Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.03.2018, Az.: 13 A 12144/17

Asyl; Griechenland; unzulässiger Asylantrag

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.03.2018
Aktenzeichen
13 A 12144/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73929
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuerkennung von Familienasyl, weil seine Ehefrau in Deutschland als Flüchtling anerkannt wurde.

Bei dem Kläger handelt es sich nach eigenen Angaben um einen 1975 in Beirut geborenen libanesischen Staatsbürger.

Seiner Ehefrau wurde mit Bescheid der Beklagten vom 10.08.2017 der Flüchtlingsstatus zuerkannt.

Der Kläger reiste nach eigenem Bekunden Anfang August 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 08.08.2016 einen Asylantrag.

Er gab an, über die Türkei in Griechenland eingereist zu sein. In Griechenland habe er sich über ein Jahr aufgehalten.

In einem weiteren persönlichen Gespräch am 10.08.2016 gab er an, in Deutschland gebe es ein soziales System, in dem jedem Menschen eine menschenwürdige Behandlung zu Teil wird. Hier werde man wie ein Mensch behandelt. Das gebe es in Norwegen und Schweden nicht.

Die norwegischen Behörden teilten mit, dass der Kläger in Norwegen 2009 und zuvor bereits 2002 in Schweden und im Jahre 2006 in Griechenland um Schutz nachgesucht hat. Die norwegischen Behörden lehnten eine Übernahme des Klägers ab. Die schwedischen Behörden teilten mit, dass der Kläger 2009 nach Griechenland abgeschoben worden sei.

Das Bundesamt ermittelte weiterhin, dass der Kläger in Griechenland erfolgreich einen Asylantrag gestellt hatte und ihm dort internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt wurde.

Mit Bescheid vom 10.11.2017 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge lehnte die Beklagte den erneuten Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz. In der Begründung des Bescheides wird sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Abschiebungsverbote hinsichtlich Griechenland vorliegen.

Der Bescheid wurde am 13.11.2017 als Einschreiben zur Post gegeben.

Der Kläger hat am 28.11.2017 Klage erhoben.

Er trägt vor: er habe nach § 26 AsylG Anspruch auf Familienasyl. Seine Frau sei als Flüchtling anerkannt. Seit 2007 seien sie verheiratet. Sein Aufenthaltstitel in Griechenland sei erloschen. Er habe das Gebiet des Mitgliedstaates für mehr als 6 Monate verlassen. Es liege ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz vor. In Griechenland seien die Aufnahmebedingungen unmenschlich. Es gebe keine hinreichend verlässliche Grundlage, die die bislang für Griechenland angenommenen systemischen Mängel entkräften würden. Die Verhältnisse in Griechenland hätten sich nicht nachhaltig geändert. In Griechenland seien keine Sozialwohnungen, mit Subventionen, Fördermittel, spezielle Fonds oder sonstige finanzielle Hilfen verfügbar. Im Falle von Obdachlosigkeit müssten Flüchtlinge mit bedürftigen Griechen um die geringen Hilfsmöglichkeiten lokaler Behörden konkurrieren. Dabei würden sie oft diskriminiert.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2017 zu verpflichten, ihn, den Kläger, als Flüchtling anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus vorliegen, weiter hilfsweise, festzustellen, dass in seiner Person Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Aufenthaltsgesetz vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen.

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 14.03.2018 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter.

Die Klage ist nur als (isolierte) Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) statthaft, da das Bundesamt lediglich über die Zulässigkeit des Asylantrags in Deutschland entschieden und eine materielle Prüfung des Asylbegehrens durch das Bundesamt bislang noch gar nicht stattgefunden hat. Hinsichtlich eines Verpflichtungsantrags (die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen) ist eine Klageerhebung nicht zulässig. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist bei Entscheidungen nach § 27a AsylG anerkannt, dass allein die Anfechtungsklage statthaft ist (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, Rn. 13 juris). Wie bei einer sog. Dublin-Entscheidung geht es in Fällen der sog. Drittstaatenbescheide im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in erster Linie um die Prüfung, ob die Bundesrepublik Deutschland für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist. Nach alledem ist die Klage unzulässig, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzstatus und der Feststellung von Abschiebeverboten begehrt.

Soweit die Klage zulässige ist, ist sie unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat. Das ist hier unstreitig der Fall.

