Oberlandesgericht Celle
v. 16.05.2023, Az.: 2 U 37/23

Vorläufige Vollstreckbarkeit; Pachtverhältnisse; Vollstreckbarkeit bei Pachtverhältnissen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.05.2023
Aktenzeichen
2 U 37/23
Entscheidungsform
Teilurteil
Referenz
WKRS 2023, 20850
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0516.2U37.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 13.03.2023 - AZ: 17 O 236/20

Fundstelle

  • MDR 2023, 1275-1276

Amtlicher Leitsatz

§ 708 Nr. 7 ZPO ist im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auch auf Pachtverhältnisse anzuwenden.

In dem Rechtsstreit
H. ... mbH, vertreten durch die Geschäftsführer ..., ...
Klägerin, Widerbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte R., ...,
gegen
1. E. GmbH und M. Grundstücksbeteiligungsgesellschaft mbH in GbR,
vertreten durch die Gesellschafter, ...,
Beklagte, Widerklägerin und Berufungsbeklagte,
2. E. GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer H.-Ch. E. und Dr. H.-J. E., ...,
3. M. Grundstücksbeteiligungsgesellschaft mbH,
vertreten durch die Gesellschafter H.-Ch. E. und Dr. H.-J. E.,
...
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigter zu 1, 2 und 3:
Rechtsanwalt Dr. H. S., ...
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... im schriftlichen Verfahren gemäß § 718 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO am 16. Mai 2023 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf den Antrag der Beklagten zu 1 im Schriftsatz vom 4. April 2023 wird das am 13. März 2023 Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Soweit es den ausgeurteilten Räumungsanspruch (Ziffer 3 des Tenors) betrifft, ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung seitens der Beklagten zu 1 durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.570.800,- € abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

Soweit es die Verurteilung zur Herausgabe des Inventars an die Dr. E. GmbH & Co. Anlage KG betrifft (Ziffer 4 des Tenors), ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,- € vorläufig vollstreckbar.

Im Übrigen ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der weitergehende Antrag der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht kann gemäß § 718 Satz 1 ZPO auf Antrag eine Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit treffen, wobei die Entscheidung gemäß § 718 Abs. 1 Satz 2 ohne mündliche Verhandlung ergehen kann und durch Teilurteil erfolgt (siehe Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Auflage, § 718 Rn. 2). Eine Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist dabei nicht erforderlich (Zöller/Herget, ZPO, 34. Auflage, § 718 Rn. 3).

§ 718 Abs. 1 ZPO ist anwendbar, wenn das Urteil in der Hauptsache angegriffen wird und die Vollstreckbarkeitsentscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der §§ 708, 709 und 711 Satz 1 ZPO beruht (siehe Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Auflage, § 718 Rn. 1a). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt.

II.

Die Entscheidung des Einzelrichters zur Vollstreckbarkeit ist teilweise unzutreffend.

Der Einzelrichter hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, sich in seinem Urteil mit der Frage nach der Anwendbarkeit von § 708 Nr. 7 ZPO auseinanderzusetzen.

Mit dem angefochtenen Urteil ist die Klägerin auf die Widerklage

- zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.170.566 € zuzüglich Zinsen (Tenor zu Ziffer 2.),

- zur Räumung und Herausgabe des in der Liegenschaft W. Straße 21 in H. betriebenen Hotels (Tenor zu Ziffer 3.) und

- zur Herausgabe von Inventar an die im Rechtsstreit nicht Beteiligte Dr. E. GmbH und Co. Anlagen KG (Tenor zu Ziffer 4.)

verurteilt worden.

Der Einzelrichter hat unreflektiert in Bezug auf alle drei Verurteilungen ausschließlich § 709 ZPO angewendet, obwohl sich schon beim Erlass des Urteils die Frage aufdrängte, ob nicht § 708 Nr. 7 ZPO in Bezug auf die Verurteilung zur Räumung eingreift. Der Einzelrichter hat hier eine verfahrensrechtlich gebotene Prüfung unterlassen und dadurch den Anspruch der Beklagten zu 1 auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf § 708 Nr. 7 ZPO auf vorläufig vollstreckbare Urteile in Pachtsachen nicht anzuwenden sei (Teilurteil vom 25. Juni 2008, Az.: 24 U 74/08, zitiert nach juris Rn. 12ff.; ebenso die Kommentarliteratur wie z.B. Lackmann, in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 708 Rn. 7; Schmidt, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Auflage, § 708 Rn. 10). Die gegen eine Anwendung von § 708 Nr. 7 ZPO vorgetragenen Argumente des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die im Wesentlichen darin liegen, dass

