Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 14.03.2018, Az.: 4 A 2661/16
Raum; Umwelt
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 14.03.2018
- Aktenzeichen
- 4 A 2661/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74336
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 2 UIG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Vektorlayer in Raumordnungsprogrammen sind Umweltinformationen, die eine Auskunftspflicht eines Ministeriums auslösen.
Tenor:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte bereits vor Bekanntmachung des LROP verpflichtet war, dem Kläger die bei dem Beklagten verfügbaren georeferenzierten Geometrien der geplanten LROP-Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“ in Form von Vektorlayern zu übermitteln.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet war, ihm Geodaten in Form von Vektorlayern zu übermitteln
Der Beklagte nimmt als oberste Landesbehörde für Raumordnung die Aufgabe wahr, jeweils die für geplante Änderung der Verordnung über das Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP) die notwendigen Vorarbeiten zu leisten. Im Zuge dessen veröffentlichte er nach öffentlicher Bekanntmachung und unter Information des Klägers am 11.11.2015 auf der Internetseite „www.lrop-online.de“ die zeichnerische Darstellung zum Änderungsentwurf 2015 (LROP-E 2015) im Maßstab 1:500.000. Dessen Anlage 2 enthielt insbesondere geplante Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“. Als Grundlage dieser Abgrenzungen nutzt der Beklagte sog. georeferenzierte Geometrien (auch Polygonen genannt) in Form sog. Vektorlayer, die von ihm in die zeichnerische Darstellung überführt wurden. Die georeferenzierten Geometrien als Vektorlayer liegen bei dem Beklagten u.a. im sog. Shape-Dateiformat vor.
Daneben eröffnete der Beklagte ab dem 25.11.2015 auf der genannten Internetseite die Möglichkeit, diese Abgrenzungen über einen sog. WMS-Dienst (Web Map Service, Schnittstelle zum Abrufen von Auszügen aus Landkarten über das World Wide Web) in anderen Geographischen Informationssystemen (GIS) darzustellen. Das Angebot des WMS-Dienstes war mit dem Hinweis versehen, dass die zeichnerische Darstellung des LROP nur im vorgegeben Maßstab verwendet werden dürfe und die Daten bei Maßstabsvergrößerung nur bis max. 1:50.000 (Maßstabsebene der Regionalplanung) und nur so dargestellt werden könnten.
Mit Schreiben vom 23.11.2015 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übersendung der den genannten Abgrenzungen der Vorranggebiete im damaligen Verordnungsentwurf zugrundeliegenden Geometrien in Form von Vektorlayern bis zum 25.11.2016. Diese Daten sollten der Beratung seiner von der Änderung der LROP-Verordnung betroffenen Mitglieder dienen.
Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 14.12.2015 ab. Zur Begründung führte er aus, dass die von dem Kläger begehrten Vektorlayer keine Umweltinformationen darstellten. Die Qualität einer Umweltinformation habe lediglich die letztlich festgelegte bzw. geplante Abgrenzung eines Vorranggebietes im raumordnerischen Maßstab (1:500.000), weil nur die planerisch abgewogene Vorranggebietsabgrenzung als solche umweltrelevant sei. Nur die im beschlossenen LROP festgelegten Vorranggebiete zugunsten Torferhaltung, Torfabbau und des Biotopverbundes könnten sich auf umweltrelevante Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Planungsträger und folglich mittelbar auf den Zustand von Umweltbestandteilen auswirken (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG). Demgegenüber entsprächen die begehrten Vektorlayer dem raumordnerischen Maßstab von 1:500.000 nicht und seien damit auch nicht planerisch abgewogen, sodass die Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Träger hierdurch nicht beeinflusst werden könnten.
Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob die grundsätzliche Einstufung der Vorranggebietsabgrenzungen im raumordnerischen Maßstab als Umweltinformation überhaupt für – zur Zeit der Antragstellung ausschließlich vorliegende – reine Entwurfsstände solcher Abgrenzungen gelten könne, weil diese im weiteren Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren noch Änderungen unterliegen könnten und daher (noch) keine rechtlichen Bindungswirkungen entfalteten. Im Übrigen habe der Kläger keinen Anspruch auf ein bestimmtes Format bei der Dateibereitstellung.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 13.01.2016 Widerspruch. Er führte begründend aus, dass die Übermittlung der begehrten Geodaten nicht zwingend im sog. Shape-Dateiformat erfolgen müsse. Vielmehr werde dem Antrag auch durch jedes andere allgemein zugängliche Dateiformat genüge getan, sofern es sich bei den zur Verfügung gestellten Informationen über die Vorranggebietsabgrenzungen nur um bei dem Beklagten vorliegende Vektorlayer handele.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 06.04.2016, dem Kläger zugestellt am 08.04.2016, zurück. Er ergänzte, dass bei einer Übermittlung der begehrten Vektorlayer die Gefahr bestände, dass es zu einer missbräuchlichen Anwendung dieser Daten auf flurstücksscharfer Ebene komme. Bei einer solchen Verwendung der Daten ergäben sich aufgrund unterschiedlicher zugrunde liegender Projektionssysteme von einerseits Geodaten für den Maßstab 1:500.000 und andererseits Flurstücksdaten für eine Genauigkeit des Maßstabes von bis zu 1:1.000 Darstellungsverzerrungen.
Im Anschluss an ein weiteres Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren beschloss die Landesregierung die Änderung des LROP am 24.01.2017, in Kraft getreten am 17.02.2017. Am 06.10.2017 wurde eine Neubekanntmachung der Verordnung über das LROP in der Fassung vom 26.09.2017 im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl. Nr. 20/2017, S. 378) veröffentlicht. Diese enthält wie vormals der Entwurf aus dem Jahre 2015 in ihrer zeichnerischen Darstellung als Anlage 2 Abgrenzungen der genannten Vorranggebiete. Im Zuge dieser Veröffentlichung gewährte der Beklagte der Öffentlichkeit die Möglichkeit, über ein auf seiner Internetseite implementiertes Bestellformular die entsprechenden maßstabsunabhängigen Geodaten der Neubekanntmachung der LROP-VO als sog. Shape-Files unter Bestätigung beigefügter Nutzungsbedingungen zu bestellen.
Der Kläger hat am 08.05.2016 gegen den Ablehnungsbescheid Klage erhoben.
Er vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, es handele sich bei den Vektorlayern um Umweltinformationen, über die der Beklagte Auskunft zu geben habe.
Nachdem der Kläger zunächst beantragt hatte, den Beklagten zu verpflichten, ihm die bei dem Beklagten verfügbaren georeferenzierten Geometrien der geplanten LROP-Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“ in Form von Vektorlayern zu übermitteln, hat das beklagte Ministerium darauf verwiesen, dass nach Inkrafttreten des Landesraumordnungsprogramms die Möglichkeit besteht, über ein Onlineformular die von der Klägerin benötigten Daten maßstabsunabhängig zu erhalten.
Der Kläger begehrt jedoch, auch bei künftigen Aufstellungsverfahren die Daten in derselben Form maßstabsunabhängig übermittelt zu bekommen und beantragt,
festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass das beklagte Ministerium bis zu dem erledigenden Ereignis den Kläger nicht im laufenden Verfahren zu Änderungen des Raumordnungsprogramms maßstabsunabhängige Daten zur Verfügung gestellt hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und führt ergänzend aus, dass dem grundsätzlich anzuerkennenden Informationsanspruch des Klägers bereits ausreichend Genüge getan sei, indem die Entwurfsunterlagen zur Änderung des LROP einschließlich zeichnerischer Darstellung im Internet bereitgestellt und zusätzlich die geplanten Abgrenzungsdaten für die Vorranggebiete über einen WMS-Dienst jedermann zur Verfügung gestellt worden seien. Der Öffentlichkeit werde ein freier Meinungsaustausch und eine wirksame Teilnahme an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen ermöglicht. Die von ihm bereitgestellten Informationen seien für eine derartige Auseinandersetzung ausreichend. Demgegenüber ermöglichten die von dem Kläger begehrten georeferenzierten Polygone nur vermeintlich eine detailliertere, an einem kleineren Maßstab ausgerichtete Abgrenzung der Vorranggebiete. Dem Kläger werde eine Genauigkeit der Abgrenzungen dargestellt, die diese letztlich aufgrund des Maßstabs des LROP nicht haben könnten und vom LROP auch nicht intendiert seien. Der Kläger würde sich in der Folge mit Abgrenzungen auseinandersetzen, die in dieser Form überhaupt nicht Gegenstand des behördlichen Entscheidungsverfahrens