Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 31.05.2023, Az.: 14 U 134/20

Schadensminderungspflicht; Obliegenheitsverstoß; Bemühen; Arbeitsstelle; Rentenversicherung; Verkehrsunfall; Geschädigter; Schulungsmaßnahmen; Darlegungslast

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.05.2023
Aktenzeichen
14 U 134/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 30594
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0531.14U134.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 29.07.2020 - AZ: 2 O 381/18

Fundstellen

  • ZAP EN-Nr. 570/2023
  • ZAP 2023, 885
  • r+s 2023, 880-881

Amtlicher Leitsatz

Zur Schadensminderungspflicht eines Geschädigten, der von der Bundesagentur für Arbeit für nicht vermittlungsfähig gehalten wird.

Ein Geschädigter, den die Bundesagentur für Arbeit aufgrund seines Gesundheitszustandes für nicht vermittlungsfähig erachtet, muss keine Eigeninitiative hinsichtlich der Aufnahme von Arbeit entfalten (Bindungswirkung gem. § 563 Abs. 2 ZPO an BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21).

In dem Rechtsstreit
... Versicherung, ...,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
gegen
Deutsche Rentenversicherung ..., ...,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2023 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 29. Juli 2020 - 2 O 381/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revisionsverfahrens (VI ZR 152/21) hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 185.849,25 €.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung von Leistungen. Die Klägerin gewährte ihrer Versicherungsnehmerin (im Folgenden Geschädigte) Leistungen im Zeitraum vom 1. Januar 2004 - 31. August 2018 in Höhe von 218.830,64 €. Diesen Betrag verlangt die Klägerin, abzüglich bereits von der Beklagten gezahlter 32.981,39 €, zurück.

Die Geschädigte wurde bei einem Verkehrsunfall am 27. August 2001 mit einer Versicherungsnehmerin der Beklagten schwer verletzt. Sie erlitt aufgrund des Unfalls u.a. eine Femurtrümmerfraktur links, Tibiakopffraktur links, Nasenbeinfraktur, Mittelfußknochenfraktur rechts. Wegen der Unfallfolgen hatte sie u.a. eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks, ein Reizknie links, eine Muskelminderung am linken Bein. Aufgrund einer Beinverkürzung links wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt. Sie verlor unfallbedingt ihren Arbeitsplatz als Bürokauffrau. Die Beklagte, als Haftpflichtversicherung, haftet für ihr am Verkehrsunfall beteiligtes Fahrzeug dem Grunde nach zu 100%. In einem früheren Rechtsstreit zwischen der Geschädigten und der Beklagten wurde die Beklagte mit Urteil vom 9. Dezember 2008 vom Landgericht Lüneburg - 4 O 22/07 - (Anlage K6) u.a. dazu verurteilt, der Geschädigten die Differenz zwischen dem fiktiven Nettoerwerbseinkommen bei Fortsetzung ihrer Erwerbstätigkeit als Bürokauffrau vor dem Unfall und der von der Klägerin gezahlten Erwerbsminderungsrente für die Monate August bis Dezember 2006 zu zahlen (sog. Spitzbetrag).

Nach dem Unfall holten beide Parteien Gutachten zum Gesundheitszustand der Geschädigten ein. Ein von der Klägerin eingeholtes orthopädisches Gutachten vom 5. November 2004 stellte fest, dass die Erwerbsfähigkeit der Geschädigten bis zum 31. Dezember 2005 aufgehoben sei (Anlage K 2). Der Sachverständige Dr. P. erwartete allerdings, sollten keine Komplikationen auftreten, dass die Geschädigte Anfang 2006 wieder eine sitzende Tätigkeit vollschichtig werde aufnehmen können.

Im Dezember 2006 nahm die Bundesagentur für Arbeit die Geschädigte aus der Vermittlung heraus, da sie - nach Begutachtung durch einen Arzt - nicht mehr für vermittlungsfähig erachtet wurde.

Nach einem von der Beklagten eingeholten Gutachten im Jahr 2006 bewertete der Sachverständige Dr. E. die unfallbedingten Beeinträchtigungen der Geschädigten in dem ausgeübten Beruf als Bürokauffrau mit 10%. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bewertete er die Erwerbsminderung mit 20% (Anlage B2).

