Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.05.2023, Az.: 11 U 119/22
Anlagevermittlung; Objektgerechte Aufklärung; Verhaltenspflichten des Anlagevermittlers; Informationspflichten des Anlagevermittlers; Irrführende Werbeaussagen; Deliktesche Haftung des Anlagevermittlers wegen zweideutiger oder irreführender Angaben über die Eigenschaften einer Kapitalanlage
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.05.2023
- Aktenzeichen
- 11 U 119/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 45044
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2023:0511.11U119.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 11.10.2022 - AZ: 5 O 153/22
Rechtsgrundlagen
- BGB § 823 Abs. 2
- FinVermV § 14
- VermAnlG § 2 Abs. 1
Fundstellen
- BKR 2023, 681-687
- GWR 2023, 233
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die in § 14 Abs. 1 FinVermV festgelegten Informations- und Verhaltenspflichten hat auch derjenige Anlagenvermittler zu erfüllen, der eine Kapitalanlage vertreibt, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) VermAnlG von den Vorgaben des Vermögensanlagegesetzes weitgehend befreit ist, weil der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200.000 € beträgt.
- 2.
§ 14 Abs. 1 FinVermV ist ein zugunsten des Anlegers erlassenes Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
- 3.
Ein Anlagevermittler haftet gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 14 FinVermV nur dann auf Schadensersatz, wenn sich die von ihm im Rahmen der Vermittlung einer Kapitalanlage erteilten Auskünfte und Informationen bei einer Gesamtbetrachtung aller Äußerungen und aller wesentlichen schriftlich übersandten Mitteilungen als zweideutig oder irreführend erweisen, nicht hingegen schon dann, wenn nur einzelne Äußerungen zweideutig oder irreführend sind, der Anleger aber noch rechtzeitig vor seiner Anlageentscheidung vollständig und zutreffend informiert wird.
In dem Rechtsstreit
A. S., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...,
gegen
M. F. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro Rechtsanwälte ...,
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2023 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht Dr. ... sowie den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das 11. Oktober 2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für den ersten und zweiten Rechtszug auf 200.000 € festgesetzt.
[Grunde]
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte mit der Behauptung, sie habe unzutreffende und irreführende Informationen erteilt, im Wege des Schadensersatzes auf Rückabwicklung einer von ihr vermittelten Kapitalanlage in Anspruch.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen außergewöhnlich erfahrenen Anleger (Diplom-Wirtschaftsingenieur; seit 35 Jahren erfolgreicher Gründer und Betreiber eines international tätigen Unternehmens, das Unternehmensberatung für mittelständische und familiengeführte Unternehmen und deren Gesellschafter in allen
Phasen eines Unternehmensverkaufs und Unternehmenskaufs betreibt; jahrzehntelange Erfahrung in grenzüberschreitenden Transaktionen, zwanzigjährige ehrenamtliche Tätigkeit als Handelsrichter; Verfasser etlicher Fachbücher und Fachbeiträge). Bei der Beklagten, die gewerbsmäßig Kapitalanlagen vermittelt und darüber berät, zeichnete er jedenfalls im Jahr 1998 einmal eine Beteiligung an einem Schiffsfonds. Er war damit einverstanden, dass er in einen von der Beklagten geführten Verteiler aufgenommen und von ihr daher regelmäßig über Neuplatzierungen am Markt informiert wurde. Er war insbesondere interessiert an Angeboten, die sich allein wegen der Höhe des einzusetzenden Mindestkapitals eher an semiprofessionelle Anleger richteten (sog. Club-Deals).
Mit E-Mail vom 30. Oktober 2020 (Anlage K 1) wies die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit einer Beteiligung am Öl- und Chemikalientankschiff "MT P." hin. Die E-Mail begann mit allerlei allgemein gehaltenen wirtschaftspolitischen Thesen, mit denen die Beklagte eine große Unsicherheit am Kapitalmarkt beschwor. Als eine Lösung präsentierte sie dann im Weiteren die streitgegenständliche Anlage mit den Schlagwörtern "Günstiger Kaufpreis - Hohe Pool-Einnahmesicherheit - Neueste Umweltstandards". Diese Empfehlung bewarb sie (unter anderem) mit folgenden Angaben:
"- Hohe Einnahmesicherheit: Die MT "P." fährt im Pool von zehn typgleichen Schiffen der AK&RB Flotte und gewährt so dem Projekt eine hohe nachhaltige Einnahmesicherheit durch gleichmäßige Verteilung der Einnahmen
[...]
- Hohe Renditeerwartung: Die aufgestellte Prognoserechnung erwartet eine lineare Rendite von 16,4 % p.a. über einen Investitionszeitraum von fünf Jahren."
Der Kläger äußerte - gleichfalls per E-Mail - Interesse an dem Angebot. Die Beklagte übersandte ihm daraufhin - wiederum per E-Mail - neben dem als "Memorandum" betitelten Fondsprospekt verschiedene weitere Unterlagen über den Fonds. Am 4. November 2020 sandte der Kläger der Beklagten den von dieser vorformulierten "Rahmenvermittlungsvertrag" (Anlage K 3, Bl. 19 ff. d. A.) unterschrieben zurück. In § 1 dieses Vertrags ist die "Vermittlungsleistung" wie folgt umschrieben:
"Der Vermittler hat Zugang zu einer Auswahl von Kapitalanlageangeboten ausgewählter Anbieter in den in der Präambel benannten Anlagesegmenten.
Das Leistungsangebot des Vermittlers umfasst ausschließlich die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung derartiger Finanzinstrumente. Diese Anlagevermittlung umfasst eine Überprüfung der Angemessenheit der vermittelten Kapitalanlage. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung wird auf Grundlage der Angaben des Anlegers ermittelt, ob der Anleger über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, um die Risiken der ihm vermittelten Finanzanlage angemessen zu beurteilen.
Eine Anlageberatung mit Geeignetheitsprüfung, auf deren Grundlage eine für die persönliche finanzielle Situation des Anlegers sowie seine Risikobereitschaft und -tragfähigkeit passende Kapitalanlage empfohlen wird, erfolgt durch den Vermittler nicht.
Sämtliche von dem Vermittler gegenüber dem Anleger vorgestellte Finanzanlagen stellen daher keine Empfehlung dar, sondern eine dem Anleger angebotene Produktauswahl verbunden mit der Zurverfügungstellung der erforderlichen Produktinformation, auf deren Grundlage der Anleger eine eigene Anlageentscheidung treffen kann. [...]"
Im weiteren Vertragstext (§ 3) wies die Beklagte den Kläger unter anderem auf die herausgehobene Bedeutung der ihm zu übersendenden Informationen über die Anlage und die darin enthaltenen Risikohinweise hin. In § 4 enthielt der Vertrag den Hinweis, dass die Beklagte weder das jeweilige Anlagekonzept noch die Prospekte und sonstigen Unterlagen der von ihr angebotenen Kapitalanlagen auf Plausibilität untersucht habe. Zu § 6 sah der Vertrag eine Haftungsbeschränkung zugunsten der Beklagten auf vorsätzliche und grob fahrlässige Pflichtverletzungen
(mit Ausnahme der Haftung für eine Verletzung von Leben, Körper etc. sowie die "Verletzung wesentlicher Vertragspflichten (Kardinalpflichten)") vor.
Eine persönliche Beratung fand nicht statt. Mit E-Mail vom 9. November 2020 (Anlage B 2) meldete sich der Kläger bei der Beklagten und teilte mit, sich die ihm übersandten Unterlagen angeschaut und für "gut und plausibel" befunden zu haben. Er fragte nach, ob die Beklagte alle im Fondsprospekt ausgewiesenen Kosten für die Kapitalwerbung erhalte. Im Übrigen stellte er eine Beteiligung in Höhe von 200.000 € in Aussicht. Am 10. November 2020 telefonierte der Kläger mit dem Geschäftsführer der Beklagten und bat um Übersendung der Zeichnungsunterlagen.
Am 13. November 2020 unterzeichnete der Kläger eine Beitrittserklärung zu der Fondgesellschaft "ABS GmbH & Co. KG ,P.'"; seine Kommanditanlage sollte - wie im Minimum erforderlich - 200.000 € betragen und von einem Treuhänder gehalten werden. Diese Einlage zahlte er sodann auch.
