Sozialgericht Hildesheim
Urt. v. 28.01.2010, Az.: S 40 AY 172/08
Rechtmäßigkeit eines Ausschlusses vom Bezug privilegierter Leistungen für Asylbewerber bei der Täuschung eines kosovarischen Staatsangehörigen über die Volkszugehörigkeit zum Volk der Albaner; Täuschung eines kosovarischen Staatsangehörigen mit Zugehörigkeit zum Volke der Roma über die Zugehörigkeit zum Volke der Albaner als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer in Deutschland
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 28.01.2010
- Aktenzeichen
- S 40 AY 172/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 33299
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHILDE:2010:0128.S40AY172.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 25 Abs. 5 AufenthG
- § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG
- § 2 Abs. 1 AsylbLG
- § 3 AsylbLG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für den Zeitraum Juni und Juli 2008 im Streit.
Die 1969 geborene Klägerin zu 1 ist kosovarische Staatsangehörige und die Mutter des 1997 in Deutschland geborenen Klägers zu 2. Sie reiste nach eigenen Angaben 1988 erstmals illegal in das Bundesgebiet ein und stellte 1994 einen Asylantrag, wobei sie angab, albanische Volkszugehörige zu sein. Ihr Asylantrag wurde mit Bescheid vom 1. August 1994 als offensichtlich unbegründet abgelehnt; in der Begründung der Entscheidung führte das Bundesamt aus, dass es sich bei der Klägerin zu 1 vermutlich um eine Angehörige der Volksgruppe der Roma handele. In der Folgezeit wurde sie zunächst geduldet, da von der tatsächlichen Unmöglichkeit von Abschiebungen albanischer Volkszugehöriger nach Jugoslawien ausgegangen wurde. Eine im März 1998 eingeleitete Rückführungsmaßnahme wurde letztlich nicht durchgeführt.
Nach Einreise in das Bundesgebiet bekam die Klägerin zu 1 mit ihrem damaligen Lebensgefährten, Herrn J., 1990 und 1991 ihre ersten Kinder. Ihr Lebensgefährte verbüßte sodann von 1993 bis 1998 eine Haftstrafe. Im November 1994 wurde er ausgewiesen, 2002 und 2007 abgeschoben.
Am 22. November 1999 stellten die Kläger Asyl- bzw. Asylfolgeanträge. Im Mai 2000 gab die Klägerin zu 1 schließlich an, eine Angehörige der Volksgruppe der Roma zu sein und legte eine Bescheinigung der S. D. Roma Union e.V. vor. Die Anträge der Kläger wurden mit Bescheid vom 11. Juli 2002 bestandskräftig abgelehnt.
Aufgrund psychischer Beeinträchtigungen wegen massiver Bedrohungen durch ihren Ehemann erhielt die Klägerin zu 1 am 18. Dezember 2006 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG); über eine solche Aufenthaltserlaubnis verfügt der Kläger zu 2 seit Juli 2007.
Während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet bezogen die Kläger über einen längeren Zeitraum als 48 Monate Leistungen nach § 3 AsylbLG. Bis Februar 2008 erhielten sie vom Antragsgegner sog. privilegierte Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, zuletzt schriftlich bewilligt mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 "für den Monat 11.2007", wobei der Beklagte ausdrücklich darauf hinwies, dass die Festsetzung der Leistungen für die nachfolgenden Monate gesondert durch die Auszahlung oder Überweisung der Leistungen und ggf. Auszahlung an Drittempfänger oder durch einen erneuten schriftlichen Bescheid erfolge.
Erstmals mit Bescheid vom 22. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom März bis Mai 2008 lediglich Leistungen nach § 3 AsylbLG. Diese Entscheidung ist Gegenstand des vor dem Sozialgericht (SG) Hildesheim anhängigen Klageverfahrens zum Aktenzeichen S 39 AY 161/08.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern Grundleistungen nach § 3 AsylbLG "für den Monat 6.2008" in Höhe von 402,92 Euro, wobei auf die Klägerin zu 1 ein Betrag in Höhe von 184,07 Euro zzgl. Taschengeld (40,90 Euro) und auf den Kläger zu 2 ein Betrag in Höhe von 158,50 Euro zzgl. Taschengeld (20,45 Euro) entfiel. Die Leistung für Unterkunft und Heizung wurde durch Sachleistung gewährt und in einem gesonderten Bescheid geregelt. Zusätzlich wurde den Klägern mit Bescheid vom 12. Juni 2006 eine einmalige Beihilfe für die Anschaffung eines Herdes in Höhe von insg. 205 Euro gewährt. Für den Kläger zu 2 erhielt die Klägerin zu 1 mit Bescheid vom 19. Juni 2008 weiterhin eine Beihilfe zur Anschaffung von Schulmaterial in Höhe von 87,35 Euro.
