Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.04.2001, Az.: 1 KN 525/01
Abwägung; Alternativplanung; Anliegerverkehr; Ausgleichsmaßnahme; Ausnahme; Eingriff; Erforderlichkeit; Erschließungsanlage; Flächenversiegelung; Kinderspielplatz; Landschaft; Natur; Planung; Straße; Verkehrsbelastbarkeit
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.04.2001
- Aktenzeichen
- 1 KN 525/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40298
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 3 S 2 SpielPlG ND
- § 214 BauGB
- § 215 BauGB
- § 2 SpielPlG ND
- § 1 BauGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Erforderlichkeit der Planung wird nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass der Planung ein Bebauungskonzept eines Privatinvestors zugrunde liegt.
2. Die Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsanlagen (EAE) 1985/1995 geben wertvolle Hinweise für die Qualifizierung von Straßen und deren Verkehrsbelastbarkeit auch in bereits bebauten Gebieten.
3. Zur Berücksichtigung von Alternativplanungen.
4. Zum Einfluss eines Abwägungsmangels auf das Abwägungsergebnis.
5. Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft sind dann nicht erforderlich, wenn der Umfang der zu erwartenden Flächenversiegelung nicht das Maß der bisher zulässigen Flächenversiegelung übersteigt.
6. Der planenden Gemeinde muss von der zuständigen Verwaltungsbehörde eine Ausnahme gem. § 5 Abs. 3 S. 2 NSpielplG erteilt werden, wenn sie im Rahmen ihrer Abwägung von der Anlage eines Kinderspielplatzes im Plangebiet absehen und/oder einen Kinderpielplatz in einer Entfernung von mehr als 400 m Wegstrecke zu den Grundstücken im Plangebiet anlegen will.
Tatbestand:
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 54 "B." der Antragsgegnerin.
Das von der Änderung betroffene Plangebiet von etwa 1,5 ha Größe liegt ca. 1 km westlich des Zentrums der Antragsgegnerin in Stadtrandlage. Es wird im Osten durch die P.-G.-S., im Süden durch die Trasse der B. Eisenbahn, im Westen durch die M. und im Norden durch die Nordgrenze der B. begrenzt. Die Gebiete nördlich der B., westlich der M. und südlich der Eisenbahntrasse dienen dem Wohnen und sind zum Teil durch großzügig geschnittene, überwiegend mit Einfamilienhäusern bebaute Grundstücke geprägt. Östlich des Plangebiets befinden sich unter anderem das Arbeitsamt, die Kreisverwaltung, Gymnasium und Kirche.
Der am 29. Januar 1970 in Kraft getretene Bebauungsplan Nr. 54 "B." der Antragsgegnerin, dessen westliches Teilgebiet von der jetzigen Änderung betroffen ist, setzte im Osten dieses Teilgebiets landwirtschaftliche Berufsschule und im Westen Gemeinbedarfsfläche für Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und dergleichen mit einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von 0,7 fest. Die Fläche war als Erweiterungsfläche für die Feuerwehrtechnische Zentrale vorgesehen und wurde lange Jahre als städtischer Sportplatz mit einer Wiesen-/Rasenfläche genutzt.
Die Antragsteller sind Miteigentümer des mit einem Einfamilienwohnhaus bebauten Wohngrundstückes B. 36, das außerhalb des Plangebiets nördlich der B. liegt.
Nachdem die Feuerwehrtechnische Zentrale an die W. Straße verlagert worden war, veräußerte der Eigentümer des westlichen Teils des Plangebiets, der Landkreis G. B., mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Januar 1999 die Fläche an einen Bauinvestor. Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 19. Mai 1999 die Aufstellung der 1. Änderung des oben genannten Bebauungsplanes und die Auslegung des Entwurfs. Ziel der Planung war im Wesentlichen, den westlichen Abschnitt des Plangebiets für Wohnzwecke zur Verfügung zu stellen. Grundlage der Planung war ein Bebauungsvorschlag des Investors zur Errichtung von ca. 20 bis 25 Einfamilien- und Doppelhäusern bei zweigeschossiger Bebauung.