Der Kläger behauptet, er habe sich für die streitgegenständliche Anlage insbesondere aufgrund seines über die Jahre aufgebauten besonderen Vertrauens in die Expertise der Beklagten entschieden. Ausschlaggebend für die Anlageentscheidung sei außerdem ein (in den ihm am 4. November 2020 übersandten Unterlagen enthaltenes) Schreiben der Beklagten vom 21. Februar 2020 (Anlage K 5) gewesen. Darin habe die Beklagte (unter Bezugnahme auf die im Emissionsprospekt abgedruckte - als "Basisszenario" betitelte - Prognoserechnung) den Eindruck erzeugt, dass die Anleger selbst dann keinen Kapitalverlust zu befürchten hätten, wenn das Fondsschiff sich prognosewidrig am Ende der Geschäftstätigkeit der Fondsgesellschaft nur zum Schrottwert verkaufen ließe und keine weiteren Charteraufträge eingeworben würden. Damit sei das - im Emissionsprospekt unstreitig deutlich erwähnte - Teil- oder Totalverlustrisiko verharmlost worden. Auch seien die in jenem Schreiben der Beklagten enthaltenen Aussagen zu den Verdienstaussichten der Fondsgesellschaft irreführend gewesen. Der Kläger meint, die Beklagte habe eine tatsächlich nicht gegebene Einnahmesicherheit vorgetäuscht. Insbesondere sei das Fondsergebnis nicht von den Einnahmen der übrigen Poolschiffe abhängig. Auch habe die Beklagte den Eindruck erzeugt, als wenn die Zeitcharterraten fest vereinbart gewesen seien.
Der Kläger behauptet des Weiteren, dass der Beklagten im November 2020 bekannt gewesen sei, dass die im Emissionsprospekt abgedruckte Prognoserechnung ("Basisszenario") längst überholt gewesen sei. Sie habe nämlich selbst - insoweit unstreitig - schon im Jahr zuvor, am 12. November 2019 - ein Schreiben an ihre Kunden versandt (Anlage K 17, Bl. 170 ff. d. A.), in dem sie diese über ein vom Emittenten aktualisiertes Basisszenario informiert habe, dem deutlich schlechtere Annahmen hinsichtlich der Einkunftsaussichten der Gesellschaft zugrunde gelegen hätten. Nach Maßgabe jener aktualisierten Berechnung habe insbesondere im Falle eines nur zum Schrottwert gelingenden Verkaufs des Fondsschiffs doch ein Kapitalverlust gedroht. Auch sei die Renditeerwartung gesunken. Dennoch habe die Klägerin in dem als Anlage K 1 vorgelegten Werbeschreiben vom 30. Oktober 2020 sowie in dem als Anlage K 5 vorgelegten Schreiben vom 21. Februar 2020 weiterhin auf den überholten ursprünglichen Inhalt des Prospekts abgestellt und auf die Veränderung der Prognose nicht hingewiesen.
Der Kläger hat bei Klageerhebung behauptet, die Fondsgesellschaft befinde sich in einer wirtschaftlichen Schieflage; eine Insolvenz drohe. Er meint, die Beklagte sei ihm im Wege des Schadensersatzes zur Rückabwicklung der Anlage verpflichtet. Sie habe insbesondere gegen das aus § 14 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung folgende Verbot irreführender Werbung verstoßen und hafte daher gemäß § 823 Abs. 2 BGB.
Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz im Übrigen sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden, der die Beklagte zur wahrheitsgemäßen Aufklärung über Chancen und Risiken der Anlage verpflichtet habe. Die - hierfür ausschließlich verwendeten - schriftlichen Dokumente seien entgegen der Annahme des Klägers nicht inhaltlich unrichtig. Insbesondere die von der Beklagten als Anlage K 5 (Bl. 28 f. d. A.) bezeichnete "Abweichungsanalyse" erwecke keineswegs den Eindruck, dass die Anleger unabhängig vom operativen Erfolg der Anlagegesellschaft selbst dann zumindest mit einem vollen Kapitalrückfluss rechnen könnten, wenn das Fondsschiff nur zum Schrottwert verkauft werden könnte. Das vom Kläger in Bezug genommene Schreiben der Beklagten vom 12. November 2019 (Anlage K 17, Bl. 170 ff. d. A.) enthalte nur eine geringfügig verringerte Einnahmeprognose für das Jahr 2000. Soweit der Kläger die Darstellung der Poolraten rüge, sei diese ebenfalls nicht unrichtig.
Gegen dieses Urteil, auf dessen Begründung im Einzelnen ebenfalls verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Rückabwicklungsbegehren weiterverfolgt. Der Kläger meint, das Landgericht habe den tatsächlichen Kern des klagebegründenden Vorbringens unzutreffend erfasst. Als die Beklagte das als Anlage K 5 vorgelegte Schreiben vom 21. Februar 2020 mit dem darin enthaltenen - von ihr selbst erstellten - Abweichungsszenario versandt habe, habe sie längst gewusst, dass das im "Memorandum" (Anlage K 6 - gemeint ist der Emissionsprospekt) enthaltene "Basisszenario", auf das sich das "Abweichungsszenario" bezog, nicht mehr aktuell war. Die Beklagte selbst habe in dem als Anlage K 17 vorgelegten Schreiben vom 12. November 2019 die vom Emittenten verfasste Abweichungsberechnung versandt. Indem die Beklagte ihr selbst erstelltes Abweichungsszenario nicht auf diese aktuellere Berechnung des Emittenten bezogen habe, habe sie einen unzutreffenden Eindruck über die Rentabilität der Anlage im Falle der Unverkäuflichkeit des Fondsschiffs erzeugt. Denn bei zutreffender Berechnung drohe den Anlegern in diesem Szenario sehr wohl ein bedeutender Kapitalverlust. Der Kläger hält auch an seiner Auffassung fest, dass die Einnahmen aus dem Charterpool in dem als Anlage K 5 vorgelegten Schreiben irreführend als gesichert dargestellt worden seien.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 11. Oktober 2022, Az. 5 O 153/22,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 200.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15, April 2022 Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der Firma ... Treuhand GmbH und der Firma ABS GmbH & Co. KG "P." zu bezahlen,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 3.456,59 € freizustellen,
- 3.
festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der angebotenen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der Firma ... Treuhand GmbH und der Firma ... GmbH & Co. KG "P." in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte behauptet in ihrer Berufungsantwort nunmehr, dem Kläger sei (auch) das als Anlage K 17 vorgelegte Dokument vom 12. November 2019 zusammen mit allen weiteren Unterlagen per E-Mail am 4. November 2020 übersandt worden. Im Übrigen verweist sie auf die umfangreiche Anlageerfahrung des Klägers und bestreitet deshalb, dass er sich auf die ursprüngliche Prognoserechnung und das darauf aufbauende Abweichungsszenario in dem Schreiben vom 21. Februar 2020 verlassen und nicht erkannt habe, dass alle darin zugrunde gelegten Einnahmen nur Schätzungen gewesen seien.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens und des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Der Kläger hat auf die ladungsbegleitende Nachfrage des Senatsvorsitzenden eingeräumt, dass er das als Anlage K 17 vorgelegte Schreiben der Beklagten vom 12. November 2019 zusammen mit den übrigen Unterlagen am 4. November 2020 - mithin vor seiner Entscheidung für die Anlage - erhalten habe.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus keinem Rechtsgrund zu.
1. Der Senat vermerkt zunächst, dass die tatsächlichen Umstände des Streitfalls vollständig unstreitig sind. Die Parteien streiten weder um Anlageziele noch um die Frage, wann welche Dokumente übergeben wurden. Es ist insbesondere auch unstreitig, dass es sich bei dem Kläger um einen außergewöhnlich erfahrenen Anleger handelt. Dementsprechend behauptet der Kläger nicht, sich über die bei einem geschlossenen Schiffsfonds bestehenden grundsätzlichen Anlagerisiken geirrt zu haben. Der einzige Vorwurf, auf den die Klage gestützt wird, geht dahin, dass die Beklagte in ihren verschiedenen Informations- und Werbeschreiben die Prognoseberechnung des wirtschaftlichen Erfolgs der Anlage nicht zutreffend (insbesondere nicht aktualisiert) übermittelt habe und die Verdienstaussichten der Fondsgesellschaft übertrieben optimistisch dargestellt habe.
2. Es geht folglich ausschließlich um die (un-) zutreffende Aufklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zielgesellschaft, also die objektgerechte Beratung bzw. Aufklärung. Die anlegergerechte Beratung steht nicht in Frage. Deshalb kann dahinstehen, welche Art von Vertragsverhältnis die Parteien verband. Der Senat beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf die knappe Anmerkung, dass die Annahme des Landgerichts, die Parteien seien durch einen Anlageberatungsvertrag verbunden, eindeutig nicht zutrifft. Die dahingehende Rüge in der Berufungserwiderung ist berechtigt. Es ist unstreitig, dass die Beklagte dem Kläger im Herbst 2020 ausschließlich und gezielt die streitgegenständliche Anlage zum Erwerb anbot und dass der Kläger keine Beratung darüber erwartete, welche (alternative) Anlage zu jenem Zeitpunkt womöglich zu seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation passen könnte. Es gab demzufolge auch kein direktes Beratungsgespräch; alles lief - ziemlich effizient und knappgehalten - per E-Mail sowie schriftlich ab. Folglich handelt es sich um einen "bloßen" Anlagevermittlungsvertrag, der sich von vornherein auf eine ganz bestimmte einzelne Anlagemöglichkeit bezog. Das ergibt sich insbesondere mit Eindeutigkeit aus dem vom Kläger am 4. November 2020 unterzeichneten "Rahmenvermittlungsvertrag".
