Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 03.08.2022, Az.: 3 U 20/22

Örtliche Zuständigkeit; einheitlicher Erfüllungsort; negative Feststellungsklage; Leistungsklage; Prozessökonomie

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
03.08.2022
Aktenzeichen
3 U 20/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59337
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 10.02.2022 - AZ: 4 O 22/21
nachfolgend
BGH - AZ: XI ZR 213/22

Fundstelle

  • VuR 2023, 80

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für die neben der negativen Feststellungsklage erhobene Leistungsklage auf Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages ist ebenfalls die örtliche Zuständigkeit am Wohnsitz des Darlehensnehmers als einheitlicher Erfüllungsort gemäß § 29 ZPO gegeben (Anschluss Senatsurteil vom 22. Juli 2020 – 3 U 3/20 –, Rn. 37ff., juris).

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. Februar 2022 verkündete Teil-Anerkenntnis- und Teil-Endurteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger aus dem mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag vom 29. Mai 2018 über 33.660,00 € weder die Zahlung von Zinsen i.H.v. 2,95 % p.a. noch die Erbringung von Tilgungsleistungen aufgrund des Widerrufs seit dem 31. August 2020 schuldet.

Im Übrigen wird die Klage – hinsichtlich der Anträge zu 2a) und 2b) als derzeit unbegründet – abgewiesen.

2. Auf die Hilfswiderklage der Beklagten wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte hinsichtlich des Kraftfahrzeugs M. B. E 220d, Fahrzeugidentifikationsnummer W...801, Wertersatz zu leisten, soweit der Wertverlust auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise des Fahrzeuges nicht notwendig war.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte das Kraftfahrzeug M. B. E 220d, Fahrzeugidentifikationsnummer W...801, nebst 2 Fahrzeugschlüsseln sowie Fahrzeugpapieren am Sitz der Beklagten, ..., ... herauszugeben.

Im Übrigen wird die Hilfswiderklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 53 % und die Beklagte zu 47 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 29 % und die Beklagte zu 71 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über den Widerruf einer auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung.

Der Kläger schloss zur Finanzierung des Kaufs eines Pkw M.-B.am 29. Mai 2018 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 33.660,00 € zu einem Sollzins von 2,95 % p.a. Das Darlehen ist bis Juni 2023 in 60 Raten zu je 360,00 € und einer Schlussrate von 15.758,77 € zurückzuzahlen. Die im Vertrag enthaltene Widerrufsinformation lautet wie folgt:

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des Vertrags wird auf die Anlage K 1 (Anlagenband Kläger) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 31. August 2020 (Anlage K 2, Anlagenband Kläger) widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf auch nach erneuter Aufforderung durch Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 22. September 2020 (Anlage K 3, Anlagenband Kläger) zurück.

Der Kläger hat Klage auf negative Feststellung sowie – für den Fall der Begründetheit dieses Antrags – auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags, Feststellung des Annahmeverzugs und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erhoben und diese Klage insbesondere damit begründet, die Beklagte habe die notwendigen Pflichtangaben im Darlehensvertrag nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union fehlerhaft erteilt, weshalb die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und in der Sache die Auffassung vertreten, dass die Widerrufsfrist bereits abgelaufen sei. Hilfsweise hat die Beklagte die Feststellung der Wert- und Nutzungsersatzpflicht des Klägers sowie die Herausgabe des Fahrzeugs begehrt.

Der Kläger hat den Hilfswiderklageantrag zu 1 hinsichtlich einer Wertersatzpflicht teilweise bis zum Eintritt des Annahmeverzugs anerkannt.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1 teilweise stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich der Anträge zu 2 bis 4 als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat die Einzelrichterin ausgeführt, die negative Feststellungsklage sei zulässig – insbesondere falle dieser Antrag in die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hannover – und begründet. Der Widerruf des Klägers sei nicht verfristet, da die Beklagte nicht ordnungsgemäß nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB über die Verzugszinsen belehrt habe. Für die Leistungsanträge zu 2a) und 2b) fehle es an der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts, die sich insbesondere nicht aus § 29 ZPO ergebe. Gleiches gelte aus denselben Gründen für die „Annexanträge“ zu 3 und 4.

Zugleich hat das Landgericht der Hilfswiderklage stattgegeben. Beide Feststellungsanträge seien zulässig, da die Ansprüche der Beklagten vor der Rückgabe des Fahrzeugs noch nicht abschließend bezifferbar seien. Die Begründetheit des Antrags zu 1 (Wertersatz) folge auch über das teilweise Anerkenntnis des Klägers hinaus aus dem Umstand, dass der Kläger die Beklagte nicht in Annahmeverzug gesetzt habe. Der Antrag zu 2 (Nutzungsersatz) sei aus § 357a Abs. 3 Satz 1 BGB begründet. Der Kläger schulde wegen seiner Vorleistungspflicht auch die mit dem Widerklageantrag zu 3 begehrte Herausgabe des Fahrzeugs.

Hiergegen richten sich beide Parteien mit ihren selbständigen Berufungen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Abweisung der Klageanträge zu 2 bis 4, die er als Berufungsanträge zu 1 bis 3 nunmehr unbedingt stellt, sowie gegen seine Verurteilung auf den Hilfswiderklageantrag zu 2.