seien. Eine fachliche Diskussion anhand der tatsächlich geplanten Festlegungen sei dann kaum mehr möglich und somit würde das eigentliche Ziel der Richtlinie wie des (N)UIG, dem Einzelnen ein Kontrollrecht im Hinblick auf behördliche Entscheidungen zuzubilligen, letztlich leerlaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthafte Klage ist zulässig. Die Entscheidung der Behörde über die Gewährung des Zugangs zu (Umwelt-)Informationen ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) (vgl. § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG sowie zum Anspruch auf Umweltinformation VGH Kassel, Beschluss v. 30.11.2006, Az.: 10 TG 2531/06, juris-Rn. 8). Das Verpflichtungsbegehren des Klägers hat sich vorliegend dadurch erledigt, dass der Beklagte die georeferenzierten Geometrien der geplanten LROP-Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“ in Form von Vektorlayern mit der Neubekanntmachung der LROP durch die Bestellmöglichkeit entsprechender Shape-Files über seine Internetseite öffentlich zugänglich gemacht hat. Der Kläger hat aber ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der Beklagte bereits vor Bekanntmachung des LROP verpflichtet gewesen ist, ihm die bei dem Beklagten verfügbaren georeferenzierten Geometrien der geplanten LROP-Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“ in Form von Vektorlayern zu übermitteln. Es besteht die hinreichend konkrete Gefahr, dass der Kläger erneut mit einem Ablehnungsbescheid vergleichbaren Inhalts konfrontiert wird, weil einerseits das LROP – wie sich aus dessen Historie ergibt – auch zukünftig fortwährenden Änderungen unterliegen wird sowie andererseits der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 zum Ausdruck gebracht hat, auch zukünftig an seiner Praxis festhalten zu wollen, die begehrten Informationen nicht vor dem endgültigen Abschluss einer Änderung des LROP der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Die Klage ist begründet. Der Beklagte ist verpflichtet gewesen, dem Kläger die bei ihm verfügbaren georeferenzierten Geometrien der geplanten LROP-Abgrenzungen von Vorranggebieten „Torferhaltung“, Vorranggebieten „Rohstoffgewinnung Torf“ sowie Vorranggebieten „Biotopverbund“ in Form von Vektorlayern bereits während eines Änderungsverfahrens zu übermitteln.
Die Anspruchsgrundlage ist § 3 Satz 1 des Niedersächsischen Umweltinformationsgesetzes (NUIG). Danach hat jede Person, ohne ein Interesse darlegen zu müssen, nach Maßgabe der Vorschriften des NUIG Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt.
Die formellen Anspruchsvoraussetzungen sind gegeben. Der Kläger hat mit Schreiben an den Beklagten vom 23.11.2015 den gemäß § 3 Satz 2 NUIG i.V.m. § 4 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) erforderlichen Antrag bei der zuständigen Behörde gestellt.
Der Kläger ist anspruchsberechtigt. Er ist als eingetragener Verein eine juristische Person des Privatrechts und somit „jedermann“ im Sinne des § 3 Satz 1 NUIG. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes bedarf ein Anspruchsteller für sein Informationsbegehren weder einer Begründung noch eines vorgetragenen Interesses.
Der Beklagte, bei dem die begehrten georeferenzierten Geometrien im Sinne des § 2 Abs. 5 NUIG i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 1 UIG vorhanden sind, ist als Ministerium oberste Landesbehörde und somit auch informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NUIG. Die Ausnahme des § 2 Abs. 3 NUIG, wonach oberste Landesbehörden nicht informationspflichtig sind, soweit und solange sie im Rahmen der Gesetzgebung tätig werden, greift nicht ein. Dies entspricht der Rechtsprechung des Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 18.07.2013 - Rs. C-515/11 -, NVwZ 2013, 1069).
Der Landesgesetzgeber hat in Umsetzung dieses Urteils die bisher in § 2 Abs. 3 NUIG a.F. bestehende Ausnahme von der Informationspflicht für Verordnungsgebungsverfahren durch Änderungsgesetz vom 08.06.2016 (Nds. GVBl. 2016, S. 94) aufgehoben. Nach der grundsätzlich maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung scheidet eine Ausnahme von der Informationspflicht für Änderungen der Verordnung über das Landesraumordnungsprogramm daher – unabhängig von der Frage der Rechtsfolge des Verstoßes der früheren Regelung gegen das Unionsrecht – aus.
Im Übrigen gilt nach § 2 Abs. 3 NUIG n.F. die Ausnahme von der Informationspflicht für gesetzgeberische Tätigkeiten durch Einfügung des Wortes „solange“ – in Umsetzung des Urteils des EuGH vom 14.02.2012 (Rs. C-204/09) – nunmehr lediglich noch für Dauer der Gesetzgebungstätigkeit. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens, angewandt auf den vorliegenden Fall also jedenfalls mit In-Kraft-Treten der Verordnungsänderungen am 17.02.2017, scheidet die Ausnahmeregelung aus.