3. Ebenso wie ein Anlageberater muss auch ein Anlagevermittler über die wesentlichen Eigenschaften der von ihm angebotenen Kapitalanlage eine inhaltlich zutreffende Auskunft geben.
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass im Rahmen der Anlagevermittlung zwischen Anlageinteressent und Anlagevermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen (vgl. § 675 Abs. 2 BGB) zumindest stillschweigend zustande kommt, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, juris, Rn. 10). Die Rechtsprechung geht zwar davon aus, dass der Anlageinteressent einem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, selbstständiger gegenübertritt als einem Anlageberater. An den Vermittler wendet er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht. Der zwischen dem Anlageinteressenten und einem solchen Anlagevermittler zustande gekommene Vertrag zielt daher lediglich auf eine Auskunftserteilung ab. Er verpflichtet den Vermittler allerdings durchaus zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 14 m. w. N.; vgl. jüngst auch erneut BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 - III ZR 229/21, juris Rn. 13 m.w.N.). So muss der Anlagevermittler etwa auch das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, juris Rn. 11 m.w.N.; vom 30. März 2017 - III ZR 139/15, juris Rn. 9 m.w.N.).
b) Nichts Anderes hatten die Parteien in dem am 4. November 2020 geschlossenen "Rahmenvermittlungsvertrag" (insbesondere in dessen § 1) vereinbart, zusätzlich aber sogar - und insoweit abweichend von dem Pflichtenprogramm eines typischen Anlagevermittlers - ausdrücklich festgelegt, dass die Beklagte keine Überprüfung des Anlagekonzepts und der Emissionsunterlagen auf Plausibilität schulde.
c) Die Beklagte wendet in ihrer Berufungserwiderung gegen die erhobenen Ansprüche (auch) ein, dass sie gemäß § 6 des genannten Vertrags nur für vorsätzliche und grob fahrlässige begangene Pflichtverstöße hafte. Dieser Einwand greift nicht durch und macht daher die weitere rechtliche Prüfung keineswegs von vornherein entbehrlich.
aa) Es handelt sich bei dem Vertragswerk nach Maßgabe des äußeren Anscheins ersichtlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB. Gemäß § 309 Nr. 7 lit. b) BGB ist eine solche Haftungsbegrenzung nicht schon im Ausgangspunkt unzulässig.
bb) Anderes gilt jedoch gemäß § 307 Abs. 1 BGB. Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 Abs. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
Der Bundesgerichtshof hat eine klauselmäßige Beschränkung der Haftung des Anlagevermittlers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in seinem Urteil vom 13. Januar 2000 (III ZR 62/99, juris Rn. 25 ff.; im dortigen Fall in der Beitrittserklärung enthalten) mit folgender Begründung für gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam gehalten:
"Darin ist eine unzulässige Einschränkung der Haftung für die ordnungsgemäße Erfüllung einer sogenannten Kardinalpflicht zu sehen (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - VIII ZR 165/92 = BGHR AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 2 Haftungsfreizeichnung 4). Die Haftungsfreistellung unterscheidet nämlich nicht zwischen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, umfasst also bei einem Auskunftsvertrag, wie er hier zwischen den Parteien geschlossen wurde, auch die Auskunftsverpflichtung selbst. Die Erfüllung eines Auskunftsvertrages "steht und fällt" aber gerade mit der Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft. Davon kann sich der Auskunftsverpflichtete nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen freizeichnen."
cc) Die Instanzrechtsprechung beurteilt die Frage, soweit für den Senat ersichtlich, genauso (vgl. etwa Brandenburgisches OLG, Urteil vom 3. März 2010 - 4 U 40/09, juris Rn. 67; LG Düsseldorf, Urteile vom 28. Januar 2009 - 5 O 347/06 und etliche weitere Verfahren, jeweils juris Rn. 28 oder 29; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Dezember 2004 - 15 U 14/01, juris Rn. 71; Kammergericht, Urteile vom 9. Oktober 2001 - 21 U 959/00, juris Rn. 55, und vom 27. April 2001 - 15 U 2630/00, juris Rn. 99; OLG Düsseldorf - Urteil vom 28. März 1996 - 5 U 11/95, juris Rn. 53 ff.).
dd) Die von der Beklagten verwendete Klausel ist nicht deshalb wirksam, weil sie ausdrücklich eine Ausnahme für die "Verletzung wesentlicher Vertragspflichten (Kardinalpflichten)" vorsieht.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders
zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie ihr Wortlaut (z. B. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15, juris Rn. 17, 18). Bei dieser Prüfung ist auch im Individualprozess gemäß § 305c Abs. 2 BGB die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und dadurch den Kunden begünstigt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2017 - VII ZR 259/16, juris Rn. 23). Die kundenfeindlichste Auslegung des § 6 des Rahmenvermittlungsvertrags geht dahin, dass die Beklagte für jegliche unzutreffende Auskunft nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften solle. Sie hat nämlich in dem Vertragstext nicht näher festgelegt, was genau sie eigentlich unter einer "wesentlichen Vertragspflicht" verstehen wollte.
Bei dieser kundenfeindlichsten Auslegung ist die Klausel insgesamt unwirksam.
ee) Im Streitfall lässt sich allenfalls noch erwägen, ob die Haftungsbeschränkung hier ausnahmsweise deshalb doch wirksam sein könnte, weil der Umfang der Auskunfts- und Überprüfungspflichten der Beklagten von vornherein eher gering war; insbesondere war ja die Pflicht zur Plausibilitätsprüfung ausgeschlossen. Das greift aber nicht durch. Es geht im Streitfall nicht um die Plausibilitätsprüfung, sondern darum, dass die Beklagte wesentliche (neuere) Prognoserechnungen nicht weitergegeben haben könnte.
4. Die Klage und die Berufung sind unbegründet, weil die Beklagte die ihr vertraglich obliegende Verpflichtung zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Klägers von besonderer Bedeutung sind, nicht verletzte.
Die Beklagte spiegelte dem Kläger nicht - entgegen der tatsächlichen Lage - vor, dass er selbst dann jedenfalls mit einer Rückzahlung des vollen eingesetzten Kapitals rechnen könne, wenn das Fondsschiff nur zum Schrottpreis verkauft werden könnte.
a) Die verneinende Argumentation im angefochtenen Urteil (LGU, Seite 4 f.) greift allerdings zu kurz. Es ist durchaus richtig, dass allein die Zusammenschau der im ursprünglichen Emissionsprospekt abgedruckten Prognose (Anlage K 6, Seite 29 ff., Bl. 58 ff. d. A.) und insbesondere des dort zugrunde gelegten "Basisszenarios" einerseits und der von der Beklagten selbst erstellten zusätzlichen "Abweichungsanalyse", die auf der Annahme beruht, dass das Fondsschiff nur zum Schrottwert verkauft werden könnte, andererseits, keine Unplausibilität zu Tage fördert. Das im Emissionsprospekt abgedruckte "Basisszenario" weist dermaßen hohe Renditeaussichten aus (Kapitalrückfluss 182 % bei einem Verkauf des Fondsschiffs für den als mindestens realistisch unterstellten Preis von 6,5 Mio. US$, vgl. Bl. 62 d. A.), dass sich - genau so, wie in der Anlage K 5 dargestellt - auch bei einem Verkauf nur zum Schrottpreis immer noch ein Kapitalrückfluss von 103 % ergeben hätte.
Zweifellos musste einem Anleger, der die Prognoserechnung aufmerksam las, auch klar sein, dass eine wesentliche Voraussetzung eines solchen Verlaufs jedenfalls die Erzielung der Chartereinnahmen war. Diese Erkenntnis erbrachte allein schon ein Blick in die Kopfzeile der auf Seite 33 des Prospekts abgedruckten Abweichungsanalyse. Das Basisszenario beruhte auf der Annahme, dass die Fondsgesellschaft diejenigen täglichen Chartereinnahmen erzielte, die in die Wirtschaftlichkeitsrechnung auf Seite 30 des Prospekts eingestellt worden waren, also:
2019 - 10.000 US$ / Tag
2020 - 10.500 US$ / Tag
2021 - 11.000 US$ / Tag
2022 - 11.000 US$ / Tag
2023 - 12.500 US$ / Tag
2024 - 12.500 US$ / Tag
Danach: Verkauf des Fondsschiffs
Der Sinn der auf Seite 33 des Prospektes abgedruckten Abweichungsanalyse bestand gerade darin, dem Anlageinteressenten aufzuzeigen, wie sich der Verlauf seiner Anlage verändern würde, falls sich diese Einnahmeprognose nicht bewahrheitete. Deshalb wurde in der Abweichungsanalyse - und eben das ergab sich gut erkennbar aus der Kopfzeile - dargestellt, wie hoch der Kapitalrückfluss an die Anleger wäre, wenn sich die täglichen Chartereinnahmen um 500 bzw. 1.000 US$ verringerten oder um 500 oder 1.000 US$ erhöhten.
