Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.05.2023, Az.: 21 UF 3/23

Gesamtschuldnerausgleich; anderweitige Bestimmung; Kindesunterhalt; treuwidriges Verhalten; familienrechtliche Ausgleichsanspruch

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.05.2023
Aktenzeichen
21 UF 3/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 18797
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0517.21UF3.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Zeven - AZ: 4 F 126/21

Fundstellen

  • FamRB 2023, 357-358
  • FamRZ 2023, 1530
  • NJW-Spezial 2023, 548-549
  • NZFam 2023, 829-833
  • ZAP EN-Nr. 377/2023
  • ZAP 2023, 604

Amtlicher Leitsatz

  1. I.

    Dem Anspruch des ausgleichsberechtigten Gesamtschuldners aus § 426 Abs. 1 BGB kann der Ausgleichspflichtige grundsätzlich nicht entgegenhalten, dass eine anderweitige Bestimmung darin bestehe, dass die zugrunde liegenden Darlehensraten bei der Berechnung des Anspruchs auf Unterhalt für die gemeinsamen Kinder einkommensmindernd in vollem Umfang berücksichtigt wurde (BGH FamRZ 2007, 1975).

  2. II.

    Der ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner kann sich jedoch durch die nachträgliche Inanspruchnahme treuwidrig verhalten (§ 242 BGB), wenn die berücksichtigungsfähigen Darlehensraten zu einer Reduzierung seines Einkommens mit der Folge geführt haben, dass ein Mangelfall beim Unterhalt für die gemeinsamen Kinder zu einer Herabsetzung ihrer Ansprüche um etwa die Hälfte geführt hat, nachträglich höherer Kindesunterhalt nicht mehr gefordert werden kann und die Reduzierung Unterhalt in etwa dem Ausgleichsanspruch entspricht (im vorliegenden Einzelfall vom Senat verneint).

  3. III.

    Soweit der die gemeinsamen Kinder betreuende, ausgleichspflichtige Gesamtschuldner den nicht gedeckten Kindesunterhalt aus eigenen Einkünften erbracht hat, steht ihm gegen den anderen, nicht leistungsfähigen Elternteil ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch nicht zu.

In der Familiensache
##,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
##
gegen
##,
Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
##
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2023 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwonberg, die Richterin am Oberlandesgericht Veenhuis und den Richter am Amtsgericht Dr. Ahnefeld und beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 1. Dezember 2022 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Zeven teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 7.061,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 4.236,66 € seit dem 16. Dezember 2020 und auf einen weiteren Betrag von 2.824,44 € seit dem 3. Mai 2023 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

  2. II.

    Die Kosten des Verfahrens I. Instanz werden der Antragstellerin zu 70% und der Antragsgegnerin zu 30% auferlegt. Von den Kosten des Verfahrens II. Instanz trägt die Antragstellerin 60% und die Antragsgegnerin 40%.

  3. III.

    Der Verfahrenswert I. Instanz wird auf 15.470,03 € und derjenige der II. Instanz wird auf 18.294,47 € festgesetzt.

  4. IV.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin, ihre geschiedene Ehefrau, auf Ausgleich aus vier Darlehensverträgen und zwei Bausparverträgen in Anspruch.

Aus ihrer am 3. September 2010 geschlossenen Ehe sind die drei Kinder J., geboren am ##. Februar 2012, F., geboren am ## März 2015 und L., geboren am ## April 2018, hervorgegangen. Seit dem Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom ##. Juli 2020 wird die Antragstellerin als dem weiblichen Geschlecht zugehörig angesehen und trägt den Vornamen Bettina (Az. ##). Auf den Antrag der (hiesigen) Antragsgegnerin vom 13. Mai 2020, der der Antragstellerin am 19. Juni 2020 zugestellt worden war, wurde die Ehe der Beteiligten durch den am 15. Januar 2021 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts Zeven - rechtskräftig seit dem 6. März 2021 - geschieden (##).

Die Beteiligten haben während ihrer Ehe gemeinsam das Eigentum an der Immobilie ## in ## erworben und zur Finanzierung im Jahr 2015 gemeinsam vier Darlehen bei der ##-Bank aufgenommen. Zum Ende 2019 belief sich das Saldo nach der Mitteilung der ##-Bank von Januar 2020 auf insgesamt rund 364.000 €. Während des ehelichen Zusammenlebens zahlte die Antragstellerin die Darlehensraten an die ##-Bank in Höhe von monatlich insgesamt 941,48 €, wobei eine Tilgung nur auf zwei Darlehen (...030 und ... 048) in geringem Umfang erfolgte. Zusätzlich hatte die Antragstellerin bei der ## zwei Bausparverträge abgeschlossen (Vertrags-Nr.: ## und ##), auf die sie monatliche Beiträge von 218,75 € sowie weiteren 185 € erbrachte. Diese Verträge waren zur Sicherung der Darlehen an das ## abgetreten. Der Gesamtbetrag der von der Antragstellerin getragenen Belastungen belief sich auf 1.345,23 €. Die Antragsgegnerin trug von ihrem Einkommen alle weiteren Kosten der Lebenshaltung der Familie. Hierzu hat sie erstinstanzlich Aufstellungen vorgelegt.