Die von dem Kläger begehrten Vektorlayer sind – entgegen der Auffassung des Beklagten – Umweltinformationen im Sinne des (N)UIG.
Nicht durchgreifend ist zunächst der Einwand des Beklagten, das (N)UIG gebe keinen Anspruch auf die Bereitstellung von Informationen in einem bestimmten Dateiformat, vorliegend als sog. Shape-File. Unabhängig von der Frage der Richtigkeit dieser Rechtsansicht (vgl. dazu insbesondere § 3 Abs. 2 UIG) verkennt diese Argumentation, dass es sich bei den von dem Kläger begehrten georeferenzierten Geometrien nicht lediglich um eine von den bereits öffentlich zugänglich gemachten Geodaten verschiedene Form (bzw. ein nur anderes Dateiformat) der(selben) Information handelt, sondern diese ihrem Inhalt nach verschieden und somit eigenständige (Umwelt-)Informationen sind. Die georeferenzierten Geometrien sind maßstabsunabhängige Geodaten über die Abgrenzungen der genannten Vorranggebiete. Im Gegensatz zu den von dem Beklagten bereits veröffentlichten maßstabsgebundenen Informationen ermöglichen es die begehrten georeferenzierten Geometrien dem Anwender, zeichnerische Darstellungen über die Vorranggebiete in einem deutlich kleineren Maßstab als die bisher veröffentlichten Darstellungen im Maßstab 1:500.000 bzw. 1:50.000 (über den sog. WMS-Dienst) anzufertigen. Der Kläger könnte so eine Zeichnung mit einem flurstücksscharfen Maßstab von 1:1.000 erstellen. Diese Möglichkeit zeigt deutlich den qualitativen Unterschied zwischen den begehrten maßstabsunabhängigen Geodaten (als eine Art von Rohdaten) einerseits und den bereits veröffentlichten Informationen andererseits auf. Konsequenterweise hat der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 13.01.2016 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seinem Begehren nicht nur durch das sog. Shape-Dateiformat, sondern ebenso durch Bereitstellen der georeferenzierten Geodaten in jedem anderen allgemein zugänglichen Dateiformat genüge getan werde.
Die begehrten georeferenzierten Geometrien sind als solche auch Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 5 NUIG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) sowie lit. b) UIG.
Danach sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG oder auf Faktoren im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken (lit. a)), oder den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG bezwecken (lit. b)). Zu den Umweltbestandteilen zählen etwa Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG), zu den Faktoren gehören u.a. Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung sowie Emissionen, die sich auf Umweltbestandteile im Sinne der Nr. 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG).
Mit Blick auf die Zielsetzung des Gesetzes, einen erweiterten Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen sicherzustellen, sind die genannten Fallgruppen weit auszulegen (BVerwG, Urt. v. 21.02.2008, 4 C 13.07, juris Rn. 11 ff.; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: März 2010, § 2 UIG, Rn. 31 m.w.N.). § 2 Abs. 3 UIG dient insgesamt der Umsetzung der Begriffsbestimmungen in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2003/4/EG. Bereits zur Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (ABl. L 158, S. 56) ist der EuGH davon ausgegangen, dass der vom Gemeinschaftsgesetzgeber verwendeten Begriffsbestimmung eine weite Bedeutung beizulegen ist (EuGH, Urt. v. 17.06.1998, Rs. C-321/96, juris Ls. 1). Die nunmehr geltende Richtlinie 2003/4/EG hat diesen Anwendungsbereich präzisiert (vgl. EuGH, Urt. v. 12.06.2003 - Rs. C-316/01 -, ZUR 2003, 363) und „umfassender definiert“ (BT-Drs. 15/3406, S. 11). Nicht nur die Schärfung des Umweltbewusstseins der Bürger in der Europäischen Union ist Ziel der Richtlinie, sondern der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen sollen im Interesse einer Verbesserung des Umweltschutzes gleichermaßen dazu beitragen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksame Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen (1. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4/EG). Offenheit und Transparenz im Umgang mit Umweltinformationen werden durch die Richtlinie 2003/4/EG ausgebaut und fortgesetzt (2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4/EG).
