Sozialgericht Hildesheim
Beschl. v. 28.07.2010, Az.: S 55 AS 1194/10 ER
Vor der Teilnahme an einer Maßnahme i.S.d. § 77 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III ist eine Beratung des Antragstellers erforderlich; Die Kosten für eine zweijährige Umschulung zur Hauswirtschafterin sind bei einer Eingliederungsvereinbarung über die finanzielle Förderung der Bewerbungsaktivitäten zu erstatten; Die Dauer einer Umschulung zur Hauswirtschafterin von zwei Jahren ist angemessen i.S.d. § 85 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB III
Bibliographie
- Gericht
- SG Hildesheim
- Datum
- 28.07.2010
- Aktenzeichen
- S 55 AS 1194/10 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 36725
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGHILDE:2010:0728.S55AS1194.10ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 16 Abs. 1 S. 2 SGB I
- § 77 Abs. 1 SGB III
- § 77 Abs. 2 SGB III
- § 77 Abs. 4 SGB III
- § 79 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB III
- § 80 SGB III
- § 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III
- § 86b Abs. 2 SGG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig a) die Weiterbildungskosten einschließlich der Fahrtkosten für die am 2. August 2010 beginnende und planmäßig bis einschließlich 1. August 2012 andauernde Weiterbildung der Antragstellerin zur Hauswirtschafterin bei dem Bildungsträger "Gemeinnützige Gesellschaft für berufliche Bildung Hildesheim mbH (GGBHmbH)", Pfaffenstieg 4-5, 31134 Hildesheim, zu übernehmen und b) der Antragstellerin für die unter a) genannte Weiterbildungsmaßnahme einen Bildungsgutschein auszuhändigen.
- 2.
Der Antragsgegner hat der Antragstellerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
- 3.
Der Antragstellerin wird für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in 1. Instanz ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin E. aus Hildesheim bewilligt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner Leistungen zur Eingliederung in Arbeit durch Übernahme von Weiterbildungskosten.
Die 1977 geborene Antragstellerin, die eine Mutter von zwei elf und dreizehn Jahre alten Kindern ist, steht seit langem im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und lebt mit den beiden Kindern sowie ihrem Verlobten F., der nicht der Kindsvater ist, in einer Bedarfsgemeinschaft.
Sie verfügt weder über einen Schulabschluss noch über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Nach einem Schulwechsel nach der 9. Klasse hatte sie die Berufschule besucht, diese aber ohne Abschluss beendet und eine begonnene Berufsausbildung als Schneiderin nach vier Monaten abgebrochen. Nach der Heirat mit G., der Geburt der zwei Kinder, der Trennung und Scheidung von ihrem Ehemann in den Jahren 2004 bzw. 2005 war sie lediglich geringfügig und aushilfsweise beschäftigt, u.a. als Hilfsarbeiterin in einem Möbelhaus (kurzzeitig im Juni/Juli 2007) und als Raumpflegerin (ab Ende 2008 mit wechselnder Verdiensthöhe zwischen 100 und 200 Euro monatlich).
In den Jahren 2005 bis 2010 entwickelte die Antragstellerin verschiedene Pläne, eine überbetriebliche Umschulung zu beginnen. Einige der zwischen den Beteiligten geschlossenen Eingliederungsvereinbarungen sahen dementsprechend eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Förderung der beruflichen Weiterbildung der Antragstellerin nach § 77 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 16 SGB II in Gestalt bestimmter Umschulungslehrgänge vor, so etwa diejenige vom 5. Dezember 2005 ("Haushaltsnahe Dienstleistungen" mit Nachholung des Hauptschulabschlusses). Es kam jedoch nicht zu einer Teilnahme der Antragstellerin an diesem Lehrgang. Die Gründe hierfür sind aus den Akten nicht ersichtlich.
Offenbar im Jahr 2006 prägte die Antragstellerin den Wunsch aus, im helfenden und pflegenden Berufsfeld tätig zu werden. An einer für Juni/Juli 2006 in einem Altenheim geplanten Trainingsmaßnahme "Eignungspraktikum Pflege" konnte die Antragstellerin krankheitsbedingt nicht teilnehmen. Vom 11. September bis 24. Oktober 2006 absolvierte sie jedoch erfolgreich einen Lehrgang zur Schwesternhelferin/Pflegediensthelferin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Hildesheim.
Die Eingliederungsvereinbarung vom 13. September 2007 enthielt die Verpflichtung des Antragsgegners, eine Umschulung der Antragstellerin zur Köchin finanziell zu fördern. Eine hierzu im Vorfeld (am 15. August 2007) vom Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit Hildesheim durchgeführte Eignungsfeststellung kam zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin insgesamt eine normal entwickelte intellektuelle Leistungsfähigkeit mit überdurchschnittlicher abstraktlogischer Denkfähigkeit aufweise und bei ihr daher Lern- und Denkfähigkeit gut ausgeprägt seien. Allerdings habe sie eine unterdurchschnittliche Rechtschreibungskompetenz. Sie sei für eine überbetriebliche Umschulung als Köchin geeignet. Auch die Umschulung als Köchin wurde jedoch nicht begonnen, offenbar weil der entsprechende Bildungsträger den für Oktober 2007 geplanten Beginn der Maßnahme einseitig auf Mai 2008 verschoben hatte und die Eingliederungsvereinbarung vom 13. September 2007 nur eine Gültigkeit bis zum 13. März 2008 hatte.