Der Kläger greift die Plausibilität dieses ursprünglichen Rechenwerks in keiner Weise an, ebenso nicht das Vorgehen der Beklagten, die im Prospekt abgedruckte Abweichungsanalyse in dem als Anlage K 5 vorgelegten Schreiben vom 21. Februar 2020 um ein weiteres Szenario zu ergänzen, in dem ein besonders niedriger Verkaufspreis für das Fondsschiff, nämlich nur der Schrottwert, zugrunde gelegt wird. Er stört sich nicht einmal daran, dass die Beklagte dieses von ihr selbst entwickelte zusätzliche Szenario - wie ausdrücklich in der Anlage K 5 vermerkt - nur auf das "Basisszenario" bezog und nicht auch auf die im Prospekt bereits abgedruckten negativ abweichenden Szenarien "minus 500" und "minus 1.000". Immerhin hätte eine Ergänzung dieser Negativszenarien um den Baustein "Verkauf nur zum Schrottwert" auch bereits Kapitalrückflusswert von deutlich weniger als 100 % ergeben. Das nimmt der Kläger aber hin.
Mindestens ihm als umfassend erfahrenen und sachkundigen Anleger musste wohl auch mit einem Blick auf die im Prospekt abgedruckte Abweichungsanalyse klar sein, welches Ergebnis man erhielt, wenn man das im Prospekt abgedruckte Szenario "minus 1.000" noch um einen besonders geringen Verkaufserlös ergänzte.
b) Der vom Kläger - insbesondere im Berufungsrechtszug - erhobene Vorwurf hat einen anderen Kern.
Aus dem mit der Replik als Anlage K 17 (Bl. 170 ff. d. A.) vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 12. November 2019 - also einem Schriftstück, das die Beklagte rund ein Jahr vor der Anlagevermittlung an den Kläger erstellte - ergibt sich, dass die Emittentin offenbar Anlass gesehen hatte, die Wirtschaftlichkeitsberechnung in nur einem - allerdings wesentlichen - Punkt gegenüber der im Prospekt enthaltenen Darstellung zu korrigieren, nämlich bei den prognostizierten Einnahmen:
2019 - 10.000 US$ / Tag
2020 - 10.500 US$ / Tag - neu: 10.488 US$ / Tag - minus 2 US$ / Tag
2021 - 11.000 US$ / Tag - neu: 10.488 US$ / Tag - minus 502 US$ / Tag
2022 - 11.000 US$ / Tag - neu: 10.488 US$ / Tag - minus 502 US$ / Tag
2023 - 12.500 US$ / Tag - neu: 10.488 US$ / Tag - minus 2.002 US$ / Tag
2024 - 12.500 US$ / Tag - neu: 10.488 US$ / Tag - minus 2.002 US$ / Tag
Die Änderungen betrafen wohlgemerkt nicht irgendein weiteres "Abweichungsszenario", sondern das ursprüngliche "Basisszenario". Schon bei entsprechender Anpassung der auf Seite 33 des Prospekts abgedruckten Tabelle mit den verschiedenen Abweichungsszenarien (minus 1.000, minus 500 etc.) ergab sich auf der Grundlage dieses neuen Basisszenarios für den Fall eines eher geringen Verkaufspreises für das Fondsschiff nur noch ein Kapitalrückfluss von 94 %.
Das stand im Einklang mit dem als Anlage K 12 vorgelegten Bericht der Fondgesellschaft vom 18. Februar 2021 (Bl. 106 ff. d. A.). Darin ist die Entwicklung der Chartereinnahmen des Schiffspools dargestellt, aus dem auch das Fondsschiff seine Einkünfte beziehen sollte. Die dort genannten Einnahmen des ersten Halbjahres 2020 rechtfertigten noch die im Prospekt zugrunde gelegte Einnahmeprognose von 10.500 US$ / Tag. Schon im zweite Halbjahr 2020 - also im Zeitraum der streitgegenständlichen Vermittlungsleistung - ging es allerdings steil bergab: 7.925 US$ / Tag im dritten Quartal und 6.763 US$ / Tag im vierten Quartal. Und auch im Jahr 2019, in dem der Emissionsprospekt aufgelegt worden war, bewegten sich die Chartereinnahme bereits durchweg rund 1.000 € / Tag niedriger als in der Prognoserechnung angenommen.
Vor diesem Hintergrund dürfte der Eindruck, den die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu erzeugen versucht hat, dass es sich bei der angepassten Wirtschaftlichkeitsberechnung (Anlage K 17) gleichsam um eine beliebige andere - letztlich beliebig austauschbare - Prognose ohne konkreten Anlass gehandelt habe, wohl nicht der Wirklichkeit entsprochen haben. Kein vernünftiger Emittent senkt eine solche Wirtschaftlichkeitsberechnung ohne konkreten Anlass in diesem Umfang, weil eine solche Maßnahme dem Vermarktungserfolg gemeinhin abträglich sein kann. Aus dem als Anlage K 17 vorgelegten Schreiben ergibt sich nach dem Verständnis des Senats vielmehr, dass der Beklagten selbst - und nicht etwa nur der Fondsgesellschaft - schon ein Jahr vor der streitgegenständlichen Vermittlungsleistung an den Kläger - bewusstgeworden war, dass die im Fondsprospekt zugrunde gelegte Einnahmeprognose zu optimistisch war. Der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Umstand, dass die Einkommenslage der Fondsgesellschaft mittlerweile wieder sehr viel günstiger auszuschauen scheint, und die senatsbekannte allgemeine Beobachtung, dass die Entwicklung der Charterraten im Bereich der Handelsschifffahrt ohnehin seit jeher sehr volatil ist, ändern an dieser Beurteilung nichts.
Folglich musste die Beklagte den Kläger zwingend auf diese veränderte Wirtschaftlichkeitsberechnung hinweisen, bevor der Kläger seine Anlageentscheidung traf. Denn die Erfolgsaussichten der angebotenen Anlage hatten sich nach Einschätzung des Emittenten selbst offenbar in nicht unwesentlichem Umfang verschlechtert. Insbesondere war ein Teilverlust des eingesetzten Kapitals wahrscheinlicher geworden. Erst recht hätte die Beklagte aber wohl in dem als Anlage K 5 vorgelegten (von ihr selbst erst am 21. Februar 2020, also erst rund vier Monate nach Versendung des als Anlage K 17 vorgelegten Schreibens, erstellten weiteren) Abweichungsszenario nicht einfach die ursprüngliche Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde legen dürfen, ohne die veränderte Berechnung vom 12. November 2019 auch nur mit einem Wort zu erwähnen. Ohne einen solchen Hinweis waren die dem Kläger (im Werbeschreiben vom 30. Oktober 2020 und in dem selbst erstellten Abweichungsszenario vom 21. Februar 2020) erteilten Informationen - für sich genommen - schlicht unvollständig, jedenfalls aber überholt.
c) Die Beklagte hatte zu dem als Anlage K 17 vorgelegten Schreiben vom 12. November 2019 im ersten Rechtszug überhaupt nicht Stellung genommen. Die darauf bezogenen Ausführungen des Landgerichts (LGU, Seite 5, unter (2)), sind für den Senat inhaltlich nicht verständlich.
d) Nachdem die Beklagte in der Berufungserwiderung erstmals behauptet hat, dass dem Kläger das als Anlage K 17 vorgelegte Schreiben vom 12. November 2019 bereits im Zeitpunkt seiner Anlageentscheidung vorlag, weil er es zusammen mit den übrigen Unterlagen am 4. November 2020 erhielt, und der Kläger auf Nachfrage des Senatsvorsitzenden die Richtigkeit dieser Darstellung (im Schriftsatz vom 7. März 2023, Bl. 274 d. A.) eingeräumt hat, lässt sich im Ergebnis eine inhaltlich unrichtige Auskunftserteilung durch die Beklagte letztlich dennoch nicht feststellen.
aa) Selbst im - hier nicht einschlägigen - Bereich der Anlageberaterhaftung entfällt die grundsätzlich bestehende und weitreichende persönliche Aufklärungspflicht des Beraters, wenn die geschuldete Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - III ZR 384/14, juris Rn. 16; vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, juris Rn. 18, vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, juris Rn. 7). Der Anleger muss sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen können, weswegen er ausreichend Zeit für eine sinnvolle Auseinandersetzung damit haben muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, juris Rn. 24; Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, juris Rn. 18; Urteil vom 1. Dezember 2022 - III ZR 229/21, juris Rn. 13). Sodann liegt es im Verantwortungsbereich des Anlegers zu entscheiden, ob er den Prospekt innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden - ausreichenden - Zeit zur Kenntnis nehmen will oder nicht. Nimmt er die Informationen nicht zur Kenntnis, geht dies zu seinen Lasten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - XI ZR 188/11, juris Rn. 30; Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, juris Rn. 33; Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, juris Rn. 21 m.w.N.).
bb) Nach diesem rechtlichen Maßstab war der Kläger gehalten, anhand der im Schreiben vom 12. November 2019 (Anlage K 17) enthaltenen zusätzlichen Informationen selbst zur Kenntnis zu nehmen, dass die ursprüngliche Prognoserechnung nach der eigenen Einschätzung der Fondsgesellschaft überholt (weil - nach damaligen Kenntnisstand - zu optimistisch) war. Er musste dann folgerichtig auch erkennen, dass das zusätzliche "Abweichungsszenario" vom 21. Februar 2020 auf einer überholten Prognoseberechnung aufsetzte und der erwartbare Kapitalrückfluss bei einem für das Fondsschiff erzielbaren Verkaufspreis, der nur dem Schrottwert entsprach, deutlich unter 100 % liegen würde.
