Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 06.03.2018, Az.: 3 A 9719/17
Ablehnung eines Asylantrags; Asylantrag; Europarecht; teleologische Reduktion; Unionsrecht; unionsrechtskonform; unzulässig; Unzulässigkeit des Asylantrags; Unzulässigkeit eines Asylantrags
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 06.03.2018
- Aktenzeichen
- 3 A 9719/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74465
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 29 Abs 1 Nr 2 AsylVfG
- § 37 Abs 1 AsylVfG
- § 80 Abs 5 VwGO
- Art 33 EURL 32/2013
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Wenn die Entscheidungen des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG des Antrags und die Abschiebungsandrohung gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG unwirksam werden, weil das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen hat, ist eine darauffolgende Entscheidung, die wiederum eine Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 AsylG konstatiert, rechtswidrig.
2. Der Tatbestand des § 37 Asb. 1 AsylG ist nicht teleologisch zu reduzieren und steht auch im Einklang mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013.
Tenor:
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2017 aufgehoben.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig.
Er ist eritreischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenem Bekunden im August 2015 aus Italien kommend über Schweden in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 04. Juli 2016 stellte er bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der Beklagten (Bundesamt) einen Asylantrag.
Das Bundesamt stellte am 11. Juli 2016 ein Aufnahmegesuch an die italienischen Behörden. Das italienische Innenministerium teilte daraufhin mit, dass dem Kläger bereits subsidiärer Schutz in Italien gewährt worden und er deshalb nicht im Rahmen des Asylverfahrens zurückzunehmen sei. Es folgte hierzu eine Zweitbefragung des Klägers am 10. Oktober 2016. Auf die Frage, ob Umstände der Abschiebung nach Italien entgegenstünden, erläuterte er, dass er in Italien nach dem Verlassen des Aufnahmelagers auf der Straße gelebt habe. Er sei beraubt und geschlagen worden. Er habe es nicht mehr ausgehalten und sei nach Schweden weitergereist. Dort habe er rund 1 1/2 Jahre gelebt, dann sei er nach Italien - Mailand - zurückgebracht worden. Er habe erfolglos versucht, eine Wohnung zu finden, sei wieder auf der Straße gelandet und habe schlimme Sachen erlebt.
Das Bundesamt lehnte zunächst mit Bescheid vom 01. März 2017 den Asylantrag des Klägers unter Ziffer 1 des Bescheides als unzulässig ab, stellte unter Ziffer 2 des Bescheides fest, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen, und forderte ihn unter Ziffer 3 des Bescheides auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Dem Kläger wurde zudem unter Ziffer 3 des Bescheides die Abschiebung nach Italien oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Die Abschiebung nach Eritrea schloss das Bundesamt aus. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.
Der Kläger erhob am 07. März 2017 gegen den vorgenannten Bescheid Klage vor dem erkennenden Gericht (3 A 1934/17) und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (3 B 1935/17). Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, er laufe im Falle einer Abschiebung Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Ihm drohten in Italien Obdachlosigkeit, Hunger und eine mangelhafte medizinische Versorgung. Das gelte insbesondere im Hinblick auf seine Erkrankung an Lungen-TBC. In Italien lägen systemische Mängel auch im Aufnahmesystem für Schutzberechtigte vor.
Das erkennende Gericht ordnete mit Beschluss vom 10. März 2017 (3 B 1935/17) die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers (Antragsteller im damaligen Verfahren) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 01. März 2017 an. Es wies mit Verfügung vom 13. März 2017 darauf hin, dass aufgrund des Beschlusses ein Fall des § 37 Abs. 1 AsylG vorliegen könne.
Die Beklagte erklärte daraufhin im Klageverfahren 3 A 1934/17, das Asylverfahren fortführen zu wollen, da der ursprünglich erlassene Bescheid aufgrund des stattgebenden Eilbeschlusses des Gerichts gemäß § 37 Abs. 1 AsylG unwirksam geworden sei. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit anschließend in der Hauptsache für erledigt, woraufhin das Verfahren (3 A 1934/17) mit Beschluss vom 28. März 2017 eingestellt wurde.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2017, zugestellt am 17. Oktober 2017, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers unter Ziffer 1 des Bescheides erneut als unzulässig ab, stellte unter Ziffer 2 des Bescheides fest, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen, und forderte ihn unter Ziffer 3 des Bescheides auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Dem Kläger wurde zudem unter Ziffer 3 des Bescheides erneut die Abschiebung nach Italien oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Die Abschiebung nach Eritrea schloss das Bundesamt aus.
Zur Begründung führte es insbesondere aus, dass § 37 Abs. 1 S. 2 AsylG „aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar“ sei. Es sei mit „den Grundsätzen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems nicht zu vereinbaren“, wenn im Falle eines Erfolgs des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens das Verfahren unmittelbar fortzuführen und eine sachliche Prüfung des Asylantrags vorzunehmen sei, obwohl der oder die Betreffende in einem anderen Mitgliedstaat „einen Status“ zugesprochen erhalten habe. Dies widerspreche insbesondere dem Sinn und Zweck der Optionsregelung des Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: VRL).
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.
Der Kläger hat am 23. Oktober 2017 gegen diesen Bescheid Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es ergebe sich eindeutig aus § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, dass das Asylverfahren fortzuführen sei. Deshalb verbiete es sich - wie hier geschehen - einen Antrag erneut als unzulässig abzulehnen. Als Rechtsfolge des Beschlusses vom 10. März 2017 (3 B 1935/17) habe das Bundesamt die Pflicht, sich inhaltlich mit dem Asylbegehren auseinanderzusetzen. Ihm habe Flüchtlingsschutz gewährt werden müssen, da er sich in Eritrea dem Volksdienst entzogen und deshalb bei einer Rückkehr dorthin mit einer unmittelbaren Inhaftierung und möglicherweise hieraus resultierender erheblicher Folgen für Leib und Leben zu rechnen habe. Dies sei eindeutig als staatliche Verfolgungsmaßnahme zu qualifizieren. Die Ziffer 2 des Bescheides sei ebenfalls rechtswidrig. Einer Abschiebung nach Italien stehe die rechtskräftige Entscheidung der Kammer vom 10. März 2017 entgegen, weshalb in Bezug auf das Zielland Eritrea habe entschieden werden müssen.
Nachdem er zunächst beantragt hat, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 12.10.17, zugestellt am 17.10.17, zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus, ganz hilfsweise für ihn Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, beantragt der Kläger nunmehr unter ausdrücklicher Rücknahme des Verpflichtungsantrags,
den Bescheid der Beklagten vom 12.10.17, zugestellt am 17.10.17, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten – die Beklagte mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2017 und der Kläger mit Schriftsatz vom 18. Januar 2018 – haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt.
II.
Im Übrigen ist die Klage, über die die Kammer gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, zulässig und begründet.
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und zudem fristgerecht erhoben worden.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2017 ist rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Das Bundesamt durfte den Asylantrag des Klägers nicht erneut als unzulässig ablehnen. Dieses Vorgehen verstößt gegen § 37 Abs. 1 AsylG.
a) Gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 AsylG werden die Entscheidungen des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nrn. 2 u. 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO - wie hier geschehen - entspricht. Das Bundesamt hat dann nach § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG das Asylverfahren fortzusetzen.
Das bedeutet, dass das Bundesamt in einer solchen Situation über den Asylantrag in der Sache zu entscheiden hat; der Asylantrag ist als beachtlich zu behandeln (Bergmann/Dienelt Ausländerrecht, AsylG, § 37 Rn. 3, beck-online; Erbs/Kohlhaas/Hadamitzky/Senge, AsylG § 37, Rn. 1-3, beck-online).
Wäre es dem Bundesamt demgegenüber möglich, den Antrag erneut nach § 29 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen, liefe die Norm in ihrem Regelungsgehalt nicht nur praktisch leer, sondern würde in ihr Gegenteil verkehrt, da dann das Bundesamt die Möglichkeit erhielte, entgegen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts einen Bescheid erneut auf derselben Grundlage zu erlassen. Darüber hinaus bestünde die Gefahr eines zirkulären Vorgangs, weil nach einer erneuten Entscheidung des Gerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO ggf. wiederum die Wirkung des § 37 Abs. 1 AsylG eintreten würde und dann das Bundesamt erneut den Bescheid in der ursprünglichen Form erlassen könnte, usw. Dass die Beklagte diesen zirkulären Vorgang umgangen hat, indem sie eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt und in der Rechtsmittelbelehrung eine Klagefrist von zwei Wochen eingeräumt hat, wodurch die Klage aufschiebende Wirkung hat, ist für diese Betrachtung unerheblich, da dieses Vorgehen nicht der gesetzlichen Vorgabe für Fälle der vorliegenden Art entspricht (vgl.: §§ 29 Abs. 1 Nr. 2, 36 Abs. 1, 3 Satz 1 AsylG).
b) Der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teilweise geäußerten Auffassung, wonach § 37 Abs. 1 S. 1 AsylG im Wege der teleologischen Reduktion auf jene Fälle zu beschränken sei, in denen nicht nur die Abschiebungsandrohung, sondern auch die Unzulässigkeitsentscheidung selbst durchgreifenden rechtlichen Zweifeln begegnet (so VG Lüneburg, Urteil vom 13. Dezember 2016 - 8 A 175/16 - juris), vermag die Kammer nicht zu folgen (so im Ergebnis auch: VG Trier, Beschluss vom 16. März 2017 – 5 L 1846/17.TR –, Rn. 15, juris; VG Köln, Urteil vom 17. August 2017 – 20 K 2037/17.A –, Rn. 22, juris). Angesichts des klaren Wortlauts der Vorschrift und des Fehlens konkreter Anhaltspunkte für einen davon abweichenden bestimmbaren Willen des Gesetzgebers scheidet eine teleologische Reduktion aus.
Auf die Gründe, aus denen die stattgebende Entscheidung im Eilverfahren ergangen ist, kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Abs. 1 AsylG nicht an. Diese Vorschrift normiert vielmehr, dass die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Hierbei differenziert sie nicht danach, aus welchen Gründen dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen wird. Auch aus den Materialien zum Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. 2016, Teil I, Nr. 39; Gesetzentwurf BT-Drucksache 18/8615, 31.05.2016) lässt sich kein abweichender Wille des Gesetzgebers entnehmen. Vielmehr legen die Materialien nahe, dass es sich bei der Neuregelung des § 37 AsylG lediglich um eine redaktionelle Anpassung an die Neuregelung des § 29 AsylG handelte, indem schlicht der Begriff „unbeachtlich“ durch „unzulässig“ ersetzt wurde, vermutlich unter versehentlicher Außerachtlassung der inhaltlichen Neugestaltung des § 29 AsylG.
Auch die innere Systematik des § 37 AsylG steht einer teleologischen Reduktion des Absatzes 1 entgegen.
§ 37 Abs. 3 AsylG sieht vor, dass die Regelungen des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG keine Anwendung finden, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird. Diese Regelung knüpft an § 59 Abs. 3 Satz 3 AufenthG an, wonach eine Abschiebungsandrohung lediglich teilrechtswidrig ist, wenn dem Ausländer die Abschiebung in einen Staat angedroht wurde, für den ein Abschiebungsverbot besteht. Das bedeutet, dass § 37 Abs. 3 AsylG nur dann Anwendung findet, wenn in einer Abschiebungsandrohung mehrere Zielstaaten benannt sind, das Gericht dem Eilrechtsschutzantrag jedoch nur partiell stattgibt, weil es im Hinblick auf zumindest einen der bezeichneten Zielstaaten keine ernstlichen Zweifel an der Zulässigkeit der Abschiebung in diesen Staat hat. Der Gesetzgeber wollte demnach die gesetzliche Unwirksamkeitsfolge des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG für jene Fälle ausschließen, in denen das Gericht nicht hinsichtlich aller in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Zielstaaten ein Abschiebungsverbot annimmt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG grundsätzlich auch dann Anwendung finden muss, wenn dem Eilrechtsschutzantrag allein aufgrund des Vorliegens von Abschiebungsverboten stattgegeben wird, denn andernfalls besäße die Rückausnahme des § 37 Abs. 3 AsylG keinen sachlich sinnvollen Anwendungsbereich (vgl.: VG Trier, Beschluss vom 16. März 2017 – 5 L 1846/17.TR –, Rn. 15, juris).
Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 37 Abs. 1 AsylG je nachdem, ob der Erfolg des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO auf tatsächlichen Zweifeln an einer Schutzgewährung im Drittstaat beruhte oder auf systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen im Drittstaat oder „nur“ auf Verstößen gegen die Anforderungen der Art. 20ff. Richtlinie 2011/95/EU, verbietet sich zudem auch deshalb, weil die rechtlichen Folgen von systemischen Mängeln im Drittstaat und/oder Verstößen gegen die Anforderungen der Art. 20ff. Richtlinie 2011/95/EU für die Zulässigkeit eines Asylantrags in der Bundesrepublik sowohl auf nationaler Ebene als auch auf europarechtlicher Ebene nicht abschließend geklärt sind (so auch: VG Köln, a.a.O., Rn. 24, mit Verweis auf: Hess. VGH, Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A - und den Vorlagebeschluss des BVerwG an den EuGH vom 27.06.2017 - 1 C 26.16 -).
c) Warum § 37 Abs. 1 AsylG vor dem Hintergrund von Art. 33 VRL „aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar“ sein soll, erschließt sich der Kammer nicht. Diese Norm bestimmt in Absatz 1 lediglich, dass die Mitgliedstaaten nicht prüfen müssen, ob dem Antragsteller der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU zuzuerkennen ist, wenn ein Antrag auf Grundlage des vorliegenden Artikels als unzulässig betrachtet wird. In Absatz 2 lit. a) wird aufgeführt, dass Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nur dann als unzulässig betrachten können, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat. Art. 33 VRL gibt den Mitgliedstaaten demnach lediglich die Möglichkeit („nicht prüfen müssen“, „betrachten können“), einen Antrag als unzulässig zu betrachten. Diese Norm ist jedoch nicht so auszulegen, dass die Mitgliedstaaten in eine solche Richtung verpflichtet werden sollen.
d) Ob der Erlass des streitgegenständlichen Bescheides darüber hinaus als unzulässige Rechtausübung anzusehen ist, da das Bundesamt für die Beklagte im vorangegangenen Verfahren (3 A 1934/17) erklärt hatte, das Asylverfahren fortführen zu wollen und das Verfahren daraufhin von den Beteiligten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, kann insofern dahinstehen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Klage zurückgenommen worden ist, aus § 155 Abs. 2 VwGO und im Übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.