Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 11.05.2023, Az.: 21 WF 43/23

Unterhaltsvorschussleistungen; Unterhaltsregress; schuldnerschützende Wirkung; gesteigerte Erwerbsobliegenheit fiktive Einkünfte; fiktive Nebentätigkeit

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
11.05.2023
Aktenzeichen
21 WF 43/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 18798
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0511.21WF43.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Cuxhaven - 30.12.2022 - AZ: 11 F 1055/22

Fundstellen

  • FamRB 2023, 311
  • FamRZ 2023, 1289
  • NJW-Spezial 2023, 741 "fiktive Zurechnung des Mindestentgelts"
  • NZFam 2023, 659

Amtlicher Leitsatz

  1. I.

    Ein gemäß § 7 Abs. 1 UVG übergegangenen Unterhaltsanspruch kann im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht und verfolgt werden. Die Regelung des § 7a UVG steht dem nicht entgegen, weil sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass übergegangene Ansprüche nicht im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgt werden sollen (a.A. OLG Düsseldorf FamRZ 2023,197; OLG Hamm NZFam 2023, 469).

  2. II.

    Dem unterhaltspflichtigen Elternteil, der seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht hinreichend nachkommt, können Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit sowie aus einer zumutbaren Nebentätigkeit effektiv zugerechnet werden. Hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes kann nicht nur auf den gesetzlichen Mindestlohn abgestellt werden. Vielmehr können insoweit auch die tarifvertraglichen Mindestentgelte für ungelernte Arbeitskräfte herangezogen werden. Nach § 2 der Fünften Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche beträgt das Mindestentgelt ab Mai 2023 13,90 €/Std.

In der Familiensache
##,
Antragsgegner und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
##
gegen
Land Niedersachsen
##
Antragsteller,
hat der 21. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwonberg, die Richterin am Oberlandesgericht Veenhuis und den Richter am Amtsgericht Dr. Ahnefeld am 11. Mai 2023 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners werden die Ziff. 1 bis 4 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Cuxhaven vom 30. Dezember 2022 in der Fassung der Ziff. 1 bis 4 der Teilabhilfeentscheidung vom 28. Februar 2023 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsgegner wird unter Beiordnung von ## für das erstinstanzliche Verfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner ist der Vater der am ## 2018 und am ## 2021 geborenen Kinder A. und A., die bei ihrer Mutter leben. Er ist auch Vater der Kinder H., geboren am ## 2007, und A., geboren am ## 2010, die ebenfalls beide bei ihrer Mutter wohnen.

Der Antragsteller gewährt der Mutter der Kinder A. und A. seit dem 1. Februar 2020 bzw. seit dem 1. Mai 2021 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG). Dies zeigte der Antragsteller dem Antragsgegner mit Schreiben vom 30. Juni 2021 an. Im Jahr 2021 zahlte der Antragsteller für jedes Kind monatlich 174 € an die Mutter der Kinder, im Jahr 2021 betrugen die monatlichen Zahlungen 177 € und im Jahr 2023 187 € pro Kind. Der Antragsteller gewährte auch der Mutter der beiden weiteren Kinder H. und A. Leistungen nach dem UVG, deren teilweise Rückzahlung in einem gesonderten Verfahren (Az.: 21 WF 44/23) geltend gemacht wird.

Der Antragsgegner, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, stand im Jahr 2021 und in der Zeit bis März 2022 im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. In der Zeit vom 1. April 2022 bis zum 31. Juli 2022 war er als Hausmeister bei der Fa. ## mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden beschäftigt. Er erhielt eine monatliche Bruttovergütung von 1.560 €, was einem Bruttostundenlohn von rund 12 € entspricht (1.560 € / (52 Wochen / 12 Monate) / 30 Stunden). Seit dem 1. August 2022 erhält er wieder Leistungen nach dem SGB II.

Der Antragsteller beantragt nunmehr im Schriftsatz vom 11. Januar 2023, nachdem die ursprünglich im laufenden Unterhalt enthaltenen Unterhaltsbeträge für die Zeit ab Januar 2023 aufgrund des erhöhten Selbstbehalts herabgesetzt wurden, den Antragsgegner zu verpflichten, an den Antragsteller, rückständigen Unterhalt für die Kinder A. und A. für den Zeitraum 1. August 2021 bis 31. Januar 2023 in Höhe von 1.507 € und 1.439 € sowie laufenden Unterhalt für das Kind A. ab dem 1. Februar 2023 in Höhe von monatlich 54 €, ab dem 1. Juni 2025 in Höhe von monatlich 88 € und ab dem 1. Februar 2028 in Höhe von monatlich 134 € sowie laufenden Unterhalt für das Kind A. ab dem 1. Februar 2023 in Höhe von monatlich 54 €, ab dem 1. Juni 2025 in Höhe von monatlich 73 €, ab dem 1. Februar 2028 in Höhe von monatlich 134 € und ab dem 1. Oktober 2036 in Höhe von monatlich 268 € zu zahlen. Zudem beantragt der Antragsteller Verzugszinsen auf die rückständigen und betreffend die laufenden Unterhaltsbeträge.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Cuxhaven vom 30. Dezember 2022 und mit Teilabhilfebeschluss vom 28. Februar 2023 wurde dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zur teilweisen Rechtsverteidigung bewilligt. Wegen des genauen Umfangs der Bewilligung wird auf den Teilabhilfebeschluss Bezug genommen.

Gegen die lediglich teilweise Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 2. Februar 2023, mit der er Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverteidigung insgesamt begehrt. Er begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass sich sein finanzieller Rahmen geändert habe, weil er seit dem 1. August 2022 aus gesundheitlichen Gründen arbeitslos gemeldet sei.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Dem Antragsgegner ist nach den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 ff. ZPO Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, soweit seine Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dabei hat die Prüfung der Rechtslage auch bei rechtlich schwierigen Fragen im Verfahrenskostenhilfeverfahren zu erfolgen, wenn diese aufgrund einer feststehenden Rechtsprechung eindeutig zu beantworten ist. Ebenso ist das zur Entscheidung über einen Verfahrenskostenhilfeantrag berufene Gericht nicht gehindert, einen Rechtsstandpunkt in einer höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage einzunehmen, wenn sich diese durch Auslegung des Gesetzes ohne Schwierigkeiten eindeutig beantworten lässt. Anders ist dies aber bei zugleich schwierigen und bisher ungeklärten Rechtsfragen. Art. 3 Abs. 1 GG und das Rechtsstaatsprinzip gebieten es, dem Rechtssuchenden dann den Zugang zum Hauptsacheverfahren zu eröffnen, in dem eine vertiefte Erörterung der Rechtsfragen stattfinden kann ( Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 114 Rn. 25 m.w.N.; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 43. Aufl., § 114 Rn. 3; BVerfG NJW 1991, 413 [BVerfG 13.03.1990 - 2 BvR 94/88]).

Die Auslegung des § 7a UVG ist in den Auswirkungen auf das Erkenntnisverfahren bislang nicht höchstrichterlich geklärt, vielmehr ist die Frage in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Beim Bundesgerichtshof sind derzeit zwei Rechtsbeschwerdeverfahren anhängig (XII ZB 77/23 [zu OLG Hamm vom 2. Februar 2023 - 11 UF 46/22] sowie XII ZB 190/22 [zu OLG Düsseldorf vom 7. April 2022 - 3 UF 142/21, FamRZ 2023,197]). Bereits aus diesem Grund ist dem Antragsgegner vollumfänglich Verfahrenskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung zu bewilligen.

§ 7a UVG regelt, dass ein nach § 7 UVG übergegangener Unterhaltsanspruch nicht verfolgt wird, solange der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebt, Leistungen nach dem SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügt. Insbesondere bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, ob das Land bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7a UVG Ansprüche, die nach § 7 UVG kraft Gesetzes auf den Leistungsträger übergegangen sind, im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens gerichtlich geltend machen kann. Der Senat vertritt hierzu (bezogen auf den vorliegenden Fall) folgende Auffassung:

1.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7a UVG sind beim Antragsgegner derzeit erfüllt. Zwar hat er zu Beginn des Verfahrens noch eigenes Einkommen aus seiner Tätigkeit bei der Firma ## ab April 2022 erzielt. Seit August 2022 bezieht er jedoch Leistungen nach dem SGB II und verfügt über kein Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

2.

Die Rechtsfolgen der Regelung für das Erkenntnisverfahren sind umstritten. In der Rechtsprechung wird zum Teil die Auffassung vertreten, die Vorschrift des § 7a UVG entfalte schuldnerschützende Wirkung (auch zum Streitstand OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm a.a.O. jeweils m.w.N.). Eine gerichtliche Geltendmachung des übergegangenen Unterhaltsanspruchs sei ausgeschlossen, solange der Unterhaltspflichtige Leistungen nach dem SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen verfügt. Es handele sich bei der Regelung nicht allein um eine verwaltungsinterne Anweisung, vielmehr folge aus der Grundrechtsrelevanz der erfassten Unterhaltsansprüche, dass sich der in Anspruch genommene barunterhaltspflichtige Elternteil auch gegenüber einem Unterhaltsantrag des Landes auf die Vorschrift berufen könne. Anderenfalls bestünde es im nicht überprüfbaren Belieben des Leistungsträgers, ob ein übergegangener Anspruch verfolgt werde (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.).