Die im Schreiben vom 12. November 2019 enthaltenen Informationen stellten nichts anderes als einen Nachtrag zum als "Memorandum" bezeichneten Emissionsprospekt dar, mit dem dessen Informationsgehalt an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst wurde. Einen solchen Nachtrag muss ein Anleger zur Kenntnis nehmen, wenn er ihm zusammen mit dem Emissionsprospekt zum Zwecke der objektgerechten Aufklärung zur Lektüre überlassen wird.
Das gilt im Streitfall umso mehr, als die Parteien in § 3 des Rahmenvermittlungsvertrags ausdrücklich festgelegt hatten, dass die Beklagte die von ihr geschuldeten Informationen in "Verkaufsprospekten und Kurzinformationen in der Form wesentlicher Anlageinformationen oder Vermögensanlageninformationsblätter" zur Verfügung stellen werde, und die Beklagte (a.a.O.) ausdrücklich auf die besondere Bedeutung dieser Unterlagen für die vom Anleger zu treffende Anlageentscheidung und die deshalb erforderliche sorgfältige Lektüre hinwies. Überdies durfte die Beklagte angesichts des weit überdurchschnittlichen Erfahrungshorizonts des Klägers auch ohne Weiteres davon ausgehen, dass diese Form der Informationserteilung ausreichen werde. Der Kläger bestätigte durch seine E-Mail vom 9. November 2020 von sich aus, ausreichend informiert worden zu sein.
e) Der Kläger stützt die Klageforderung auch noch - und auch weiterhin in der Berufungsbegründung - auf einen zweiten Pflichtverletzungsvorwurf: Die Beklagte habe (insbesondere in der Anlage K 5) den - objektiv unzutreffenden - Eindruck erzeugt, dass die im Emissionsprospekt und in der Abweichungsanalyse zugrunde gelegten Pooleinnahmen sicher seien, insbesondere indem sie auf die Langfristigkeit der für einige der Poolschiffe abgeschlossenen Charterverträge hingewiesen habe.
Diesen Vorwurf vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Unterhalb der Darstellung der Charterabschlüsse der Poolschiffe (Seite 2 der Anlage K 5, Bl. 29 d. A.) heißt es:
"Eine Prognose über zukünftige Poolergebnisse ist natürlich schwierig. Die oben dargestellten Abschlüsse der 5 Poolschiffe - und damit der Hälfte der Poolmitglieder - bieten jedoch einen guten Hinweis auf zu erwartende Pooleinnahmen der nächsten 1-2 Jahre. Es wird auf eine ausgewogene Mischung aus langfristiger ("Zeitcharter") und kurzfristiger ("Reisecharter") Beschäftigung geachtet. Langfristige Verträge dienen dabei als weitere Sicherheit durch feste Einnahmeerwartungen, während kurzfristige Verträge die Teilnahme an positiven Marktentwicklungen ermöglichen sollen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit für das Projekt "P." über dem Basisszenario zu verlaufen und damit auch eine schnellere Rückführung des Investorenkapitals zu erreichen (siehe auch Tabelle "Poolraten" oben)."
Der Senat vermag in dieser Darstellung keine Aussage zu erkennen, dass bestimmte Poolergebnisse sicher zu erwarten seien. In Betracht kommt insofern überhaupt nur der dritte Satz ("Langfristige Verträge..."). Auch darin ist allerdings nicht von "sicheren Einnahmen", sondern nur von "festen Einnahmeerwartungen" (Unterstreichung durch den Senat) die Rede. Überdies dürfen die unmissverständlichen Risikohinweise im Emissionsprospekt nicht außer Acht bleiben. Auf Seite 21 (Bl. 50 d. A.) wird klar darauf hingewiesen, dass die Chartereinnahmen infolge der Marktentwicklung zurückgehen können und dass es sogar "Einnahmeausfälle" geben könne. Auf Seite 22 wird auf das Risiko hingewiesen, dass für das Fondsschiff zwar ein Charter- und Poolvertrag bestehe, dass Charterer aber wirtschaftlich ausfallen können, sich als vertragsbrüchig erweisen oder Kontrakte aus anderen Gründen nicht erfüllen. Das genügte zur Beseitigung etwaiger letzter Zweifel, inwieweit die prognostizierten Einnahmen als "sicher" anzusehen waren. Das gilt zumal für den Kläger, der aufgrund seiner überdurchschnittlichen Anlageerfahrungen Gegenteiliges eigentlich nicht ernsthaft angenommen haben kann.
5. Dem Kläger steht der Klageanspruch auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 14 Abs. 1 der Verordnung über die Finanzanlagenvermittlung (FinVermV, BGBl. I 2019, 1434) in der hier einschlägigen Fassung, die ab dem 1. August 2020 gültig ist, zu.
a) Gemäß § 14 Abs. 1 FinVermV müssen alle Informationen einschließlich Werbemitteilungen, die der Gewerbetreibende (Vermittler) dem Anleger zugänglich macht, redlich, eindeutig und nicht irreführend sein. Wichtige Aussagen oder Warnungen dürfen nicht verschleiert oder abgeschwächt dargestellt werden. Werbemitteilungen müssen eindeutig als solche erkennbar sei.
b) Die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung findet sich (neben dem für den Fall irrelevanten § 11a Abs. 5 GewO) in § 34g GewO. Diese Ermächtigungsnorm steht ihrerseits im Zusammenhang mit der Regelung des § 34f GewO, wonach Finanzanlagenvermittler der behördlichen Erlaubnis bedürfen. Gemäß § 34g Abs. 1 GewO hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium der Justiz durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum Schutze der Allgemeinheit und der Anleger Vorschriften zu erlassen über den Umfang der Verpflichtungen des Gewerbetreibenden bei der Ausübung des Gewerbes eines Finanzanlagenvermittlers und Honorar-Finanzanlagenberaters etc. Die Rechtsverordnung hat Vorschriften zu enthalten über (u.a.) die Informationspflichten gegenüber dem Anleger, einschließlich einer Pflicht, Provisionen und andere Zuwendungen offenzulegen und dem Anleger ein Informationsblatt über die jeweilige Finanzanlage zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich mithin im Ausgangspunkt um wirtschaftsverwaltungsrechtliche Bestimmungen.
c) Die Vorgaben des § 14 Abs. 1 FinVermV hatte auch die Beklagte im Streitfall zu beachten.
aa) Die streitgegenständliche Anlage war zwar ersichtlich bewusst so konstruiert, dass die Anleger mindestens 200.000 € investieren mussten. Die von der Emittentin und der Beklagten angepriesenen Vorteile dieser Exklusivität (kleiner Anlegerkreis, mehr Einflussnahmemöglichkeiten, geringere Verwaltungskosten gegenüber einer herkömmlichen Publikumsgesellschaft) waren ersichtlich lediglich ein Teilaspekt, der für diese Konstruktion sprach. Der Hauptgrund lag in der Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. c) Vermögensanlagegesetz. Danach gelten nahezu alle Regelungen des Vermögensanlagegesetzes nicht für Angebote, bei denen - wie hier - der Preis jedes angebotenen Anteils einer Vermögensanlage im Sinne von § 1 Abs. 1 VermAnlG mindestens 200.000 € je Anleger beträgt.
bb) Diese Beobachtung hat den Senat zu der Überlegung veranlasst, ob auch § 14 FinVermV auf die streitgegenständliche Anlage womöglich überhaupt nicht anwendbar sein könnte. Diese Überlegung greift aber letztlich nicht durch.