Der Kläger meint weiterhin, dass die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts im Hinblick auf alle Klageanträge gegeben sei. Es sei für die Rückabwicklung des Darlehensvertrags ein gemeinsamer Erfüllungsort am Wohnsitz des Verbrauchers begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe der Kläger die Beklagte auch in Annahmeverzug gesetzt. Nach der Zurückweisung des Widerspruchs sei ein wörtliches Angebot ausreichend gewesen. Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht dem Hilfswiderklageantrag zu 2 stattgegeben, weil sich aus Ziffer IX. 5. des Darlehensvertrags ergebe, dass der Kläger für den Zeitraum zwischen Aus- und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten habe.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts

1. a) die Beklagte zu verurteilen, nach Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer W...801 an die Klagepartei 9.360,00 €, abzüglich 492,85 € Wertverlust, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer W...801 an die Klagepartei 5.400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer W...801 in Annahmeverzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.952,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

4. den Hilfswiderklageantrag zu 2 abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung des Klägers schon für teilweise unzulässig und verteidigt im Übrigen das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen und dem Hilfswiderklageantrag zu 2 stattgegeben hat.

Mit ihrer eigenen Berufung verfolgt die Beklagte den erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter. Sie meint, der negative Feststellungsantrag zu 1 sei mangels Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO bereits teilweise unzulässig, da er zu weit gefasst sei. Im Übrigen sei das Widerrufsrecht des Klägers bei Abgabe der Widerrufserklärung am 31. August 2020 bereits erloschen gewesen. Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union folge gerade keine eindeutige Pflicht des Darlehensgebers zur konkreten Berechnung des geltenden gesetzlichen Verzugszinses. Jedenfalls sei es dem Kläger wegen des Einwands rechtsmissbräuchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die Widerruflichkeit des Vertrages zu berufen bzw. die für ihn günstigen Rechtsfolgen aus dem unterstellt wirksamen Widerruf geltend zu machen. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verlangens des Klägers ergebe sich insbesondere daraus, dass der unterstellte Verstoß der Beklagten gegen die Pflichtangaben betreffend den gesetzlichen Verzugszinsanspruch keine Auswirkungen auf die vertraglichen Verpflichtungen habe und dass der Kläger das finanzierte Fahrzeug ungeachtet der Widerrufserklärung im täglichen Gebrauch auf Kosten der Beklagten nutze.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet (dazu nachfolgend unter 1.). Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Berufung der Beklagten

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat dem Klageantrag zu 1 zu Recht stattgegeben. Der negative Feststellungsantrag ist zulässig (dazu a) und begründet (dazu b). Der Tenor war lediglich klarstellend mit der Angabe des Nettodarlehensbetrags neu zu fassen (dazu c).

a) Der Antrag zu 1 des Klägers, gerichtet auf die negative Feststellung, dass der Beklagten aufgrund des Widerrufs keine Ansprüche auf Vertragszins und vertragsgemäße Tilgung aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag mehr zustehen, ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger insbesondere ein umfassendes Interesse an der begehrten Feststellung i.S.v. § 256 ZPO. Ein solches rechtliches Interesse an der Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist in der Regel gegeben, wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – XI ZR 586/15 –, Rn 15, juris). Da die Beklagte hier die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet, zielt ihre Bestandsbehauptung auf das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche gegen den Kläger aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Der Kläger muss sich auch nicht vorrangig darauf verweisen lassen, gegen die Beklagte im Wege der Leistungsklage vorzugehen. Denn das klägerische Begehren, nicht mehr zur Leistung von Vertragszins und vertragsgemäßer Tilgung verpflichtet zu sein, lässt sich mit einer Klage auf Leistung nach § 355 Abs. 3, § 358 Abs. 4 S. 1 BGB nicht abbilden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 16).

Da also der Vorrang der Leistungsklage bei dem vorliegenden klägerischen Begehr ausscheidet, muss der Kläger auch nicht partiell seine Ansprüche beziffern und im Wege der Leistungsklage verfolgen. Im Übrigen ist es auch für die positive Feststellungsklage anerkannt, dass der Kläger grundsätzlich nicht gehalten ist, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Vielmehr kann der Kläger, wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehren (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, Rn. 6, juris; BGH, Urteil vom 8. Juli 2003 – VI ZR 304/0 –, Rn. 6, juris; BGH, Urteil vom 21. Februar 1991 – III ZR 204/89 –, Rn. 45, juris). Diese Erwägungen gelten auch für die negative Feststellungsklage (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 2022 – 3 U 51/21 –, Rn. 34, juris).

Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung meint, der Kläger hätte seinen negativen Feststellungsantrag teilweise für erledigt erklären müssen, ist dies aus denselben Gründen unzutreffend. Eine Aufspaltung des Antrags in verschiedene Zeiträume für bereits geleistete Raten und ggf. noch zu leistende weitere Zahlungen ist danach nicht erforderlich.

b) Der negative Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger hat seine auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam durch die Erklärung vom 31. August 2020 widerrufen.

Dem Kläger stand ein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1, § 356b BGB zu. Die 14-tägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen, da der Darlehensvertrag nicht alle erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB in hinreichendem Umfang enthielt – hierzu unter aa) –, weshalb die Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 2 BGB nicht zu laufen begonnen hat – hierzu unter bb) –. Der Kläger hat das Widerrufsrecht auch nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt – hierzu unter cc) –.

aa) Wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, war der streitgegenständliche Darlehensvertrag jedenfalls in Bezug auf die Pflichtangabe zum Verzugszinssatz und der Art und Weise seiner Anpassung nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB unzureichend.