Im Februar 2019 zog die Antragstellerin aus der gemeinsamen Immobilie aus und mietete sich eine kleine Wohnung in ##, ohne ihre Möbel mitzunehmen. Sie betreute die gemeinsamen Kinder tageweise innerhalb der gemeinsamen Immobilie. An diesen Tagen schlief die Antragsgegnerin in der Kaserne. Ab März 2020 kam es zwischen den (damaligen) Eheleuten zum Streit über die Finanzen. Die Antragsgegnerin forderte von der Antragstellerin die Zahlung von Kindesunterhalt, während die Antragstellerin von ihr u.a. verlangte, dass diese sich an den Hausfinanzierungen beteiligt.

Das von der Antragsgegnerin zur Unterstützung eingeschaltete Jugendamt des Landkreises R. hat die Höhe des von der Antragstellerin geschuldeten Kindesunterhalts mit Schreiben vom 2. April 2020 mit rund 442 € berechnet. Dabei hat es die auf der Finanzierung der Immobilie beruhenden Belastungen der Antragstellerin in Höhe von 1.345,23 € berücksichtigt. Die Antragstellerin leistete den auf diesen Gesamtbetrag bezifferten Kindesunterhalt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Darüber hinaus korrespondierten die Beteiligten Mitte 2020 über den von der Antragstellerin geltend gemachten Trennungsunterhalt. Deren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 24. Juli 2020 für monatlichen Unterhalt von rund 1.139 € wies das Amtsgericht Zeven mit Beschluss vom 8. Oktober 2020 im Hinblick auf einzusetzendes Vermögen zurück (##).

Die Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. November 2020 auf, ihr für den Zeitraum vom 1. Februar 2019 bis zum 31. Dezember 2020 die Hälfte der Finanzierungslasten der Immobilie in Höhe von monatlich [1.345,23 €: 2] 672,61 € zu erstatten. Zugleich machte sie für die Nutzung ihres Miteigentumsanteils eine monatliche Entschädigung von 700 € ab Februar 2019 geltend.

Die Antragsgegnerin war dieser Forderung außergerichtlich unter Hinweis auf die von ihr übernommenen Lebenshaltungskosten der Familie und der zugrundeliegenden Vereinbarung der Beteiligten entgegengetreten.

Nach dem Schreiben des Notars F. vom 11. Juni 2021 verkauften die Beteiligten ihre Immobilie zum 30. Juli 2021 und teilten den Erlös hälftig, ohne dass die Bausparverträge zur Zurückführung der Immobiliendarlehen bei der ##- Bank eingesetzt werden mussten. Diese hat die Bausparverträge an die Antragstellerin zurückabgetreten.

Nachdem die Antragsgegnerin gegen den von der Antragstellerin beantragten und ihr am 8. Januar 2021 zugestellten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hatte, hat die Antragstellerin mit ihrem Antrag vom 26. März 2021 zunächst im Wege eines Teilantrags begehrt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 15.470,03 € für den Zeitraum von Februar 2019 bis Dezember 2020 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2020 zu verpflichten, und sich eine Antragserweiterung für die Zeit ab Januar 2021 vorbehalten.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, dass die Antragstellerin trotz erfolgter Trennung die Ehewohnung noch bis einschließlich März 2020 genutzt und nie vollständig aufgegeben habe. Auch hätten sich die Beteiligten nach der Trennung darüber geeinigt, dass die Antragstellerin weiterhin die Hauslasten und sie die übrigen Kosten der Haushaltsführung einschließlich der Kindertagesstätten- und Versicherungsbeiträge und die sonstigen Verbindlichkeiten tragen sollte. Im März 2020 habe die Antragstellerin die vereinbarte Kostenaufteilung infrage gestellt und sie sodann Kindesunterhalt für die von ihr betreuten gemeinsamen Kinder geltend gemacht. Sie hat hilfsweise die Aufrechnung mit rückständigem Kindesunterhalt erklärt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2021 hat die Antragstellerin erklärt, dass die Bausparverträge beim ## hälftig geteilt werden sollten. Sie ließ beide Bausparverträge durch das ## teilen, wie dies mit Schreiben der ## vom 24. Januar 2022 bestätigt wurde. Allerdings stellte die Antragsgegnerin wegen der damit verbundenen Kosten keinen Antrag auf Übertragung der Bausparverträge.