- § 708 Nr. 7 ZPO eine eng auszulegende Ausnahmebestimmung darstelle,

- es an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle und

- Pachtsachen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht unter die (außer Kraft getretene) Regelung in § 200 Abs. 2 Nr. 4 GVG (= § 227 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO) gefallen seien,

überzeugen den Senat allerdings nicht.

Vielmehr ist § 708 Nr. 7 ZPO jedenfalls im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auch auf Pachtverhältnisse anzuwenden. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Gemäß § 601 des Entwurfes für eine Zivilprozessordnung waren alle Urteile der Amtsgerichte für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 601 Nr. 1 des Entwurfes). In der Begründung wurde hervorgehoben, dass die in § 601 geregelten Ausnahmefälle solche seien, in welche aufgrund des stattgehabten Verfahrens oder wegen des Gegenstandes des Rechtsstreits die Vollstreckbarkeit kraft Gesetzes regelmäßig ausgesprochen werden solle. Der wichtigste Fall sei der der Urteile der Amtsgerichte, weil die vor den Amtsgerichten verhandelten Rechtsstreitigkeiten in ihrer Mehrheit einfach genug seien, um eine richtige Entscheidung schon in 1. Instanz erwarten zu lassen (siehe Hahn, Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung (1880), Seite 427). Zudem wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diejenigen Rechtsstreitigkeiten, für welche der Entwurf des Gerichtsverfassungsgesetzes die Amtsgerichte für zuständig erklärt habe, denselben überwiegend deswegen zugewiesen worden seien, weil sie einer schleunigen Erledigung bedürften (Hahn, aaO, Seite 427).

Während der Beratungen zu diesem Entwurf stellte der Abgeordnete Dr. Wolffsohn sodann in den Antrag, § 601 Nr. 1 wie folgt zu fassen:

  1. 1.

    Urteile, durch welche ein Mieter zur Räumung des vermieteten Lokals verurteilt wird.

    1. 1a.

      Urteile in Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirthen, Fuhrleuten, Schiffern oder Flößern über Wirthszechen, Fuhrlohn, Verzögererungen der Fortschaffung der Habe der Reisenden, sowie Streitigkeiten der Reisenden mit Handwerkern welche aus Anlaß der Reise entstanden sind.

Der Abgeordnete P. stellte den Antrag, § 601 Nr. 1 zu streichen und einen neuen § 601a mit folgendem Inhalt aufzunehmen:

Auch ohne Antrag sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären Urteile der Amtsgerichte, welche betreffen:

  1. a)

    Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungs- und anderen Räumen in Betreff des Miethverhältnisses, solange dasselbe noch besteht und wegen Räumung der Miethsgegenstände

  2. b)

    Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- und Arbeitsverhältnisses ...

  3. c)

    Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirthen ...

In den sich anschließenden Beratungen wurde dann u.a. darauf hingewiesen, dass der Entwurf zu weit gehe, wenn er alle amtsgerichtlichen Urteile für vorläufig vollstreckbar erkläre. (Nur) gewisse Sachen müssten rasch erledigt werden und könnten, wenn die Exekution erst später erfolge, überhaupt nicht mehr in der Weise erledigt werden, wie sie erledigt werden sollten, so insbesondere Streitigkeiten aus Mieten und Dienstverhältnissen (Beitrag des Abgeordneten Herz, in: Hahn, Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung (1880), Seite 798). Der Abgeordnete R. merkte an, dass er die Nützlichkeit und Notwendigkeit der vorläufigen Vollstreckbarkeit amtsgerichtlicher Urteile in beschränkter Weise anerkenne. In allen nicht dringlichen Sachen müsse das Rechtsmittel Suspensiveffekt haben (Hahn, aaO, Seite 799).

Der Antrag des Abgeordneten P. wurde sodann mit großer Mehrheit angenommen.