Zu dem Umfang der Informationspflicht einer Bank bezüglich des Verzugszinssatzes und der Art und Weise seiner Anpassung hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 9. September 2021 (Az. C-33/20, C-155/20 und C-187/20) unter Rn. 95 (zitiert nach juris) ausgeführt:

„Daher ist auf die erste Frage in den Rechtssachen C-33/20 und C-155/20 und die dritte Frage in der Rechtssache C-187/20 zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass in dem Kreditvertrag der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben und der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben ist. Haben die Parteien des betreffenden Kreditvertrags vereinbart, dass der Verzugszinssatz nach Maßgabe des von der Zentralbank eines Mitgliedstaats festgelegten und in einem für jedermann leicht zugänglichen Amtsblatt bekannt gegebenen Änderung des Basiszinssatzes geändert wird, reicht ein Verweis im Kreditvertrag auf diesen Basiszinssatz aus, sofern die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen nach Maßgabe des Basiszinssatzes in diesem Vertrag beschrieben wird. Insoweit sind zwei Voraussetzungen zu beachten. Erstens muss die Darstellung dieser Berechnungsmethode für einen Durchschnittsverbraucher, der nicht über Fachkenntnisse im Finanzbereich verfügt, leicht verständlich sein und es ihm ermöglichen, den Verzugszinssatz auf der Grundlage der Angaben im Kreditvertrag zu berechnen. Zweitens muss auch die Häufigkeit der Änderung dieses Basiszinssatzes, die sich nach den nationalen Bestimmungen richtet, in dem fraglichen Kreditvertrag angegeben werden.“

Diesen Anforderungen genügt die Darstellung auf Seite 1 des streitgegenständlichen Darlehensvertrags nicht. Ihr ist weder die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen noch die Häufigkeit der Änderung des Basiszinssatzes zu entnehmen. Dass diese Angaben nach der Auffassung der Beklagten für jedermann leicht zugänglich sind, reicht nach den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union gerade nicht aus. Zudem ist der bei Vertragsschluss geltende Verzugszinssatz nach der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union konkret anzugeben (Rn. 93, zitiert nach juris). Dem genügt die Darstellung im streitgegenständlichen Darlehensvertrag ebenfalls nicht (vgl. bereits Senat, Urteil vom 2. Februar 2022 – 3 U 51/21 –, Rn. 43 ff., juris; Urteil vom 25. März 2022 – 3 U 130/21 –, Rn. 40 ff., juris).

Insofern hat mittlerweile auch der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. April 2022 (XI ZR 179/21) entschieden – worauf die Berufungserwiderung der Beklagten nicht eingeht –, dass bei einer richtlinienkonformen Auslegung die bloße Wiedergabe der abstrakten gesetzlichen Regelung den Anforderungen des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht genügt, sondern der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende konkrete Prozentsatz anzugeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2022 – XI ZR 179/21 –, Rn. 12, juris).

bb) Folge dieser fehlerhaften Pflichtangabe ist, dass die Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 2 BGB vorliegend nicht zu laufen begonnen hat (vgl. dazu bereits Senat, a.a.O., Rn. 56 ff. bzw. Rn. 53 ff.). Es kann deshalb mit dem Landgericht offenbleiben, ob noch weitere Pflichtangaben fehlen (vgl. dazu aber die o.g. Urteile, ebenfalls betreffend die hiesige Beklagte).

(1) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu in Rn. 114 (zitiert nach juris) ausgeführt:

„Für die Beantwortung dieser Fragen ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/48 ergibt, die Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn dem Verbraucher die Informationen gemäß Art. 10 dieser Richtlinie übermittelt wurden, sofern der betreffende Zeitpunkt nach dem Tag des Abschlusses des Kreditvertrags liegt. Besagter Art. 10 zählt die Informationen auf, die in Kreditverträgen anzugeben sind.“

Zwar erfolgen diese Ausführungen zu den vorgelegten Fragen zur Verwirkung. Ihnen ist jedoch verallgemeinernd zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist generell nicht zu laufen beginnt, wenn eine der Informationen nach Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt wurde.

Dies ergibt sich auch daraus, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in Rn. 124 (zitiert nach juris) den Strafcharakter des Art. 14 Abs. 1 lit. b) VerbrKrRL hervorgehoben hat, wonach der Kreditgeber, der ihm die in Art. 10 der Richtlinie vorgesehenen Informationen nicht erteilt, hierfür bestraft werden soll.

(2) Die Regelung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB schließt die Widerruflichkeit des Vertrages im vorliegenden Fall nicht aus.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB als Rechtsfolge neben § 356b Abs. 2 BGB tritt oder ob es sich bei den dort geregelten Folgen um hinreichende Sanktionen im Sinne des Art. 23 der Verbraucherkreditrichtlinie handelt, die eine Widerruflichkeit des Vertrages ausschließen.

Jedenfalls beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB auf Kosten, die entgegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB nicht in der Vertragsurkunde angegeben wurden. Bereits die begriffliche Unterscheidung in § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB zeigt, dass der Gesetzgeber Zinsen nicht zu den Kosten zählt und an versäumte Angaben zu Zinsen folglich nicht den Wegfall des darauf gerichteten Anspruchs knüpft. Aber selbst wenn anzunehmen wäre, nicht nur § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB, sondern auch § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB gelte für Zinsen und Kosten, fiele der Verzugszins nicht darunter, denn mit Zinsen und Kosten im Sinne des § 494 Abs. 4 Satz 2 BGB sind nur preisbestimmende Faktoren gemeint (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021 – 6 U 32/19 –, Rn. 34, juris; MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 494 Rn. 37).

