XXX in Annahmeverzug befindet.

Auf die Ausführungen zur Zulässigkeit der Klageänderung und des Feststellungsantrags unter Ziff. 3. wird Bezug genommen.

Jedoch ist der Antrag auf Erledigungsfeststellung unbegründet. Die teilweise Erledigung ist nicht festzustellen, weil die Klage von vornherein unbegründet gewesen ist. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug, wie bereits unter Ziff. 4.b) dargelegt, nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 S. 1, § 91a Abs. 1 S. 1, § 269 Abs. 3 ZPO.

a) Den ursprünglich hilfsweise gestellten Widerklageantrag auf Feststellung, dass die Klagepartei verpflichtet ist, jeden über einen bezifferten Wertverlust in Höhe von 8.350,00 € hinausgehenden Wertverlust des - im Antrag näher bezeichneten - Fahrzeugs sowie jeden weiteren Wertverlust bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs zu ersetzen, der auf einen Umfang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass insofern über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO zu entscheiden ist.

Maßstab für die Ausübung des billigen Ermessens ist dabei in erster Linie, welche der Parteien nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ohne Berücksichtigung des erledigenden Ereignisses aller Voraussicht nach obsiegt hätte bzw. unterlegen gewesen wäre. Das Gericht hat nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO bei seiner Entscheidung den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen.

Danach hätte die Beklagte hinsichtlich des Hilfswiderklageantrags zu 1) voraussichtlich obsiegt.

Der Beklagten stand nach § 358 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 7 BGB a.F. ein Anspruch auf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware - hier des Fahrzeugs - zu.

Die Rechtsfolgen des Widerrufs, insbesondere auch im Hinblick auf eine diesbezügliche Wertersatzpflicht, ergeben sich aus dem nationalen Recht, dessen Auslegung nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, der Gesetzgebungsgeschichte und der Systematik der aufeinander bezogenen Normen eindeutig ist (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, Rn. 22 ff, 29 ff., juris; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 a.a.O. Rn. 19).

Eine andere Auslegung käme daher selbst dann nicht in Betracht, wenn der nationale Gesetzgeber mit seinem Regelungskonzept zulasten des Darlehensnehmers hinter den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie, die allerdings keine konkreten Vorgaben zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags enthält (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 39), zurückgeblieben wäre. Die Entscheidung darüber, ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, obliegt den nationalen Gerichten (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. November 2017 - 2 BvR 1131/16, Rn. 37, juris). Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen. Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht zu einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem führen (BVerfG a.a.O.). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - C-282/10, Rn. 25, juris). Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (BGH, Urteil vom 28. Juni 2017 - IV ZR 440/14 -, BGHZ 215, 126-139 Rn. 24; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 a.a.O. Rn. 20; BVerfG a.a.O).

Nach § 358 Abs. 4 S. 1 BGB a.F. sind auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags unabhängig von der Vertriebsform § 355 Abs. 3 BGB und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b BGB entsprechend anzuwenden. Danach gelten für alle Verträge ("unabhängig von der Vertriebsform") § 355 Abs. 3 BGB und ergänzend die Vorschriften entsprechend, die nach der "Art des verbundenen Vertrags" hypothetisch anwendbar wären, wenn dieser selbst widerrufen worden wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit ein Widerrufsrecht bestanden hat. Dies ist bei einem - wie hier - Vertrag über die Lieferung einer Ware die Vorschrift des § 357 BGB a.F. (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 22) und damit auch die Wertersatzpflicht nach § 357 Abs. 7 BGB a.F.

Die Wertersatzpflicht setzt dabei im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 357 Abs. 7 BGB a.F. nicht voraus, dass der Darlehensgeber den Darlehensnehmer "nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 S. 1 Nummer 1 EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat". Es ist lediglich erforderlich, dass der Darlehensgeber den Verbraucher über eine mögliche Wertersatzpflicht unterrichtet (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2021 - 3 U 47/20, Rn. 59, juris; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 31 ff.; BGH, Urteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, Rn. 25, juris). Ein entsprechender Hinweis findet sich in der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung.

b) Der Antrag der Beklagten, dem Kläger hinsichtlich ihres zurückgenommenen Antrages auf Herausgabe des Fahrzeugs gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen, ist begründet.

Hier ist der ursprüngliche Antrag der Beklagten mit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.09.2022 an den Kläger rechtshängig geworden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das Fahrzeug bereits an einen Dritten verkauft und - was anzunehmen ist - auch übereignet.

Unschädlich ist, dass bei Klageeinreichung der Anlass zur Klage bereits weggefallen war. Denn § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO gilt auch, wenn die Erledigung schon vor Einreichung der Klage eingetreten ist. Allerdings kann der Kläger (hier: die Widerklägerin und Beklagte) dann eine ihm günstige Kostenentscheidung nur erwarten, wenn ihm das erledigende Ereignis nicht bekannt sein musste (Greger in: Zöller, ZPO, 34 Aufl., § 269 Klagerücknahme, Rn. 18c).

So ist es hier. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Veräußerung und Eigentumsübertragung im Einvernehmen mit der Beklagten erfolgt ist oder, dass Umstände vorgelegen haben, aus denen die Beklagte hätte schließen können, dass der Kläger das Fahrzeug verkauft und übereignet hat. Vielmehr konnte die Beklagte mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, dass das Fahrzeug nach wie vor im Eigentum des Klägers stand.

Die Kostentragungspflicht bestimmt sich unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Ausschlaggebend ist hier, dass der Beklagten gemäß § 495 Abs. 1, § 358 Abs. 4 S. 1, S. 5 § 355 Abs. 3 S. 1 BGB ein Herausgabeanspruch zugestanden hat, welcher erst aufgrund des Fahrzeugverkaufs nebst dinglichen Verfügungsgeschäfts von dem Kläger nicht mehr erfüllt werden kann. Unabhängig davon, ob dies tatsächlich der Fall ist, ist zu

berücksichtigen, dass der Kläger selbst von einer Unmöglichkeit der Rückübereignung ausgeht.

7. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

8. Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bot diese auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhende Entscheidung nicht.