Auch wenn nachfolgend in § 649 (später 709 Nr. 1 ZPO) zunächst nur geregelt wurde, dass Urteile, die Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, sowie Zurückhaltung der von dem Mieter oder Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären waren, belegt die geänderte Fassung der ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit bei Räumungsklagen in Mietsachen ohne Antrag), dass der Gesetzgeber damit dem Beschleunigungsbedürfnis Rechnung tragen wollte, welches - wie der Abgeordnete H. deutlich gemacht hat - "insbesondere" bei Räumungsklagen zum Tragen kommt.

2. § 708 Nr. 7 ZPO muss zudem auch im Kontext mit § 227 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO betrachtet werden (vgl. Wiese, Terminänderung und vorläufige Vollstreckbarkeit in Mietstreitigkeiten, NZM 2018, 962, 963). Die Möglichkeit in §§ 227 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Terminsverlegung im Zeitraum zwischen dem 1. Juli bis 31. August gilt nicht für Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum aufgrund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Eine entsprechende Regelung sah bereits § 200 Abs. 2 des GVG in der Fassung vom 27. Januar 1877 vor (siehe auch Stadler, in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 227 Rn. 10; vergleiche Wiese, aaO;). Auch diese Vorschrift bezweckte eine rasche Erledigung von Mietstreitigkeiten.

Der Entwurf eines Gerichtsverfassungsgesetzes sah in § 164 vor, dass die Gerichtsferien am 15. Juli beginnen und am 31. August endeten. Während dieser Ferien sollten nur in Feriensachen Termine abgehalten werden, wozu auch "Streitigkeiten wegen der Übergabe oder Räumung eines Miethsgelasses" zählten (§ 165 Nr. 4 des Entwurfes).

In der Begründung dieses Entwurfes wurde darauf hingewiesen, dass Feriensachen diejenigen Rechtssachen seien, deren schleuniger Betrieb durch ihre Natur bedingt werde (Hahn, Die gesammten Materialien zu dem Gerichtsverfassungsgesetz (1879), Seite 182). Die in § 165 im einzelnen genannten Sachen waren also ohne richterliche Entscheidung als Feriensachen mit der Folge anzusehen, dass die Bestimmungen über die Hemmung von Fristen während der Gerichtsferien (§ 194 des Entwurfes für eine ZPO) auf diese Sachen nicht anwendbar waren (siehe auch die Anmerkungen des Abgeordneten Dr. W. zu dem Entwurf in den Protokollen der Kommission, in: Hahn, Die gesammten Materialien zu dem Gerichtsverfassungsgesetz (1879), Seite 369).

Nach ganz herrschender Meinung findet die Vorschrift des § 227 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO trotz ihres (eindeutigen) Wortlautes außer auf mietrechtliche Streitigkeiten auch auf andere Rechtsverhältnisse wie zum Beispiel Pacht Anwendung (siehe nur Hk-ZPO/Wöstmann, 9. Aufl., § 227 Rn. 17; Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Auflage, § 227 Rn. 13; Stadler, in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 227 Rn. 10).

Schon deshalb begegnet es Zweifeln, bestimmte Vorschriften, deren Wortlaut annähernd gleich ist und die denselben gesetzgeberischen Zweck (Beschleunigung) verfolgen, unterschiedlich auszulegen. Gerade weil dem Gesetzgeber die beschleunigte Durchführung und der Abschluss eines (Räumungs-)Rechtsstreits bei Dauerschuldverhältnissen mit Rücksicht auf die offen zutage tretende Interessenlage ein Anliegen war, leuchtet schon im Ausgangspunkt nicht ein, warum bei Durchführung des Erkenntnisverfahrens Räumungsrechtsstreitigkeiten bei Miet- und Pachtverhältnissen ausnahmslos gleich zu behandeln sind und sodann auf der für den Gläubiger nicht minder wichtigen Vollstreckungsebene, das Beschleunigungsgebot bei Pachtverhältnissen nicht mehr gelten soll.

3. Dem Senat ist dabei bewusst, dass es besonderer Sachargumente bedarf und nicht unreflektiert eine richterliche Normsetzungsbefugnis in Anspruch genommen werden darf (vgl. dazu Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie und Juristische Methodenlehre, 12. Auflage, Rn. 873ff.). Solche Sachargumente hält der der Senat hier aber für gegeben.

a) Schon die (uneingeschränkte) Verneinung einer Analogiemöglichkeit durch das Oberlandesgericht Düsseldorf begegnet Bedenken.