Eine analoge Anwendung des § 494 Abs. 4 Satz 1 BGB auf fehlende Pflichtangaben kommt angesichts des Fehlens einer Regelungslücke, aber auch nach dem Zweck der Norm nicht in Betracht. Für den Fall der Heilung des Formmangels wegen fehlender Pflichtangaben (§ 494 Abs. 1 BGB) ordnet die Regelung in § 494 Abs. 2 bis 6 BGB als Sanktion für die Verletzung bestimmter Informationspflichten einzelne Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen an, um zum Schutz des Verbrauchers einen interessengerechten Inhalt des Vertrages zu gewährleisten. Das Gesetz sieht aber gerade nicht für sämtliche nach § 492 Abs. 2 BGB notwendigen Angaben Sanktionen vor und lässt sich deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dahin verallgemeinern, dass der Unternehmer, der über seine Rechte gegenüber dem Darlehensnehmer unzureichend informiert, diese Rechte verliert (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 2. November 2021, a.a.O., Rn. 35). Die Sanktion der Nichtigkeit nach § 494 Abs. 1 BGB stellt sich wegen der regelmäßig nach § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB eingetretenen Heilung als keine echte Sanktion im Sinne der europarechtlichen Vorgaben dar.

Insoweit geht auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 12. April 2022 ohne weiteres davon aus, dass die fehlende Information über den Verzugszinssatz das Anlaufen der Widerrufsfrist verhindert (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2022 – XI ZR 179/21 –, Rn. 10, juris).

cc) Die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kläger ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Ein Rechtsmissbrauch kann aus den oben ausgeführten Gründen zu bb) (2) nicht darauf gestützt werden, dass – wie die Beklagte meint – „der unterstellte Verstoß ... betreffend den gesetzlichen Verzugszinsanspruch keine Auswirkungen auf die vertraglichen Verpflichtungen hat“.

Eine unzulässige Rechtsausübung des Klägers in Gestalt der Verwirkung ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht daraus, dass der Kläger das Fahrzeug im täglichen Gebrauch nutzt.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht die Verbraucherkreditrichtlinie keine zeitliche Beschränkung der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher für den Fall vor, dass ihm diese Informationen nicht erteilt wurden, so dass eine solche Beschränkung mithin auch nicht in einem Mitgliedstaat durch die nationalen Rechtsvorschriften auferlegt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 117). Es ist dem Kreditgeber daher verwehrt, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts gemäß Art. 14 der Verbraucherkreditrichtlinie durch den Verbraucher auf den Einwand der Verwirkung zu berufen, wenn eine der in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen zwingenden Angaben weder im Kreditvertrag enthalten noch nachträglich ordnungsgemäß mitgeteilt worden ist, unabhängig davon, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte, ohne dass er diese Unkenntnis zu vertreten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021, a.a.O., Rn. 118).

Zwar hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 31. Januar 2022 (Az. XI ZR 113/21) dem Gerichtshof der Europäischen Union erneut die Frage vorgelegt, ob Art. 14 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es den nationalen Gerichten nicht verwehrt ist, im Einzelfall bei Vorliegen besonderer, über den bloßen Zeitablauf hinausgehender Umstände die Berufung des Verbrauchers auf sein wirksam ausgeübtes Widerrufsrecht als missbräuchlich oder betrügerisch zu bewerten mit der Folge, dass ihm die vorteilhaften Rechtsfolgen des Widerrufs versagt werden können. In seiner Begründung hat der Bundesgerichtshof allerdings aufgeführt, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (nur) dann in Betracht kommt, wenn es dem Darlehensnehmer nicht um die Rückabwicklung des Vertrages, sondern darum geht, das finanzierte Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung kostenfrei zurückgeben zu können (Rn. 74, zitiert nach juris), mithin neben die Weiternutzung des Fahrzeugs kumulativ noch die Negierung eines Wertersatzanspruchs der Bank tritt. Dies ergibt sich auch daraus, dass sämtlichen unter dem Aktenzeichen XI ZR 113/21 durch den Bundesgerichtshof zusammengeführten Fällen gemein ist, dass die Berufungsgerichte einen Rechtsmissbrauch nur bejaht haben, wenn der jeweilige Kläger das Fahrzeug nach dem Widerruf weiter nutzt und gleichzeitig seine Pflicht zum Wertersatz negiert.

Hier steht der Annahme eines Rechtsmissbrauchs jedoch entgegen, dass der Kläger seine Pflicht zur Leistung von Wertersatz dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt hat. Unerheblich ist insoweit, dass er selbst lediglich einen geringen Wertersatzanspruch von seinen eigenen Ansprüchen in Abzug gebracht hat und sich auf eine vermeintliche Begrenzung der Wertersatzpflicht durch den Annahmeverzug beruft. Denn durch das Anerkenntnis dem Grunde nach hat der Kläger jedenfalls deutlich gemacht, dass er nicht gewillt ist, das Fahrzeug kostenfrei zu nutzen, sondern die Beklagte für die weitere Nutzung zu kompensieren, auch wenn die Höhe der Kompensation im Einzelnen streitig ist. Dies gilt erst recht, nachdem der Kläger seine Verurteilung auf die Hilfsanträge zu 1 und 3 mit der Berufung nicht mehr angreift und damit sogar faktisch auch die Pflicht zum – unbezifferten – Wertersatz sowie zur Rückgabe des Fahrzeugs „anerkennt“. Eine Entscheidung in dem von der Beklagten gewünschten Sinne kommt demzufolge ebenso wenig in Betracht wie eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens (vgl. auch Senat, Urteil vom 25. März 2022 – 3 U 130/21 –, Rn. 64 ff., juris).