Stattdessen absolvierte sie im Frühjahr 2008 ein Praktikum in der Praxis für Ergotherapie ihrer Mutter H. in Hildesheim und war spätestens ab Ende 2008 dort geringfügig mit Hilfstätigkeiten beschäftigt. Nachdem Frau I. der Antragstellerin Anfang 2009 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis unter Erweiterung des Aufgabenfeldes u.a. auf Botendienste und Einkäufe in Aussicht gestellt hatte, wurde in die Eingliederungsvereinbarung vom 24. Februar 2009 die Verpflichtung des Antragsgegners aufgenommen, die Antragstellerin aus dem Vermittlungsbudget (§ 45 SGB III i.V.m § 16 SGB II) beim Erwerb eines Führerscheins der Klasse B finanziell zu fördern. Diese Förderung fand wie vereinbart statt. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Antragstellerin bei der Mutter kam jedoch nicht zustande.
Eine von der Antragstellerin am 6. August 2009 beantragte Förderung der beruflichen Weiterbildung zur Wellnesstherapeutin lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 7. September 2009 u.a. mit der Begründung ab, diese Umschulung sei mit Blick auf ihr geringes Potential zu einer späteren unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit nicht geeignet, die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin zu überwinden. Im Übrigen sei die Maßnahme zur beruflichen Eingliederung nicht erforderlich, weil die Antragstellerin bereits seit dem Erwerb des Führerscheins bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt der allgemeinen Hilfstätigkeiten im Bereich der ambulanten Alten- und Krankenpflege habe. Der gegen die Ablehnung erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2009 zurückgewiesen.
Die Eingliederungsvereinbarung vom 15. Dezember 2009 enthält nur noch die Verpflichtung des Antragsgegners, die Bewerbungsaktivitäten der Antragstellerin aus dem Vermittlungsbudget durch Erstattung der Kosten für schriftliche Bewerbungen und Fahrten zu Vorstellungsgesprächen finanziell zu fördern. Im Gespräch vom selben Tage, das dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung vorausging und in dem sich die Antragstellerin kurzzeitig mit der neuen Idee getragen hatte, alternativ eine Umschulung zur Sattlerin zu beginnen, führte der Fallmanager des Antragsgegners, Herr J., ein Profiling für den Zielberuf "Gesundheits- und Krankenpflegehelferin" durch, das im Hinblick auf den fehlenden Schul- und Berufsabschluss nicht mit einem positiven Ergebnis endete. Vielmehr wurde das gemeinsame Ziel "Mini-Jobs, Midi-Jobs, kurzfristige Beschäftigung" festgelegt, jedoch auch besprochen, dass sich die Antragstellerin selbständig über die Datenbank "Kursnet" der Bundesagentur für Arbeit über passende Umschulungskurse informiert.
Spätere Versuche der Antragstellerin, Anfang 2010 nach Absolvierung zweier Praktika eine Ausbildung zur Friseurin zu beginnen, scheiterten nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragstellerin an ihrem fortgeschrittenen Alter.
Im Gespräch vom 12. Februar 2010 teilte die Antragstellerin Herrn J. den Stand ihrer Bewerbungen als Friseurin mit und wies unter Bezugnahme auf einen einschlägigen Kursnetauszug darauf hin, dass für sie nunmehr als Alternative eine Ausbildung als Hauswirtschafterin in Betracht komme. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, auf einem anderen Weg ihre Hilfebedürftigkeit zu reduzieren und eine intensivere Jobsuche (v.a. im Bereich geringfügiger Tätigkeiten oder Zeitarbeit) durchzuführen und nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2010, eingegangen am 16. Juni 2010, beantragte die Antragstellerin sodann bei dem Antragsgegner, die Kosten für eine am 2. August 2010 beginnende zweijährige Umschulung zur Hauswirtschafterin bei der K. der Volkshochschule (VHS) L. zu übernehmen und ihr einen entsprechenden Bildungsgutschein auszuhändigen.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2010 lehnte der Antragsgegner die begehrte Förderung und die Ausgabe eines Bildungsgutscheins ab und führte zur Begründung aus, die sich aus § 77 SGB III i.V.m. § 16 SGB II ergebenden Voraussetzungen zur Förderung einer Weiterbildung lägen nicht vor. Zum einen sei aufgrund der Gesamtumstände im Fall der Antragstellerin noch eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme zumutbar, zum anderen sei die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme nicht notwendig, um die Antragstellerin beruflich einzugliedern.