Der Aufstellungsbeschluss wurde in den G. Nachrichten am 7. Juni 1999 bekannt gemacht. Der Entwurf der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 54 einschließlich der Begründung wurde im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung vom 10. Juni 1999 bis zum 12. Juli 1999 öffentlich zur Einsichtnahme ausgelegt. Mit Schreiben vom 3. Juni 1999 beteiligte die Antragsgegnerin die Träger öffentlicher Belange (TöB). In seiner Sitzung vom 12. Januar 2000 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 54 mit Begründung als Entwurf und dessen öffentliche Auslegung. Am 10. Februar 2000 machte die Antragsgegnerin die öffentliche Auslegung des Entwurfs mit Begründung in der Zeit vom 21. Februar 2000 bis 21. März 2000 in den G. Nachrichten bekannt. Nach Eingang von Anregungen änderte die Antragsgegnerin auf der Grundlage einer Neukonzeption des Investors ihre Planung und beschloss durch ihren Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung vom 12. Juli 2000 erneut den Entwurf einschließlich der Begründung und die öffentliche Auslegung. Der Beschluss wurde am 10. August 2000 in den G. Nachrichten öffentlich bekannt gemacht. Die Auslegung erfolgte vom 18. August 2000 bis zum 18. September 2000. Mit Schreiben vom 8. August 2000 beteiligte die Antragsgegnerin erneut die TöB. Auf Empfehlung des Verwaltungsausschusses beschloss der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 30. November 2000 nach Prüfung und Abwägung der eingegangenen Anregungen die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 54 nebst Begründung als Satzung. Der Beschluss wurde am 18. Dezember 2000 in den G. Nachrichten bekannt gemacht.
Die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 54 setzt für das östliche Teilgebiet Fläche für den Gemeinbedarf mit der besonderen Zweckbestimmung "Schule", für das westliche Teilgebiet WA-Gebiet mit überwiegend eingeschossiger, offener Bauweise bei einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von ebenfalls 0,4 sowie Baugrenzen fest. Im westlichsten Teilstück an der M. ist eine zweigeschossige offene Bauweise mit einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von 0,8 vorgesehen. In den textlichen Festsetzungen sind unter anderem für im Süden an der Eisenbahntrasse gelegene Bauflächen A und B für nach dort gerichtete Schlafräume schallgedämmte Lüftungseinrichtungen vorgeschrieben, im Bereich A sind zusätzlich für Wohn- und Aufenthaltsräume an den jeweiligen Fassaden Schalldämm-Maße durch die Außenbauteile (Wandanteil, Fenster, Lüftung etc.) für den Lärmpegelbereich III = 35 dB(A) einzuhalten.
Am 26. Januar 2001 haben die Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung tragen sie vor: Die Antragsgegnerin habe zu ihren Lasten die öffentlichen und privaten Belange fehlerhaft abgewogen. Das Plangebiet sei nur unzureichend verkehrlich erschlossen. Eine Erschließung und Zufahrtsmöglichkeit solle es nur über die sehr schmale, als Einbahnstraße nach Westen freigegebene B. und über vier zu den Wohneinheiten führende Stichwege geben. Das führe zur Vernichtung des bereits ohnehin sehr knappen Parkraums in der B.. Verbunden sei die Planung mit einer zunehmenden Lärmbelästigung. Die meisten Schlafräume der