Nach einer Reha-Maßnahme Anfang 2007 erfolgte am 26. Februar 2007 ein Entlassungsbericht, nach dem eine körperliche Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen bestehe. Aus ärztlicher als auch psychologischer Sicht sei die Patientin aber zurzeit nicht ausreichend belastbar für eine berufliche Tätigkeit. Es werde eine posttraumatische Anpassungsstörung vermutet (Anlage K3).

In einem weiteren von der Klägerin eingeholten Gutachten auf dem Gebiet der Orthopädie vom 18. September 2008 führte der Sachverständige Dr. L. aus, dass ein hinreichendes Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeführte Büroarbeit bestünde. Ein qualitatives Leistungsvermögen wäre dabei arbeitstäglich für 3-6 Stunden anzunehmen (Anlage K4).

Im Rahmen einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20. September 2010 wurde von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20% ausgegangen, weil die Geschädigte 3-6 Stunden in einer leichten sitzenden Tätigkeit arbeiten könne (Anlage K5).

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten ihre geleisteten Rentenzahlungen im Zeitraum 1. Januar 2005 - 31. August 2018 (151.288,20 €), ihre Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner im selben Zeitraum (10.809,70 €), Beitragsregress für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 - 30. November 2017 (55.428,94 €) sowie ihre Aufwendungen für Reha-Maßnahmen für den Zeitraum vom 26. Januar 2007 - 15. Februar 2007 (1.303,80 €), insgesamt 218.830,64 € abzüglich der Zahlungen der Beklagten in Höhe von 2.981,39 € vom 15. März 2005 und 30.000,00 € vom 21.9.2010, insgesamt: 185.849,25 € zurück. Für die geleisteten Zahlungen in den einzelnen Zeiträumen wird auf die Auflistung in der Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin hat behauptet, die Geschädigte sei in der Zeit vom 1. Januar 2004 - 31. August 2018 aufgrund des Unfalls so in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt gewesen, dass sie in der konkreten Arbeitsmarktsituation kein Erwerbseinkommen hätte erzielen können.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Geschädigte aufgrund der Folgen des Verkehrsunfalls vom 27. September 2001 bis zum 31. August 2018 keinen leidensgerechten Arbeitsplatz hätte finden können. Sie rügt die Verletzung der der Geschädigten obliegenden Schadensminderungspflicht, weil diese sich nicht bemüht habe, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage vollständig stattgegeben. Zur Begründung führt es aus, es sei nicht erforderlich, dass die Klägerin Einzelheiten zu den Erwerbsbemühungen der Geschädigten darlege. Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 26. Juli 2007 ergebe sich, dass die Geschädigte von der Bundesagentur für Arbeit aus der Vermittlung herausgenommen worden sei. Da bei der Geschädigten ein GdB von 50% festgestellt worden sei, sei nicht zu erwarten, dass ein Arbeitsgeber sie einstellen werde. Er müsse mit hohen Krankheitsausfällen rechnen. Zudem habe die Geschädigte eine Beschäftigungslücke von ca. sechs Jahren. Sie habe in dieser Zeit nicht an wesentlichen Entwicklungen in der Büro- und Kommunikationstechnik teilgenommen. Es gebe keine Anhaltspunkte, die Zweifel daran entstehen lassen könnten, dass die Geschädigte nicht mehr vermittelbar sei.

Hinzu komme, dass die Beklagte zwar ihre Zahlungen unter Vorbehalt geleistet habe, dies sei aber nur eine Klausel, mit der versucht werde, eine fehlende Verbindlichkeit darzustellen. Tatsächlich habe die Beklagte im Zeitraum vom 1. Januar 2004 - 31. August 2018 der Geschädigten den sogenannten Spitzbetrag, d.h. die Differenz zwischen dem fiktiven Nettoerwerbseinkommen bei Fortsetzung ihrer Erwerbsfähigkeit als Bürokauffrau vor dem Unfall und der von der Klägerin gezahlten Erwerbsminderungsrente gezahlt. Hätte die Beklagte ernsthaft eine Verwendung auf dem Arbeitsmarkt der Geschädigten in Erwägung gezogen, wäre es naheliegend gewesen, sich mit der Geschädigten hierüber direkt auseinander zu setzen.