Die Finanzanlagenvermittlungsverordnung enthält selbst keine Regelung ihres Anwendungsbereichs. In § 1 regelt sie die für einen Finanzanlagenvermittler durch § 34f Abs. 2 Nr. 4 GewO vorgeschriebene Sachkundeprüfung. In ihrem vierten Abschnitt, zu dem auch der hier in Rede stehende § 14 gehört, regelt sie die "Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten". In § 11 wird als Normadressat "der Gewerbetreibende" genannt, ebenso in § 14. Das ist bei einer Gesamtschau der ganzen Verordnung sowie des Regelungszusammenhangs dahin zu verstehen, dass der vierte Abschnitt der Verordnung ausschließlich die Verhaltenspflichten eines Finanzanlagevermittlers i.S.d. § 34f GewO regeln soll. Für die Anwendbarkeit der Verordnung kommt es also darauf an, ob die Beklagte als "Finanzanlagevermittlerin" gegenüber dem Kläger tätig war, obwohl die von ihr vertriebene Anlageform von den wesentlichen Vorgaben des Vermögensanlagegesetzes ausgenommen war. Das war der Fall.
(1) Die gesetzliche Definition des Anlagenvermittlers ergibt sich aus § 34f Abs. 1 Satz 1 GewO (Anlage). Die dort in Nr. 1 und 2 genannten Fälle sind ersichtlich nicht einschlägig. Es kommt also darauf an, ob die streitgegenständliche Anlage eine "Vermögensanlage im Sinne des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagegesetzes" ist.
Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VermAnlG sind Vermögensanlagen im Sinne dieses Gesetzes "nicht in Wertpapieren im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes verbriefte und nicht als Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs ausgestaltete Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, sowie Anteile an einem Vermögen, das die Emittentin oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen). Im Streitfall passt entweder das eine oder - wegen der Zwischenschaltung einer Treuhänderin (vgl. die als Anlage K 7 vorgelegte Beitrittserklärung, Bl. 78 ff. d. A.) - wohl eher das zweite.
(2) Die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 1 Nr. 7 lit. c) VermAnlG ändert an der Einordnung als "Vermögensanlage" nichts. § 2 Abs. 1 VermAnlG bestimmt keineswegs, dass die dort genannten Anlageformen nicht zunächst einmal als Vermögensanlagen anzusehen seien, sondern "nur", dass für diese Vermögensanlagen die Mehrzahl der Regelungen - durchaus aber nicht alle - des Vermögensanlagegesetzes keine Geltung habe. Folglich wird die in § 1 Abs. 1 VermAnlG enthaltene Legaldefinition gerade nicht von vornherein eingeschränkt. Und § 34f GewO (sowie mittelbar die hier in Rede stehende Finanzanlagenvermittlungsverordnung) nehmen nur Bezug auf diese Legaldefinition, nicht aber auf die in § 2 VermAnlG bestimmten Ausnahmetatbestände.
(3) Gegen eine entsprechende Einschränkung spricht auch der unterschiedliche Regelungszweck des Vermögensanlagegesetzes einerseits und des § 34f GewO andererseits.
(a) Das Vermögensanlagegesetz hat das öffentliche Angebot von Vermögensanlagen zum Gegenstand. Die Regelung des öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen durch das Vermögensanlagegesetz erfolgt im Wege der Schaffung von Vertriebspublizität. Im Mittelpunkt der hierfür eingesetzten Instrumente steht die Pflicht desjenigen, der im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen, sofern nicht schon nach anderen Vorschriften eine Prospektpflicht besteht oder ein Verkaufsprospekt nach den Vorschriften dieses Gesetzes bereits veröffentlicht worden ist (§ 6 VermAnlG). Für die Erfüllung dieser Pflicht und der damit in Zusammenhang stehenden Anforderungen wird teils zivilrechtlich (in Gestalt der Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verkaufsprospekts nach §§ 20, 21 VermAnlG), teils straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlich (nach Maßgabe von § 28 bzw. § 29 VermAnlG) gehaftet. Zusätzlich zur Prospektpublizität muss ein Anbieter, der im Inland Vermögensanlagen öffentlich anbietet, vor dem Beginn des öffentlichen Angebots neben dem Verkaufsprospekt auch ein Vermögensanlagen-Informationsblatt erstellen (§ 13 VermAnlG). Wiederum wird für die pflichtwidrige Nichterfüllung dieser Pflicht und die Fehlerhaftigkeit von Angaben des Informationsblatts zivilrechtlich (§ 22 VermAnlG) und ordnungswidrigkeitsrechtlich (§ 29 Nr. 6 und 7 VermAnlG) gehaftet. Die Angaben, die Verkaufsprospekte (mindestens) enthalten müssen, richten sich nach § 7 VermAnlG und den Vorschriften der Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte (Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung - VermVerkProspV) vom 16. Dezember 2004, folgen aber auch daraus, dass der Verkaufsprospekt, um nicht fehlerhaft zu sein und eine Haftung nach § 20 Abs. 1 VermAnlG auszulösen, alle für die Beurteilung der Vermögensanlagen wesentlichen Angaben zu enthalten hat. Nach § 3 VermAnlG übt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Aufsicht über das Angebot von Vermögensanlagen nach den Vorschriften des Vermögensanlagegesetzes aus. Im Rahmen dieser Aufsicht ist sie befugt, alle Anordnungen zu treffen, die erforderlich und geeignet sind, um das Angebot von Vermögensanlagen mit dem Vermögensanlagegesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen im Einklang zu erhalten. Zu den wichtigsten Aufgaben der BaFin gehört die Billigung eines Verkaufsprospekts. Bevor die Aufsichtsbehörde diese erteilt hat, darf ein Verkaufsprospekt nicht veröffentlicht werden (§ 8 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG), so dass bis zu diesem Zeitpunkt auch das die Veröffentlichung des Verkaufsprospekts voraussetzende Angebot von Vermögensanalagen (§ 6 VermAnlG) unterbleiben muss (vgl. zum Ganzen im Überblick Assmann in Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb, Prospektrecht Kommentar, 4. Aufl., Einleitung VermAnlG, Rn. 1 ff.)
(b) § 34f GewO hat hingegen den Zweck, den Anlegerschutz im sog. "grauen Kapitalmarkt" durch eine Erhöhung der Anforderungen an die Kenntnisse und die Zuverlässigkeit der Vermittler zu stärken (vgl. BT-Drs. 17/6051, 1, 30, 43 f.).
(c) Angesichts dieser unterschiedlichen Regelungszwecke und insbesondere auch Normadressaten gibt es keinen Grund, die in § 2 Abs. 1 Nr. 7 lit. c) VermAnlG bestimmte Ausnahme auf die Vermittler solcher besonderen Angebote auszudehnen.
Zur Begründung der Ausnahmeregelung hat der Gesetzgeber auf die Vorgängerreglung des § 8f Abs. 2 Nr. 3 Verkaufsprospektgesetz verwiesen (vgl. nochmals BT-Drucks. 17/6051, S. 32). Dort war die betreffende Ausnahme wie folgt begründet worden: Es gehe darum, dass der Markt durch die Prospektpflicht nicht überreguliert und in begründeten Einzelfällen der Zugang zum Markt durch die Prospektpflicht nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Die Nummer 3 lege Bagatellgrenzen fest, bei denen trotz der Öffentlichkeit des Angebots ein besonderes Schutzbedürfnis nicht gegeben erscheint bzw. aufgrund der Größe der Anlage unterstellt werden kann, dass die Erwerber selbst in der Lage sind, sich entsprechend zu informieren und eine qualifizierte Anlageentscheidung zu treffen (BT-Drucks. 15/3174, 42).
Im Streitfall geht es nicht um eine Überregulierung des Marktes durch Prospektpflichten, sondern nur darum, ob ein Anlagevermittler auch dann die sonst (mittlerweile) üblichen Anforderungen an seine Qualifikation und Zuverlässigkeit erfüllen muss, wenn er eine Anlage vertreibt, bei der der Gesetzgeber aufgrund des erforderlichen Investitionsvolumens davon ausgeht, dass ein Interessent selbstständig in der Lage sein wird, sich hinreichend zu informieren. Es geht also letztlich darum, wie zuverlässig die Auskunft eines solchen Vermittlers sein muss, wenn ihn der vom Gesetzgeber für seinerseits besonders qualifiziert gehaltene Anleger um konkrete Auskünfte zu der Anlage bittet oder seine Anlageentscheidung jedenfalls auf Auskünfte und Mitteilungen des Vermittlers stützt. Insofern ist ein geringerer Schutzbedarf nicht ersichtlich. Auch ein Anleger, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht von vornherein darauf angewiesen ist, dass ihm die Emittentin von sich aus die wesentlichen Grundlagen für die Anlageentscheidung ungefragt mitteilt, muss sich doch dann, wenn er selbst aktiv wird und sich diese Entscheidungsgrundlagen (jedenfalls auch) dadurch zu verschaffen versucht, dass er den Vermittler befragt, auf dessen Mitteilungen verlassen dürfen.