Das Verwaltungsgerichts Hannover hat in seinem Urteil vom 18.01.2017 - 2 A 5168/15 - u.a. entschieden:

   „Das Bundesamt ist jedenfalls bei Vorliegen einer ausländischen, den Flüchtlingsstatus zuerkennenden Entscheidung zur (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13 - juris Rn. 28 ff.; anders bei erneutem Asylantrag nach subsidiärer Schutzgewährung in einem Drittstaat, wenn der Asylantrag vor dem 20. Juli 2015 gestellt ist: BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41.15 -, juris). Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG darf ein Ausländer u.a. dann nicht abgeschoben werden, wenn er außerhalb des Bundesgebiets als ausländischer Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt ist. Damit erstreckt das Gesetz die abschiebungsrechtlichen Rechtswirkungen einer Anerkennungsentscheidung anderer Staaten auf Deutschland. Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist in diesem Falle kein Asylverfahren durchzuführen, denn der Ausländer hat dann bereits den erstrebten Flüchtlingsschutz. Da der Klägerseite bereits von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Bulgarien) die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, ist ihr erneut gestellter Asylantrag unzulässig. Ein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht nicht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015, a.a.O., Rn. 6). Es besteht kein Sachbescheidungsinteresse daran, in einem erneuten Asylverfahren die bereits zugesprochene Schutzposition nochmals von der Beklagten zu erhalten.
   Hat ein Ausländer - wie hier - bereits einen Schutzstatus erhalten, kommt es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat im Sinne von Art. 4 bzw. Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Der Inhalt und Umfang dieses Schutzes richtet sich nach Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU.
   Auf die Frage, ob das Asylsystem und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien an systemischen Mängeln (im Sinne von § 3 Abs. 2 Dublin III-VO) leiden, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da das Asylverfahren hier mit der in Bulgarien erfolgten Zuerkennung von Flüchtlingsschutz abgeschlossen ist.
   Die Dublin III-Verordnung ist somit nicht anwendbar. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 Dublin III-VO, wonach das in der Verordnung geregelte Verfahren (nur) dann eingeleitet wird, wenn in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Zudem wird in Art. 2 Buchst. c) und Buchst. f) Dublin III-VO ausdrücklich zwischen dem „Antragsteller“ und dem „Begünstigten internationalen Schutzes“ unterschieden. „Mit der Zuerkennung internationalen Schutzes in Bulgarien unterfällt die Klägerseite der in Art. 2 Buchst. f) Dublin III-VO genannten Definition der „Begünstigten“. Sie bleibt auch nach erneuter Asylantragsstellung in Deutschland „Begünstigte“ und kann daher nicht gleichzeitig wieder zur „Antragstellerin“ im Sinne der Verordnung werden. Letztlich ist das gesamte in der Verordnung geregelte Verfahren von dem Grundgedanken geprägt, dass Anträge auf internationalen Schutz von Personen, die in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union einreisen, nach Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates auch nur in diesem und bindend für alle anderen Mitgliedstaaten geprüft werden sollen (so i.E. auch VG Trier, Beschluss vom 16. April 2014 - 5 L 569/14.TR -, juris und Funke-Kaiser: in Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, § 27a, Rn. 34; a.A. VG Berlin, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 33 L 156.14 A -, juris).“

Dem schließt sich das Gericht auch in diesem Fall an. Der Umstand, dass möglicherweise durch die Heirat nunmehr auch die Anerkennung als Flüchtling im Rahmen eines sogenannten „Familienasyls“ gemäß § 26 Abs. 4 AsylG möglich sein könnte (die Voraussetzung hierfür erscheint jedoch unklar, da nicht sicher ist, ob die eheliche Lebensgemeinschaft überhaupt im Heimatland bestanden hat, weil der Kläger sich zu der Zeit der Heirat an sich in Griechenland hätte aufhalten müssen), begründet keine weitere Rechtsposition. Mehr als internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kann der Kläger nicht erreichen.

Für die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig aufgrund der Schutzgewährung eines anderen Mitgliedstaates gemäß § 29 Abs 1 Nr 2 AsylG (juris: AsylVfG 1992) ist es unerheblich, ob der Ausländer wegen des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG (juris: AufenthG 2004) nicht in den (formal) schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden kann (VG Lüneburg, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 8 A 170/16 –, juris m.w.N.).