Der Schriftsatz der Beklagten vom 23. Juni 2022 (Bl. 335 ff. d.A.) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die dort vertretene Auffassung, dass schon allein die Weiternutzung des Fahrzeuges die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigt, teilt der Senat aus den oben ausgeführten Gründen gerade nicht.

c) Soweit der Senat im Tenor den Betrag von 37.358,77 € in 33.660,00 € korrigiert hat, beruht dies auf einer rein begrifflichen Änderung, weil der Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 33.660,00 € geschlossen wurde und der vom Kläger genannte Betrag die Zinsen beinhaltet.

2. Berufung des Klägers

Die Berufung des Klägers ist zulässig (dazu a) und teilweise begründet (dazu b).

a) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Berufung des Klägers sei bereits teilweise unzulässig, kann dem nicht gefolgt werden.

Zwar besteht die Berufungsbegründung des Klägers in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit in der Tat im Wesentlichen aus „einkopierten“ Urteilen. Die Begründung reicht jedoch – noch – aus, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO zu genügen. Sie lässt jedenfalls im Ergebnis erkennen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält – nämlich hier insbesondere hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit – sowie aus welchen Gründen – nämlich wegen der vom Kläger befürworteten Annahme eines einheitlichen Erfüllungsorts i.S.v. § 29 ZPO –.

b) Die Berufung des Klägers ist auch teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht dessen örtliche Zuständigkeit (auch) für die Anträge zu 2 bis 4 (jetzt: Berufungsanträge zu 1 bis 3); diese Anträge bleiben aber in der Sache jedenfalls derzeit ohne Erfolg (dazu aa). Darüber hinaus ist der mit dem Hilfswiderklageantrag zu 2 geltend gemachte und vom Landgericht zugesprochene Antrag auf Feststellung der Nutzungsersatzpflicht unbegründet (dazu bb).

aa) Die in der Berufungsinstanz unbedingt gestellten Anträge zu 1 bis 3 fallen in die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hannover – dazu (1) –, haben aber in der Sache keinen Erfolg – dazu (2) –.

(1) Ob eine örtliche Zuständigkeit (auch) für die auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags gerichteten Leistungsanträge besteht, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. zur Darstellung des Streitstands zuletzt: OLG Braunschweig, Urteile vom 3. Mai 2022 – 4 U 525/21 und 4 U 582/21 – Rn. 33 ff. bzw. Rn. 10 ff., juris). Wie dort zutreffend zitiert, hat sich der hiesige Senat jedoch bereits im Urteil vom 22. Juli 2020 in der Sache 3 U 3/20 zu dieser Frage positioniert und sich dabei für einen einheitlichen Erfüllungsort gemäß § 29 ZPO und damit im Ergebnis für eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts (auch) im vorliegenden Fall ausgesprochen.

In dem vorgenannten Urteil heißt es in Rn. 64-67 (zitiert nach juris):

„Der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Stade steht nicht entgegen, dass der Kläger neben seiner negativen Feststellungsklage auch eine Leistungsklage verfolgt. Auch bei einer Kombination von negativer Feststellungsklage und Leistungsklage entfällt nicht der bereits begründete Gerichtsstand gem. § 29 ZPO (OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Juli 2019 – 6 U 312/18 –, Rn. 31 ff., juris; OLG Hamm, Urteil vom 27. November 2019 – 31 U 114/18 –, Rn. 77, juris; OLG Hamm, Urteil vom 16. Dezember 2019 – 31 U 90/19 –, Rn. 64, juris).

a) Bei einem Rückgewähranspruch nach Rücktritt vom Kaufvertrag ist der gemeinsame Erfüllungsort der, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet. Entsprechendes gilt für den Fall des Widerrufs (Palandt/Grüneberg, 79. Aufl. BGB, § 269, Rn. 14). Bei verbundenen Verträgen entfällt nach Widerruf des mit dem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages auch die Bindung an den Kaufvertrag. Die Beklagte tritt gem. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Kaufvertrag ein. Die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags ist gem. § 358 Abs. 4 S. 1 BGB ebenfalls nach § 355 Abs. 3 BGB vorzunehmen. Der gemeinsame Erfüllungsort für die beiderseitigen Ansprüche nach Widerruf liegt mithin am Wohnsitz des Käufers, wo sich auch der mit Hilfe des Darlehensvertrags finanzierte Pkw befindet.

b) Die Argumentation, die örtliche Zuständigkeit bei Rückabwicklung eines Kaufvertrages über bewegliche Sachen und Darlehensverträge unterschiedlich zu beurteilen, überzeugt nicht und ist mit dem Zweck des § 358 BGB kaum zu vereinbaren. Gem. § 358 Abs. 1 und 2 BGB macht es keinen Unterschied, ob der Verbraucher den Kaufvertrag oder den verbundenen Finanzierungsvertrag widerruft. In beiden Fällen ist er auch an den jeweils anderen Vertrag nicht mehr gebunden. Der Verbraucher soll dadurch vor den Risiken, die durch eine Aufspaltung von Erwerbs- und Finanzierungsgeschäft drohen, geschützt werden. Bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages außerhalb der Regelung des § 358 BGB könnte der Verbraucher dort klagen, wo sich die Kaufsache befindet, was typischerweise mit seinem Wohnsitz einhergeht. Eine unterschiedliche Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit im Fall der verbundenen Verträge mit der Folge, dass der Verbraucher im Fall der Rückabwicklung nicht mehr am Gerichtsort der belegenen Kaufsache klagen kann, würde diesem Zweck widersprechen.“

c) Im Übrigen ergibt sich aus der vom Landgericht Stade in Bezug genommenen Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt a.M. (Anlage B 2a, Anlagenband Beklagte) nichts Anderes. Zur Begründung wird dort Bezug genommen auf einen Beschluss des KG Berlin bzgl. des Widerrufs von Darlehensverträgen (Beschluss vom 18. Februar 2016, 2 AR 6/16, juris Rn. 11). Der dort zu entscheidende Sachverhalt ist jedoch nicht übertragbar, da es sich nicht um verbundene Verträge gehandelt hat.

Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Argumente der von der Beklagten befürworteten Gegenauffassung zur vermeintlich fehlenden Vergleichbarkeit der Widerrufsfälle mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag (vgl. auch insoweit die Zusammenfassung in: OLG Braunschweig, Urteil vom 3. Mai 2022 – 4 U 525/21 –, Rn. 36 ff., juris, a.a.O.) weiterhin fest.

Das Argument der Verteilung der Rücksendekosten (a.a.O., Rn. 45 ff.) greift zumindest bei Vertragsschlüssen nicht, die bis zum 12. Juni 2014 erfolgt sind. Gemäß der bis dahin geltenden Fassung des § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB hatte der Unternehmer die Kosten der Rücksendung zu tragen. Da auf die Widerrufsfälle nach alter Rechtslage zudem das Rücktrittsrecht anwendbar war (vgl. § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.), drängt sich die Parallele ohnehin auf. Warum die Neuregelung der Kostentragungspflicht durch § 357 Abs. 6 Satz 1 BGB in der vom 13. Juni 2014 bis zum 27. Mai 2022 gültigen Fassung, die auf die zwingenden Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie 2011/83/EU zurückgeht (vgl. Mörsdorf in BeckOGK-BGB, Stand 16.02.2015, § 357 Rn. 36), Auswirkungen auf den Erfüllungsort und die örtliche Zuständigkeit haben sollte, erscheint wenig einleuchtend. Wollte man die Verteilung der Kostenlast als zentralen Gesichtspunkt ansehen, gewinnt auch das Argument der Prozessökonomie an zusätzlichem Gewicht. Denn die Differenzierung zwischen Alt- und Neufällen erscheint nicht zweckmäßig.

Dem weiteren Argument, es fehle an einer Vergleichbarkeit mit dem Rücktritt, weil diesem ein vom Verkäufer zu vertretender Mangel zugrunde liege – was nach Auffassung des Senats allerdings schon im Ausgangspunkt unzutreffend sein dürfte, weil das Rücktrittsrecht nicht an ein Vertretenmüssen des Verkäufers hinsichtlich des Mangels anknüpft –, wohingegen der Verbraucher das Widerrufsrecht „nach seinem Belieben ausüben könne“ (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O., Rn. 37), lässt sich entgegenhalten, dass auch der Darlehensgeber das Fortbestehen des Widerrufsrechts in gewisser Weise „zu vertreten“ hat, indem er die Widerrufsbelehrung und/oder Pflichtangaben im Darlehensvertrag unzureichend erteilt und auch keine Nachbelehrung vorgenommen hat. Art. 23 der Richtlinie 2008/48/EG spricht insoweit ausdrücklich davon, dass entsprechende Verstöße zu „sanktionieren“ seien.

Insgesamt erscheint es dem Senat weiterhin aus den im Urteil vom 22. Juli 2020 genannten Gründen und insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie vorzugswürdig, von einem einheitlichen Erfüllungsort auszugehen. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass der Bundesgerichtshof (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 525/19 –, Rn. 24, juris) und ihm folgend der Senat in ständiger Rechtsprechung die Rückgabepflicht des Käufers und Darlehensnehmers bei – hier nicht maßgeblicher – isolierter Betrachtung als Bring- oder Schickschuld qualifizieren. Bei der Annahme einer Schickschuld läge der Erfüllungsort für die Rückgabepflicht ohnehin ebenfalls am Sitz des Darlehensnehmers.

(2) In der Sache haben die Berufungsanträge zu 1 bis 3 jedoch keinen Erfolg.

Trotz des wirksamen Widerrufs kann der Kläger derzeit nicht die Rückzahlung der bis zum Widerruf erbrachten Leistungen von der Beklagten verlangen – hierzu unter (a) –. Gleiches gilt auch für die nach dem Widerruf gezahlten Raten – hierzu unter (b) –. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist unbegründet – hierzu unter (c) –. Gleiches gilt für den Antrag auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten – hierzu unter (d) –.

(a) Der Kläger macht mit seinem Berufungsantrag zu 1a) nunmehr die bis zum Widerruf an die Beklagte auf den streitgegenständlichen Darlehensvertrag geleisteten Zahlungen, insgesamt 9.360,00 € abzüglich eines errechneten Wertersatzes in Höhe von 492,85 €, geltend.

Einem entsprechenden Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen aus § 355 Abs. 3 BGB steht jedoch seine Vorleistungspflicht aus § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB entgegen.

(aa) Die Rechtsfolgen des Widerrufs, insbesondere im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Darlehensnehmers bei der Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs und seine diesbezügliche Wertersatzpflicht, ergeben sich aus dem nationalen Recht, dessen Auslegung nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, der Gesetzgebungsgeschichte und der Systematik der aufeinander bezogenen Normen eindeutig ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – XI ZR 498/19 –, Rn. 22 ff., 29 ff. juris; Urteil vom 26. Oktober 2021 – XI ZR 608/20 –, Rn. 19, juris).