Eine gegenteilige Beurteilung der Rechtsfrage ließe sich auch nicht mit dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsatz vereinbaren, dass sich auch derjenige Anleger, der selbst eine hohe fachliche Qualifikation aufweist, auf die Auskünfte eines dennoch in Anspruch genommenen Beraters verlassen darf (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, juris Rn. 30). Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber diesen wesentlichen Rechtsgrundsatz hat einschränken wollen.
d) Bei § 14 FinVermV handelt es sich auch um ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.
aa) Ausreichend als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist ein materielles Gesetz. Die formell nur untergesetzliche Qualität der Finanzanlagenvermittlungsverordnung steht der Anerkennung als Schutzgesetz folglich nicht entgegen (vgl. bereits RG, Urteil vom 18. Februar 1932 - VIII 537/31, RGZ 135, 242, 245; OLG Hamm, Urteil vom 21. Juli 2008 - 6 U 60/08, juris Rn.15; vgl. auch etwa BeckOGK-BGB/Spindler, Stand 1. November 2022, § 823 Rn. 256).
bb) Das wesentliche Problem insbesondere auch bei wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Normen besteht eher darin, ob die Rechtsnorm den Schutz eines anderen bezwecken. Normen, die nur dem Schutz der Allgemeinheit dienen oder die innerstaatliche Ordnung regeln, wie etwa Kompetenz- und Zuständigkeitsnormen, sind keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Ein Schutzgesetz liegt aber dann vor, wenn die Norm den Schutz Einzelner oder Mitgliedern einer Gruppe über einen bloßen Reflex hinaus bezweckt, selbst wenn dieser Schutz nur neben dem Interesse der Allgemeinheit verwirklicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1987 - VI ZR 32/86, juris Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 255/11, juris Rn. 7, jeweils m.w.N.). Darüber hinaus spielt es eine Rolle, ob der Einzelne nach der jeweiligen Norm, selbst die Befugnis haben soll, die Verletzung einer Verhaltensnorm mit den Mitteln des Privatrechts zu ahnden, oder ob er dies nicht vielmehr einer Behörde überlassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 235/87, juris Rn. 10).
Mit Blick auf § 14 FinVermV ist die Rechtslage allerdings eindeutig. Schon die Verordnungsermächtigung des § 34g Abs. 1 GewO gibt als Regelungszweck vor: "zum Schutze der Allgemeinheit und der Anleger" (Hervorhebung durch den Senat). Überdies heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 34f GewO bereits zur Rechtfertigung des Sachkundenachweises und der Haftpflichtversicherungspflicht (BT-Drucks. 17/6051, S. 43): "Dies ist zum Schutz der Anleger vor unqualifizierter Beratung und unsachgemäßer Vermittlung von Finanzanlagen sinnvoll und - angesichts des hohen Schädigungspotenzials bei Falschberatung auf Grund von mangelhafter Qualifikation - auch erforderlich. Die nicht anlegergerechte Beratung und Vermittlung z. B. von nicht anlegeradäquaten Finanzanlagen auf Grund mangelhafter Qualifikation kann zu erheblichen finanziellen Schädigungen des Anlegers führen. [...] Der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung als neue Voraussetzung für die Erlaubniserteilung stellt sicher, dass Vermögensschäden, die dem Anleger durch fehlerhafte Beratung oder Vermittlung entstehen, abgedeckt sind. Die Einführung dieser neuen Voraussetzung für den Berufszugang ist gerechtfertigt. Eine fehlerhafte Anlageberatung und Vermittlung kann zu erheblichen finanziellen Schädigungen des Anlegers führen. Sofern der Vermittler nicht über eine freiwillige Berufshaftpflichtversicherung verfügt, kann der geschädigte Anleger aber nur den Vermittler selbst in Regress nehmen. Eine verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung erhöht den Anlegerschutz im Falle eines Beratungs- oder Vermittlungsfehlers, bewahrt zugleich aber auch den Vermittler vor einer persönlichen Inanspruchnahme."
Überdies heißt es in der Gesetzesbegründung (a.a.O.) ausdrücklich mit Blick auf unter anderem § 14 FinVermV: "Um ein hohes und einheitliches Anlegerschutzniveau zu gewährleisten, sollen darüber hinaus die Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten des sechsten Abschnitts des Wertpapierhandelsgesetzes, die bisher nur für Banken und Institute mit Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz gelten, auf gewerbliche Vermittler ausgeweitet werden. Dazu sieht § 34g Absatz 1 eine Ermächtigung zur Regelung von Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten sowie der Verpflichtung zur Offenlegung von Provisionen und Zuwendungen in einer zustimmungspflichtigen Rechtsverordnung [...] vor."
Das Regelungsziel des gesamten Normenkomplexes ist also ausdrücklich (mindestens auch) der individuelle Anlegerschutz.
e) Bei jeweils isolierter Betrachtung der beiden Schriftstücke verletzte die Beklagte die von ihr zu erfüllenden Vorgaben gemäß § 14 Abs. 1 FinVermV, indem sie das Interesse des Klägers durch die E-Mail vom 30. Oktober 2020 weckte und ihm noch im November 2020 das Schreiben vom 21. Februar 2020 übersandte.
aa) Der Senat teilt allerdings nicht bereits die Auffassung des Klägers, dass die als Anlage K 1 vorgelegte E-Mail vom 30. Oktober 2020 nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 FinVermV als Werbung erkennbar gewesen sei. Das Schreiben konnte ein in zumutbaren Grenzen aufmerksamer und durchschnittlich geschäftserfahrener Adressat ganz im Gegenteil nicht anders als als Werbemaßnahme verstehen. Das Schreiben enthielt kaum Tatsachenangaben, stattdessen aber etliche eher plakativ herausgestellte Anpreisungen und Handlungsaufforderungen an den Adressaten. Es endet mit dem Hinweis, dass die Beklagte den Prospekt ("Investitionsmemorandum") übersenden werde, falls der Adressat des Schreibens Interesse zeige. § 14 Abs. 1 Satz 3 FinVermV zwingt den Anlagevermittler keineswegs dazu, Werbemitteilung ausdrücklich als solche zu bezeichnen, etwa mit einem Warnhinweis des Inhalts "Vorsicht Werbung!".
bb) Der Senat meint allerdings, dass mindestens eine Angabe in der E-Mail vom 30. Oktober 2020 tatsächlich irreführend war, nämlich die Angabe, wonach die "aufgestellte Prognoserechnung [...] eine lineare Rendite von 16,4 % p.a. über einen Investitionszeitraum von fünf Jahren" erwarte. Diese Angabe war zwar mit Blick auf die im ursprünglichen Emissionsprospekt enthaltene Wirtschaftlichkeitsberechnung richtig. Die Beklagte hatte jedoch selbst das als Anlage K 17 vorgelegte Schreiben vom 12. November 2019 verfasst und darin über die von der Fondsgesellschaft selbst zwischenzeitlich vorgenommene Korrektur dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung berichtet. Danach war die Renditeerwartung im "Basisszenario" auf 11,4 % gesunken. Indem die Beklagte dennoch - fast ein Jahr später - in der E-Mail vom 30. Oktober 2020 immer noch nur über die ursprüngliche Renditeerwartung berichtete, verhielt sie sich - mindestens nach dem objektiven Anschein - unredlich und führte den Kläger - jedenfalls zunächst - in die Irre, weil sie Ertragserwartungen vorspiegelte, welche die Fondsgesellschaft selbst längst nicht mehr hegte.
cc) Nichts Anderes gilt für das als Anlage K 5 vorgelegte Schreiben vom 21. Februar 2020, in dem die Beklagte eine selbst erstellte (weitere) Abweichungsanalyse für den Fall eines besonders ungünstigen Verkaufs des Fondsschiffs entwickelte. Auch in diesem Schreiben bezog sich die Beklagte im Ausgangspunkt ihrer Berechnungen wiederum ausschließlich auf das ursprüngliche Basisszenario, das in dem Fondsprospekt abgedruckt war, obwohl sie längst wusste, dass die Fondsgesellschaft mittlerweile zurückhaltendere Einnahmeerwartungen hatte und deshalb von einem weniger positiven Basisszenario ausging. Zutreffend führt der Kläger aus, dass bei Zugrundelegung des korrigierten Basisszenarios (gemäß dem Schreiben vom 12. November 2019) die in dem Schreiben vom 21. Februar 2020 enthaltene wesentliche "Botschaft", dass auch im Falle des Verkaufs des Fondsschiffs zum Schrottwert ein Kapitalverlust der Anleger nicht zu befürchten sei, nicht richtig gewesen sei.
f) Die Beklagte hat die ihr vorzuwerfende Verletzung des § 14 FinVermV indes durch die Übersendung der (weiteren) Unterlagen am 4. November 2020 geheilt, noch bevor der Kläger seine Anlageentscheidung traf. Denn es ist mittlerweile unstreitig, dass sie dem Kläger zusammen mit dem Emissionsprospekt und den weiteren Unterlagen auch das als Anlage K 17 vorgelegte Schreiben vom 12. November 2019 übersandte, das eine hinreichende Aufklärung darüber enthielt, dass die im Emissionsprospekt abgedruckte ursprüngliche Wirtschaftlichkeitsberechnung überholt war. Damit entfiel die von der E-Mail vom 30. Oktober 2020 und dem Schreiben vom 21. Februar 2020 ausgehende irreführende Wirkung.