nördlichen Wohnbebauung lägen zur B.. Zudem komme es zu einem höheren Fahrzeugaufkommen auf der B., weil in den Räumen der ehemaligen Feuerwehrtechnischen Zentrale ca. 800 Schüler in 20 bis 25 Klassen unterrichtet würden. Auch die bisher auf dem Schulgelände geschaffenen Parkplätze hätten nicht zu einer spürbaren Entlastung der B. geführt. Hinzu komme noch ein erheblicher Fahrzeugverkehr von Nichtanwohnern zu den westlich vom Stadtzentrum liegenden Gebieten. Das von der Antragsgegnerin erwartete zusätzliche Verkehrsaufkommen sei zu niedrig angesetzt worden. Es sei entgegen der behaupteten Konzeption des Investors wegen der Festsetzungen der Bauteppiche und der GFZ von 0,4 beziehungsweise 0,8 nicht von 17 ein- und zweigeschossigen Einfamilienhäusern, sondern von mindestens 47 Wohneinheiten mit entsprechend höherem Fahrzeugaufkommen auszugehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Investor, der unter anderem die Wohnhäuser errichten wolle, einen für das Gebiet der Antragsgegnerin außergewöhnlich hohen Kaufpreis für die Grundstücke gezahlt habe und selbstverständlich den höchsten Nutzen aus der Fläche ziehen wolle. Ungeklärt seien die Probleme des Entsorgungsverkehrs. Vierzehntägig erfolge die Abfuhr des Bio-Mülls, des Restmülls und der Wertstoffsäcke. Vierwöchentlich komme die Altpapierentsorgung hinzu. Pro Haushalt falle eine Stelllänge von ca. 3 m Straßenfront für die Müllbehälter an. Bei der Summe der vorhandenen und hinzutretenden Haushalte werde eine Stelllänge von ca. 150 m benötigt. Tatsächlich stehe abzüglich der Einfahrten auf der nur einseitig mit einem Gehweg versehenen B. eine Stelllänge von 105 m zur Verfügung. Diese Mängel der Planung hätten die Antragsgegnerin aber nicht veranlasst, eine Alternativerschließung des Baugebietes von der M. aus parallel zum Straßenverlauf der B. mit einem Wendehammer zu prüfen. Dies sei fehlerhaft. Unangemessen sei die zwingende Festsetzung einer zweigeschossigen Bebauung an der M., die zudem "in zweiter Reihe" auch die Errichtung eines 40 m langen Baukörpers zulasse. Eine solche Bebauung füge sich in die nähere Umgebung nicht ein und führe zu einer nicht hinnehmbaren Verdichtung der Baustruktur. Nicht hinreichend habe die Antragsgegnerin die Lärmbelastung durch die südlich verlaufende Eisenbahn auf das neu entstehende Baugebiet und das mögliche Zurückschallen auf die südlich der Bahnstrecke vorhandenen Wohngebiete berücksichtigt. Hinzu kämen Probleme wegen auftretender Erschütterungen. Ungeordnet und ungesichert seien die Frischwasserversorgung und die Schmutzwasserentsorgung. Die jeweiligen Leitungen seien unterdimensioniert. Gänzlich außer Acht gelassen habe die Antragsgegnerin die zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft. Durch die Verwirklichung des Bebauungsplanes werde insbesondere wertvoller Baumbestand vernichtet. Kompensationsflächen seien überhaupt nicht vorgesehen. Nicht gelöst habe die Antragsgegnerin den Bedarf an Kinderspielplätzen/-flächen. Schließlich habe die Antragsgegnerin ohnehin nicht frei abwägen können, weil der Investor, der das Gebiet für mehr als 2 Mio. DM erworben habe, dem Plangeber ein unter allen Umständen zu verwirklichendes Bebauungskonzept unterbreitet habe.