Hiergegen hat die Antragstellerin noch am 22. Juni 2010 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist. Zugleich hat sie beim Sozialgericht Hildesheim um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie habe Anspruch auf die begehrte Förderung. Die Notwendigkeit der Weiterbildung zur beruflichen Eingliederung folge hier bereits daraus, dass sie, die Antragstellerin, zu dem in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB III genannten Kreis von Personen ohne Berufsabschluss und ohne mindestens dreijährige Berufserfahrung gehöre. Sie finde aufgrund ihres Alters auch keinen Betrieb mehr, der ihr eine Ausbildung ermöglichen würde; dies sei angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage ohne weiteres nachvollziehbar. Unverständlich sei demgegenüber die Forderung des Antragsgegners, dies nachzuweisen. Zur Gerichtsakte gereichte, vom Antragsgegner selbst bewilligte Bewerbungskostenabrechnungen vom 31. Dezember 2009 belegten, dass sie sich immer wieder erfolglos um einen Ausbildungsplatz als Friseurin beworben habe. Die bei ihr vorliegenden Umstände im Hinblick auf Alter, Familie, Schulbildung und berufliche Entwicklung (32 Jahre alt, alleinerziehend, zwei Kinder, weder Schul- noch Berufsabschluss, keine ungebrochene, einen Arbeitgeber überzeugende Erwerbsbiografie) stellten in der Kombination besonders ungünstige Faktoren dar, welche eine besonders schlechte Vermittelbarkeit auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nach sich zögen. Daraus folge zum einen die Unmöglichkeit, einen Ausbildungsplatz zu finden. Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung sei bereits ein Lebensalter von 30 Jahren als ein derartiges Hemmnis anerkannt; aber auch die familiäre Situation spreche gegen eine vollzeitige berufliche Ausbildung. Zum anderen rechtfertigten es die erwähnten Umstände in der Gesamtschau, bei der erstrebten Weiterbildung - die sich, anders als eine Ausbildung, mit ihrer besonderen familiären Situation in Einklang bringen lasse - besonders unterstützt zu werden, so dass sich die Ablehnung als ermessensfehlerhaft darstelle. Mini- und Midijobs, auf die der Fallmanager des Antragsgegners in letzter Zeit in ihrem Fall verwiesen habe, böten für sie als ungelernte Kraft ohne abgeschlossene Berufsausbildung keine dauerhafte berufliche Perspektive. Das jetzige erste einschlägige Angebot für die am 2. August 2010 beginnende Umschulung zur Hauswirtschafterin, die im Mehrgenerationenhaus Hildesheim stattfinden werde, habe sie auf Veranlassung des Antragsgegners in der Datenbank "Kursnet" recherchiert und sich dort mit Billigung des Antragsgegners erfolgreich beworben. Herr J. habe ihr im Gespräch vom 12. Februar 2010 sogar geraten, in ihre Bewerbung noch den Zusatz aufzunehmen, die Teilnahme an der Umschulung könne vom Antragsgegner gefördert werden. Vor diesem Hintergrund sei die spätere plötzliche Weigerung, ein zugehöriges vorausgehendes Praktikum zu genehmigen und die Weiterbildung als solche zu finanzieren, unverständlich. Die vom Fallmanager anlässlich einer Vorsprache am 21. Juni 2010 mündlich geäußerte Begründung, es stünden im Etat des Antragsgegners keine ausreichenden finanziellen Mittel für die Förderung beruflicher Weiterbildung mehr zur Verfügung, sei rechtlich nicht erheblich und trage eine Ablehnung daher nicht. Der Bildungsträger K. habe ihr mit Schreiben vom 9. Juni 2010 mitgeteilt, dass sie aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn für die betreffende Umschulung geeignet sei und bei Vorlage eines Bildungsgutscheins ab dem 2. August 2010 an der Umschulungsmaßnahme teilnehmen könne. Einschlägig sei die Weiterbildungsmaßnahme, weil sie, die Antragstellerin, aufgrund eines bei der Berufsschule Springe im Bereich Hauswirtschaft absolvierten Berufsausbildungsjahres 1993/94 bereits Vorkenntnisse im Bereich Hauswirtschaft aufweise, auf die dann - auch aus Sicht der K. - im Rahmen der Umschulung aufgebaut werden könne. Die auf sie anwendbare Sonderregelung aus § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3. Alt. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III verlange nach der herrschenden Rechtsprechung gerade keine positive Beschäftigungsprognose für die Zeit nach Maßnahmeende. Aber selbst wenn man dies anders sähe und wie der Antragsgegner eine konkrete Einstellungszusage fordere, erfülle sie diese Voraussetzung. Die M. Pflegeheim Betriebsgesellschaft mbH N. habe ihr, der Antragstellerin, nämlich mit Schreiben vom 8. Juli 2010 bei erfolgreichem Ausbildungsabschluss eine sozialversicherungspflichtige Anstellung in ihrem Haus "Seniorenwohnanlagen M. " in Aussicht gestellt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr die Weiterbildungskosten einschließlich der Fahrtkosten für den am 2. August 2010 beginnenden Ausbildungs-/Umschulungslehrgang zur Hauswirtschafterin bei dem Bildungsträger: O. zu bewilligen (P.), und zwar beginnend zum 2. August 2010 bis zum 1. August 2012, und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Q. zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verteidigt den Ablehnungsbescheid als rechtmäßig und wiederholt und vertieft die darin enthaltene Begründung. Dass die Antragstellerin aufgrund ihres Alters keinen Ausbildungsbetrieb mehr finde, sei nicht belegt. Weder sei ein gebundener Förderanspruch der Antragstellerin ersichtlich, noch könne eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen werden. Eine Einstellungszusage für die Zeit nach dem Maßnahmeende - die für eine Ermessenseinschränkung erforderlich sei - könne von der Antragstellerin nicht vorgelegt werden. Das Schreiben der Seniorenwohnanlage M. vom 8. Juli 2010 stelle keine Einstellungszusage, sondern eine nicht ausreichende bloß unverbindliche Inaussichtstellung dar. Er, der Antragsgegner, habe ausweislich eingereichter verbis-Vermerke zu keinem Zeitpunkt eine Förderzusage erteilt. Das am 15. Dezember 2009 mit der Antragstellerin durchgeführte Profiling für den Zielberuf "Gesundheits- und Krankenpflegehelferin" sei negativ verlaufen. Das Hauswirtschaftspraktikum sei deshalb nicht genehmigt worden, weil es nicht im direkten Zusammenhang mit einer Arbeitsaufnahme gestanden habe. Im Gespräch vom 12. Februar 2010 seien nur Bewerbungen der Antragstellerin als Friseurin durchgesehen worden, nicht jedoch ein Bewerbungsschreiben der Antragstellerin gegenüber der K ...
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten (Bände I bis IV) des Antragsgegners Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
1.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist. Das ist immer dann der Fall, wenn ohne den vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache im Falle des Obsiegens nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19. Oktober 1977 - 2 BvR 42/76 -, BVerfGE 46 [166, 179, 184]). Steht der Antragstellerin ein von ihr geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist es ihr nicht zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens (hier: des Widerspruchsverfahrens) abzuwarten, ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begründet. Eine aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gebotene Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfahren ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Antragstellerin ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbare Nachteile drohen und für die Hauptsache hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 8. September 2004 - L 7 AL 103/04 ER -). Sowohl die hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft gemacht werden, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Dies ist der Antragstellerin gelungen.
a)
Die Antragstellerin kann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Antragsgegner beanspruchen, die Kosten für ihre Umschulung zur Hauswirtschafterin als Leistung zur Eingliederung in Arbeit zu übernehmen und ihr hierfür einen Bildungsgutschein auszuhändigen.
aa)
Der Antragstellerin steht zwar kein darauf gerichteter unmittelbarer Vertragserfüllungsanspruch aus einer mit dem Antragsgegner geschlossenen Eingliederungsvereinbarung (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 689/07 -, [...] Rn. 21 f.) zur Seite. Denn der Antragsgegner hat sich - anders als in den früheren Eingliederungsvereinbarungen vom 5. Dezember 2005 und 13. September 2007 - in der Eingliederungsvereinbarung vom 15. Dezember 2009 nicht dazu verpflichtet, die Antragstellerin bei einer bestimmten beruflichen Weiterbildung zu fördern, sondern ihr lediglich eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 45 SGB III) im Hinblick auf Fahrt- und sonstige Bewerbungskosten avisiert.
bb)
Auch ein Anspruch aus einer Zusicherung i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist nicht gegeben. Soweit zwischen den Beteiligten streitig geblieben ist, ob und in welchem Umfang am 12. Februar 2010 seitens des Antragsgegners eine Bewerbung der Antragstellerin bei der K. um einen Platz in der Umschulung zur Hauswirtschafterin "gebilligt" und eine mündliche Förderzusage erteilt worden ist, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, weil jedenfalls die für eine bindende Zusicherung erforderliche Schriftform nicht gewahrt wäre.
cc)
Die Rechtsgrundlage für den (Anordnungs-)Anspruch der Antragstellerin auf die begehrte Leistung ergibt sich aber aus § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. §§ 77 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4, 79 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, 80, 81 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.
Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten (§§ 79-83 SGB III; u.a. Lehrgangs- und Fahrtkosten) gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.
Diese Voraussetzungen sind hier aller Voraussicht nach gegeben.
(1)
Die Antragstellerin erfüllt die persönlichen Förderungsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III.
(a)
Kraft der partiellen Rechtsgrundverweisung aus § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt diese Norm nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für erwerbsfähige Hilfebedürftige i.S.d. §§ 7-9 SGB II wie die Antragstellerin.
(b)
Die Notwendigkeit der Weiterbildung für die berufliche Eingliederung i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3. Alt. SGB III ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners im Falle der Antragstellerin bereits kraft Gesetzes (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB III) wegen fehlenden Berufsabschlusses anerkannt.
Die Antragstellerin besitzt noch keinen Berufsabschluss, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III). Der im Jahre 2006 erfolgreich absolvierte Lehrgang zur Schwesternhelferin/Pflegediensthelferin dauerte lediglich anderthalb Monate.