Diese Auffassung teilt der Senat nicht, wobei es für die Frage, ob das Land bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 7a UVG Ansprüche nach § 7 UVG im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens gerichtlich durchsetzen kann, dahinstehen kann, ob § 7a UVG schuldnerschützende Wirkung entfaltet. Denn die Vorschrift lässt lediglich die Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs entfallen, hindert hingegen nicht dessen gerichtliche Geltendmachung.

Bei einer grammatischen Auslegung, also einer Auslegung nach dem Wortsinn, ergibt sich ein solch eingeschränkter Anwendungsbereich der Vorschrift nicht, wenn es dort heißt, dass Unterhaltsansprüche nicht "verfolgt" werden. Dieser Formulierung ist eine Beschränkung auf eine bestimmte Art, den Anspruch geltend zu machen oder durchzusetzen, nicht zu entnehmen (OLG Düsseldorf a.a.O.), wobei sie einer Beschränkung auf die Vollstreckung aber auch nicht entgegensteht.

Einer systematischen Auslegung lässt sich eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf die Vollstreckung ebenfalls nicht entnehmen. So meint der etwa in § 204 BGB oder den §§ 91, 114, 769 ZPO verwendete Begriff der "Rechtsverfolgung" ganz allgemein die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs (s. auch OLG Düsseldorf a.a.O.). Allerdings ist dem Gesetz die Verwendung des Begriffs "verfolgen" allein bezogen auf die Vollstreckung auch nicht fremd. In diesem Sinne wird er in § 882a Abs. 1 Satz 1 ZPO verwendet.

Die Entstehungsgeschichte des § 7a UVG spricht hingegen deutlich für eine Auslegung dahingehend, dass lediglich die Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs entfallen soll.

Im Rahmen einer historischen Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Begründung der Vorschrift in der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses vom 31. Mai 2017 (BT-Drs. 18/12589, S. 157 f.) konkret auf die Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs gerichtet war. Dort heißt es:

"Um verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen zu vermeiden, wird zur Klarstellung im Unterhaltsvorschussgesetz geregelt, dass die Verfolgung, konkret die Vollstreckung, des Unterhaltsanspruchs für die Unterhaltsvorschussstellen bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, der auf SGB II-Leistungen angewiesen ist und kein eigenes Einkommen erwirtschaftet, entfällt. In diesen Fällen kann vom barunterhaltspflichtigen Elternteil insbesondere wegen aktueller tatsächlicher Leistungsunfähigkeit oder Zahlungsunfähigkeit kein Unterhalt beigetrieben werden.

Der Anspruchsübergang ist jedoch wie nach bisheriger Rechtslage zu prüfen und erforderlichenfalls ist der dem Anspruchsübergang zugrunde liegende Unterhaltsanspruch insbesondere wegen möglicher fiktiver Leistungsfähigkeit auch gerichtlich geltend zu machen.

Die rechtswahrenden Handlungen gegenüber dem Unterhaltspflichtigen zur Vermeidung der Verwirkung, die Voraussetzung für eine spätere Verfolgung des Unterhaltsanspruchs sind, sind weiterhin vorzunehmen.

Ein wegen fiktiver Leistungsfähigkeit bestehender Unterhaltsanspruch geht auf das Land über. Dieser Anspruch und etwaige zu einem früheren Zeitpunkt auf das Land übergegangene Ansprüche werden jedoch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt, solange der Barunterhaltspflichtige auf SGB II-Leistungen angewiesen ist und über kein eigenes Einkommen verfügt."

Mit dieser Begründung wird deutlich zwischen dem Geltendmachen eines übergegangenen Anspruchs im gerichtlichen Verfahren einerseits sowie der zwangsweisen Durchsetzung eines Anspruchs durch Vollstreckungsmaßnahmen unterschieden. Bereits in der Eingangsformulierung wird der Begriff der Verfolgung unmittelbar auf die Vollstreckung bezogen und dies wiederum mit der voraussichtlichen Erfolglosigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen bei aktuell tatsächlicher Leistungsunfähigkeit oder Zahlungsunfähigkeit begründet, wodurch Verwaltungsaufwand und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen (im Tatsächlichen) vermieden werden sollen. Auch der insoweit angeführte Begriff, den Unterhalt nicht beizutreiben, ist auf die Vollstreckung gerichtet. Dass in der Gesetzesbegründung sodann angeführt wird, der Anspruchsübergang sei jedoch wie nach bisheriger Rechtslage zu prüfen - sowie insoweit auch Auskunftsansprüche nach § 6 Abs. 5 UVG zu nutzen - und erforderlichenfalls sei der dem Anspruchsübergang zugrundeliegende Unterhaltsanspruch insbesondere wegen möglicher fiktiver Leistungsfähigkeit auch gerichtlich geltend zu machen, ist unzweifelhaft auf das Erkenntnisverfahren bezogen. Abschließend wird nochmals ausgeführt, dass übergegangene Ansprüche nicht im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden sollen.

Mit der vorgenannten Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses wurde die Stellungnahme des Bundesrates nach Art. 76 Abs. 2 GG vom 10. Februar 2017 zu der Gesetzesvorlage der Bundesregierung (s. Anlage 3 im Gesetzentwurf der Bunderegierung vom 13. Februar 2017, BT-Drs. 18/11135, S. 163) konkretisiert. In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat die unterhalts- und verfahrensrechtliche Beurteilung zumindest missverständlich formuliert. Dort heißt es:

"Um verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen zu vermeiden, wird im Unterhaltsvorschussgesetz geregelt, dass der Rückgriff für die Unterhaltsvorschussstellen bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, der auf SGB II-Leistungen angewiesen ist und kein eigenes Einkommen erwirtschaftet, entfällt, da er den Grundsätzen des Förderns und Forderns im SGB II unterliegt. In diesen Fällen kann vom barunterhaltspflichtigen Elternteil kein Unterhalt beigetrieben werden, da mangels Leistungsfähigkeit kein Unterhaltsanspruch des Kindes besteht.

In diesen Fällen findet zwar ein Anspruchsübergang auf das Land statt, dieser Anspruch wird jedoch nicht geltend gemacht, solange der Barunterhaltspflichtige auf SGB II-Leistungen angewiesen ist und kein eigenes Einkommen verfügt."

Allein der Bezug von Leistungen nach dem SGB II hat nicht zur Folge, dass unterhaltsrechtlich ein Anspruch des Kindes mangels Leistungsfähigkeit nicht besteht. Denn diese Formulierung übersieht die Möglichkeiten einer effektiven Leistungsfähigkeit. Wenn im folgenden Absatz jedoch zum Anspruchsübergang formuliert wird, dass ein Unterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werde, könnte das bereits auf das Erkenntnisverfahren gerichtet sein.

Gleichwohl hat dies nicht zur Folge, dass sich danach ein klarer Wille des Gesetzgebers nicht ergibt (a.A. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.). Neben dem Umstand, dass die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses gegenüber der Stellungnahme zeitlich später abgegeben wurde, war Grundlage der Abstimmung im Bundestag am 1. Juni 2017 der Gesetzesentwurf in der Fassung des Haushaltsausschusses mit den dortigen Erwägungen (s. BT-Plenarprotokoll 18/237, S. 24031, 24034). Am 2. Juni 2017 hat der Bundesrat über das Gesetz, konkret über den Gesetzesbeschluss des Bundestages vom Vortag (BR-Drs. 431/17), dem - wie ausgeführt - die Fassung des Haushaltsausschusses zugrunde lag, beraten und er hat dem Gesetz zugestimmt (s. BR-Plenarprotokoll 958, S. 261 f., 280). Der Wille des Gesetzgebers ist demnach der Begründung der Vorschrift in der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu entnehmen, in der klargestellt worden ist, dass mit Verfolgung lediglich die Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs, nicht hingegen dessen gerichtliche Geltendmachung gemeint ist.

Dies entspricht auch der aktuellen Fassung der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes in der Fassung vom 1. Januar 2023 zu § 7a. Dort heißt es (Seite 161): "Verfolgen meint dabei konkret die Durchsetzung im Rahmen der Zwangsvollstreckung." Auch dabei wird in den Richtlinien zwischen der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit bei fiktivem Erwerbseinkommen einerseits und dem Ziel der Regelung, nicht erfolgsversprechende und daher unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen zu vermeiden, andererseits differenziert.

Bei der Ermittlung der objektiven Zwecke, die durch die Vorschrift verwirklicht werden sollen, also im Rahmen einer teleologischen Auslegung, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Mit der Vorschrift des § 7a UVG sollten "verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen" vermieden werden (BT-Drs. 18/12589, S. 157). Insoweit ist zwar zutreffend, dass schon die gerichtliche Anspruchsverfolgung typischerweise mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Allerdings kann es durchaus wirtschaftlich sein, Ansprüche, auch wenn sie zunächst nicht vollstreckt werden können, zu titulieren. Sobald die Voraussetzungen des § 7a UVG entfallen, kann seitens der Unterhaltsvorschusskasse die Vollstreckung betrieben werden. Zudem verlängert sich zumindest für bis zur Titulierung aufgelaufene Unterhaltsbeträge die Verjährungsfrist von 3 auf 30 Jahre (§§ 195, 197 BGB). Dies ist für übergegangene Ansprüche deshalb relevant, weil die Verjährungshemmung des § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB insoweit nicht gilt (s. dazu BGH FamRZ 2006, 1664 [Rn. 14]). Eine die gerichtliche Geltendmachung hindernde oder hemmende Vorschrift erschiene aus Sicht der Verwaltung wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn diese von einer Regelung zur Verjährungshemmung begleitet wäre (s. zur Verjährungsproblematik auch Engel-Boland, in: BeckOK Sozialrecht, 68. Ed., Stand: 01.03.2023, § 7a UVG Rn. 17).

Schließlich würde ein Verbot der gerichtlichen Durchsetzung ab Vorliegen der Voraussetzungen des § 7a UVG in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen im Zeitpunkt des Entstehens der Voraussetzungen des § 7a UVG bei Gericht bereits ein Antrag anhängig war, dazu führen, dass dieser Antrag zurückgenommen oder für erledigt erklärt werden müsste, weil ein Ruhen des Verfahrens oder Vergleichbares nicht vorgesehen ist. Bei Entfallen der Voraussetzungen müsste dann ein neues Verfahren angestrengt werden.

3.

Soweit ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Titulierung problematisiert wird, wenn die Voraussetzungen des § 7a UVG gegeben sind und von vornherein feststeht, dass von dem Titel kein Gebrauch gemacht werden darf (Schnitzler/Günther/Pfuhlmann-Riggert, MAH FamR, 5. Aufl. 2020, § 12 Rn. 172), steht dem entgegen, dass § 7a UVG die Vollstreckung nur hindert, "solange" die Voraussetzungen der Vorschrift vorliegen (s. auch Engel-Boland a.a.O. Rn. 19). Vor diesem Hintergrund wird kaum feststehen können, dass von dem Titel (dauerhaft) kein Gebrauch gemacht werden kann.

III.

Die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gemäß § 121 ZPO ist auf die nunmehr bewilligte Verfahrenskostenhilfe zu erstrecken, auch wenn die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 16. Februar 2023 mitgeteilt hat, sie habe das Mandat niedergelegt. Die Beiordnung ist dadurch allerdings nicht entfallen. Diese kann nur dadurch beendet werden, dass sie durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Ein entsprechender Antrag nach § 48 Abs. 2 BRAO ist durch die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners nicht gestellt worden.

IV.

Lediglich ergänzend ist in der Sache folgendes auszuführen:

1.

Die Rechtsverteidigung des Antragsgegners bietet insoweit Aussicht auf Erfolg, als der Antragsteller nach § 7 Abs. 4 UVG einen Unterhaltsanspruch der beiden Kinder A. und A. in Höhe von jeweils mehr als 70 € monatlich für die Zeit ab Juni 2025 gerichtlich geltend macht.

Der Antragsgegner ist nur beschränkt leistungsfähig i.S.d. § 1603 BGB. Hiervon ist auch das Amtsgericht in seinem ausführlich begründeten Beschluss sowie seiner Teilabhilfeentscheidung zurecht ausgegangen.

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH FamRZ 2011, 1041 [Rn. 29 ff.] m.w.N.; FamRZ 2014, 923 [Rn. 18]; FamRZ 2017, 109 ff.; 2022, 180), die auch verfassungsrechtlich gebilligt wird (BVerfG FamRZ 2008, 1145; 2014, 1977; JAmt 2012, 417), sind Eltern gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Wenn der Unterhaltspflichtige eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn. 736 ff.; Eschenbruch/Maaß, Der Unterhaltsprozess, 7. Aufl., Kap. 2 Rn. 359 ff.). Gleichwohl darf auch im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit vom Unterhaltspflichtigen nichts Unmögliches verlangt werden, sodass im Einzelfall zu prüfen ist, ob dieser den beanspruchten Unterhalt zahlen kann oder dessen finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigt (BVerfG FamRZ 2021, 274 [Rn. 13]). Daher sind die Gerichte im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung gehalten, ein zugrunde gelegtes fiktives Einkommen ausgehend von den vorgetragenen Umständen realitätsgerecht festzustellen und zu begründen (BVerfG FamRZ 2021, 274 [Rn. 15]). Aus diesem Grund obliegt es den Fachgerichten auch, ihre Entscheidungsgrundlagen bei der Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt auf fiktiver Basis offenzulegen und somit deren Überprüfung zu ermöglichen (BVerfG FamRZ 2021, 274 [Rn. 16]).

Voraussetzung einer Zurechnung fiktiver Einkünfte ist mithin, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Das gilt sowohl für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei vollständiger Erwerbslosigkeit als auch für die Aufnahme einer Nebentätigkeit in Ergänzung einer bestehenden Erwerbstätigkeit (hierzu auch BGH FamRZ 2020, 577 [Rn. 22], der das vom OLG Düsseldorf (FamRZ 2019, 695) zugrunde gelegte fiktive Einkommen gebilligt hat).

Im Rahmen der Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit sind allerdings die objektiven Grenzen für eine Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Übt der Unterhaltspflichtige eine Berufstätigkeit aus, die 40 Stunden wöchentlich unterschreitet, kann grundsätzlich eine zusätzliche Tätigkeit bis zur Grenze von 174 Stunden im Monat von ihm verlangt werden. Für eine darüber hinausgehende Nebentätigkeit sind allerdings im Rahmen der objektiven Zumutbarkeit die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Nach § 3 ArbZG darf die werktägige Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten, wobei nach § 9 Abs. 1 ArbZG Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden dürfen. Damit ist die wöchentliche Arbeitszeit regelmäßig auf (sechs Tage mal acht Stunden =) 48 Stunden begrenzt. Nach § 2 ArbZG sind die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen.

Im Rahmen der Zurechnung fiktiver Nebenverdienste ist weiter zu prüfen, ob und in welchem Umfang es dem Unterhaltspflichtigen unter Abwägung seiner von ihm darzulegenden besonderen Lebens- und Arbeitssituation einerseits und der Bedarfslage des Unterhaltsberechtigten andererseits zugemutet werden kann, eine Nebentätigkeit auszuüben.

b)

Soweit der Antragsteller unter Verweis auf den für Hilfsarbeiter nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 29. Januar 2021 (TV Mindestlohn) geltenden Mindestlohn von einem für den Antragsgegner erzielbaren Bruttostundenlohn in Höhe von 12,85 € und somit von einem Bruttomonatslohn von rund 2.236 € (12,85 € x 174 Stunden) für eine vollschichtige Tätigkeit ausgeht, ist dies nicht zu beanstanden (vgl. Eschenbruch/Maaß a.a.O., Kap. 2 Rn. 379). Auch wenn es dem Antragsgegner im Jahr 2022 lediglich gelungen ist, für sich eine (Teilzeit-)Tätigkeit mit einem Bruttostundenlohn von rund 12 € zu finden, geht der Senat für die Person des Antragsgegners, der eine Arbeitsstelle als Hausmeister innehatte, mangels substantiierten Vortrags davon aus, dass er bei ausreichenden Bewerbungsbemühungen eine Arbeitsstelle zu einem wie vom Antragsteller veranschlagten Bruttostundenlohn hätte finden können.

Ausgehend von einem Bruttoeinkommen in Höhe von rund 2.236 € ergibt sich im Jahr 2023 unter Heranziehung der Lohnsteuerklasse I, eines Kinderfreibetrages von 2,0 (bei vier Kindern) und eines Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung (AOK Niedersachsen) von 1,5 % nach den Berechnungen des Senats ein Nettolohn von 1.609 €.

Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass einem unterhaltspflichtigen Elternteil grundsätzlich auch die Tätigkeit in der Pflegebranche zumutbar ist. Nach § 2 der Fünften Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche vom 1. Mai 2022 (PflegeArbbV) beträgt das Mindestentgelt für ungelernte Mitarbeiter ab September 2022 je Stunde 13,70 € brutto, ab Mai 2023 je Stunde 13,90 € sowie ab Dezember 2023 je Stunde 14,15 €. Diese Beträge erhöhen sich für Pflegekräfte mit mindestens einjähriger Ausbildung sowie für Pflegefachkräfte. Danach ergäbe sich aus einer vollschichtigen Tätigkeit bei einem Stundensatz von 13,70 € ein Bruttoentgelt von 2.384 €; mithin bei Abzug von Steuern (mit 207 €) sowie Sozialabgaben (mit 481 €) ein Nettoeinkommen von 1.696 €.

Mangels Darlegung einer Lebens- und Arbeitssituation, die einer Nebentätigkeit entgegenstehen würde, ist auch die Zurechnung eines weiteren Bruttoeinkommens in Höhe von 200 € nicht zu beanstanden.