Auch europarechtliche Gesichtspunkte gebieten kein anderes Ergebnis. Zwar beschränkt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nicht darauf, die Phase der Aufnahme der Flüchtlinge und des Verfahrens auf Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus menschenwürdig und zweckentsprechend in einer Art und Weise zu regeln, die geeignet ist, einen effektiven Flüchtlingsschutz zu gewährleisten, sondern nimmt das gemeinsame europäische Asylsystem erst Recht diejenigen Personen in den Blick, die nach Durchlaufen des Verfahrens von dem zuständigen Mitgliedstaat den internationalen Schutzstatus oder subsidiären Schutz zuerkannt bekommen haben (Hess. VGH, Urt. v. 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, juris, Rn. 22 ff.). Jedoch kann das durch das gemeinsame europäische Asylsystem vorgegebene Schutzniveau auch ohne nochmalige Prüfung des Asylantrags in der Bundesrepublik gewährt werden, sofern und solange der (formal) schutzgewährende Mitgliedstaat hierzu außerstande sein sollte. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb diese Garantien erfordern würden, der griechischen Schutzgewährung die Rechtswirkungen vollständig abzusprechen und eine - erneute - Entscheidung über das Asylbegehren zu treffen. Schon aufgrund der griechischen Schutzgewährung kann der Kläger nicht in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden, was von der Beklagten kraft Gesetzes (§ 60 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG) zu berücksichtigen ist. Weshalb das Bundesamt vor diesem Hintergrund erneut über sein Asylbegehren (hinsichtlich des Herkunftsstaates) entscheiden sollen müsste, ist nicht ersichtlich (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26.10.2016 - 2 LA 215/15 -; OVG NRW, Urt. v. 24.8.2016 - 13 A 63/16.A -, juris; VG Lüneburg, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 8 A 170/16 –, Rn. 41, juris).

Es besteht weiterhin kein Anlass, das Ergebnis des Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH (Az. C-517/17) abzuwarten. Die dortige Fragestellung setzt voraus, dass der Drittstaat den Anforderungen der Art. 20ff. Richtlinie 2011/95/EU nicht genügt. Dafür liegen indes hinsichtlich Griechenlands keine Anhaltspunkte vor.

Im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Dem Kläger ist es nicht gelungen, diese Gründe zu entkräften.

Aus dem Tenor des Bescheides vom 10.11.2017 ergibt sich nicht, hinsichtlich welcher Länder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Abstimmungsverbote geprüft hat. Im Zusammenhang mit der Begründung ist jedoch ersichtlich, dass sich die Verneinung von Abschiebungsverboten auf Griechenland beziehen.

Auch insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Das dem Kläger in Griechenland Gefahren drohen, vor denen § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG schützen will, ist nicht ersichtlich.

Nach der aktuellen Auskunftslage gewährt Griechenland anerkannt Schutzberechtigten prinzipiell Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, zum Arbeitsmarkt und zur Sozialversicherung (vgl. Deutscher Bundestag, 2016: Sozialleistungen für Asylsuchende und Flüchtlinge in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten, WD 6 - 056/16, S. 9, abrufbar unter https://www.bundestag.de - im Folgenden: Deutscher Bundestag). In der Praxis sorgt - wie auch bei der einheimischen Bevölkerung - die schlechte wirtschaftliche und staatlich-administrative Situation des Landes für starke Einschränkungen bei der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Rechte. Es gibt zwar eine „Nationale Integrationsstrategie“, jedoch fehlen zielgerichtete Maßnahmen zur Integration und Unterstützung nach der Zuerkennung eines Schutzstatus (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Griechenland, 5. August 2016, S. 16 m.w.N., abrufbar unter https://milo.bamf.de - im Folgenden: BFA, Länderinformationsblatt; UNHCR, Greece As a Country of Asylum, UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Greece, Dezember 2014, S. 31, abrufbar unter http://www.refworld.org/docid/ 54cb3af34.html - im Folgenden: UNHCR Dezember 2014). Auf lokaler Ebene bestehen im ganzen Land gegenwärtig 53 sogenannte Integrationsräte, welche das Ziel verfolgen, Integrationsprobleme zu identifizieren und dem jeweiligen Gemeinderat Vorschläge für eine möglichst reibungsfreie Integration von Einwanderern zu unterbreiten (vgl. UN Human Rights Council, 22. Februar 2016: National report submitted in accordance with paragraph 5 of the annex to Human Rights Council resolution 16/21, Greece, S.10, abrufbar unter http://www.refworld.org/docid/572859ec4.html). Hinzu kommen Initiativen kommunaler und zivilgesellschaftlicher Akteure. Die Nichtregierungsorganisation „Greek Council for Refugees“ unterstützt unter anderem Schutzberechtigte bei der Integration in die lokale Gemeinschaft. Das Interkulturelle Zentrum zur Förderung der Integration „PYXIS“ bietet kostenlose Sprach- und andere Kurse an, jedoch vorwiegend für Kinder (vgl. Greek Council for Refugees: What We Do, abrufbar unter http://www.gcr.gr/index.php/en/about-gcr/what-we-do und Intercultural Centre for the Promotion of Refugee Integration “PYXIS”, abrufbar unter http://www.gcr.gr/index.php/en/about-gcr/structure/compass).