Sie erfüllt auch die besonderen Anforderungen aus § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift können Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss, die noch nicht drei Jahre beruflich tätig gewesen sind, nur gefördert werden, wenn eine berufliche Ausbildung oder eine berufsvorbereitende Maßnahme aus in der Person des Hilfebedürftigen liegenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Diese Voraussetzungen gelten für die Antragstellerin, weil sie noch nicht mindestens drei Jahre beruflich tätig gewesen ist. Selbst wenn man unter den Begriff der "beruflichen Tätigkeit" im Sinne des Gesetzes auch die geringfügigen Beschäftigungen als Hilfsarbeiterin in einem Möbelhaus im Juni/Juli 2007 und als ungelernte Reinigungskraft seit Ende 2008 subsumierte, wäre jedenfalls das zeitliche Erfordernis nicht erreicht. Die Antragstellerin erfüllt die infolgedessen für diesen Personenkreis geltenden weiteren Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer beruflichen Weiterbildung. Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob - wie die Antragstellerin vorgetragen hat - sie aufgrund ihres Alters keinen Ausbildungsbetrieb mehr findet und es ihr deshalb aus in ihrer Person liegenden Gründen unmöglich ist, statt einer Weiterbildung eine berufliche Ausbildung oder berufsvorbereitende Maßnahme zu absolvieren. Denn jedenfalls sind ihr derlei Bildungsmaßnahmen aus persönlichen Gründen unzumutbar, so dass ein Vorrang der Berufsausbildung bzw. Berufsvorbereitung nicht besteht. Dies folgt daraus, dass die Antragstellerin eine Reihe ungünstiger Faktoren aufweist, die sich in der Kombination als besondere Vermittlungshemmnisse in Bezug auf den Ausbildungsmarkt darstellen. Zum einen hat sie mit vollendetem 32. Lebensjahr die Grenze von 30 Jahren, jenseits derer es nach der Rechtsprechung nicht mehr zuzumuten ist, mit 15 oder 16 Jahre alten Auszubildenden um eine gruppenförmige Ausbildung oder Vorbereitungsmaßnahme zu konkurrieren (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - L 7 AL 38/05 ER -, [...] Rn. 36), bereits deutlich überschritten. Zum anderen spricht ihre familiäre Situation (Alleinerziehende mit zwei elf- bzw. dreizehnjährigen Kindern) dagegen, einer vollzeitigen Berufsausbildung oder Berufsvorbereitung nachzugehen. Schließlich sind - trotz der nur kurzen Zeitspanne und des geringen Umfangs der bisherigen Tätigkeit - ihre beruflichen Vorerfahrungen und ihre im Termin beim Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit L. am 15. August 2007 festgestellten intellektuellen Leistungs- und Lernfähigkeiten doch so hinreichend, dass sie einen Bedarf nach Berufsvorbereitung nicht mehr aufweist.
(c)
Bei dem jetzt geplanten Lehrgang handelt es sich auch zutreffend - hierin sind sich auch die Beteiligten einig - um eine (überbetriebliche, schulische) Weiterbildung (sog. "Umschulung"), nicht hingegen um eine - nur nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige - schulische Ausbildung. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob bei dem in § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB III genannten besonderen Personenkreis (ohne Berufsabschluss und ohne nennenswerte tatsächliche Berufserfahrung), zu dem die Antragstellerin gehört, überhaupt die strenge, allein nach dem objektiven Charakter der Maßnahme nach Zuschnitt, Struktur und Inhalt, insbesondere nach der Ausgestaltung des Bildungsangebots (erforderliche Vorkenntnisse, geplante Unterrichtsformen, angestrebter Abschluss), durchzuführende Abgrenzung zwischen Ausbildung und Weiterbildung vorzunehmen ist, wie sie die Rechtsprechung (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 4. Februar 1999 - B 7 AL 12/98 R -, [...] Rn. 18 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007 - L 7 AS 689/07 -, [...] Rn. 18; und Beschluss vom 4. April 2007 - L 7 AL 755/07 ER-B -, [...] Rn. 15; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. November 2008 - L 14 B 2033/08 AS ER -, [...] Rn. 12; jeweils m.w.N.) entwickelt hat. Hiergegen könnten Zweifel bestehen, weil für diesen Personenkreis jede grundständige Bildungsmaßnahme berufsschulischer Natur als "erste" Ausbildung bezeichnet werden könnte und damit der Anwendungsbereich des § 77 SGB III für ihn insgesamt leerliefe, obwohl § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III gerade bei diesem Personenkreis unter den hier erfüllten weiteren Voraussetzungen die Notwendigkeit der "Weiterbildung" für die berufliche Eingliederung i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3. Alt. SGB III legaldefiniert und bejaht und damit einer speziellen Regelung unterworfen hat.