Gemessen daran bezieht sich der von dem Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch auf Umweltinformationen, denn es handelt sich um Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren auswirken bzw. wahrscheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG) sowie auch den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken.
In Übereinstimmung hiermit stellte das Bundesverwaltungsgericht bereits in Bezug auf § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG a.F. (Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche) klar, dass nicht zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen zu unterscheiden ist. Diese Auffassung hat es für § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG n.F. wiederholt. Das Kriterium der Unmittelbarkeit hat keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie(n) gefunden und ist deshalb zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen, einem Antragsteller nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich (zu § 3 Abs. 2 UIG a.F.: BVerwG, Urt. v. 25.03.1999, 7 C 21.98, juris Rn. 28; zu § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG n.F.: BVerwG, Urt. V. 21.02.2008, 4 C 13.07, juris Rn. 13).
Auch das in § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG enthaltene Begriffspaar „Maßnahmen oder Tätigkeiten“ ist weit zu verstehen. Es soll alle menschlichen Tätigkeiten erfassen. Für § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG (Auswirkungen auf Umweltbestandteile oder Faktoren) ist ein potentieller Wirkungszusammenhang ausreichend, der allerdings hinreichend wahrscheinlich sein muss (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: März 2010, § 2 UIG, Rn.44).
Hinsichtlich § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) UIG (Schutz von Umweltbestandteilen) muss der Schutz der Umweltmedien der Zweck – wenn auch nicht der Hauptzweck – der Maßnahme sein. Erfasst werden unmittelbar wie mittelbar den Umweltschutz fördernde Aktivitäten. Erforderlich ist auch hier lediglich eine hinreichend enge Beziehung zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt (Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: März 2010, § 2 UIG, Rn.45).
Eine Änderung des LROP stellt für nachfolgende öffentliche Planungsträger verbindliche Aussagen zu raumbedeutsamen Nutzungen und deren Entwicklungen auf. Indem es Vorranggebiete für besonders schutzwürdige Umweltbestandteile (wie etwa bestehendes Torfvorkommen) festlegt, wirkt es sich mittelbar auf eben jene aus bzw. bezweckt deren Schutz. Diese Wirkung kommt gleichsam bereits den streitgegenständlichen reinen Entwurfsständen zu, weil im Sinne des dargelegten weiten Begriffsverständnisses ein potentieller Wirkungszusammenhang ausreicht. Die insofern erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit potentieller Auswirkungen ist im vorliegend bereits weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium der Änderung des LROP gegeben.
Soweit der Beklagte argumentiert, lediglich die letztlich festgelegte bzw. geplante Abgrenzung eines raumordnerischen Vorranggebietes im raumordnerischen Maßstab (1:500.000) sei Umweltinformation, weil nur die im LROP festgelegten Vorranggebiete zugunsten Torferhaltung, Torfabbau und des Biotopverbundes sich auf umweltrelevante Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Planungsträger und folglich mittelbar auf den Zustand von Umweltbestandteilen auswirken könnten, nicht aber die im LROP als solche überhaupt nicht niedergelegten maßstabsunabhängigen georeferenzierten Geometrien (als Rohdaten), verkürzt diese Auslegung bereits den Wortlaut des § 2 Abs. 3 UIG.
Danach sind Umweltinformationen alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltbezug. Der Begriff der „Daten“ ist somit nicht nur wegen des bereits dargestellten Gesetzeszwecks, sondern auch nach seiner sprachlichen Fassung weit zu verstehen. Die Daten selbst müssen keinen unmittelbaren Bezug zu einer konkreten Planung aufweisen. § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG bezieht sich ausdrücklich auf „alle Daten“ über die erfassten Maßnahmen, so dass es nicht der Feststellung der Umweltinformationseigenschaft für jede einzelne Angabe bedarf. Da „alle Daten über“ Maßnahmen oder Tätigkeiten mit Umweltbezug erfasst werden, muss sich allein die Maßnahme oder Tätigkeit auf Umweltbestandteile oder Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken können bzw. den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken. Eines unmittelbaren Zusammenhanges der Daten mit der Umwelt bedarf es hingegen nicht (BVerwG, Urt. v. 23.02.2017, 7 C 31.15, juris Rn. 55, 86 und Urt. v. 24.09.2009, 7 C 2.09, juris Rn. 32; VGH Mannheim, Urt. v. 29.06.2017, 10 S 436/15, juris Rn. 31; OVG Münster, Urteil v. 01.03.2011, 8 A 2861/07, juris Rn. 60; Reidt/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand: März 2010, § 2 Rn. 46a). Bei den georeferenzierten Geometrien handelt es sich somit um Daten über die Abgrenzungen der Vorranggebiete im LROP als Maßnahmen mit Umweltbezug.