Gegen dieses Urteil hat sich die Beklagte mit ihrer Berufung gewandt. Sie hat gemeint, die Klägerin wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, vorzutragen, dass sich die Geschädigte - bei der unstreitig ein Leistungsvermögen für ihre zuletzt ausgeübte Bürotätigkeit im Rahmen von 3-6 Stunden täglich bestanden habe - um eine leidensgerechte berufliche Tätigkeit bzw. Qualifizierung bemüht habe. Fehle es an einem solchen Vortrag, liege ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Das erkennende Gericht liege falsch mit seiner Ansicht, kein Arbeitgeber werde einen Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von 50% einstellen. Dies widerspreche der Wirklichkeit auf dem Arbeitsmarkt und sei diskriminierend.

Sie hat beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, mit der Zahlung des Spitzbetrages im Zeitraum vom 1. Januar 2004 - 31. August 2018 durch die Beklagte habe diese anerkannt, dass die Geschädigte entweder überhaupt keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne oder dass diese mit ihrer verbliebenen Restleistungsarbeitsfähigkeit keinen maßgeblichen Erwerb erzielen könne. Es sei der Beklagten gemäß dem Grundsatz venire contra factum proprium untersagt, nunmehr eine Verletzung der Schadensminderungspflicht seitens der Geschädigten einzuwenden. Überdies wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, eine behauptete Schadensminderungspflichtverletzung zunächst direkt mit der Geschädigten zu thematisieren und diese und die Klägerin darauf hinzuweisen.

Mit Urteil vom 7. April 2021 hat der Senat das landgerichtliche Urteil abgeändert, neu gefasst und die Beklagte zur Zahlung von 1.303,80 € verurteilt. Zur Begründung hat der Senat auf einen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß der Geschädigten abgestellt. Durch die Gutachten der Sachverständigen Dr. E. und Dr. L. aus den Jahren 2006 und 2008, in denen jeweils zwar eine Erwerbsminderung, aber keine Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden sei, hätte das Vertrauen der Geschädigten in die von ihr behauptete Erwerbsunfähigkeit erschüttert werden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das vorgenannte Senatsurteil Bezug genommen.

Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21 - das Senatsurteil aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden sei. Der Bundesgerichtshof meint, von einem Geschädigten, der vom Arbeitsamt (seit 2004 Bundesagentur für Arbeit, Anmerkung vom Senat) aufgrund seines Gesundheitszustands für nicht mehr vermittlungsfähig gehalten werde, könne grundsätzlich keine weitere Eigeninitiative hinsichtlich der Aufnahme von Erwerbstätigkeit erwartet werden. Unter diesen Umständen bestehe grundsätzlich auch keine weitere Darlegungslast dazu, was der Geschädigte unternommen habe, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten, weil die Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz vom Arbeitsamt übernommen worden sei und deshalb in berufenen Händen gelegen habe. Die Klägerin genüge daher ihrer sekundären Darlegungslast mit dem Hinweis darauf, dass das Arbeitsamt die Geschädigte im Dezember 2006 aus der Vermittlung herausgenommen habe, weil sie - nach Begutachtung durch einen Arzt - nicht mehr für vermittlungsfähig erachtet worden sei. Auf das Urteil des Bundesgerichtshofs wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt zuletzt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden. In der Sache hat sie nach der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs, an die der Senat gem. § 563 Abs. 2 ZPO gebunden ist, keinen Erfolg.

1. Der Anspruch der Klägerin gem. §§ 7, 18 StVG, 823 BGB i.V.m. § 3 PflVG a.F. (bis 1. Januar 2008) i.V.m. §§ 116, 119 SGB X ist in Höhe von 185.849,25 € begründet.

a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21 - auf die Entscheidung vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 291/89 - Bezug genommen und diese fortgeführt. Zum Zeitpunkt dieser damaligen Entscheidung (Arbeitswegeunfall vom 19. Dezember 1978) galt allerdings noch das staatliche Vermittlungsmonopol der Arbeitsverwaltung gemäß § 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG; dazu EuGH NJW 1991, 2891): Nur die Arbeitsämter (seit 1. Januar 2004 Bundesagentur für Arbeit) durften Arbeitskräfte an Arbeitgeber zu vermitteln; erst zum 1. August 1994 wurde das Monopol etwas gelockert; seit dem 1. Januar 2000 ermöglichten §§ 291 ff. SGB III a.F. (siehe aktuell § 296 SGB III) die private Arbeitsvermittlung. Die Hartz-Reformen stellten demgegenüber die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer im Sinne einer verstärkten Betonung der Kräfte zur Selbstsuche in den Vordergrund (Peters-Lange in beck-online Großkommentar zum SGB, Stand 1. November 2022, § 35 SGB III Rn. 1 mwN). Ein Anspruch auf eine bestimmte Vermittlungstätigkeit der Arbeitsagentur besteht vor dem Hintergrund des § 35 SGB III nicht (mehr) (vgl. Brand in Brand, SGB III, 9. Aufl. 2021, § 35 SGB III Rn. 6; insgesamt zur aktuellen Rechtslage: Burmann/Jahnke, r+s 2023, 424 ff., Anm. zum Urteil BGH VI ZR 152/21 vom 24. Januar 2023).