Die hier einschlägige Schutznorm des § 14 Abs. 1 FinVermV muss im Zusammenhang mit der Haftungsnorm des § 823 Abs. 2 BGB einschränkend dahin ausgelegt werden, dass ihre Verletzung erst dann haftungsbegründend wirkt, wenn die Uneindeutigkeit der vom Anlagevermittler erteilten Information bzw. die von seinen Äußerungen ausgehende irreführende Wirkung auch bei einer Gesamtbetrachtung aller vom Vermittler gemachten Angaben im Zeitpunkt der Anlageentscheidung des Anlegers noch anhält. Das heißt mit anderen Worten, dass ein einmaliges einschlägiges Fehlverhalten des Anlagevermittlers zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Vermittlungsvorgangs zur Tatbestandverwirklichung dann nicht genügt, wenn der Vermittler rechtzeitig, bevor der Anleger seine Entscheidung trifft, die tatbestandliche Uneindeutigkeit bzw. Irreführung beseitigt.
aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass ein aus § 399 Abs. 1 Nr. 4, § 183a Abs. 2 Satz 1, § 184 Abs. 1 Satz 3 AktG hergeleiteter deliktischer Schadensersatzanspruch voraussetzt, dass der Geschädigte durch ein Verhalten im Vertrauen auf die Richtigkeit von bereits zum Handelsregister gemachten Angaben einen Schaden erleidet. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Haftung wegen einer Schutzgesetzverletzung zumindest die Kausalität der Schutzgesetzverletzung für den geltend gemachten Schaden voraussetze. Diese wiederum setze im Falle unrichtiger Angaben des deliktisch Handelnden voraus, dass der Geschädigte gerade auf die Richtigkeit der falschen Angaben vertraut und deshalb eine Anlageentscheidung oder sonstige Vermögensdisposition getroffen und dadurch einen Schaden erlitten habe (BGH, Urteil vom 26. September 2005 - II ZR 380/01, juris Rn. 16).
bb) Eine andere - häufiger in Rede stehende - Schutzgesetzverletzung, die zu einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB führen kann, ist die Verwirklichung des Betrugstatbestandes gemäß § 263 StGB (vgl. zum Beispiel BGH, Versäumnisurteil vom 15. November 2011 - VI ZR 4/11, juris Rn. 9). Jenes Schutzgesetz wird mit dem hier in Rede stehenden § 14 FinVermV durch das objektive Tatbestandsmerkmal einer (mehr oder minder stark ausgeprägten) Täuschungshandlung und deren Eignung zur Erregung eines Irrtums beim Geschädigten verbunden. Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB kommt nur in Betracht, wenn der Täter durch die von ihm verübte Täuschungshandlung beim Geschädigten einen Irrtum erregt oder unterhält hat und der Geschädigte gerade aufgrund dieses Irrtums eine Vermögensverfügung trifft. Ein Täter, der den von ihm zunächst hervorgerufenen Irrtum noch vor der Vornahme der Vermögensverfügung beseitigt, wird (auch im Hinblick auf einen etwaigen Versuch jedenfalls wegen strafbefreienden Rücktritts, vgl. § 24 StGB) weder bestraft noch nach § 823 Abs. 2 BGB haftungsrechtlich zur Verantwortung gezogen, weil es an dem rechtlich erforderlichen durchgängigen Ursachenzusammenhang zwischen den objektiven Tatbestandsmerkmalen fehlte.
cc) Das hier verletzte Schutzgesetz des § 14 FinVermV verfolgt - wie bereits im Vorstehenden erläutert - eine primär ordnungsrechtlich, mithin präventive Zielsetzung. Zu dessen Erreichung ist es erforderlich, nach Möglichkeit jegliches zweideutige oder gar irreführende Verhalten eines Anlagevermittlers zu unterbinden. Das zwingt indes nicht dazu, aus jeglicher nach dieser Maßgabe verbotenen Verhaltensweise des Vermittlers ohne Weiteres auch einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch abzuleiten, ohne dem Vermittler die Möglichkeit einzuräumen, eine irrführende oder zweideutige Aussage noch rechtzeitig vor der Anlageentscheidung klarzustellen. Das mit der Verordnungsermächtigung verfolgte Ziel, "ein hohes und einheitliches Anlegerschutzniveau" durch die Übertragung von Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten, wie sie zuvor im sechsten Abschnitt des Wertpapierhandelsgesetzes nur für Banken und Institute mit Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz galten, auf gewerbliche Vermittler zu erreichen, wird vielmehr gerade und insbesondere dann verwirklicht, wenn bei der Prüfung, ob ein zum Schadensersatz verpflichtender Verstoß gegen § 14 FinVermV vorliegt, nicht auf einzelne Äußerungen des Vermittlers abgestellt wird, sondern auf das Gesamtbild der von ihm bis zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung des Anlegers erteilten Auskünfte und Informationen. Nur wenn sich aus diesem Gesamtbild eine zweideutige oder irreführende Darstellung ergibt, besteht Anlass, den Vermittler gemäß § 823 Abs. 2 BGB zur Haftung für dadurch verursachte Anlageentscheidungen zu verpflichten.
dd) Zu dieser Auslegung zwingt vor allem die Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Es entstünde ein unauflöslicher Wertungswiderspruch zu den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung langjährig geprägten Grundsätzen der zivilrechtlichen Haftung der Anlagevermittler, wenn ein Anlagevermittler zum Beispiel eine einmalige übertriebene werbliche Anpreisung, die für sich genommen schon gegen die Vorgaben des § 14 Abs. 1 FinVermV verstößt, nicht im Laufe des weiteren Beratungsgeschehens berichtigen könnte, indem er den Interessenten über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände nunmehr zutreffend und mit der gebotenen Seriosität aufklärt. Es entspricht der - gleichfalls bereits im Vorstehenden zitierten - höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Anleger eine derartige Aufklärung, soweit sie rechtzeitig vor der Anlageentscheidung erteilt werden, grundsätzlich noch zur Kenntnis zu nehmen hat und sich gerade nicht einfach auf etwaige zuvor gemachte werbende Anpreisungen verlassen darf. Das gilt insbesondere auch für schriftliche Informationen über die Eigenschaften und Risiken der zu vermittelnden Kapitalanlage. Diese Verpflichtung würde im praktischen Ergebnis bedeutungslos, wenn ein Anleger allein aus einer einmaligen übertriebenen werblichen Anpreisung ohne Rücksicht auf die weiteren Äußerungen des Vermittlers und die Frage, ob sich diese Anpreisung überhaupt auf die zu treffende Anlageentscheidung auswirken kann, sogleich Schadensersatzansprüche ableiten könnte.
Für den Senat ergibt sich aus den bereits zitierten Materialien der Gesetzgebungsgeschichte nicht, dass der Gesetzgeber der §§ 34f und 34g GewO und, ihm folgend, der Verordnungsgeber des § 14 Abs. 1 FinVermV, einen solch weitreichenden Eingriff in die zivilrechtliche Haftungsordnung beabsichtigte. Der Umstand, dass die in § 14 Abs. 1 FinVermV bestimmten Verhaltenspflichten noch nicht einmal mit einer Sanktionsbewehrung ausgestattet worden sind (vgl. nochmals § 26 FinVermV), spricht vielmehr dafür, dass § 14 Abs. 1 FinVermV eher auffordernden und - vor allem mit Blick auf werbliche Aussagen, die in den Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich mit einbezogen worden sind - auch klarstellenden Charakter hat, nicht aber im Bereich der Anlagevermittlerhaftung neben dem bestehenden Haftungssystem vollständig neue Haftungstatbestände herbeiführen sollte, die wenigstens teilweise sogar im Widerspruch zu der bisherigen Haftungsordnung stünden.
6. Die Berufung müsste auch ohne Rücksicht auf die im Vorstehenden erörterten Fragestellungen jedenfalls ohne Erfolg bleiben, soweit der Kläger den Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiterverfolgt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RVG zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist, ist eine Frage des Innenverhältnisses, nämlich der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen (vgl. zum Ganzen unter anderem BGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - VI ZR 353/20, juris Rn. 4 ff. m.w.N.).
b) Im Streitfall fehlt es (auch in der Berufungsbegründung) an der Darlegung des Klägers, seinen Prozessbevollmächtigten zunächst nur mit der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung beauftragt zu haben. Eines gerichtlichen Hinweises hat es insofern gemäß § 139 Abs. 2 ZPO nicht bedurft, weil nur eine Nebenforderung betroffen ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Grund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegt.