Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.11.1995, Az.: 1 U 31/95

Vereinbarkeit eines Zurückflusses von Vermögenswerten im Zusammenhang mit der Kapitaleinzahlung an den Stammeinlagenschuldner mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung; Beweislast für den Nachweis der Einlageerbringung; Anschein für eine Leistung der Stammeinlage durch Einzahlungsbelege und die Verbuchung der Zahlung ; Erfüllungstaugliche Einzahlung auf die Einlageverbindlichkeit; Voraussetzungen für die Erfüllung einer Bareinlageschuld; Notwendigkeit einer Leistung des geschuldeten Geldbetrags endgültig zur freien Verfügung der Vertretungsorgane der Gesellschaft ; Folgen einer Vornahme der Barzahlung im Rahmen eines verdeckten Sacheinlagegeschäfts

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.11.1995
Aktenzeichen
1 U 31/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 29075
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1116.1U31.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung verbietet, dass im Zusammen- hang mit der Kapitaleinzahlung Vermögenswerte an den Stammeinlagenschuldner zurückfließen.

Gründe

1

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von 45.600,00 DM gegen die Beklagte aus § 19 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit dem Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin vom 04.02.1991.

2

Die Beklagte hat den Nachweis nicht geführt, ihre Stammeinlageverpflichtung in Höhe von 45.600,00 DM erfüllt zu haben. Die Beklagte und nicht der Kläger ist insoweit beweisbelastet. Denn der Gesellschafts- und Gläubigerschutz erfordert, dass der jeweilige Gesellschafter den Nachweis der Einlageerbringung führen muss.

3

Soweit sich die Beklagte auf die Zahlung in Höhe von 49.000,-·DM am 11.01.1991 zum Nachweis ihrer Stammeinlagenzahlung beruft, erbringt der Einzahlungsbeleg und die Verbuchung der Zahlung bei der Gemeinschuldnerin zwar zunächst einmal einen Anschein für eine Leistung der Stammeinlage (vgl. OLG Köln, ZIP 89, 174, 176).

4

Diese Geldleistung erscheint im vorliegenden Fall aber nur bei isolierter Betrachtung als erfüllungstaugliche Einzahlung auf die Einlageverbindlichkeit. Denn zur Erfüllung einer Bareinlageschuld genügt es nicht, die geschuldete Leistung formal zu erbringen.

5

Vielmehr muss der geschuldete Geldbetrag endgültig zur freien Verfügung der Vertretungs-organe der Gesellschaft geleistet werden (Ulmer, ZHR 154, 1990, 128, 137).

6

Im vorliegenden Fall spricht eine von der Beklagten nicht widerlegte tatsächliche Vermutung dafür, dass die Beklagte nur eine Barzahlung im Rahmen eines verdeckten Sacheinlage-geschäfts vorgenommen hat. Derartige Geldeinlagen sind aber wegen des Verstoßes gegen die Sacheinlagevorschriften nicht zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer der GmbH geleistet worden (Henze, ZHR 154, 1990, 105, 117). Denn die nach § 364 Abs. 1 BGB sonst eröffnete Möglichkeit, auf Grund einer Abrede mit dem Gläubiger das Schuldverhältnis durch Leistung eines aliud an Erfüllungs Statt zum Erlöschen zu bringen, ist in Bezug auf die Erfüllung der Einlageforderung ausgeschlossen. Das ordnet § 19 Abs. 5 GmbHG aus-drücklich an; eine andere Leistung als Geld kann nur befreien, wenn -was hier nicht der Fall ist- die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 GmbHG eingehalten sind. Dieser Grundsatz der realen Kapitalaufbringung aus § 19 Abs. 5 GmbHG verlangt deshalb, dass im Zusammenhang mit der Kapitaleinzahlung keine Vermögenswerte an den Stammeinlagenschuldner zurückfließen. Denn den gesetzlichen Vorgaben ist die Grundwertung zu entnehmen, dass die Erfüllungswirkung nicht nur bei einer unmittelbaren aliud-Leistung auf die Geldeinlage-schuld ausgeschlossen ist, sondern auch dann, wenn stattdessen wirtschaftlich auf dasselbe hinauslaufende mittelbare Sachleistungen erbracht werden (Ulmer, a.a.O., 136).

7

Hier wollte die Beklagte die Vorschriften über die Sacheinlagegründung über eine Verdoppelung der Leistungsbeziehungen umgehen.

8

Sie wählte dementsprechend den Weg der Leistung des Einlagebetrages an die Gesellschaft (über die C. GmbH), während im Gegenzug von der Gesellschaft ein entsprechender Betrag als Kaufpreis für den als Sacheinlage gedachten und nunmehr an die Gesellschaft veräußerten Gegenstand (an die C. GmbH) ausgezahlt wurde.

9

Eine tatsächliche Vermutung für die Verabredung der Rückgewähr der Einlage, mithin für einen subjektiven Zusammenhang zwischen Einlageleistung und "Rückzahlung", besteht immer bei einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem entgeltlichen Sacherwerb durch die Gesellschaft und der Erbringung der Geldleistung des Gesellschafters auf seine Einlageverbindlichkeit (OLG Düsseldorf, GmbHR 95, 518, 519; Henze, a.a.O., 114; Ulmer, a.a.O., 141). Eine solche Nähe ist hier zu bejahen.