Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 14.02.1996, Az.: 2 U 260/95

Zusicherung des Nichtvorhandenseins einer Baulast; Verjährung der Gewährleistungsansprüche; Bestand einer öffentlichrechtlichen Verpflichtung; Wertschätzung eines Grundstückes

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
14.02.1996
Aktenzeichen
2 U 260/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 21197
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0214.2U260.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Zusicherung des Nichtvorhandenseins einer Baulast als Mangel. Arglist im Fall der Behauptung, der Verkäufer habe die Baulast schlicht und einfach vergessen.

Gründe

1

Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch ist begründet (§§ 459, 463 BGB), weil dem erworbenen Grundstück eine zugesicherte Eigenschaft - die Freiheit von Baulasten - fehlt.

2

Laut notariellem Kaufvertrag vom 22.4.1993 hat der Beklagte erklärt, dass ihm Baulasten nicht bekannt seien und "versichert, dass er Eintragungen in das Baulastenverzeichnis nicht veranlasst hat".

3

Diese "Versicherung" stellte ohne weiteres eine Zusicherung im Sinn von § 459 Abs. 2 BGB dahin dar, dass das zu übereignende Grundstück frei von Baulasten sei. Tatsächlich war dies nicht der Fall; vielmehr hatte der Beklagte durch Erklärung vom 9.2.1989 die Eintragung einer Baulast auf dem Flurstück 178/42 - ehemals 178/32 - bewilligt.

4

Entgegen der Ansicht des Beklagten verursacht der Bestand der Baulast eine Wertminderung des betroffenen Grundstücks. Dabei kann dahinstehen, ob diese so zu berechnen ist, wie der Kläger dies tut, das heißt pro qm beeinträchtigter Fläche, auch wenn - was das Landgericht übersehen hat - unstreitig ist, dass tatsächlich eine Beeinträchtigung zumindest insoweit eingetreten ist, als über eine Länge von 2O m ein Grenzabstand von 3,6O m anstatt 3 m einzuhalten ist. dass allein schon der Bestand einer solchen öffentlichrechtlichen Verpflichtung, deren Fortwirkung der Eigentümer in Zukunft nicht mehr beeinflussen kann, für die Wertschätzung eines Grundstücks Bedeutung hat, kann nicht zweifelhaft sein. Wie alle dinglichen Belastungen (vgl. hierzu § 7 ZPO) werden auch sonstige Beschränkungen eines Grundeigentümers, die der Erwerber übernehmen müsste, im Falle einer Veräußerung oder Verwertung mit entsprechenden Abzügen Wert mindernd berücksichtigt (OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 87, 88) [OLG Düsseldorf 17.04.1991 - 9 U 226/90]. dass auch im vorliegenden Fall beide Parteien im Bestehen von Baulasten einen für die Gewährleistung und die Wertschätzung bedeutsamen Umstand gesehen haben, geht schon daraus hervor, dass sie in Nr. V 2 des notariellen Kaufvertrages die Erklärung aufgenommen haben, dass solche dem Verkäufer nicht bekannt seien und er versichere, keine Eintragungen in das Baulastenverzeichnis veranlasst zu haben. Sind die Parteien dergestalt von einer baulastfreien Beschaffenheit des Kaufobjekts ausgegangen, so spricht nichts für die Annahme, dass eine negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit folgenlos bleiben sollte (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Damit steht jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass den Klägern irgendeine Wertminderung entstanden ist, sodass ein Grundurteil ergehen kann (§ 3O4 ZPO).

5

Eine Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Kläger ist nicht eingetreten, da der Beklagte den Bestand der Baulast arglistig verschwiegen hat (§ 477 Abs. 1 BGB). Ein arglistiges Verschweigen ist nicht allein deswegen ausgeschlossen, weil der Beklagte - wie er behauptet - bei Abschluss des Kaufvertrages die Eintragung der Baulast "schlicht und einfach vergessen" hat. Arglistig kann nämlich auch der täuschen, der sich der ihm aufdrängenden und ohne weiteres möglichen und zumutbaren Erkenntnis der die Täuschung begründenden Umstände verschließt und das Fehlen derartiger Umstände blindlings vertraglich zusichert. dass ihm die Umstände tatsächlich nicht bekannt waren, ist dabei unerheblich. Das arglistige Verhalten liegt hier gerade darin, das dem Erklärenden, was ihm auch bewusst war, jegliche zur sachgemäßen Beantwortung erforderliche Kenntnis fehlte und dass er gleichwohl diesen Umstand gegenüber dem anderen Teil verschwieg (BGH NJW 198O, 246O, 2461, m.w.N.). So war es nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hier; denn er hat bar jeder Kenntnis zugesichert, keine Eintragung einer Baulast veranlasst zu haben.