Den gegen den Bescheid vom 6. Mai 2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte für den Leistungszeitraum Juni bis Juli 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Leistungsbewilligung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin zu 1 entgegen stehe. Diese habe erst nach dem fünfjährigen illegalen Aufenthalt in Deutschland seit 1989 einen Asylantrag gestellt und sei seit der Ablehnung des Antrags im Jahre 1995 vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Erfolgte Abschiebungsandrohungen seien wegen der zu-nächst angegebenen albanischen Volkszugehörigkeit nicht durchgeführt worden. Nach Besserung der Verhältnisse für albanische Volkszugehörige im Kosovo habe die Klägerin zu 1 erst mit Stellung eines Asylfolgeantrags 2000 ihre Zugehörigkeit zum Volke der Roma erklärt, weswegen fortan Abschiebungen wiederum nicht möglich gewesen seien. Die Angabe einer falschen Volkszugehörigkeit habe der Aufenthaltsverlängerung in Deutschland gedient. Dieses rechtsmissbräuchliche Verhalten im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG der gesetzlichen Vertreterin sei dem minderjährigen Kläger zu 2 zuzurechnen. Auch stehe einer Leistungsgewährung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG die Leistungseinschränkung gem. § 2 Abs. 3 AsylbLG entgegen.
Hiergegen richtet sich die beim Sozialgericht (SG) Hildesheim am Montag, den 11. August 2008, eingegangene Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Klägerin zu 1 ihre Aufenthaltsdauer in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst habe. Zum einen sei ihr die vorgeworfene Täuschung über die albanische Volkszugehörigkeit bei Asylerstantragstellung 1994 nicht gelungen; dies ergebe sich aus der Begründung des Ablehnungsbescheids, nach der das Bundesamt ohnehin von einer Zugehörigkeit zum Volke der Roma ausgegangen sei. Zum anderen könne hierbei ein auf die Aufenthaltsverlängerung bezogener Vorsatz der Klägerin zu 1 nicht unterstellt werden, da Abschiebungen nach Jugoslawien zumindest bis 1996 ohnehin nicht durchgeführt worden seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass in Jugoslawien die Unterscheidung nach der Volkszugehörigkeit ohne Bedeutung gewesen sei. Schließlich verstoße der Vorwurf eines so lang zurückliegenden Verhaltens gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn dadurch die Klägerin auf Dauer vom Leistungsbezug nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ausgeschlossen werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 6. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 zu verurteilen, den Klägern unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen solche gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 ergänzend weist er auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hin, nach der - hier im Hinblick auf die nach Auffassung der Klägerin zu 1 erfolglose Täuschung über ihre Volkszugehörigkeit - bei der Beurteilung des rechtmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG allein auf einen abstrakt-generellen Maßstab und auf den gesamten Zeitraum des Aufenthalts in Deutschland abzustellen sei. Es greife auch keine Ausnahme von dieser Betrachtungsweise, da die Abschiebung der Kläger während ihres gesamten Aufenthalts in Deutschland nicht ausgeschlossen gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 28. Januar 2010, den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Vorprozessakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER sowie der ebenfalls beigezogenen Leistungs- uns Ausländerakten des Beklagten; diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 6. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2008 ist rechtmäßig; die Kläger sind durch diese Entscheidung nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Kläger waren in dem streitgegenständlichen Zeitraum, den Monaten Juni und Juli 2008, als Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG. Ihr Leistungsanspruch richtete sich der Höhe nach nach den§§ 1, 3 AsylbLG (sog. Grundleistungen), wie mit der angefochtenen Entscheidung verfügt. Ein Leistungsanspruch nach§ 2 Abs. 1 AsylbLG stand den Klägern im o. g. Zeitraum nicht zu.
Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhält, § 2 Abs. 3 AsylbLG.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Juni 2008, Az.: B 8/9b AY 1/07 R) setzt die rechtsmissbräuchliche Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung getragen ist. Dabei ist bei der Frage, ob die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst wurde, auf die gesamte Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet und nicht etwa nur auf die Dauer des Aufenthalts nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags abzustellen. Das rechtsmissbräuchliche Verhalten muss nicht ursächlich für den weiteren Verbleib in Deutschland sein; nach dem Gesetzeswortlaut ("Beeinflussung", nicht Verlängerung) und der Gesetzesbegründung reicht eine typisierende, also generell-abstrakte Betrachtungsweise hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes aus (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 43). Eine Ausnahme von der typisierenden Betrachtungsweise muss allerdings dann gemacht werden, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum ab dem Zeitpunkt des Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können (BSG, a.a.O., Rn. 44). Wegen der schwerwiegenden Folgen eines Leistungsausschlusses nach § 2 Abs. 1 AsylbLG führt nur ein Verhalten, das unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), zum Ausschluss von Analog-Leistungen; nur dann ist es gerechtfertigt, auch die minderjährigen Kinder mit den Folgen dieses Verhaltens zu belasten (BSG, a.a.O.).
Nach diesen Maßgaben hat die Klägerin zu 1 die Aufenthaltsdauer in Deutschland durch die Täuschung über ihre Volkszugehörigkeit über einen Zeitraum von 1994 bis 2000 rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst, mit der Folge, dass ihr keine privilegierte Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zustehen. Dem Leistungsanspruch des Klägers zu 2 steht § 2 Abs. 3 AsylbLG entgegen.
Die bei Asylerstantragstellung 1994 verübte Täuschung über die Zugehörigkeit zum Volke der Albaner hat sich für die Klägerin zu 1 unter Berücksichtigung der vereinzelten Anerkennung von albanischen Volkszugehörigen als Asylberechtigte in den 90iger Jahren und der maßgeblichen ministeriellen Erlasslage, die vom Beklagten im Beschwerdeverfahren zum Az.: L 11 AY 44/09 ER dargelegt worden ist (vgl. Schriftsätze vom 1. und 9. April 2009, Bl. 96 f., 98 ff. d. Beiakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER), als günstig dargestellt, um ihren Aufenthalt in Deutschland zu sichern. Dieses Verhalten ist in objektiver Hinsicht zweifelsfrei geeignet gewesen, die Aufenthaltsdauer in Deutschland zu beeinflussen, und zur Überzeugung des Gerichts in subjektiver Hinsicht auf ebendiesen Willen der Klägerin zu 1 zurückzuführen. Der Vortrag in mündlicher Verhandlung, sinngemäß zusammengefasst, die Unterscheidung nach der Volkszugehörigkeit habe in Jugoslawien keine nennenswerte Rolle gespielt und die Klägerin zu 1 habe die Bedeutung der Angabe als albanische Volkszugehörige womöglich verkannt, ist vorgeschoben. Aus dem in den Ausländerakten des Beklagten enthaltenen Asylanhörungsprotokoll vom 18. Juli 1994 ergibt sich, dass der Klägerin zu 1 sogar die vermutete Falschangabe der albanischen Volkszugehörigkeit vorgehalten worden ist und sie wesentliche Fragen zur albanischen Geschichte und Kultur nicht beantworten konnte. Dennoch hat sie diese Täuschung aufrecht erhalten und sich bis 2000 nicht veranlasst gesehen, die Ausländerbehörde des Beklagten über ihre wirkliche Volkszugehörigkeit aufzuklären. Dieses Beharren ist nur damit zu erklären, dass sich die Klägerin zu 1 über die ausländerrechtliche Bedeutung ihrer Falschangabe bewusst war. Auch greift nicht der Einwand, die Täuschung über ihre Volkszugehörigkeit sei der Klägerin zu 1 nicht gelungen. Ihre angeblich albanische Volkszugehörigkeit ist im Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 23. Oktober 1997 (Az.: 13 A 4969/97) und sogar noch im Asylantrag vom 22. November 1999 zu Grunde gelegt worden, vgl. die in den Ausländerakten des Beklagten enthaltene "Niederschrift zu einem Asylantrag" vom gleichen Tag. Die 2000 offenbarte Zugehörigkeit zum Volke der Roma ist auch nicht vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die Klägerin zu 1 nunmehr die Falschangabe - womöglich aus Gewissensgründen - aufklären wollte. Der Sinneswandel der Klägerin zu 1 ist vornehmlich mit der sich ändernden Situation im Kosovo zu erklären, dass fortan Abschiebungen von albanischen Volkszugehörigen möglich gewesen sind; dies hat nicht für Angehörige zum Volke der Roma gegolten (vgl. Erlasse des Nds. Innenministeriums vom 7. Dezember 1999 - 45.3-12230/01-1(§ 32a)1-1N4 - und 7. April 2000 - 45.3-12235/12-38-3 -, Bl. 103-107 d. Beiakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER).