Die Frage bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung, weil der Lehrgang "Umschulung Hauswirtschafter/in" an der K. sich jedenfalls auch bei Zugrundelegung der oben genannten objektiven Abgrenzungskriterien als Weiterbildung und nicht als Ausbildung darstellt. Denn ausweislich der im Internet abrufbaren abstrakt-generellen Informationen (R.; vgl. zur Gerichtsakte genommenes Merkblatt auf Bl. 80a/80aR der GA) ist dieser Lehrgang nicht als voraussetzungslose Maßnahme ausgestaltet, sondern erfordert gewisse berufliche Vorkenntnisse (zumindest eines 1. Ausbildungsjahres) und Vorerfahrungen, auf denen der Unterricht aufbaut. Dort heißt es unter anderem: "Als Umschüler/in beginnen Sie die Berufsschule im 2. Ausbildungsjahr. Die Inhalte aus dem ersten Ausbildungsjahr kennen Sie entweder schon aus Ihren bisherigen Erfahrungen oder lernen Sie bei uns." Damit geht die inhaltliche und organisatorische Konzeption des gegenüber einer üblichen dreijährigen Ausbildung um ein Jahr verkürzten Lehrgangs ersichtlich von dem Grundsatz aus, dass die Teilnehmer bestimmte Voraussetzungen bereits vor Lehrgangsbeginn erfüllen müssen und vorhandene Lücken nur im Rahmen des Möglichen im Verlaufe der zweijährigen Umschulung geschlossen werden können. Darüber hinaus hat die K. der Antragstellerin bereits konkret-individuell durch Schreiben vom 9. Juni 2010 bescheinigt, diese Voraussetzungen der Umschulung aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn zu erfüllen. Angesichts dessen muss das Gericht dem Vorbringen der Antragstellerin, ihre hauswirtschaftlichen Vorkenntnisse aus den Jahren 1993/94 stellten die für eine Umschulung der begehrten Art erforderlichen Vorerfahrungen dar, an dieser Stelle nicht nachgehen.
(2)
Eine des Weiteren erforderliche Beratung der Antragstellerin (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 - B 7 AL 66/02 R -, [...] Rn. 30 ff.) vor der Teilnahme an der Maßnahme i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III durch den - hier gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II anstelle der Agentur für Arbeit zuständigen - Antragsgegner hat am 12. Februar 2010 bezogen auf die Umschulung zur Hauswirtschafterin und am 15. Dezember 2009 zu dem der Hauswirtschafterin verwandten Zielberuf "Gesundheits- und Krankenpflegehelferin" stattgefunden. Dass diese Beratung hinsichtlich beider Berufe mit einem negativen Ergebnis endete, ändert an der Erfüllung dieser Fördervoraussetzung nichts. Sie soll - im Interesse eines zweckmäßigen und zielgerichteten Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Instrumente - lediglich verhindern, dass der Leistungsträger ohne vorherige Kontrollmöglichkeit vor vollendete Tatsachen gestellt wird (vgl. Stratmann, in: Niesel, SGB III, 3. Auflage 2005, § 77 Rn. 19 und insbes. 20). Der Antragsgegner hatte die Gelegenheit zur sachgerechten Prüfung der individuellen Eignung der Antragstellerin für Weiterbildungsmaßnahmen im einschlägigen thematischen Kreis der Unterstützungs-, Betreuungs-, Versorgungs- und Pflegeberufe und der Perspektive im Hinblick auf ihre berufliche Eingliederung. Dass er diese Gelegenheit nicht hinreichend und zutreffend genutzt, sondern sich ausweislich des zugehörigen verbis-Vermerks vom 15. Dezember 2009 (Bl. 51 der GA) ohne individuelle Prüfung darauf beschränkt hat, gerade das hier bestehende Vermittlungshemmnis "fehlender Schul- und Berufsabschluss", das nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III für eine Weiterbildung spricht, als einem solchen Ziel zuwiderlaufend einzustufen und die Antragstellerin - ähnlich wie im Termin vom 12. Februar 2010 (Bl. 50 der GA) - auf die neue, perspektivlose "Zielfestlegung" "Mini-Jobs, Midi-Jobs, kurzfristige Beschäftigung" zu verweisen, vermag der Antragstellerin nicht zum Nachteil zu gereichen.
(3)
Der von der Hilfebedürftigen gewählte Bildungsträger (K.) und die Bildungsmaßnahme sind auch i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zertifiziert und zugelassen. Angemessen ist überdies die Dauer des Lehrgang i.S.d. § 85 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB III, weil dieser als nur als zweijährige Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf ("Staatlich anerkannte Hauswirtschafterin nach bestandener Prüfung") führt, ausgestaltet ist und damit gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit verkürzt ist, wie bereits die oben zitierten Informationen der K. zeigen.
dd)
Sind nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Förderung erfüllt, so ist eine zusprechende Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die begehrte Weiterbildungsförderung auf der Rechtsfolgenseite der maßgeblichen Normen als Ermessensleistung i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ausgestaltet ist (vgl. §§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II: "kann erbringen"; § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB III: "können gefördert werden") und die Antragstellerin grundsätzlich nur einen damit korrespondierenden Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung ihres Antrags vom 16. Juni 2010 hat. Nach der Sach- und Rechtslage in diesem Einzelfall ist nämlich der Entscheidungsspielraum des Antragsgegners - entgegen dessen Ansicht - jedenfalls so weit eingeschränkt, dass nur noch eine Entscheidung zugunsten einer Förderung der Antragstellerin rechtmäßig, d.h. eine Ablehnung nach jeder Betrachtungsweise rechtswidrig wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null, vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2005 - L 10 B 1024/05 AS ER u.a. -, [...] Rn. 26). Damit besteht ein regelungsfähiger Anordnungsanspruch, der nicht nur zu einer Verpflichtung des Antragsgegners zur zeitnahen Neubescheidung des Förderantrags, sondern sogleich zu einer vorläufigen Verpflichtung zur Förderung führt.
(1)
Kein tragfähiger Ablehnungsgrund wäre hier das vom Antragsgegner in erster Linie monierte Fehlen einer positiven Beschäftigungsprognose für die Zeit nach dem Maßnahmeende.
In der Rechtsprechung ist vielfach bereits vertreten worden, dass - anders als bei den in § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1. und 2. Alt. SGB III genannten Personenkreisen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 3. Juli 2003 - B 7 AL 66/02 R -) - bei der Notwendigkeit einer Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3. Alt., Abs. 2 SGB III) nicht die (positive) Erwartung bestehen muss, dass die Eingliederungschancen nach der Maßnahme besser sind als vorher (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. September 2005 - L 8 AL 4970/04 -, [...] Rn. 32; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. September 2005 - L 10 B 1024/05 AS ER u.a. -, [...] Rn. 28). Denn die Vorschrift erfordere als Leistungsvoraussetzung weder eine eingetretene noch eine drohende Arbeitslosigkeit, sondern beruhe auf der Erkenntnis, dass eine (erstmalige grundständige) berufliche Bildung generell die Chancen für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt erhöht. Nach dieser Ansicht (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O..) ist umgekehrt nur das Fehlen einer negativen Beschäftigungsprognose zu verlangen, d.h. es darf nicht die Annahme gerechtfertigt sein, dass die Geförderte nach der Weiterbildung mit großer Wahrscheinlichkeit arbeitslos sein wird, weil es sich z.B. um einen Beruf mit gar keinen oder nur sehr geringen Beschäftigungsmöglichkeiten handelt. Dies folgt aus der Verpflichtung der Leistungsträger zur wirtschaftlichen Verwendung der Haushaltsmittel.
Bei der Antragstellerin scheidet eine solche Negativprognose aus, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ungeachtet der Weiterbildung zur Hauswirtschafterin ihre spätere Eingliederung mit hoher Wahrscheinlichkeit scheiten müsste. Denn bei dem angestrebten Abschluss "Staatlich anerkannte Hauswirtschafterin" handelt es sich nicht um eine hochspezifische Qualifikation, für die sich auf dem Arbeitsmarkt später keine oder kaum Verwendung finden lassen wird. Vielmehr wird bereits abstrakt ein Berufsabschluss angestrebt, der infolge der demographischen Entwicklung und der damit einhergehenden zunehmend alternden Gesellschaft auf eine erhebliche Nachfrage nach Arbeitskräften auf dem Wachstumsmarkt der Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege sowie -betreuung und -versorgung trifft. Im Übrigen bestehen aufgrund des Schreibens der M. Pflegeheim Betriebsgesellschaft mbH N. vom 8. Juli 2010 bereits jetzt deutliche konkrete Anzeichen dafür, dass die Antragstellerin nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung in einem dortigen Alten- und Pflegeheim aller Voraussicht nach einer sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird aufnehmen können. Dies läuft nicht nur einer negativen Beschäftigungsprognose klar zuwider. Nach Ansicht des Gerichts wäre diese Bescheinigung entgegen der Einschätzung des Antragsgegners sogar ausreichend, der Antragstellerin eine positive Beschäftigungsprognose nach Maßnahmeende zu stellen. Für eine solche Prognose - selbst man sie trotz der oben erwähnten Bedenken auch bei dem hier einschlägigen besonderen Personenkreis verlangte - ist nicht erforderlich, dass sich ein potentieller Arbeitgeber definitiv und zeitlich zu einem erst in zwei Jahren liegenden zukünftigen Zeitpunkt im Sinne einer einklagbaren Position zu einer Einstellung mit bestimmten Kautelen verpflichtet. Mit einer solchen vom Antragsgegner vertretenen Erwartung würden die Anforderungen gemessen am Eingliederungszweck des § 77 SGB III nach jeder Betrachtungsweise überspannt.
(2)
Für eine Förderung der konkreten Umschulung und gegen eine Ablehnung spricht auch, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Vorerfahrungen aus dem 2006 absolvierten Schwesternhelferinnen-/Pflegediensthelferinnenlehrgang und ihrer in den letzten Jahren erkennbar gereiften Motivation, im Feld der Hilfe-, Pflege-, Betreuungs- und Versorgungsberufe tätig zu werden, für die angestrebte Umschulung besonders geeignet erscheint. Ebenso ist zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sich die gewählte Maßnahme mit einem Unterricht von 8.30 bis 15.30 Uhr mit ihrer nicht einfachen familiären Situation in besonderem Maße in Einklang bringen lässt.
