Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 19.11.1995, Az.: 1 W 120/90
Streitwert; Pachtvertrag; Pachtzins; Pacht; Nebenkosten; Räumungsklage; Abschlag; Abschlagszahlung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 19.11.1995
- Aktenzeichen
- 1 W 120/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 16529
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:1119.1W120.90.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück
Rechtsgrundlage
- § 16 GKG
Amtlicher Leitsatz
Streitwertbemessung des Pachtzinses ohne Nebenkosten
Bei der Ermittlung des Streitwertes eines Prozesses um die Räumung eines Pachtobjekts sind Abschlagszahlungen nicht zu berücksichtigen.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 08. Oktober 1990 geändert.
Der Streitwert wird auf 78. 393, 60 DM festgesetzt.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 10. September 1990 wird zurückgewiesen, soweit er eine Herabsetzung des Streitwerts auf mehr als 78. 393, 60 DM begehrt.
Die Enscheidung ergeht gerichtsbührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Nachdem das Landgericht ausgehend von einem monatlichen Pachtzins 7. 100, DM - den Streitwert gemäß § 16 GKG zunächst auf 85. 200, DM (12fache Bruttomonatspacht) festgesetzt hatte, hat es ihn auf die Beschwerde des Klägers mit dem angefochtenen Beschluss auf 65. 585, 36 reduziert. Dabei ist das Landgricht nur noch von einer Bruttopacht von 5. 240, 07 DM im Monat ausgegangen und hat eine Steigerung um 224, 73 DM angenommen.
Der Kläger begehrt eine weitergehende Herabsetzung; er vertritt da die Ansicht, dass weder die Kosten für die Nutzung des Inventars noch die Nebenkostenvorauszahlungen Berücksichtigung finden dürften.
Der Beklagte begehrt eine Heraufsetzung des reduzierten Streitwertes; er ist der Meinung, auch das monatliche Entgelt für die Benutzung des Inventars sei ein zu berücksichtigender Teil des Pachtzins.
Die Beschwerden sind zulässig. In der Sache hat die Beschwerde des Beklagten Erfolg; die Beschwerde des Klägers gegen den ursprünglich Streitwertbeschluss ist teilweise begründet.
Nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien zahlt der Beklagte monatlich für das Pachtobjekt 7. 102, 80 DM. Dieser Betrag gliedert
sich wie folgt:
Pacht (Räume) 5. 240, 72 DM |
Nebenkosten 570,-- DM |
Pacht (Inventar) 1. 292, 08 DM |
7. 102, 80 DM |
Da die Parteien um die Räumung des Pachtobjektes gestritten haben, richtet sich der Streitwert gemäß § 16 GKG nach dem für die Dauer eines Jahres zu zahlenden Pachtzins.
Hierzu zählt auch der - ebenfalls in § 4 des Pachtvertrages geregelte für das Inventar zu zahlenden Pachtzins, da zur Pacht nicht nur die Gebrauchsgewährung der Räumlichkeiten zählt, sondern auch der Fruchtgenuss, hier also der Gebrauch des Inventars (§581 Abs. 1 BGB).
Streitig ist, ob auch durch Abschläge für Nebenkosten unter dem Begriff des Pachtzinses im Sinne des § 16 GKG fallen.
Während eine früher vorherrschende Rechtssprechung die Zahlungen für Nebenkosten für die Streitwertberechnung mit einbezog (vgl. LG Oldenburg JurBüro 81, 1232; LG Heilbronn AnwBl. 81, 69; LG Köln AnwBl 81, 286; AG Bergheim ZMR 82, 190; verneinend für Beheitzung und Warmwasserversorgung bereits BGHZ 18, 168 ff, 173), differenziert die überwiegende Kommentarliteratur danach, ob es sich um vertragliche Gegenleistungen anderer Art wie Übernahme öffentlicher Abgaben und sonstiger Lasten, etwa Feuerversicherungsprämien, handelt oder um Leistungen, die nicht als Entgelt für die Überlassung der Pachtsache angesehen werden, wie Zahlungen für Heizung, Licht, Warmwasser usw.
(vgl. Markl. GKG, 2. Aufl. , 16 Rdz. 11; Schneider, Streitwertkommentar 8. Aufl. , Rdz. 3550; Hartmann Kostengesetze, 23. Aufl. , § 16 GKG 2 B; in der Rechtsprechung so auch LG Saarbrücken, JurBüro 86, 1061).
Eine im Vordringen befindliche Ansicht in Rechtsprechung und Literatur will dagegen die Vorauszahlungen auf Nebenkosten völlig unberücksichtigt lassen, weil damit nicht für Leistungen des Verpächters gezahlt werde, sondern es sich um ein durchlaufendes Entgelt für dieLeistungen Dritter handele und die Berechnungsweise praktikabeler sei (LG Kleve JurBüro 85, 423; LG Freiburg, JurBüro 84, 85; LG Düsseldorf JurBüro 87, 877 und JurBüro 89, 685; Mümmler, Entwicklung der Streitwertberechnung in den Jahren 1986/87 JurBüro 88, 6 ff. , 15; Drischler/ Oestreich/Heun/Haupt GKG Anhang VIII Stichwort Mietstreitigkeiten V 1).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Ansicht an. Abschlagszahlungen auf Nebenkosten sind kein Teil des Miet oder Pachtzinses; hiermit wird nicht für Leistungen des Verpächters gezahlt, so dass sie nicht als ihm gebührendes Äquivalent angesehen werden können. Für die Bewertung des Interesses des Verpächters, den Nutzungswert des Pachtobjekts zurückzuerhalten, sind Vorauszahlungen für Nebenkosten nicht mitbestimmend.
Die einfachere Berechnungsweise spricht ebenfalls für die ausschließliche Berücksichtigung der Grundmiete bzw. - pacht. Wollte man die verbrauchsabhängigen Kosten zum Pachtzins zählen, müßte zur korrekten Ermittlung - zum Zwecke der Streitwertberechnung! - zunächst eine Abrechnung erstellt werden, was nicht praktikabel erscheint. Aber auch wenn nur bestimmte öffentliche Abgaben dem Zins als Entgelt zugerechnet würden, müßten anhand früherer Abrechnungen komplizierte Differenzierungen bei den Abschlagszahlungen vorgenommen werden, was dem Bedürfnis der Praxis nach schneller und einfacher Ermittlung des Streitwerts widerspricht. Für die Festsetzung des Streitwertes sind klare und übersichtliche Grundlagen erforderlich, die nicht erst durch weitläufige Erhebungen zu ermitteln sein dürften.
Wenn die Vertragsparteien die Nebenkosten gesondert ausweisen und abrechnen, geben sie damit zugleich zu erkennen, dass diese nicht Teil der eigentlichen Pacht sind, sondern für - vielfach nicht vom Verpächter zu erbringende Sonderleistungen zu zahlen sind.
Damit ist von einem monatlichen Pachtzins von 6. 532, 80 DM (Pacht für Räume und Inventar ohne Nebenkosten) auszugehen, was zu einem Jahrespachtzins von 78. 392, 60 DM führt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 25 Abs. 3 GKG.