Die Antragsteller beantragen,
den am 30. November 2000 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 54 "B.", 1. Änderung für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag abzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt den Bebauungsplan und führt aus: Fehl gehe die Behauptung der Antragsteller, die Erschließung des neu geplanten Wohngebiets über die B. sei nicht gesichert. Der Investor habe öffentlich dafür geworben, dass 17 Einfamilien- und Doppelwohnhäuser errichtet werden sollen. An den vier geplanten Wohnwegen sollten vier bis fünf Wohneinheiten angeschlossen werden. Eine weitere Verdichtung der Bebauung, wie sie die Antragsteller unterstellten, sei nicht zu erwarten und nicht geplant. Die Erschließung der ca. 20 Wohneinheiten auf der Nordseite und 17 geplanten Wohneinheiten auf der Südseite der B. sei durch diese Straße hinreichend gesichert, wie unter anderem eine vorgenommene Ortsbesichtigung und gefertigte Fotografien belegten. Der Parkraum sei entgegen der Annahme der Antragsteller ausreichend. Auf der gesamten B. könne - mit Ausnahme der freizuhaltenden Stichwege und Grundstückszufahrten - einseitig geparkt werden. Der Anliegerverkehr könne auf den Grundstücken parken. Die weitergehende Behauptung der Antragsteller, die Berufsschule werde weiter erheblich ausgebaut und lasse einen erheblichen Anstieg des Anliegerverkehrs erwarten, sei unzutreffend. Der Umbau der Feuerwehrtechnischen Zentrale zu Schulräumen sei im Jahre 2000 abgeschlossen worden. Es stünden jetzt 56 Parkplätze zur Verfügung, die nach dem Ergebnis einer Ortsbesichtigung ausreichend seien. Zusätzlicher Verkehr sei durch das Arbeitsamt nicht zu erwarten. Besucher des Arbeitsamtes führen über die P.-G.-S. oder die L. zurück zum Stadtring. Zugunsten des ruhenden Verkehrs sei auf die Anlegung eines zweiten Bürgersteigs in der B. verzichtet worden. Das Fehlen eines zweiten Bürgersteigs sei angesichts des geringen Verkehrs auf der B. vertretbar. Ein naturschutzfachlicher Eingriffsausgleich sei nicht erforderlich, weil der bisherige Bebauungsplan Nr. 54 der Antragsgegnerin bereits eine durchgehende Baufläche mit einer Bautiefe von 30 m und einer GRZ von 0,4 festgesetzt habe. Einwirkungen durch Lärm und Erschütterungen seien gutachterlich ermittelt, erwogen und unter anderem durch textliche Festsetzungen zu Schallschutzmaßnahmen berücksichtigt worden. Die Müllentsorgung sei - wie eine Nachfrage bei der Entsorgungsfirma ergeben habe - nicht beeinträchtigt. Technisch könne die Müllabfuhr ohne größere Probleme bewältigt werden. Eine Bindung der Antragsgegnerin durch die Bebauungswünsche des Investors habe es nicht gegeben. Das zeigten schon die vielfältigen Änderungen des ursprünglichen Bebauungsvorschlages des Investors durch die Antragsgegnerin im Verlaufe der Planung. Die Überschreitung des gesetzlich vorgesehenen Höchstabstandes von 400 m zwischen den geplanten Wohnungen im neu festgesetzten Wohngebiet und der Kinderspielplatzanlage an der H., die für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren hergerichtet werde, sei vertretbar, weil die Kinder sich bereits nach 200 m weit abseits vom öffentlichen Straßenverkehr frei und sicher bewegen könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
Die Antragsteller sind antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie machen insbesondere geltend, dass sich durch die Festsetzung eines Wohngebietes und durch den dadurch ausgelösten Zu- und Abfahrtsverkehr die Erschließungssituation auf der B. zu ihren Lasten erheblich verschlechtere. Ein solches Interesse der Anlieger ist bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592).
Der Normenkontrollantrag ist teilweise begründet. Der Bebauungsplan Nr. 54 "B.", 1. Änderung der Antragsgegnerin ist unwirksam. Die Erwägung der Antragsgegnerin, die Entfernung des Kinderspielplatzes an der H. von 450 m zum festgesetzten Wohngebiet sei trotz der Überschreitung der gemäß § 2 Abs. 2 NSpielPlG vorgesehenen 400-m-Grenze hinnehmbar, weil die Kinder sich bereits nach 200 m auf Gelände weit ab vom öffentlichen Straßenverkehr sicher bewegen könnten, ist mit §§ 2 Abs. 2, 5 Abs. 3 NSpielPlG nicht vereinbar. Der weitergehende Antrag der Antragsteller auf Nichtigerklärung der Satzung ist abzuweisen, weil die Mängel der Planung durch ein ergänzendes Verfahren im Sinne des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB behoben werden können und die Antragsteller mit ihren übrigen Einwendungen nicht durchdringen.