Das Amtsgericht hat über die Behauptung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe die gemeinsame Immobilie noch bis März 2020 genutzt, am 3. November 2022 Beweis durch Vernehmung der Zeugin F. erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 3. November 2022 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin mit dem am 1. Dezember 2022 verkündeten Beschluss abgewiesen und dieser die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dabei hat es angenommen, dass die Beteiligten eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB getroffen hätten, wonach die Antragstellerin die Hauslasten allein zu tragen habe. Eine Beteiligung der Antragsgegnerin an den Kosten der Hausfinanzierung führe zu einer doppelten Berücksichtigung derselben, da diese bei der Bemessung des von Antragstellerin geschuldeten Kindesunterhalts bereits berücksichtigt worden seien.

Mit der Beschwerde hat die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren zunächst vollumfänglich weiterverfolgt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3. Mai 2023 hat sie antragserweiternd beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 31. August 2021 einen Betrag von 7.061,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2020 zu zahlen.

Für die Zeit von Februar 2019 bis einschließlich März 2020 hat sie die Beschwerde vollständig und betreffend die Zeit von April 2020 bis Dezember 2020 zum Teil zurückgenommen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sowohl der Antragserweiterung als auch der teilweisen Rücknahme der Beschwerde ihre Zustimmung versagt.

II.

Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 FamFG zulässig erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist nach Rücknahme der Beschwerde begründet.

1.

Nach der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten Rücknahme der Beschwerde verbleibt es hinsichtlich eines Teilbetrages von 8.408,93 € bei der amtsgerichtlichen Entscheidung. Die Rücknahme der Beschwerde bezieht sich auf den geltend gemachten Anspruch für den Zeitraum von Februar 2019 bis Dezember 2020 in Höhe von [470,74 € x 14 Monate] 6.590,36 € hinsichtlich der Darlehensraten sowie in Höhe von weiteren [201,87 € x 23 Monate] 4.643,01 € hinsichtlich der Bausparverträge. Dabei bedurfte es zur wirksamen Rücknahme der Beschwerde einer Zustimmung der Antragsgegnerin nicht (§ 67 Abs. 4 FamFG). Die teilweise Beschwerderücknahme hat nach den §§ 117 Abs. 2 FamFG, 516 Abs. 3 ZPO den Verlust des Rechtsmittels insoweit zur Folge.

2.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache erfolgreich, soweit sie - teilweise antragserweiternd - von der Antragsgegnerin nunmehr beantragt, ihr einen Gesamtschuldnerausgleich in Höhe von 7.061,10 € für den Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 31. August 2021 zu zahlen. Die Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz ist zulässig, auch wenn die Antragsgegnerin in diese nicht eingewilligt hat. Die Antragserweiterung erweist sich als sachdienlich, weil hierdurch bei unveränderter Tatsachengrundlage für den erweiterten Zeitraum ein weiteres gerichtliches Verfahren entbehrlich ist (§§ 117 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG, § 263 ZPO).

a)

Der Antragstellerin steht ein Anspruch auf Erstattung der hälftigen, von ihr in dem Zeitraum von April 2020 bis zum August 2021 geleisteten Darlehensraten gemäß § 426 Abs. 1 BGB zu.

Die früheren Eheleute waren aus den Darlehensverträgen mit der ##-Bank Gesamtschuldner, weil sie diese gemeinsam abgeschlossen hatten, wie sich aus der Saldenmitteilung der ##-Bank vom Januar 2020 ergibt. Die Antragstellerin hat in der Zeit ab April 2020 unstreitig die monatlichen Darlehensraten von insgesamt 941,48 € an die ##-Bank allein erbracht.

b)

Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend dargelegt oder bewiesen, dass für den im Beschwerdeverfahren noch streitigen Zeitraum ab April 2020 abweichend von der gesetzlichen Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB einer gleichen Verpflichtung der Gesamtschuldner zueinander vorliegend eine anderweitige Bestimmung zwischen den Beteiligten Geltung hat.

Eine anderweitige Bestimmung kann sich aus einer ausdrücklich oder konkludent getroffenen Vereinbarung der Beteiligten ergeben. Sie kann aber darüber hinaus auch aus dem Sinn und Zweck eines zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnisses oder aus der Natur der Sache, d. h. aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens, folgen (BGH FamRZ 1995, 216, 217; 2007, 1975, 1976). Aus der tatsächlichen Handhabung der Rückführung von Darlehensverbindlichkeiten während der bestehenden Lebensgemeinschaften kann in der Regel auf eine stillschweigend getroffene Vereinbarung dahingehend geschlossen werden, dass ein späterer finanzieller Ausgleich für die erbrachten Leistungen nicht erfolgen soll (vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 8. Aufl., Rn. 362 ff.). Zwar gilt nach dem Scheitern der Ehe bzw. einer endgültigen Trennung diese frühere Handhabung nicht mehr fort, sodass die Gesamtschuldner nach dem gesetzlichen Regelfall zu gleichen Anteilen haften. Dies gilt jedoch wiederum nicht, wenn sie für diesen Zeitraum eine anderweitige Bestimmung getroffen haben (Wever, a.a.O., Rn. 376 ff.).

Die Beteiligten haben schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend dargelegt, dass sie während des ehelichen Zusammenlebens eine Verteilung aller Kosten dahingehend geregelt hatten, dass die Antragstellerin die Kosten der Hausfinanzierung allein und die Antragsgegnerin sämtliche weiteren Kosten der allgemeinen Lebensführung getragen haben. Diese Regelung haben die Beteiligten auch nach der Trennung im Februar 2019 zunächst einvernehmlich fortgeführt. Dies ergibt sich sowohl aus der den von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2021 vorgelegten Aufstellungen der von ihr getragenen Kosten, denen die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist, sowie aus der Aussage der Zeugin F. in der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2022.

Erst ab März 2020 kam es zum Streit über die beiderseitige Verteilung der Kosten, ohne dass hierauf der bereits Anfang 2019 erfolgte Umzug der Antragstellerin eine signifikante Auswirkung gehabt hatte. Nachdem die Antragsgegnerin von der Antragstellerin die Zahlung von Kindesunterhalt für die drei gemeinsamen Kinder gefordert hatte, verlangte die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die hälftige Erstattung der Hauslasten und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt haben. Ab April 2020 kann das Fortbestehen der bis dahin angewendeten anderweitigen Bestimmung, dass die Antragstellerin die Hauslasten weiterhin allein trägt, nicht mehr angenommen werden.

Soweit die Antragsgegnerin das (Fort-)Bestehen einer anderweitigen Bestimmung geltend macht, hat sie den ihr obliegenden Beweis für den Zeitraum ab April 2020 nicht erbracht. Die von ihr benannte Zeugin F. hat bei ihrer Vernehmung vor dem Amtsgericht im Gegenteil ausdrücklich erklärt, dass sich die Verteilung der Kosten durch die Beteiligten Mitte des Jahres 2020 geändert habe. Ihre Tochter habe die Versicherung der Antragstellerin nicht mehr getragen, dafür aber Nebenkosten für das Haus übernommen. Danach kann auch auf der Grundlage der Zeugenaussage nicht angenommen werden, dass sich die Beteiligten ab April 2020 (weiterhin) darüber einig waren, dass die Antragstellerin die Hauslasten allein tragen sollten.

c)

Eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 BGB kann auch darin bestehen, dass die Darlehensverpflichtung in die Berechnung eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt eingeflossen ist. Eine auf Seiten des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu berücksichtigende Verbindlichkeit führt zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs und damit finanziell zu einer Beteiligung des Unterhaltsberechtigten, weil die Reduzierung des Unterhaltsanspruchs wirtschaftlich nahezu dem hälftigen Schuldenabtrag entspricht (BGH FamRZ 2007, 1975, 1976 [Rn. 15], Wever, a.a.O., Rn. 432).

Zwischen den Beteiligten stand neben dem Kindesunterhalt und dem Gesamtschuldnerausgleich zusätzlich ein Anspruch auf Trennungsunterhalt im Streit. Die Antragstellerin hatte außergerichtlich Trennungsunterhalt mit Schreiben vom 12. April 2020 geltend gemacht und im Schriftsatz vom 24. Juli 2020 Verfahrenskostenhilfe für einen monatlichen Betrag von 1.139 € sowie hilfsweise für eine monatliche Nutzungsentschädigung von 711 € beantragt (4 F 211/20 Amtsgerichts Zeven). Dabei hatte die Antragstellerin von ihren Erwerbseinkünften von 2.945 € den gezahlten Kindesunterhalt von monatlich 442 € sowie die Hausverbindlichkeiten von 1.345 € in Abzug gebracht. Die Antragsgegnerin hatte die gegen sie erhobene Forderung mit Schreiben vom 16. Juni und 1. Juli 2020 sowie Schriftsatz vom 21. August 2020 u.a. mit dem Argument zurückgewiesen, dass sie in einem Umfang von 1.025 € neben dem Naturalunterhalt auch den Barunterhalt für die Kinder leiste, weil die Antragstellerin lediglich in Höhe von 442 € Kindesunterhalt gezahlt hat. Den zunächst beim Amtsgericht anhängig gemachten Antrag auf Zahlung von Trennungsunterhalt hat die Antragstellerin nach der Versagung von Verfahrenskostenhilfe mangels Bedürftigkeit i.S.v. § 115 ZPO nicht weiterverfolgt (4 F 211/20 UE).