b) Der geltend gemachte unstreitige Anspruch der Geschädigten ist aufgrund der Kompensation der Klägerin gem. § 116 Abs. 1 SBG X auf diese übergegangen und auch nicht durch ein Mitverschulden der Geschädigten gem. § 254 Abs. 2 BGB gemindert. Der Bundesgerichtshof hat konkret in Bezug auf den hier zu entscheidenden Fall festgestellt, dass die Geschädigte keine Obliegenheitsverletzung begangen habe:

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügte die Klägerin deshalb ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Erfüllung der die Geschädigte treffenden Obliegenheit, sich um eine zumutbare Erwerbsmöglichkeit zu bemühen, durch ihren Hinweis darauf, dass das Arbeitsamt im Dezember 2006 die damals 53 Jahre alte Geschädigte aus der Vermittlung herausnahm, da sie - nach Begutachtung durch einen Arzt - nicht mehr für vermittlungsfähig erachtet wurde (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21, Rn. 16, juris).

Aus den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Geschädigte Anlass bestanden hätte, sich nach Abschluss der letzten Rehabilitationsmaßnahme erneut um eine Arbeitsstelle oder eine Umschulungsmaßnahme zu bemühen und den Schädiger insoweit zu informieren (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21, Rn. 17, juris).

Entsprechendes gilt, soweit das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zur Ausschöpfung aller ihr selbst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Förderung einer beruflichen Rehabilitation der Geschädigten für ungenügend hält (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21, Rn. 18, juris).

c) Soweit der Bundesgerichtshof ausgeführt hat, eine quotenmäßige Anspruchskürzung komme grundsätzlich nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21, Leitsatz, juris), hat der Senat eine solche in dem aufgehobenen Urteil nicht vorgenommen. Der Senat hat entschieden, der Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht führe dazu, dass ein eventueller Anspruch nicht bezifferbar sei; es könne hier nicht festgestellt werden, ob und in welcher Höhe ein Anspruch entstanden sei, der auf die Klägerin übergegangen sei. (vgl. amtl. Leitsatz 3 sowie Rn. 32, juris).

d) Der Ansicht des Beklagtenvertreters aus dem Schriftsatz vom 26. April 2023, es müsse nunmehr geprüft werden, ob zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich eine posttraumatische Anpassungsstörung vorgelegen habe und ob diese unfallbedingt gewesen sei, folgt der Senat nicht. Das Ergebnis einer solchen Begutachtung würde zu keiner anderen Bewertung führen. Es kommt maßgeblich auf den damaligen Zeitpunkt an. Für diesen hat der Bundesgerichtshof eine bindende Bewertung getroffen. Er hat konkret festgestellt, es habe aus der Sicht der Geschädigten keinen Anlass gegeben, die fachliche Einschätzung des Arbeitsamtes zur fehlenden Vermittlungsfähigkeit und das ärztliche Urteil bei Beendigung der letzten Rehabilitationsmaßnahme in Frage zu stellen, wonach die Geschädigte aufgrund psychischer Beeinträchtigungen für - jedwede - berufliche Tätigkeit nicht ausreichend belastbar sei (BGH, aaO, Rn. 17, juris).

Ein neues Gutachten, das ggf. keine posttraumatische Anpassungsstörung zum damaligen Zeitpunkt bescheinigte, könnte daher keine Änderung der damaligen (subjektiven) Sichtweise der Geschädigten herbeiführen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Der Senat ist an die rechtlichen Ausführungen des Revisionsurteils gem. § 563 Abs. 2 ZPO gebunden und hat diese seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

V.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.