An dieser rechtlichen Bewertung als Umweltinformation vermag auch das Vorbringen des Beklagten nichts zu ändern, bei der Bereitstellung der begehrten georeferenzierten Geometrien bestehe die Gefahr, dass es zu einer missbräuchlichen Anwendung dieser Daten auf flurstücksscharfer Ebene durch den Kläger bzw. dessen Mitglieder komme und sich dabei zwingend Darstellungsverzerrungen ergäben.
Zunächst ist zweifelhaft, ob die georeferenzierten Geometrien tatsächlich – wie von dem Beklagten angeführt – zwingend zu Darstellungsverzerrungen führten und demnach keinen „Informationsgewinn“ brächten. Unstreitig stellt der Beklagte diese maßstabsunabhängigen Vektorlayer nachfolgenden Planungsträgern zur Verfügung. Ein solches Vorgehen lässt einen gewissen Widerspruch zum angeführten Vortrag erkennen und folglich eher den Schluss zu, dass der Beklagte den begehrten Informationen selbst eine gewisse Qualität zuweist.
Aber selbst für den Fall, dass der Vortrag des Beklagten zutrifft, lässt dies die Eigenschaft einer Umweltinformation nicht entfallen. Nach § 3 Satz 1 NUIG hat jede Person, ohne ein Interesse darlegen zu müssen, nach Maßgabe der Vorschriften des NUIG Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Der Anspruch ist voraussetzungslos (vgl. zum sinngemäß lautenden § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG: BT-Drs. 15/3406, S. 15). Wenn es aber für den Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen nach dem Gesetz gerade nicht der Darlegung eines irgendwie gearteten (berechtigten) Interesses des Anspruchstellers bedarf, diese Informationen zu verwenden, liegt der Schluss nahe, dass es auch nicht auf die – gar nur vom Informationspflichtigen angeführte – (vermeintlich) fehlende bzw. geringe Qualität einer Umweltinformation ankommen kann. Wie bzw. ob sich der Anspruchssteller letztlich die Umweltinformationen zunutze machen kann, bleibt ihm überlassen. Seine Grenze findet dieser Grundsatz dementsprechend auch erst im Falle des offensichtlich missbräuchlich gestellten Antrags gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 UIG (i.V.m. § 3 Satz 2 NUIG). Für einen solchen sind vorliegend unter Berücksichtigung der angeführten Gesetzeszwecke (vgl. insbesondere den 1. und 2. Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4/EG) keine Anhaltspunkte gegeben.
Dem Anspruch des Klägers auf Bereitstellung der Vektorlayer stand auch nicht entgegen, dass der Beklagte die dem LROP zugrundeliegenden Informationen im Internet bereithielt. Wie dargelegt handelt es sich bei den begehrten Daten um qualitativ verschiedene Informationen, die folglich auch nicht eine lediglich andere „Art des Informationszugangs“ im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 4 UIG (i.V.m. § 3 Satz 2 NUIG) darstellen, auf die der Kläger verwiesen werden könnte. Vielmehr hätte der Beklagte das Informationsbegehren des Klägers auch in der von ihm gewünschten elektronischen Form erfüllen müssen. Zwar gewährt § 3 Abs. 2 Satz 1 UIG (i.V.m. § 3 Satz 2 NUIG) den informationspflichtigen Stellen grundsätzlich ein pflichtgemäßes Ermessen hinsichtlich der Auswahl der Art des Informationszugangs. Dieses Ermessen wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 UIG (i.V.m. § 3 Satz 2 NUIG) dahingehend eingeschränkt, dass der Anspruchsteller nur aus gewichtigen Gründen auf eine andere Art des Informationszugangs verwiesen werden darf, wenn er zuvor eine bestimmte Art des Zugangs beantragt hat. Als gewichtigen Grund nennt das Gesetz insbesondere den deutlich höheren Verwaltungsaufwand. Dass dieser bestand, ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Beklagten. Vielmehr lagen die begehrten Daten bei ihm unstreitig in elektronischer Form und dabei auch in verschiedenen Dateiformaten vor.
Da ein Anspruch des Klägers gemäß (N)UIG vollumfänglich zu bejahen war, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu dem hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang nach dem Niedersächsischen Geodateninfrastrukturgesetz.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.