Zwischen den Beteiligten ist ein Ausgleich der Darlehensverbindlichkeiten auf diesem Wege nicht erfolgt, weil die Antragstellerin den von ihr ursprünglich geltend gemachten Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht weiterverfolgt und die Antragsgegnerin einen solchen auch nicht gezahlt hat.

d)

Eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern zu gleichen Teilen im Innenverhältnis verdrängt, kann hier auch nicht darin gesehen werden, dass die von der Antragstellerin allein getragenen Darlehensraten gegenüber der ##-Bank durch das Jugendamt des Landkreises R. bei der Bemessung des Kindesunterhalts insgesamt einkommensmindernd berücksichtigt worden sind und die Antragstellerin den durch das Jugendamt auf 442 € bemessenen Kindesunterhalt gezahlt hat, ohne auf einen höheren Kindesunterhalt in Anspruch genommen zu werden.

Die rechtliche Beurteilung einer Gesamtschuld bei der Berechnung eines Anspruchs auf Ehegattenunterhalt kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Inanspruchnahme des ausgleichsberechtigten Gesamtschuldners bei der Bemessung von Kindesunterhalt nicht übertragen werden. Dabei hat der Bundesgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, dass insoweit bereits keine wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten bzw. Gesamtschuldner vorliegen, die eine Kompensation bewirken könnten. Darüber hinaus wird über den Abzug von Verbindlichkeiten beim Kindesunterhalt eine nahezu hälftige Aufteilung der Schuldentilgung nicht herbeigeführt. Dies folge maßgeblich daraus, dass der Schuldenabtrag lediglich zu einer Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach einer niedrigeren Gruppe der Düsseldorfer Tabelle und damit zu einem geringeren Kindesunterhalt führe, der jedoch regelmäßig nicht einem angemessenen Äquivalent für die alleinige Belastung mit der Gesamtschuld entspreche. Die dadurch bedingte Reduzierung des geschuldeten Kindesunterhalts sei darüber hinaus auch nicht durch den anderen Gesamtschuldner bzw. Elternteil auszugleichen, weil dieser gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB seiner Unterhaltsverpflichtung durch Pflege und Erziehung nachkomme und nicht barunterhaltspflichtig sei (BGH FamRZ 2007, 1975, 1976 [Rn. 16 f.]; FamRZ 2008, 602; Wever, a.a.O., Rn. 436 f.).

Diese Bewertung lässt sich auf das Verhältnis der Beteiligten nicht ohne weiteres übertragen. Dies hat seinen Grund maßgeblich darin, dass der Abzug der Darlehensraten auf Seiten der Antragstellerin zu einer Reduzierung des für die drei gemeinsamen Kinder geschuldeten Unterhalts in einer Höhe führt, die nahezu dem hälftigen Ausgleichsanspruch der Gesamtschuldner entspricht. Die geringere Inanspruchnahme beim Kindesunterhalt folgt vorliegend aus der Berechnung der Ansprüche gegen den Selbstbehalt der Antragstellerin, sodass sich jede Reduzierung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens im Mangelfall unmittelbar beim geschuldeten Kindesunterhalt abbildet. Für den Fall der anteiligen Haftung der Eltern auf Volljährigenunterhalt nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB vertritt Wever (a.a.O., Rn. 437) die Auffassung, dass der Abtrag der Gesamtschuld sich in Form einer deutlichen Ersparnis in Bezug auf den Kindesunterhalt auswirken kann. Darüber hinaus könne zu berücksichtigen sein, dass der betreuende Elternteil im Fall der Leistungsunfähigkeit des anderen Elternteils finanziell eingesprungen ist und auf diese Weise die Gesamtschuld mitgetragen hat.

Das Jugendamt des Landkreises R. ist in seinem Schreiben vom 2. April 2020 von einem Einkommen der Antragstellerin von 2.947 € ausgegangen und hat hiervon die Hausbelastungen von insgesamt 1.345 € abgesetzt. Oberhalb des Selbstbehalts von 1.160 € verblieb für den Kindesunterhalt ein Betrag von 442 €. Den Gesamtbedarf der drei gemeinsamen Kinder hat das Jugendamt mit 853 € angegeben (322 € + 267 € + 264 €) und anschließend eine Mangelfallberechnung durchgeführt, bei der sich anteilige Beträge von 167 € für J., von 138 € für F. sowie von 137 € für L. ergaben.