Eine andere Auslegung käme daher selbst dann nicht in Betracht, wenn der nationale Gesetzgeber mit seinem Regelungskonzept zulasten des Darlehensnehmers hinter den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie, die allerdings keine konkreten Vorgaben zu den Rechtsfolgen des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrags enthält (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 39), zurückgeblieben wäre. Die Entscheidung darüber, ob im Rahmen des nationalen Rechts ein Spielraum für eine richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung besteht, obliegt den nationalen Gerichten (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. November 2017 – 2 BvR 1131/16 –, Rn. 37, juris). Eine richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Norm ein entgegengesetzter Sinn gegeben oder der normative Gehalt der Norm grundlegend neu bestimmt wird. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen. Demgemäß kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Frage, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der Grundsatz gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung darf nicht zu einer Auslegung des nationalen Rechts contra legem führen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – C-282/1 –, Rn. 25, juris). Die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege findet ihre Grenzen an dem nach der innerstaatlichen Rechtstradition methodisch Erlaubten (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2017 – IV ZR 440/14 –, Rn. 24, juris; BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021, a.a.O., Rn. 20; BVerfG, a.a.O.).

Insoweit hat der Bundesgerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 28. Juni 2022 – XI ZR 151/21 –, Rn. 15, juris), dass eine Aussetzung bis zur Entscheidung über das vom Kläger angeführte Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers nicht erforderlich ist.

(bb) Nach § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB sind auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags unabhängig von der Vertriebsform § 355 Abs. 3 BGB und, je nach Art des verbundenen Vertrags, die §§ 357 bis 357b BGB entsprechend anzuwenden. Danach gelten für alle Verträge ("unabhängig von der Vertriebsform") § 355 Abs. 3 BGB und ergänzend die Vorschriften entsprechend, die nach der "Art des verbundenen Vertrags" hypothetisch anwendbar wären, wenn dieser selbst widerrufen worden wäre, ohne dass es darauf ankommt, ob insoweit ein Widerrufsrecht bestanden hat. Dies ist bei einem – wie hier – Vertrag über die Lieferung einer Ware die Vorschrift des § 357 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, a.a.O., Rn. 22).

Aufgrund dessen ist der Kläger nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB im Hinblick auf die Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs vorleistungspflichtig. Der Beklagten steht nach § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat, der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat oder die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug geraten ist.

Die Rückgabepflicht des Klägers ist mangels anderweitiger Vereinbarung eine Bring- oder Schickschuld, die der Schuldner dem Gläubiger an dessen Wohnsitz anbieten oder an ihn absenden muss. Der Kläger hat der Beklagten das Fahrzeug nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise nach den §§ 293 bis 297 BGB angeboten. Dass der Kläger der Beklagten das Fahrzeug an deren Wohnsitz tatsächlich angeboten oder an sie nachweisbar abgesandt hat (§ 294 BGB), hat er nicht vorgetragen. Seine wörtlichen Angebote waren zur Herbeiführung eines Annahmeverzugs der Beklagten unzureichend, weil diese seine Vorleistungspflicht nicht berücksichtigten. Zwar hat der Kläger der Beklagten das Fahrzeug zwischenzeitlich (und erneut in der Berufungsbegründung) unbedingt und unter Berücksichtigung der Charakteristik der Rückgabeverpflichtung als Bring- bzw. Schickschuld in hinreichender Form wörtlich angeboten. Allerdings liegen die weiteren Voraussetzungen des § 295 BGB, die ein tatsächliches Angebot entbehrlich machen würden, nach zutreffender Auffassung des Landgerichts nicht vor.

Die Erklärung des Gläubigers, er werde die Leistung nicht annehmen, muss eindeutig und bestimmt sein. Sie muss sich insbesondere auch auf die konkrete Leistung beziehen. Hierzu genügt es nicht, wenn die Beklagte vorliegend die Wirksamkeit des Widerrufs und damit das Entstehen eines Rückgewährschuldverhältnisses in Abrede nimmt. Denn damit verhält sie sich nicht zu der konkreten Leistung, mithin der Rückgabe des Fahrzeugs. Eine Rücknahmeverweigerung ergibt sich auch nicht konkludent aus der Zurückweisung des Widerrufs. Denn die Beklagte kann trotz Zurückweisung des Widerrufs ein Interesse an der (ggf. vorläufigen) Rücknahme des Fahrzeugs bis zur Klärung der Rechtslage haben, nämlich um die Rechtsfolgen des Annahmeverzugs nach den §§ 300 ff. BGB auszuschließen. Im Übrigen hat die Beklagte vorliegend ihr Interesse an der Rücknahme des Fahrzeuges sogar ausdrücklich dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie den Kläger auf Herausgabe in Anspruch genommen und mit diesem Antrag in erster Instanz obsiegt hat. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Kläger mit der Berufung nicht mehr.

Folge der fehlenden Erfüllung der Vorleistungspflicht ist insoweit die Abweisung der Klage als derzeit unbegründet (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021, a.a.O., Rn. 14, 16).

Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. November 2020 (XI ZR 426/19), die der Kläger auf Seite 22 der Berufungsbegründung (Bl. 226 d.A.) zitiert, folgt nichts anderes, weil diese Entscheidung lediglich die Voraussetzungen eines Antrags auf Zahlung „nach Herausgabe“ betrifft. Die mit dem Schriftsatz des Klägers vom 24. Juni 2022 (Bl. 339 ff. d.A.) als Anlage K 28 vorgelegte Entscheidung des OLG Schleswig (Urteil vom 3. Februar 2022 – 5 U 174/21 –, gesondert geheftet) betrifft einen nicht vergleichbaren Fall, weil dort die Beklagte keine Ausführungen zur Bereitschaft zur Rücknahme des Fahrzeugs gemacht hatte. Hier hat die Beklagte aber sogar selbst auf Herausgabe geklagt.