Etwas anderes ergibt sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch nicht angesichts des Gesundheitszustands des Antragsgegners, der behauptet hat, im Jahr 2021 wegen einer Schulterverletzung vorübergehend arbeitsunfähig gewesen zu sein. Insoweit ist schon nicht vorgetragen, ob die Erkrankung überhaupt den verfahrensrelevanten Zeitraum betrifft. Zudem ist der Antragsgegner für gesundheitliche Einschränkungen seiner Arbeitsfähigkeit darlegungs- und beweisbelastet. Trotz Bestreitens durch den Antragsteller sind jedoch bislang weder eine nähere Darlegung noch ein Beweisantritt hierzu erfolgt. Soweit er seine Beschwerde damit begründet, seit dem 1. August 2022 aus gesundheitlichen Gründen arbeitslos gemeldet zu sein, wird hierzu nicht substantiiert vorgetragen.

Bei Berücksichtigung eines Gesamtnettoeinkommens von 1.809 € (1.609 € + 200 €) nach dem Vorbringen des Antragstellers abzgl. pauschaler berufsbedingter Aufwendungen in Höhe von 90 € sowie eines Selbstbehalts von 1.370 € ergibt sich eine Verteilungsmasse von 349 € (1.809 € - 90 € - 1.370 €). Dieser Betrag ist nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB für den Unterhalt der Kinder gleichmäßig zu verwenden. Im absoluten Mangelfall sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten bei Gleichrang i.S.d. § 1609 BGB anteilig zu kürzen (BGH FamRZ 2012, 281 [Rn. 35]). Die dazu heranzuziehenden Zahlbeträge belaufen sich für die Kinder A. und A. auf jeweils 312 € und für die Kinder H. und A. auf jeweils 463 €, mithin auf insgesamt 1.550 €. Danach ergibt sich für die Kinder A. und A. jeweils ein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsgegner in Höhe von 70 € (349 € x 312 € / 1.550 €).

Soweit der Antragsteller wegen Volljährigkeit der Geschwisterkinder für die Zukunft an Juni 2025 von höheren Unterhaltsansprüchen der Kinder ausgegangen ist, kann dieser Umstand einer Titulierung im vorliegenden Verfahren nicht zugeführt werden. Der künftige Eintritt eines bestimmten Alters einer Person gehört grundsätzlich zu den zuverlässig voraussehbaren und damit zu den in eine Prognose einzubeziehenden Umständen (Wendl/Dose/Schmitz a.a.O., § 10 Rn. 210 ff., 216), so dass einer bald nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eintretenden Volljährigkeit bei der Unterhaltsentscheidung Rechnung zu tragen ist. Dies gilt allerdings nur, wenn sich in der Zwischenzeit bis zum Eintritt des zuverlässig voraussehbaren Umstands nicht weitere, noch nicht zuverlässig voraussehbare, den Unterhaltsanspruch tragende Umstände ändern können (s. Anmerkung Graba zu BGH NJW 2022, 1386, 1389; vgl. auch BGH FamRZ 1986, 886). Bei den vorliegend vom Antragsteller in den Blick genommenen Zeiträumen ab Juni 2025, ab Februar 2028 sowie ab Oktober 2036, ist absehbar, dass sich mehrere und dabei auch noch nicht zuverlässig voraussehbare, den Unterhaltsanspruch begründende Umstände ändern werden, so dass eine prognostische Entscheidung wegen der Volljährigkeit der Geschwisterkinder schon deshalb nicht angezeigt ist. Zudem ist der Schluss des Antragsgegners, die volljährig gewordenen Geschwisterkinder seien bei der Verteilung nicht mehr zu berücksichtigen, nicht zwingend zutreffend. Angesichts der Regelung der §§ 1609 Nr. 1, 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht auszuschließen, dass die volljährigen (privilegierten) Kinder weiterhin mit den minderjährigen Kindern gleichrangig sind und, auch wenn für sie kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss mehr besteht, bei der anteiligen Verteilung der beim Unterhaltsverpflichteten vorhandenen Masse zu berücksichtigen sind.

2.

Die Rechtsverteidigung des Antragsgegners wegen der vom Antragsteller nach den §§ 7 UVG, 1601 ff. BGB geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Unterhaltsbeträge aus übergegangenem Recht bietet keine Aussicht auf Erfolg. Sowohl der ursprünglich gestellte Antrag wegen Unterhaltsrückständen als auch der wegen der neuen Düsseldorfer Tabelle im Januar 2023 umgestellte Antrag war bzw. ist nicht überhöht.

Der Antragsteller hat betreffend den Zeitraum von August 2021 bis Januar 2023 einen Anspruch wegen rückständigen Unterhalts in Höhe von jeweils insgesamt 1.938 € für die Kinder A. und A.

a)

Für die Zeit von August bis Dezember 2021 ergeben sich Rückstandsbeträge in Höhe von jeweils 560 € für A. und A.

