Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.02.1996, Az.: 5 W 9/96

Abrechnung eines Rechtsanwalts-Verfahrenspflegers in einem Betreuungsverfahren; Vergütung eines Verfahrenspflegers bei Erweiterung des Aufgabenkreises auf die Vermögenssorge

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.02.1996
Aktenzeichen
5 W 9/96
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 21026
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1996:0213.5W9.96.0A

Fundstellen

  • BtPrax 1996, 195 (amtl. Leitsatz)
  • FamRZ 1996, 1346-1347 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Abrechnung des Rechtsanwalts-Verfahrenspflegers nach der BRAGO zu Betreuungsverfahren nur bei sachlichem Grund für anwaltliche Vertretung.

Gründe

1

Durch den angefochtenen hiermit in Bezug genommenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag des Verfahrenspflegers auf Festsetzung einer aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung in Höhe von 598,-- DM - Gebühren gemäß § 118 BRAGO - für seine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren über die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers auf die Vermögenssorge zurückgewiesen.

2

Die dagegen gerichtete (Erst-)Beschwerde ist gemäß § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig; das Landgericht hat auf die Erinnerung des Antragstellers gegen die ablehnende Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erstmalig richterlich über den Kostenantrag befunden. In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg.

3

Der Anspruch gegen die Staatskasse auf Aufwandsersatz - Entschädigung - eines im Betreuungsverfahren gemäß § 67 FGG bestellten Verfahrenspflegers richtet sich in Ermangelung anderer gesetzlichen Vorschriften nach § 1835 BGB in Verbindung mit §§·1905, 1908 i BGB - sei es in direkter oder in entsprechender Anwendung (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1995, 109; LG Köln FamRZ 1995, 53 [LG Köln 09.09.1992 - 1 T 275/92]). Dabei stellt sich die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers erörterte Frage des Aufwendungsersatzes bzw. Vergütungsanspruchs eines gemäß § 70 b FGG in Unterbringungsverfahren als Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalts (direkte Abrechnung nach § 112 BRAGO oder nur über die §§ 1835, 1836 BGB, vgl. zum Streitstand OLG Celle FamRZ 1994, 1615 [OLG Celle 13.07.1994 - 17 W 34/94]) nicht, da sich der direkte Gebührenanspruch gemäß § 118 BRAGO - im Gegensatz zu dem nach § 112 Abs. 1 BRAGO über die Verweisung in Abs. 4 auf § 98 BRAGO - nicht gegen die Staatskasse richtet. Ebenso wenig bedarf es der Erörterung, ob der als Rechtsanwalt bestellte Verfahrenspfleger zu den Pflegern gehört, für die der Geltungsbereich der BRAGO gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 ausgenommen ist, da gemäß Satz 2 dieser Regelung § 1835 BGB ausdrücklich unberührt bleibt.

4

Gemäß § 1835 Abs. 3 BGB kann der (Rechtsanwalt-)Verfahrenspfleger zwar grundsätzlich auch den berufseinschlägigen Einsatz seiner Arbeitskraft als Aufwendungen geltend machen. Diese Vorschrift ist aber nach nahezu einhelliger Meinung, die auch vom Senat geteilt wird, dahingehend einschränkend auszulegen, dass nur solche Dienstleistungen des Pflegers wie Aufwendungen zu behandeln und zu vergüten sind, für die ein Fachmann heranzuziehen und entsprechend zu honorieren wäre, wenn der Pfleger nicht selbst über diese berufliche Qualifikation verfügte. Alles andere ließe sich nicht mit dem Grundsatz, dass Pflegschaften generell unentgeltlich zu führen sind, vereinbaren. Es soll durch diese Vorschrift lediglich verhindert werden, einen finanziellen Vorteil daraus zu ziehen, dass der Pfleger und nicht ein anderer Vertreter des Berufsstandes die Leistung erbringt, es also der kostenrelevanten Heranziehung eines Dritten nur wegen der (zufälligen) Qualifikation des Pflegers nicht bedurfte (vgl. statt aller Münch.Komm.-Schwab, BGB, 3.·Aufl., §·1835 Rn. 17; BGB RGRK-Dickescheidt, 12. Aufl., § 1835 Rn. 9; Palandt/Diederichsen, BGB, 55. Aufl., § 1835 Rn. 3 jeweils mit v.w.N.).

5

Eine Abrechnung des Rechtsanwalt-Verfahrenspflegers nach der BRAGO kommt daher nur in Betracht, wenn aus sachlichen Gesichtspunkten gerade die anwaltliche Vertretung in diesem Verfahren geboten war. Das ist hier erkennbar nicht der Fall. In dem Beschwerdeverfahren ging es nur noch um die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers auf die Vermögenssorge. Zwar hat sich das Landgericht gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 FGG für verpflichtet gehalten, einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Das bedeutet aber nicht, dass es dabei der besonderen Qualifikation eines Rechtsanwalts bedurft hätte. Da der Betreuer bezüglich der Bankkonten der Betroffenen schon im Besitz der notwendigen Vollmachten war und darüber hinaus kein weiteres Vermögen existierte, betraf die Entscheidung des Landgerichts letztlich nur die Regelung der Taschengeldverwaltung. Dies erforderte aber keine besonderen juristischen Fachkenntnisse seitens des Verfahrenspflegers, was nach dem vorangegangenen Betreuungsbestellungsverfahrens, an dem der Antragsteller ebenfalls als Verfahrenspfleger teilgenommen hat, offen lag.

6

Dem kann nicht - wie der Beschwerdeführer unter Berufung auf den Beschluss des OLG Düsseldorf a.a.O. meint - entgegengehalten werden, dass damit im Nachhinein die zunächst vom Gericht für erforderlich gehaltene Sicherung der Rechte des Betreuten durch die Sachkunde eines Rechtsanwalts wieder in Frage gestellt wird, wenn es um die Entschädigung geht. Gerade die hier zu beurteilende Fallkonstellation zeigt, dass es nicht stets, worauf das OLG Düsseldorf im Grundsatz zu Recht abstellt, (noch) um schwer wiegende Eingriffe in Rechte des Betreuten handelt, bei denen die Einschaltung eines Rechtsanwalts notwendig ist, um die zu Gunsten des Betreuten bestehenden Rechtschutzgarantien voll zu gewährleisten. Die Beurteilung der Frage, ob der Betreuer für die letztlich noch verbliebene Taschengeldregelung die Betreuungskompetenz erhalten sollte, berührt die Betroffene nicht in einem solch schwerwiegenden Maße und konnte nach den den Beteiligten vor der Verfahrenspflegerbestellung bekannten Gesamtumständen auch von jedem anderen Verfahrenspfleger ohne juristische Vorbildung vorgenommen werden. Aufwandsersatz nach den BRAGO-Vergütungssätzen scheidet mithin aus.