Die hilfsweise vom Kläger beantragte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist aus den Gründen zu (aa) nicht erforderlich.

(b) Auch dem mit dem Antrag zu 1b) geltend gemachten Anspruch auf Rückgewähr der nach Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 5.400,00 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB steht die Vorleistungspflicht des Klägers entgegen.

(aa) Die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion liegen grundsätzlich vor, nachdem durch den wirksamen Widerruf des Klägers der Rechtsgrund für dessen Zins- und Tilgungsleistungen im Zeitpunkt ihrer Erbringung entfallen war.

Der Kondiktionsausschluss des § 814 BGB steht dem klägerischen Anspruch nicht entgegen, da der Kläger bereits in dem Widerrufsschreiben vom 31. August 2020 mitgeteilt hat, dass die Zahlung weiterer Raten unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge. Ein bei der Leistung gemachter Vorbehalt schließt die Anwendung des § 814 BGB regelmäßig aus (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 – EnZR 23/09 –, Rn. 29, juris; BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 – IVb ZR 657/80 –, Rn. 10, juris).

(bb) Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht der Beklagten jedoch auch in Bezug auf die von dem Kläger nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen erbrachten Zahlungen zu.

Bei dem Wertersatzanspruch des Unternehmers nach § 357 Abs. 7 BGB handelt es sich um einen auf den Zeitraum zwischen Übergabe der Ware an den Käufer und Rückgabe der Ware an den Unternehmer bezogenen einheitlichen Anspruch, der durch den Widerruf des Darlehensvertrags keinen zeitlichen Einschnitt erfährt. Aufgrund dessen ist es im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers, die auch dazu dient, dem Unternehmer die Bemessung seines Wertersatzanspruchs zu ermöglichen, sachgerecht und in dessen berechtigtem Interesse, dass dem Unternehmer oder - im Fall des Verbundgeschäfts - dem Darlehensgeber das Leistungsverweigerungsrecht aus § 357 Abs. 4 S. 1 BGB entsprechend auch gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Käufers und Darlehensnehmers auf Rückzahlung der nach Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2022 – XI ZR 559/20 –, Rn. 17, juris).

(c) Die mit dem Berufungsantrag zu 2 begehrte Feststellung des Annahmeverzugs kann der Kläger nach alledem ebenfalls nicht mit Erfolg verlangen, da die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug nicht vorliegen.

(d) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.952,55 €, weder aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB noch aus einer anderen Norm.

Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Kläger die von ihm selbst aus dem Rückgewährschuldverhältnis geschuldete Leistung der Beklagten vor Einschaltung der späteren Bevollmächtigten in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021, a.a.O., Rn. 18), was nach den obigen Ausführungen nicht der Fall ist.

bb) Der Hilfswiderklageantrag zu 2 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Berufungserwiderung der Beklagten nicht begründet.

Dem von der Beklagten geltend gemachten Nutzungsersatzanspruch steht vorliegend Ziffer IX. 5. der Darlehensbedingungen der Beklagten entgegen. Denn danach hat der Darlehensnehmer, wenn er seine Vertragserklärung innerhalb der Widerrufsfrist widerruft, für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten.

Zwar bezieht sich die Regelung nach der Vorstellung der Beklagten ersichtlich auf einen innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist erklärten Widerruf. Dem Wortlaut der Klausel lässt sich eine solche Einschränkung jedoch nicht entnehmen. Vielmehr kann die Klausel - bei der gebotenen Auslegung aus Sicht des Verbrauchers - nicht anders verstanden werden als so, dass die Beklagte für den Fall eines wirksamen Widerrufs auf ihren an sich bestehenden Zinsanspruch aus § 357a Abs. 3 S. 1 BGB verzichtet, der zugunsten des Verbrauchers disponibel ist (so auch: OLG Köln, Urteil vom 8. Juli 2020 – 13 U 20/19 –, Rn. 41, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 11/1 –, Rn. 23, juris, für den Fall der Angabe des Zinssatzes mit 0,00 € unter der Überschrift „Widerrufsfolgen“).

Die Beklagte kann sich diesbezüglich nicht darauf berufen, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen hat. Denn auch ein wirksamer Widerruf im Falle eines nicht begonnenen Fristlaufs stellt sich wie ein Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist dar und ist demzufolge von dem Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel erfasst.

Selbst wenn man eine andere Auslegung für zutreffend hielte, verblieben jedoch aus den o.a. Gründen Zweifel, die gemäß § 305 c Abs. 2 BGB bei der Auslegung hier gegebener, aus einer Vielzahl anderer Verfahren senatsbekannter Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten der Beklagten gingen (vgl. zu allem Vorstehenden zuletzt: Senat, Urteil vom 25. März 2022 – 3 U 130/21 –, Rn. 95 ff., juris).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich sowohl für die erste als auch die zweite Instanz aus § 92 Abs. 1 ZPO und war jeweils durch Bildung eines fiktiven Streitwerts der Anträge auf negative Feststellung und Zahlung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen streitgegenständlichen Hilfswiderklageanträge zu ermitteln.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind gemäß § 545 Abs. 2 ZPO Fragen der Zuständigkeit von der revisionsrechtlichen Prüfung ausgeschlossen, und die übrigen streitentscheidenden Fragen (insbesondere hinsichtlich der Pflichtangabe des Verzugszinses) sind vom

Bundesgerichtshof bereits geklärt.