Der angefochtene Bebauungsplan leidet nicht an Verfahrensmängeln.
Die dem Senat vorgelegte Ausfertigung des Bebauungsplanes nennt in der Verfahrensleiste fälschlich den 29. Juni 1999 als Tag der öffentlichen Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses des Verwaltungsausschusses. Nach den Planunterlagen datiert die öffentliche Bekanntmachung vom 7. Juni 1999. Es handelt sich jedoch um eine unbeachtliche und unter Berücksichtigung der vorliegenden Planunterlagen offensichtliche Unrichtigkeit (§ 214 Abs. 1 BauGB), die auf die Wirksamkeit des Bebauungsplanes keinen Einfluss hat. Insbesondere liegt kein erheblicher Ausfertigungsmangel vor. Ein Ausfertigungsmangel führt dann zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplanes mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans übereinstimmt (BVerwG, Beschl. v. 9.5.1996 - 4 B 60.96 -, BRS 58 Nr. 41). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Ein beachtlicher Verfahrensmangel liegt auch nicht deswegen vor, weil die von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen schall- und erschütterungstechnischen Berichte der Zech Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 1999 und vom 5. November 1999 offenbar nicht ausgelegen haben, obwohl die Begründung des Bebauungsplanes auf die Berichte Bezug nimmt und sie zum Teil wiedergibt. Offen bleiben kann, ob die Antragsgegnerin gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB verpflichtet war, die oben genannten Berichte auszulegen (vgl. dazu: Bielenberg in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung Stand: November 1997, § 3 Rdnr. 32). Denn selbst wenn dies der Fall wäre, wäre es jedenfalls gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich, wenn im Rahmen der Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) der Erläuterungsbericht oder die Begründung des Entwurfs eines Bebauungsplans unvollständig ist.
Die von den Antragstellern erhobenen materiellen Rügen sind größtenteils nicht begründet.
An der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bestehen durchgreifende Bedenken nicht. Für die Planungserforderlichkeit reicht es aus, dass eine Gemeinde eine den Planungsgrundsätzen des § 1 Abs. 1, 3 und 5 BauGB entsprechende Plankonzeption hat und es vernünftigerweise geboten ist, diese durch einen Bebauungsplan zu sichern und durchzusetzen (vgl. dazu bereits BVerwG, Urt. v. 7.5.1971 - 4 C 76.68 -, DVBl. 1971, 759 = BRS 24 Nr. 15; Beschl. v. 16.12.1988 - 4 NB 1.88 -, NVwZ 1989, 664; siehe auch OVG Lüneburg, Urt. v. 22.5.1987 - 6 OVG C 23/86 -, NST-N 1988, 81). Ein Bebauungsplan ist erst dann nicht erforderlich, wenn seine Aufstellung offensichtlich deshalb ein grober Missgriff ist, weil eine solche Plankonzeption gar nicht existiert und/oder in Wahrheit nicht die vorgegebenen städtebaulichen Planungsziele, sondern andere Ziele, namentlich allein die Förderung privater Interessen, verfolgt und verwirklicht werden sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 - 4 BN 15/99 -, NVwZ 1999, 1338 m.w.N. = BauR 1999, 1136).
Danach ist der angegriffene Bebauungsplan erforderlich. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass die Verwirklichung der Planfestsetzungen auch die wirtschaftlichen Interessen des Investors fördert, die dieser mit der Bebauung des Gebiets südlich der B. verfolgt. Der Bebauungsplan wird aber zugleich von der Erwägung getragen, eine unbebaute "Inselfläche" in einem überwiegend bereits dem Wohnen dienenden Gebiet ebenfalls einer Wohnnutzung zuzuführen und damit die Nachfrage nach Wohngrundstücken zu befriedigen. Dies ist, wie sich aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BauGB ergibt, ein tragfähiger städtebaulicher Belang. Der Umstand, dass dieser Belang auch mit den wirtschaftlichen Interessen des Investors verknüpft ist, lässt die Erforderlichkeit nicht entfallen.