Ausgehend von einem Bruttoeinkommen in Höhe von rund 2.236 € ergibt sich in diesem Zeitraum unter Heranziehung der Lohnsteuerklasse I, eines Kinderfreibetrages von 2,0 und eines Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung (AOK Niedersachsen) von 1,3 % nach den Berechnungen des Senats ein Nettolohn von 1.573 €. Bei Hinzurechnung von 200 € für eine zumutbare Nebentätigkeit verbleibt nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von 89 € ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von rund 1.684 €.

Für die Verteilung ergibt sich unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 1.160 € eine Verteilungsmasse von 524 € (1.684 € - 1.160 €). Die als Einsatzbeträge heranzuziehenden Zahlbeträge beliefen sich für die Kinder A. und A. auf jeweils 283,50 €, für das Kind H. auf 418,50 € und für das Kind A. auf 341,50 €, mithin auf insgesamt 1.327 €. Für die Höhe des Kindergeldes ist maßgeblich, dass nicht der Antragsgegner, sondern entsprechend § 64 Abs. 2 EStG die jeweiligen Mütter das Kindergeld beziehen und dass aus den jeweiligen Verbindungen zwischen den Müttern und dem Antragsgegner nicht mehr als zwei Kinder hervorgegangen sind, so dass für keines der Kinder erhöhtes Kindergeld nach § 66 Abs. 1 EStG a.F. für ein drittes oder viertes Kind anzurechnen ist (s. zum Zählkindvorteil Heiß/Born/Kohlenberg, Unterhaltsrecht, 62. EL Dez. 2022, Kap. 12 Rn. 63). Letztlich ergibt sich für die Kinder A. und A. jeweils ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 112 € (524 € x 283,50 € / 1.327 €).

Für den Zeitraum August bis Dezember 2021 errechnen sich für diese beiden Kinder Rückstandsbeträge in Höhe von jeweils 560 € (112 € x 5 Monate).

b)

Für die Zeit von Januar bis Dezember 2022 ergeben sich für A. und A. Rückstandsbeträge in Höhe von jeweils 1.308 €.

Ausgehend von einem Bruttoeinkommen in Höhe von rund 2.236 € ergibt sich in diesem Zeitraum unter Heranziehung der Lohnsteuerklasse I, eines Kinderfreibetrages von 2,0 und eines Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung (AOK Niedersachsen) von 1,3 % nach den Berechnungen des Senats ein Nettolohn von 1.591 €. Bei Hinzurechnung von 200 € für eine zumutbare Nebentätigkeit verbleibt nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen in Höhe von 90 € ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von rund 1.701 €.

Bei Berücksichtigung eines Selbstbehalts von 1.160 €, wonach eine Verteilungsmasse von 541 € (1.701 € - 1.160 €) verbleibt, und von Zahlbeträgen für die Kinder A. und A. von jeweils 286,50 € und für die Kinder H. und A. von jeweils 423,50 €, mithin von Zahlbeträgen in Höhe von insgesamt 1.420 €, errechnet sich für die Kinder A. und A. jeweils ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 109 € (541 € x 286,50 € / 1.420 €).

Für das Jahr 2022 ergeben sich für die Kinder A. und A. jeweils Rückstandsbeträge in Höhe von 1.308 € (109 € x 12 Monate).

c)

Für den Monat Januar 2023 errechnet sich - wie sich bereits aus den obigen Ausführungen zum laufenden Unterhalt ergibt - ein Rückstandsbetrag für A. und A. in Höhe von jeweils 70 €.

d)

Der gesamte Rückstandsbetrag für jedes Kind beläuft sich betreffend den Zeitraum von August 2021 bis Januar 2023 auf 1.938 € (560 € + 1.308 € + 70 €).

3.

Zu den als Nebenforderung geltend gemachten Verzugszinsansprüchen wird betreffend die insoweit für die Zeit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Ansprüche zu beachten sein, dass die Zuerkennung künftiger Verzugszinsen auf noch nicht fällige Unterhaltsraten nur unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO bei der Besorgnis in Betracht kommt, dass sich der Unterhaltsverpflichtete der rechtzeitigen Leistung entziehen werde (BGH FamRZ 2008, 1428). Es wird daher, insbesondere unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse des Antragsgegners zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, zu prüfen sein, ob sich eine solche Besorgnis ergibt.

Dr. Schwonberg
Veenhuis
Dr. Ahnefeld
(RiinOLG Veenhuis ist wegen Ortsabwesenheit an der Unterschrift gehindert)