Da die Antragstellerin lediglich in Höhe eines Betrages von 442 € leistungsfähig war, blieb der Gesamtbedarf in Höhe eines Betrages von 411 € ungedeckt. Nach den nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse nicht bezogen. Der von der Antragstellerin geltend gemachte monatliche Ausgleichsbetrag aus der Darlehensverpflichtung beläuft sich auf 471 €. Der Schuldenabtrag führt vorliegend nicht nur zu einer Reduzierung des Kindesunterhalts um die Differenzbeträge verschiedener Einkommensgruppen, sondern bewirkt durch die erforderliche Mangelfallberechnung eine signifikante Kürzung des Kindesunterhalts um etwa die Hälfte des Mindestunterhalts. Bei Einkünften der Antragsgegnerin von rund 3.500 €, wie sie die Antragstellerin ihrem Antrag auf Trennungsunterhalt zugrunde gelegt hatte, ist auch davon auszugehen, dass die die gemeinsamen Kinder betreuende Antragsgegnerin den Differenzbetrag bis zum Mindestunterhalt ausgeglichen bzw. erbracht hatte. Insoweit ist die Vermutung gerechtfertigt, dass der Mindestunterhalt der gemeinsamen Kinder gedeckt war. Diese Vermutung hat die Antragstellerin nicht widerlegt.

Gleichwohl folgt aus dem Abzug der - auch im Verhältnis zu den unterhaltsberechtigten Kindern berücksichtigungsfähigen - Darlehensverbindlichkeiten keine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 BGB im Verhältnis der Beteiligten zueinander. Denn insoweit fehlt es an wechselseitigen Ansprüchen aus dem Gesamtschuldverhältnis einerseits und dem Kindesunterhalt andererseits, den allein die unterhaltsberechtigten Kinder geltend machen können. Selbst wenn der Antragsgegnerin ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch in Höhe des von ihr getragenen restlichen Kindesunterhalts zustünde (dazu unter 3.), beträfe dies nicht unmittelbar das Gesamtschuldverhältnis, sondern könnte primär eine Aufrechnungslage i.S.v. § 387 BGB begründen.

e)

Da eine anderweitige Vereinbarung nicht vorliegt und sich aus dem Zweck des Darlehens kein anderer Ausgleichsmaßstab ergibt, weil die Aufnahme des Darlehens der Tilgung gemeinsam aufgenommener Schulden diente, steht der Antragstellerin dem Grunde nach ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte der von ihr erbrachten monatlichen Raten aus den Darlehensverträgen mit der ##-Bank zu. Diese betrugen unstreitig monatlich 941,48 €, sodass sich ein hälftiger Betrag von 470,74 € errechnet. Für den im Beschwerdeverfahren - nach Teilrücknahme und Antragserweiterung - geltend gemachten Zeitraum von April 2020 bis Juni 2021 ergibt sich für 15 Monate ein Anspruch in Höhe 7.061,10 €. Dass die Antragstellerin auch für Juli und August 2021 noch Darlehensraten gezahlt hat, ist bei der im Juli erfolgten Veräußerung für den Senat nicht ersichtlich und auch nicht belegt, hat jedoch auf den Antrag im Beschwerdeverfahren keinen Einfluss.

Demgegenüber kann sich die Antragstellerin nicht auf die Zahlungen von monatlich 218,75 € sowie 185 € auf die Bausparverträge bei dem ## berufen, die nach ihrem aktualisierten Beschwerdeantrag auch nicht mehr geltend gemacht werden. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Gesamtschuld der Beteiligten nicht besteht, denn diese beiden Verträge waren allein von der Antragstellerin abgeschlossen. Darüber hinaus ist aus den Verträgen auch keine Verbindlichkeit erwachsen, weil nach der Veräußerung der gemeinsamen Immobilie die ursprünglich abgetretenen Bausparverträge auf die Antragstellerin zurückübertragen wurden.

3.

Der Anspruch der Antragstellerin ist auch nicht durch Aufrechnung gemäß §§ 388, 389 BGB erloschen. Eine Aufrechnungslage durch gegenseitige Forderungen i.S.v. § 387 BGB besteht nicht, weil der Antragsgegnerin ein Anspruch gegen die Antragstellerin hinsichtlich des Kindesunterhalts nicht zusteht.

Ein etwaig bestehender Anspruch auf höheren Kindesunterhalt steht den Kindern und nicht der Antragsgegnerin zu, die derartige Ansprüche lediglich als deren gesetzliche Vertreterin i.S.d. § 1629 Abs. 2 BGB für sie geltend machen könnte, ohne selbst Anspruchsinhaberin zu sein. Ob insoweit jedoch nach der Berechnung des Jugendamts des Landkreises R. und der in geltend gemachter Höhe erfolgten Unterhaltszahlungen der Antragstellerin noch die Verzugsvoraussetzungen für einen weitergehenden Betrag gegeben sein könnten oder ob nicht von einer Unterhaltsvereinbarung auszugehen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung durch den Senat.

Die Voraussetzungen für einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil, wenn ein Elternteil allein für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufgekommen ist, obwohl der andere dem Kind unterhaltspflichtig war. Der Anspruch ist darauf gerichtet, die Unterhaltspflicht beider Eltern gegenüber ihrem Kind entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen (vgl. BGH FamRZ 1989, 850, 851; 1994, 1102). Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht jedoch dann nicht, wenn in einem vorangegangenen Kindesunterhaltsverfahren die Leistungsunfähigkeit des nicht betreuenden Elternteils rechtskräftig festgestellt worden ist (vgl. OLG Hamm FamRZ 2011, 1407).

Die Beteiligten sind auf der Grundlage der Berechnung des Jugendamts des Landkreises R. vom 2. April 2020 zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin auch gegenüber den gemeinsamen Kindern die von ihr getragenen Darlehensraten einkommensmindernd geltend machen kann. Im Rahmen der beim Kindesunterhalt erforderlichen Abwägung der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger (vgl. BGH FamRZ 2014, 923, [Rn. 25 ff.]; BGH FamRZ 2022, 781 [Rn. 11 ff.]) nach dem Zweck der Verbindlichkeit, Zeitpunkt und Art ihrer Entstehung sowie der Dringlichkeit der Bedürfnisse ist neben dem Einverständnis der (früheren) Ehegatten und der gemeinsamen Lebensführung vorliegend insbesondere zu berücksichtigen, dass den gemeinsamen Kindern über den Darlehensabtrag die weitere Nutzung des Familienheims gewährleistet wird und damit ihr Lebensbedarf ebenfalls teilweise gedeckt wurde. Bis zur Veräußerung der gemeinsamen Immobilie ist daher von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Antragstellerin auszugehen, sodass darüber hinaus eine Unterhaltspflicht, für die die Antragsgegnerin eingestanden ist, nicht bestand. Vor diesem Hintergrund erscheint es auch zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin im hier streitigen Zeitraum die Absicht hatte, für ihre Aufwendungen von der Antragstellerin Ersatz zu fordern. Von dieser Voraussetzung ist der Bundesgerichtshofs bisher für die Zeit vor Rechtskraft der Ehescheidung ausgegangen. Die Frage bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung durch den Senat.

Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils handelt es sich um einen Fall echter Ausfallhaftung i.S.d. § 1606 BGB (Grüneberg/v. Pückler, BGB, 81. Aufl., § 1606 Rn. 17), die keinen Unterhaltsregress zur Folge hat. Dass die Antragsgegnerin diese Situation rechtlich ebenso eingeschätzt und die Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs nicht erwogen hat, ergibt sich aus ihrer Beschwerdeerwiderung vom 3. März 2023, in der sie anführt, dass die Antragstellerin als "nicht einmal leistungsfähig für den Mindestunterhalt ihrer drei Kinder berechnet worden" sei.

4.

An der Geltendmachung eines Anspruchs auf Gesamtschuldnerausgleich ist die Antragstellerin auch nicht infolge eines widersprüchlichen oder treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) gehindert.

Zwar hat sie in dem Zeitraum von April 2020 bis (wohl) August 2021 lediglich einen reduzierten Kindesunterhalt von 442 € gezahlt. Diesem Betrag liegt zugrunde, dass das Einkommen der Antragstellerin um die Hauslasten von insgesamt 1.345,23 € reduziert wurde. In diesem Gesamtbetrag sind die Raten für die ##-Darlehen von 941,48 € enthalten.

Wäre der Kindesunterhalt unter Berücksichtigung der um den Erstattungsanspruch reduzierten monatlichen Darlehensraten bemessen worden, hätte dies zu einer entsprechenden Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin geführt. Wäre daher das Einkommen der Antragstellerin von 2.947 € lediglich um die Beiträge auf die Bausparverträge von 403 € (218 € + 185 €) sowie um die hälftigen Darlehensraten von 471 € (942 € x 1/2) reduziert worden, hätte sich oberhalb des Selbstbehalts von 1.160 € eine Leistungsfähigkeit von 913 € ergeben. Unter diesen Umständen hätte die Antragstellerin den gemeinsamen Kindern den Mindestunterhalt von insgesamt 853 € zahlen können. Hiervon ist sie selbst in ihrer Antragsbegründung vom 26. März 2023 ausgegangen.

Im Grundsatz hält es der Senat für gerechtfertigt, dass die Antragstellerin nach Treu und Glauben nicht zu einem späteren Zeitpunkt Ausgleichsansprüche aus einer Gesamtschuld geltend machen kann, wenn diese bei dem zuvor geltend gemachten Kindesunterhalt in vollem Umfang berücksichtigt worden waren und zur teilweisen Leistungsunfähigkeit geführt hatten. Insofern verhält sich die Antragstellerin widersprüchlich, wenn sie einerseits ihre eingeschränkte Leistungsfähigkeit mit dem Darlehensabtrag begründet, diesen jedoch andererseits später über einen Gesamtschuldnerausgleich nachträglich reduziert. Dies gilt jedenfalls dann, wenn rechtlich zweifelhaft ist, ob für den Zeitraum des Gesamtschuldnerausgleichs nachträglich höherer Unterhalt noch geltend gemacht werden kann.

Gleichwohl gelangt der Senat unter den hier obwaltenden Umständen zu dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin dem Ausgleichsanspruch der Antragstellerin treuwidriges Verhalten nicht entgegenhalten kann. Dies beruht entscheidend darauf, dass die Antragsgegnerin ihrerseits den berechtigten Interessen der Antragstellerin nicht gerecht wird. Durch den Darlehensabtrag hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin sowie den gemeinsamen Kindern die Nutzung der (gemeinsamen) Immobilie ermöglicht und somit deren Wohnbedarf gedeckt. In dem hier maßgeblichen Zeitraum hatte die Antragsgegnerin Zahlungen für die Nutzung des Hauses nicht erbracht. Der Aufforderung, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, ist sie nicht nachgekommen. Ob ein dahingehender Anspruch der Antragstellerin durchsetzbar wäre, könnte unter dem Aspekt fraglich erscheinen, dass sich die Antragsgegnerin für die insoweit identischen Zeiträume auf den von ihr gedeckten restlichen Kindesunterhalt berufen könnte, den sie nach den voranstehenden Ausführungen dem Anspruch der Antragstellerin auf Gesamtschuldnerausgleich über einen Einwand nach § 242 BGB nicht entgegenhalten konnte.

Die finanziellen Verhältnisse der Beteiligten waren und sind durch eine Vielzahl wechselseitiger Zahlungs- oder Ausgleichsansprüche geprägt, deren Voraussetzungen und konkrete Höhe zwischen ihnen weiterhin streitig sind. In einer solchen Situation erscheint es nicht gerechtfertigt, einem Beteiligten treuwidriges Verhalten entgegenzuhalten, wenn ein isolierter Anspruch geltend gemacht wird und dieser dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Dabei war der Senat in der mündlichen Verhandlung bemüht, den Beteiligten eine Gesamtregelung - die bereits vom Amtsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2021 angeregt, jedoch von der Antragsgegnerin widerrufen - unter Einbeziehung des Kindesunterhalts, des Trennungsunterhalts, eines etwaigen nachehelichen Unterhalts, möglicher güterrechtlicher Ansprüche sowie weiterer finanzieller Ausgleichsansprüche (etwa zu den geteilten Bausparverträgen) nahezubringen.

5.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1, 291 BGB nach dem Aufforderungsschreiben der Antragstellerin vom 19. November 2020 mit Fristsetzung zum 15. Dezember 2020 ab dem 16. Dezember 2020 und nach Antragserweiterung im Termin am 3. Mai 2023 nicht wie beantragt, sondern nur in dem sich aus der Beschlussformel ergebenden Umfang begründet.

6.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 15. Mai 2023 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 156 Abs. 1 ZPO).

III.

Die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Zeven 4 F 211720 und 4 F 137/20 waren diesem Verfahren zu Informationszwecken beigezogen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, 113 Abs. 1, 117 Abs. 2 FamFG und berücksichtigt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten nach erfolgter teilweiser Rücknahme der Beschwerde.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt aus §§ 35, 40 Abs. 1 und 2 FamFG.

IV.

Der Senat lässt gemäß § 70 Abs. 2 FamFG die Rechtsbeschwerde zu, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat, als ein Gesamtschuldnerausgleich auch dann ausgeschlossen sein könnte, wenn die zugrundeliegende Darlehensverbindlichkeit beim Kindesunterhalt zur eingeschränkten Leistungsfähigkeit geführt hat. Darüber hinaus erscheint eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts für die Frage erforderlich, ob in einer solchen Situation dem ausgleichsberechtigten Gesamtschuldner treuwidriges Verhalten entgegengehalten werden kann.

Dr. Schwonberg
Veenhuis
Dr. Ahnefeld
(RiinOLG Veenhuis ist wegen Ortsabwesenheit an der Unterschrift gehindert)