Zunächst einmal gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, wonach Ausnahmevorschriften eng auszulegen und daher einer analogen Anwendung nicht zugänglich seien (siehe dazu im Einzelnen Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage, S. 175f.).

Auch das Fehlen der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Die Frage, ob eine (ausfüllungsbedürftige) Gesetzeslücke vorliegt, ist vom Standpunkt des Gesetzes selbst, der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht, der mit ihr verfolgten Zwecke, des gesetzgeberischen "Plans" zu beurteilen (siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., Seite 194; Rüthers/Birk/Fischer, Rechtstheorie, 12. Auflage, Rn. 870: Auszugehen ist bei primären Gesetzeslücken vom ursprünglichen Regelungswillen der Gesetzgebung). Der einem Gesetz zugrundeliegende Regelungsplan ist insoweit im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen (Larenz/Canaris, aaO).

Gemessen an der vorstehend dargelegten Regelungsabsicht des Gesetzgebers ist die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke zu bejahen. Das gesetzgeberische Anliegen bestand im Kern in dem Beschleunigungsgebot und es wurden hier - offenbar wegen der praktischen Relevanz - lediglich die Räumungsklagen bei Mietverhältnissen erwähnt. Den Motiven lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber ganz bewusst Pachtverhältnisse, die ebenfalls ein Dauerschuldverhältnis, auf das zudem materiell-rechtliches Mietrecht Anwendung findet (siehe nur § 581 Abs. 2 BGB), von diesem Beschleunigungsgebot ausnehmen wollte. Hierfür ist kein Grund ersichtlich.

b) Selbst wenn die Möglichkeit einer analogen Anwendung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf verneint würde, ist die Vorschrift des § 708 Nr. 7 ZPO auf der Grundlage eines argumentum a fortiori als Unter- oder Spezialfall des Analogieschlusses (siehe dazu Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 12. Auflage, Rn. 897ff.) auf Pachtverhältnisse anzuwenden.

Das argumentum a fortiori rechtfertigt eine (analoge) Anwendung (siehe Rüthers/Fischer/Birk, aaO Rn. 898), wenn die Normzwecke einer Vorschrift bei einem nicht geregelten Lebenssachverhalt noch stärker gegeben sind als bei dem geregelten Normtatbestand. Das argumentum a fortiori begegnet dabei in zwei Erscheinungsformen, nämlich dem argumentum a minore ad maius und dem argumentum a mairore ad minus (Rüthers/Fischer/Birk, aaO).

Das argumentum a maiore ad minus besagt, dass die nach einer gesetzlichen Bestimmung für einen bestimmten Tatbestand geltende Rechtsfolge "erst recht" für einen ihm ähnlichen Tatbestand gelten muss, wenn die ratio legis der gesetzlichen Regel auf den anderen Tatbestand sogar in einem noch höheren Maße zutrifft (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., Seite 208). Dieses Argument erhält seine Rechtfertigung durch das Gebot der Gerechtigkeit, wonach wertungsmäßig gleich liegende Tatbestände auch gleich zu behandeln sind, sofern nicht ihre ungleiche Behandlung aus guten Gründen vom Gesetz angeordnet oder aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist (siehe Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., Seite 209).

Dies zugrunde gelegt ist mit Rücksicht auf das Gebot der Gleichbehandlung die Anwendung von § 708 Nr. 7 ZPO auf Pachtverhältnisse geboten.

Weder dem Gesetz noch den Motiven zur ZPO lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber bewusst Pachtverträge ausgeklammert hatte und es ist auch kein sachlicher Grund erkennbar, warum für Pachtverhältnisse als Dauerschuldverhältnisse, auf die Mietrecht zur Anwendung kommt (§ 581 Abs. 2 BGB), etwas anderes gelten sollte als für Mietverhältnisse. Zwischen einem Gewerberaummietverhältnis, auf das zweifelsfrei § 708 Nr. 7 ZPO Anwendung findet und einem (gedachten) Pachtverhältnis über dieselben Räume würden keine signifikanten Unterschiede bestehen, soweit es das Gebot der Beschleunigung und die Vollstreckung betrifft. Allein der Umstand, dass das Pachtverhältnis besondere materiell-rechtliche Vorschriften enthält und ein anderes Rechten- bzw. Pflichtprogramm vorsieht, rechtfertigt nicht die Annahme, dass in dem entscheidenden Punkt (beschleunigte Vollstreckung) eine unterschiedliche Behandlung vorzunehmen wäre. Das Bedürfnis an einer schnellen rechtlichen Klärung besteht auch bei Pachtverhältnissen in gleichem Maße und deren wirtschaftliche Bedeutung ist vergleichbar.

c) Dass das Gebot der Gerechtigkeit vielmehr eine wertungsmäßig gleich liegende Behandlung fordert, ergibt sich unter Rückgriff auf § 272 Abs. 4 ZPO,

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz - MietRÄndG) vom 11. März 2013 § 272 neu gefasst und in § 272 Abs. 4 ZPO ausdrücklich geregelt, dass Räumungssachen vorrangig und beschleunigt durchzuführen seien. Ausweislich der gesetzgeberischen Motive hat der Gesetzgeber den Begriff der Räumungssachen dabei unter Anknüpfung an § 765 a Abs. 3 ZPO gewählt, sodass das Beschleunigungsgebot eben nicht nur auf die Räumung von Wohnraum beschränkt ist (siehe BT-Drucksache 17/11894, Seite 24).

Der Begründung lässt sich ferner entnehmen, dass § 272 Abs. 4 auch Räumungsrechtsstreitigkeiten zwischen Verpächter und Pächter erfassen sollte. So heißt es in der Begründung (aaO) nämlich wie folgt:

"Das allgemeine zivilprozessuale Beschleunigungsgebot wird der gesteigerten Schutzbedürftigkeit der Vermieter in Räumungssachen nicht ausreichend gerecht: Denn der Vermieter oder Verpächter kann auch bei wirksamer Kündigung des Vertrags seine Leistung - nämlich die Besitzüberlassung - nicht eigenmächtig zurückhalten. Deshalb ist eine besonders schnelle Durchführung des Verfahrens erforderlich, um nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Klageforderung monatlich um das auf laufende Nutzungsentgelt erhöht, falls der Mieter oder Pächter nicht zahlt."

[Hervorhebung durch den Senat]

Der Gesetzgeber hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Beschleunigungsgebot gleichermaßen bei Räumungsklagen in Mietsachen und Pachtsachen zur Anwendung kommt.

Dem Beschleunigungsgebot ist daher auch auf der Vollstreckungsebene durch Anwendung der Vorschrift des § 708 Nr. 7 ZPO auf Pachtverhältnisse Rechnung zu tragen. Denn die Regelung in § 708 Nr. 7 ZPO steht - wie schon die Regelungen zur ZPO zeigen - in einem engen Kontext zu dem Beschleunigungsgebot im Rahmen des Erkenntnisverfahrens, der nicht negiert werden darf. Die Argumentation des Oberlandesgerichts Düsseldorf beruhte insoweit auf einer überholten Gesetzeslage.

Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob nicht auch eine Auslegung im Wege einer teleologischen Extension eine Anwendung des § 708 Nr. 7 ZPO auf Pachtverhältnisse gebietet. Eine sog. teleologische Extension kann nämlich in Einzelfällen zur Anwendung kommen, wenn ein Normtatbestand so eng formuliert ist, dass Lebenssachverhalte nicht darunter subsumiert werden können, die nach dem Normzweck erfasst werden müssten (Rüthers/Fischer/Birk, aaO Rn. 904).

4. Soweit es die von der Klägerin als Pächterin zu leistende Sicherheit betrifft, hat der Senat im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens den einjährigen Bruttomietzins zugrunde gelegt.

5. Der weitergehende Antrag der Beklagten zu 1 betreffend die Vollstreckbarkeit des Ausspruches zu Ziffer 3 (Herausgabe des Inventars) war zurückzuweisen.

Soweit es den Anspruch auf Herausgabe des Inventars betrifft, ist § 708 Nr. 7 ZPO mangels Vorliegens eines Miet- oder Pachtvertrages über Räume zwischen der Klägerin und der Dr. E. GmbH & Co. Anlagen KG nicht anwendbar.