Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 08.02.1996, Az.: 10 W 40/95
Wirksamkeit von Vereinbarungen zur Erleichterung von Pachtanpassungen; Zulässigkeit der von gesetzlichen Pachtvorschriften abweichenden Vereinbarungen; Anspruch auf Angleichung eines Pachtzinses bei der Änderung von Lebenshaltungskosten; Wirksamkeit von Vereinbarungen bei negativer Abweichung von gesetzlichen Vorschriften
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 08.02.1996
- Aktenzeichen
- 10 W 40/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1996, 21024
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1996:0208.10W40.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 593 Abs. 5 BGB
Amtlicher Leitsatz
Von § 593 Abs. 5 BGB abweichende Vereinbarungen sind nur wirksam, wenn sie die Pachtanpassung gegenüber der gesetzlichen Regelung erleichtern.
Gründe
Der Antragsteller hat Anspruch auf Neufestsetzung des Pachtzinses nach § 593 Abs. 1 BGB, weil die für die Festsetzung der Vertragsleistung maßgebenden Verhältnisse sich nach dem Abschluss des Vertrages wesentlich verändert haben.
Dass die Parteien in § 3 des Pachtvertrages als maßgebliche Verhältnisse, deren Veränderung eine entsprechende Angleichung des Pachtzinses nach sich ziehen soll, die Lebenshaltungskosten benannt haben, schließt nicht aus, Dass auch andere Verhältnisse maß gebend im Sinne von § 593 Abs. 1 BGB sein können. Nach § 593 Abs. 5 BGB kann auf das Recht, eine Änderung des Vertrages nach den Absätzen 1 bis 4 von § 593 BGB zu verlangen, nicht verzichtet wer den. Von § 593 Abs. 5 BGB abweichende Vereinbarungen der Vertragsparteien sind deshalb nur dann wirksam, wenn sie leichtere als in § 593 Abs. 1 bis 4 BGB geforderte Voraussetzungen für eine Vertragsänderung beinhalten (vgl. Faßbender-Hötzel-Lukanow, Land pachtrecht, 2. Aufl., § 593 BGB Rdnr. 7). § 3 des Pachtvertrages ist deshalb bei gesetzeskonformer Auslegung dahin zu verstehen, Dass über die in § 593 Abs. 1 bis 4 aufgeführten Gründe hinaus schon eine Änderung der Lebenshaltungskosten Anspruch auf eine Angleichung des Pachtzinses gibt. Daraus folgt, Dass auch Veränderungen anderer maßgeblicher Verhältnisse, insbesondere der Ertragsmöglichkeiten aus den Flächen selbst, einen Anspruch auf Anpassung des Pachtzinses begründen können.
Im vorliegenden Fall ist nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen S. davon auszugehen, Dass nachträglich sich die unmittelbaren Ertragsmöglichkeiten aus den verpachteten Flächen nachhaltig und wesentlich verschlechtert haben. Die Methode des Sachverständigen S. ist nicht zu beanstanden. Sowohl in Pachtbeanstandungs- als auch in Pachtanpassungsverfahren legt der Senat in ständiger Rechtsprechung zur Bestimmung der angemessen Pacht den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erzielbaren Deckungsbeitrag der betroffenen Fläche zugrunde. Dass dieser von dem Sachverständigen S. falsch berechnet sei, hat auch der Antragsgegner nicht behauptet. Den Bedenken des Antragsgegners in der Beschwerdebegründung, Dass der objektiv ermittelte Deckungsbeitrag nicht berück sichtige, Dass die Vertragsparteien individuell bei Abschluss des Pachtvertrages einen höheren oder niedrigeren Pachtzins als den objektiv angemessenen vereinbart haben, ist bereits Rechnung getragen worden. Dies ist dadurch geschehen, dass der Sachverständige S. in seinem Gutachten zunächst ermittelt hat, in welchem Verhältnis der individuell ausgehandelte Pachtzins im Pachtvertrag zu dem objektiv zur damaligen Zeit gebotenen Pachtzins gestanden hat und er die so ermittelte Differenz dem für den späteren Zeitpunkt als objektiv angemessenen Pachtzins zugeschlagen hat.
Der Umstand, dass der Antragsteller seinen Antrag auf gerichtliche Pachtanpassung erst am 8. März 1995 beim Amtsgericht eingereicht hat, steht einer Pachtanpassung bereits für das Pachtjahr 1993/94 nicht entgegen, weil der Antragsteller bereits in diesem Pachtjahr mit Schreiben vom 1. Dezember 1993 gegenüber dem Antragsgegner die Pachtanpassung verlangt hat (§ 593 Abs. 3 BGB).
Die Rechtskraft der beiden auf Zahlung des Restpachtzinses gerichteten Prozesse der Parteien vor dem Amtsgericht ist für das vorliegende Verfahren unerheblich. Insbesondere entfällt nicht das Rechtsschutzbedürfnis durch die in jenen Verfahren ergangenen Urteile. Der Antragsgegner ist hinsichtlich der von dem Antragsteller zuviel gezahlten Pachtzinsanteile ungerechtfertigt bereichert, weil nach Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Verfahren nachträglich der Rechtsgrund für diese Zahlungen insoweit entfallen ist.