(3)
Eine Ablehnung ließe sich auch nicht unter Verweis auf eine Mittelknappheit (die vom Antragsgegner im vorliegenden Eilverfahren nicht thematisiert worden ist) rechtfertigen. Der Aspekt des sparsamen und wirtschaftlichen Umgangs mit den zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln ist - wie dargelegt - bereits im Rahmen der auszuschließenden negativen Prognose berücksichtigt. Diese aus § 71b Abs. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) analog hergeleitete Direktive für das Verwaltungshandeln der Leistungsträger bietet auch im Übrigen keine Handhabe, trotz des Vorliegens der Fördervoraussetzungen sowie weiterer für eine Förderung sprechender Umstände eine Weiterbildungsförderung nach § 77 SGB III zu verweigern, solange nicht dargelegt ist, dass die entsprechenden Haushaltsmittel im laufenden Haushaltsjahr tatsächlich vollständig erschöpft sind und dieser Zustand trotz ordnungsgemäßer Haushaltsplanung unvermeidbar war, d.h. nicht auf einer "Fehlplanung" seitens des Leistungsträgers beruht (vgl. Niewald, in: Gagel, SGB III, Stand: 28. EL 12/2006, § 77 Rn. 93). Hierfür ist weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.
(4)
Schließlich ist der Umstand, dass die Antragstellerin Anfang 2009 bereits bei dem Erwerb eines Führerscheins der Klasse B aus dem Vermittlungsbudget nach § 45 SGB III gefördert wurde, keine tragfähige Erwägung, um ihr nunmehr die - nach Voraussetzungen und Rechtsfolge anders strukturierte und letztlich auch anderen Zwecken dienende - Förderung der Weiterbildung nach § 77 SGB III vorzuenthalten und die Antragstellerin statt dessen mittel- bis langfristig auf den Arbeitsmarkt für ungelernte Hilfskräfte - zumal im Sektor der Zeitarbeit und geringfügigen Beschäftigung, der nicht zur einer Überwindung von Hilfebedürftigkeit geeignet ist - zu verweisen.
b)
Die Antragstellerin hat auch die besondere Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung (einen Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht.
Die durch Widerspruch angegriffene ablehnende Entscheidung des Antragsgegners vom 22. Juni 2010 ist - wie ausgeführt - mit hoher Wahrscheinlichkeit aufzuheben, und der Antragstellerin ist die begehrte Eingliederungsleistung zu gewähren. Der Antragstellerin ist es nicht zumutbar, eine Entscheidung über den ebenfalls am 22. Juni 2010 erhobenen Widerspruch abzuwarten und zwischenzeitlich darauf zu verzichten, an dem bereits am 2. August 2010 beginnenden Hauswirtschaftslehrgang teilzunehmen. Denn dadurch liefe sie Gefahr, gegebenenfalls über Monate hinweg grundlegende Lerneinheiten der Weiterbildung zu versäumen, auf denen spätere Lektionen aufbauen. Ein späterer Einstieg würde dadurch unzumutbar erschwert. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, wann ein weiterer gleichartiger oder ein ähnlicher Lehrgang durch den gewählten Bildungsträger angeboten werden wird. Wegen des fortgeschrittenen Alters der Antragstellerin wäre ein Verzicht auf einen jetzigen Einstieg in die Umschulungsmaßnahme unzumutbar.
c)
Nach alledem ist eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Weiterbildungskosten auszusprechen. Nicht ausdrücklich, aber inzidenter begehrt ist auch die vorläufige Aushändigung eines Bildungsgutscheins an die Antragstellerin. Der Bildungsgutschein i.S.d. § 77 Abs. 4 SGB III dokumentiert als Verwaltungsakt nicht nur, dass die persönlichen Fördervoraussetzungen erfüllt sind, sondern auch, dass der Antragsgegner sein Ermessen dahin ausgeübt hat, die Teilnahme der Antragstellerin an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung durch die gesetzlichen Leistungen zu fördern (Stratmann, in: Niesel, SGB III, 3. Auflage 2005, § 77 Rn. 32). Er muss hier durch die Antragstellerin bei dem gewählten Bildungsträger K. vor Antritt der Maßnahme eingereicht werden. Eine entsprechende Verpflichtung des Antragsgegners ist daher zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz - GG -) erforderlich. Zu dieser zusätzlichen Tenorierung ist das Gericht auch ohne ausdrücklichen Antrag nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO befugt.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
3.
Der Antragstellerin war ferner nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO uneingeschränkt Prozesskostenhilfe zu gewähren. Nach den vorgelegten Unterlagen unterschreitet das Einkommen der Antragstellerin den Grenzwert der zu § 115 ZPO beigefügten Tabelle. Der Rechtsverfolgung kann aus den unter 1. und 2. dargelegten Gründen nicht von vornherein die hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen werden. Ebenso erscheint der Antrag nicht mutwillig (§§ 114 Satz 1, 118 Abs. 2 ZPO). Nach § 121 Abs. 2 ZPO war die von der Antragstellerin gewählte Rechtsanwältin Saskia Koch aus Hildesheim der Antragstellerin beizuordnen, da die Vertretung durch eine Rechtsanwältin erforderlich erscheint.