Allerdings existieren weder für Einheimische noch für Schutzberechtigte Unterstützungsleistungen im Sinne klassischer Sozialhilfe oder Hilfen bei der Wohnungssuche. Nach Erhalt des Schutzstatus müssen die Betroffenen die Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber verlassen. Staatlicherseits sind für Zuwanderer - ebenso wie für Einheimische - keine Sozialwohnungen, Mietsubventionen, Fördermittel, spezielle Fonds oder sonstigen finanziellen Hilfen verfügbar. Im Falle von Obdachlosigkeit müssen die Flüchtlinge mit bedürftigen Griechen um die geringen Hilfsmöglichkeiten lokaler Behörden konkurrieren, wobei sie oftmals Diskriminierungen ausgesetzt sind (vgl. BFA, Länderinformationsblatt, S. 16 m.w.N.; Greek Council for Refugees, REPORT OF THE GREEK COUNCIL FOR REFUGEES TO THE UN COMMITTEE ON ECONOMIC, SOCIAL AND CULTURAL RIGHTS IN VIEW OF ITS 55th SESSION, S. 7, abrufbar unter http://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CESCR/Shared% 20Documents/ GRC/INT_CESCR_ICO_GRC_19295_E.pdf - im Folgenden: Greek Council for Refugees; Staatssekretariat für Migration: Consulting. Griechenland: Aufnahmesituation für Personen mit Schutzstatus, 1. Dezember 2015, S. 1 - im Folgenden: Staatssekretariat für Migration; UNHCR, 30. Januar 2015, Asylsystem in Griechenland trotz Reform mangelhaft, S. 2, abrufbar unter http://www.unhcr.de/home /artikel/a1c14b35587a7335ad1 fbd905e1397ae/asylsystem-in-griechenland-trotz-reform-mangelhaft.html - im Folgenden: UNHCR Januar 2015; UNHCR Dezember 2014, S. 32). Auch gibt es für Einheimische und für Migranten keine staatliche Strategie zur Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt und nur wenige Programme in diese Richtung. Oft haben Flüchtlinge nicht die nötigen Papiere für eine Teilnahme. Arbeitslosigkeit ist daher bei Schutzberechtigten ein großes Problem (vgl. BFA, Länderinformationsblatt, S. 16 f. m.w.N.; Greek Council for Refugees, S. 2; UNHCR Januar 2015, S. 2; UNHCR Dezember 2014, S. 32). Im 3. Quartal 2015 lag die Arbeitslosigkeit bei Drittstaatsangehörigen in Griechenland bei 29,6 % (vgl. Asylum Information Database, Country Report: Greece, November 2015, S. 86, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_update. iv_.pdf) Überdies ist das Existenzminimum nicht abgesichert, zumal es keine klassische Sozialhilfe gibt. Dies gilt für griechische Staatsbürger und für Personen mit Schutzstatus gleichermaßen (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Sozialkompass Europa, Griechenland: Soziale Notlagen, abrufbar unter http://www.sozialkompass.eu; Staatssekretariat für Migration, S. 2; Vergleich der Sozialleistungen in Europa, abrufbar unter Vergleich-der-Sozialleistungen-in-Europa.pptx; Die Welt, 24. September 2015, So großzügig ist Deutschland zu Flüchtlingen wirklich, abrufbar unter https://www.welt.de/wirtschaft/article146786866/So-grosszuegig-ist-Deutschland-zu-Fluechtlingen-wirklich.html). Flüchtlinge und Asylsuchende haben den gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung wie griechische Staatsbürger. Nicht Krankenversicherte erhalten im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens dieselben Rechte wie die Versicherten. Sämtliche ärztliche Untersuchungen und Eingriffe sind kostenfrei. Bei Operationen in den öffentlichen Krankenhäusern fallen keine Zuzahlungen an, die zahnmedizinische Versorgung ist ebenso kostenfrei wie die Betreuung Schwangerer durch Hebammen. Dasselbe gilt für die Versorgung mit Arzneimitteln aus öffentlichen und privaten Apotheken. Die nicht Versicherten haben zudem einen Anspruch auf kostenlose Physiotherapie und Logopädie (VG Berlin, Beschluss vom 17. Februar 2017 – 23 L 1629.16 A – mit einer Reihe von Nachweisen).

Letztlich haben die anerkannt Schutzberechtigten in Griechenland die gleichen (limitierten) Rechte wie die einheimische Bevölkerung, von der ebenfalls erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgt. Dies ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -, juris Rn. 53 ff. und vom 19. Mai 2016 - 13 A 1490/13.A -, juris Rn. 89 ff.; VG Saarland, Beschluss vom 29. Dezember 2016 - 3 L 2669/16 -, juris Rn. 12 - jeweils m.w.N. zu Italien). Die Lebensbedingungen für Personen mit internationalem Schutzstatus in Griechenland mögen zwar sehr schwierig sein, zumal sie - anders als die griechische Bevölkerung - in der Regel nicht über ein familiäres Netzwerk verfügen. Es herrschen allerdings nicht derart handgreiflich eklatante Missstände, die den Schluss zuließen, anerkannte Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem Antragsteller müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Einem gesunden und arbeitsfähigen Mann - wie dem Antragsteller - ist es in Griechenland möglich und zumutbar, seine Bedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit zu decken (ebenso Österreichisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. November 2016 - W192 2128629-2 -, S. 11, abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at¸ auch VG Berlin, Beschluss vom 17. Februar 2017 – 23 L 1629.16 A –, Rn. 12, juris; vgl. auch VG des Saarlandes, Urt. v. 15.03.2017, 3 K 1165/16). Selbst das VG Göttingen sieht hinsichtlich Griechenland keine Anhaltspunkte für einen generellen Verstoß gegen Art. 3 EMRK und äußert Bedenken nur bei besonders schutzbedürftigen anerkannten Schutzberechtigten ((Beschl. V. 26.04.2017 – 3 B 267/17, juris Rnr. 15).

Bestätigt werden diese Einschätzungen auch durch eine aktuelle Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27.12.2017 an das Verwaltungsgericht Leipzig. Auch darin wird bestätigt, dass anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland die gleichen Rechtspositionen hinsichtlich des Zugangs zu den Systemen der allgemeinen Sozialhilfe wie griechische Staatsbürger innehaben. Inoffiziell geht danach die europäische Kommission auch von einer Verlängerung der Unterbringung für anerkannte Schutzberechtigte aus, solange diese ersichtlich keinen ausreichenden Zugriff auf privat oder staatlich organisierten Wohnraum haben einige Nichtregierungsorganisationen bieten danach ergänzend Unterstützung bei einer temporären Unterbringung an. Auch haben anerkannte Schutzbedürftige einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltlich medizinische Behandlung und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen.

Es darf zudem auch nicht ganz aus den Blick verloren werden, dass wohl schwerlich an den Lebensstandard und an die soziale Sicherung bei einem Aufenthalt in einem schutzgewährenden Land weitaus höhere Anforderungen gestellt werden können, als dies ein im Heimatland des jeweiligen Flüchtlings nicht verfolgter Einwohner ohne Anspruch auf Feststellungen von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich seines Heimatlandes hinzunehmen hat.

Im Übrigen hätte der Kläger die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen seiner Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung iSd. Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Griechenland und letztendlich beim EGMR geltend zu machen (ebenso Bundesverwaltungsgericht Wien, a.a.O.).

Die Frage, ob durch eine Zurückschiebung des Klägers nach Griechenland Art. 6 GG bzw. Artikel 8 EMRK beeinträchtigt werden, stellt sich in diesem Verfahren nicht. Gegebenenfalls würde es sich um innerstaatliche Abschiebehindernisse handeln, die von der Ausländerbehörde, nicht jedoch von der Beklagten zu prüfen wären. Hier hat die Beklagte jedoch bereits im Hinblick auf die genannten Grundrechte auf eine Abschiebungsandrohung verzichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.