Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 14.11.1995, Az.: 5 U 100/95
Abrechnung einer Versorgung mit einer Zahnprothese unter dem Aspekt eines Ermessenspielraums bei der Wahl des Gebührenfaktors; Gesonderte Abrechnungsfähigkeit von individuellen Farbkeramikblenden im Fall einer Versorgung mit einer Prothese
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 14.11.1995
- Aktenzeichen
- 5 U 100/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 28982
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:1114.5U100.95.0A
Amtlicher Leitsatz
Keine Abrechnung zahnprothetischer Versorgung ohne Vereinbarung bei Überschreitung des erforderlichen Behandlungsmaßes - kein Ermessensspielraum bei der Wahl des Gebührenfaktors.
Entscheidungsgründe
Zu Unrecht meint der Kläger, weil er die "definitiven plastischen Füllungen" tatsächlich ausgeführt habe, könne er sie auch abrechnen. Das Landgericht hat zutreffend die Erläuterungen des Sachverständigen seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass bei dem Beschwerdebild des Klägers plastische Aufbaufüllungen mit dem niedrigeren Gebührensatz in jedem Fall ausreichend gewesen wären. Eine Berechnung von zahnmedizinischer/prothetischer Versorgung, die das erforderliche Maß überschreitet, bedarf der Vereinbarung zwischen Arzt und Patient. Dementsprechendes hat der Kläger nicht behauptet.
Fehl geht auch die Auffassung der Berufung des Klägers, ihm stehe bei der Wahl des Gebührenfaktors ein Ermessenspielraum zu, der ihn von einer besonderen Begründung enthebe. Der Sachverständige hat demgegenüber überzeugend dargelegt - und das entspricht auch den Erfahrungen des Senats -, dass eine Abrechnung mit einem über dem Durchschnittsfaktor von 2,3 hinausgehenden Faktor nur bei besonderen medizinisch erforderlichen Leistungen erfolgen darf, was einer speziellen inhaltlichen und nicht nur auf Lehrformeln beschränkten Begründung bedarf. Nur eine solche Abrechnung wird von den Versicherern bzw. Beihilfestellen anerkannt. Daran fehlt es hier. Der Sachverständige hat insoweit unmissverständlich erklärt, dass die Tätigkeiten des Klägers nach den Maßstäben des Regelfaktors richtig erfasst worden sind und die gegebene Begründung "erhöhter Zeitaufwand" dafür - weil zweifelhaft - nicht ausreicht.
Diese Zweifel hat der Kläger auch durch sein zusätzliches Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (kosmetische Anforderungen, Neuaufbau der Occlusion, Rekonstruktion der Bisshöhe) nicht auszuräumen vermocht. Eine entsprechende Abrechnung hat er auch nicht erteilt.
Zu Recht rügt die Berufung des Beklagten, das Landgericht habe bei der individuellen Farbgebung von 26 Keramikblenden (Kronen, Brückenzwischengliedern) übersehen, dass diese Leistung nicht gesondert abrechnungsfähig ist. Der Sachverständige hat dazu erklärt, dass diese Leistung als vornehmlich ästhetisches Additiv zu der eigentlichen prothetischen Versorgung untrennbar zu einer ordentlichen zahntechnischen Arbeit bei keramischen Verblendungen gehört und keine zusätzlichen Abrechnungspassagen begründet. Das überzeugt. Die in der Abrechnung genannte Gebührenposition behält ihre Rechtfertigung bei Farbgebungen, die nicht bereits so mit einer zahntechnischen Arbeit verbunden sind.
Eine gesonderte Abrechnungsvereinbarung für solche oder darüber hinausgehende Leistungen hat der Kläger zudem diesbezüglich auch hierbei nicht dargetan. Die bloße vom Beklagten bejahte Frage des Klägers, ob er - der Beklagte - eine individuelle Farbgebung wünsche, reicht dafür nicht. Vielmehr hätte es insoweit weiterer Aufklärung insbesondere über die Höhe der Kosten und die fehlende Übernahme seitens der Versicherer bedurft, um von einer rechtsverbindlichen Einwilligung des Beklagten ausgehen zu können.