Unter diesen Umständen wiegt die Täuschung über die Volkszugehörigkeit in dem Zeitraum von 1994 bis 2000 so schwer, dass auch unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. hierzu BSG, a.a.O.) ein dauerhafter Ausschluss vom Bezug privilegierter Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG gerechtfertigt ist. Diese Wertung steht im Gleichklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den Ausschlussgründen nach § 104a Abs. 1 Nr. 4 AufenthG (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Januar 2009, Az.: 10 ME 442/08). Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG (AufenthG 2004) nicht erteilt werden, wenn der Ausländer die Ausländerbehörde vorsätzlich über seine - dort ebenfalls albanische - Volkszugehörigkeit getäuscht hat. Bei der Beurteilung des Verhaltens der Klägerin zu 1 berücksichtigt das Gericht auch, dass sich ihr ausländerrechtlicher Status allein wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen gebessert hat; die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist ihr wegen ihrer psychischen Erkrankung und der erforderlichen Behandlung ausgestellt worden, ohne dass damit unbedingt eine dauerhafte Bleibeperspektive in Deutschland einhergeht (vgl. dazu auch Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen - LSG - vom 8. Juni 2009, Az.: S 11 AY 44/09 ER). Die Klägerin zu 1 hat bei einer Besserung ihres Gesundheitszustands nach wie vor mit einer Aufenthaltsbeendigung zu rechnen.
Die noch im erstinstanzlichen Eilverfahren (SG Hildesheim, Beschluss vom 28. Januar 2009, Az.: S 40 AY 16/09 ER) maßgeblichen Vorwürfe der Weigerung der freiwilligen Ausreise und des illegalen Aufenthalts in Deutschland von 1989 bis 1994 sind bei der Beurteilung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin zu 1 indes hintanzustellen, da eine zwangsweise Rückführung der Klägerin zu 1 nach Jugoslawien bis zur Asylerstantragstellung - unabhängig von der Angabe einer Volkszugehörigkeit - ohnehin nicht möglich gewesen ist. Ausweislich der Darlegungen des Beklagten im Beschwerdeverfahren zum Az.: L 11 AY 44/09 ER und der dort übersandten Erlasse des Nds. Innenministeriums (vgl. insb. Schriftsätze vom 1. und 9. April 2009, Bl. 96 f., 98 ff. d. Beiakte zum Az.: S 40 AY 16/09 ER; L 11 AY 44/09 B ER) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Abschiebungen nach Jugoslawien frühestens mit Abschluss des deutsch-jugoslawischen Rückübernahmeabkommens Ende 1996 in Betracht gekommen sind.
Nach den vorstehenden Ausführungen über die ministerielle Erlasslage zu der Aufenthaltsbeendigung von jugoslawischen Staatsangehörigen greift schließlich nicht der Einwand der Klägerin, eine Abschiebung nach Jugoslawien sei während ihres gesamten Aufenthalts in Deutschland nicht möglich gewesen. Eine Aufenthaltsbeendigung unter Zwang wäre nämlich zumindest theoretisch von 1996 bis 2000 möglich gewesen, was nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) ausreichend ist.
Der Leistungsanspruch des Klägers zu 2. scheitert an § 2 Abs. 3 AsylbLG, da er im streitgegenständlichen Zeitraum im Haushalt seiner Mutter, der Klägerin zu 1., gelebt und diese rechtmäßig keine Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalten hat.
Die Leistungsbewilligung nach § 3 AslybLG ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Kläger die ihnen bewilligten einmalige Beihilfen in Höhe von 205,00 Euro und 87,35 Euro nach dem von ihnen geltend gemachten Anspruch gem.§ 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) und der damaligen Gesetzlage ohnehin nicht hätten beanspruchen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Streitwert der Klage erreicht erkennbar nicht den für eine Berufung maßgeblichen Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750,00 Euro. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung nicht von ober- oder höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht.