Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.11.1995, Az.: 1 W 89/95

Bestimmung des Geschäftswerts einer Beurkundung nach der Kostenordnung; Berechnung des Wertes einer Bauverpflichtung in Grundstückskaufverträgen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.11.1995
Aktenzeichen
1 W 89/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29110
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1130.1W89.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Der Wert einer Bauverpflichtung ist nach § 30 Abs. 1 KostO zu bestimmen.

Gründe

1

Die Kostenberechnung zur UR.-Nr. 35/95 geht von einem unzutreffenden Geschäftswert aus. Der Geschäftswert der Beurkundung setzt sich aus der Summe des Kaufpreises und des Wertes der in dem Vertrag von der Käuferin übernommenen Bauverpflichtung zusammen. Denn die Bauverpflichtung ist eine zusätzliche Leistung für die Überlassung des Grundstücks im Sinne des § 2O Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KostO und daher bei der Ermittlung des Geschäftswerts dem Kaufpreis hinzurechnen (so bereits OLG Oldenburg Nds. Rpfl. 1982, 183 f). Der Wert der Bauverpflichtung ist im vorliegenden Grundstückskaufvertrag aus Sicht der Verkäuferin auch nicht lediglich ideeller Natur, nämlich als Gemeinde ihrer Pflicht zur Bereitstellung von Bauland nachzukommen. Das Interesse der Gemeinde an einer Bebauung wird in einem Fall wie hier auch durch die Sicherung oder Beschaffung von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer sowie die Verhinderung von Bodenspekulationen bestimmt.

2

Der Wert einer solchen Bauverpflichtung ist im Allgemeinen nach § 3O Abs. 1 KostO zu bestimmen und beläuft sich, wenn nicht besondere Umstände Hinweise für die Annahme eines anderen Wertes bieten, auf die Hälfte des Grundstückskaufpreises (ebenso BayOLG MittBay-Not 1993, 226). Der Indiz für den Wert des Verkäuferinteresses an der Bauverpflichtung ist die für den Fall ihrer Nichteinhaltung getroffene Vereinbarung. Im vorliegenden Fall soll die Verkäuferin dann zum ursprünglich vereinbarten Kaufpreis rückkaufberechtigt sein. Dementsprechend stellt der vereinbarte Kaufpreis die Obergrenze des Wertes einer derartigen Bauverpflichtung dar. Weil im Allgemeinen die Wahrscheinlichkeit eines Rückkaufs relativ gering sein wird, erscheint die Hälfte des Grundstückskaufpreises als Wert der Bauverpflichtung angemessen.

3

Soweit ein Teil der Literatur und Rechtsprechung (vgl. die Zusammenstellung in BayOlG, a.a.O., 226), die voraussichtlichen Baukosten als Bewertungsmaßstab der Bauverpflichtung heranzieht, vermag der Senat dieser Ansicht nicht zu folgen (so bereits 1 W 21/82 in Nds. Rechtspfl. 1982, 183 f). Denn die Baukosten sind nur ausnahmsweise Anhalt für den Wert des Verkäuferinteresses, wenn etwa eine bestimmte Mindestbausumme ausdrücklich vereinbart worden ist oder eine Vereinbarung dahin getroffen wurde, dass Betriebsanlagen im Hinblick auf die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen eine bestimmte Mindestgröße und Ausstattung erhalten. Keine dieser Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall gegeben. Dem Grundstückskaufvertrag lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass die Baukosten für die Verkäuferin von Bedeutung sein könnten. Hinzukommt, dass der hier beurkundete Grundstückskaufvertrag, wie im Regelfall, irgendwelche Angaben zur Höhe der voraussichtlichen Baukosten nicht enthält. Daraus ergibt sich, dass eine Anknüpfung an die Höhe der Baukosten für den Wert der Bauverpflichtung überdies auch unpraktikabel wäre.