Der von den Antragstellern vorgelegte notarielle Kaufvertrag vom 21. Januar 1999 über den Verkauf des westlichen Teilstücks des Plangebiets und der darin vereinbarte, aus der Sicht der Antragsteller hohe Kaufpreis geben keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die Antragsgegnerin habe sich bei der Planaufstellung allein von dem Ziel leiten lassen, die wirtschaftlichen Interessen des Investors zu fördern. Der vorgelegte notarielle Kaufvertrag weist nämlich aus, dass nicht die Antragsgegnerin, sondern der Landkreis G. B. Verkäufer der Fläche ist. Eine sich durch den Vollzug des Kaufvertrags für die Antragsgegnerin ergebende "Pflicht", dem Investor nunmehr auch die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Verwertung des Grundstücks zu ermöglichen und nur dessen Wünsche zu berücksichtigen, ist unter diesen Umständen nicht erkennbar. Selbst wenn schließlich der Bebauungsplan im Wesentlichen die ursprünglichen Bebauungsvorstellungen des Investors aufnimmt und sogar auf besondere Wünsche des Investors hin die zweigeschossige Bebauung an der M. festsetzt, bedeutet dies nicht zwingend, die Antragsgegnerin habe mit dem Plan allein, ohne städtebauliches Ziel, die Interessen des Dritten fördern wollen. Dafür spricht der von den Antragstellern vorgelegte Kaufvertrag jedenfalls nicht.
Die angegriffene Planung verletzt - mit Ausnahme der oben genannten Erwägungen der Antragsgegnerin zur Entbehrlichkeit eines Kinderspielplatzes - nicht das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB). Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301, 309) erfordert das Abwägungsgebot, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet. In die Abwägung muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Die Bedeutung der betroffenen privaten Belange darf nicht verkannt und der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen muss in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwenig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Diesen Anforderungen wird die Abwägung der Antragsgegnerin gerecht.
Es sprechen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme der Antragsteller, die Entscheidung über die Planung sei unzulässig bereits vorweggenommen worden. Zwar hat - wie dargelegt - der Investor der Antragsgegnerin ein Bebauungskonzept unterbreitet, das auch Grundlage der Planungsüberlegungen der Antragsgegnerin geworden ist. Damit hat sich die Antragsgegnerin aber keinesfalls in eine zu beanstandende Abhängigkeit von den Bauvorstellungen des Investors begeben, wie folgende Umstände zeigen: Der Investor hatte ursprünglich den Wunsch geäußert, das gesamte Plangebiet ein- bis zweigeschossig bebauen zu wollen. Dies hat der Rat der Antragsgegnerin ebenso verworfen (der Bebauungsplan sieht eine zweigeschossige Bebauung nur im westlichen Teilstück des Plangebiets an der M. vor) wie die vom Investor vorgesehene Anzahl der Baukörper und deren Stellung an der Südgrenze des Plangebiets zur Eisenbahntrasse. Hinzutritt, dass der Rat der Antragsgegnerin entgegen den Vorstellungen des Investors die Erhaltung des Baumbestandes südlich der B. und nördlich des WA-Gebiets festgesetzt hat.
Die Antragsgegnerin hat das Interesse der Antragsteller an einer weitgehend ungehinderten Nutzung der B. nicht einseitig hintangestellt. Sie durfte insbesondere davon ausgehen, dass durch die Nutzung der B. durch die zukünftigen Anwohner des neu konzipierten Wohngebietes es nicht zu einer erheblichen Einschränkung des Anliegerverkehrs der "Altanlieger" der Nordseite der B. kommt. Die Antragsgegnerin durfte annehmen, dass die B. den zu erwartenden zusätzlichen Verkehr aufnehmen können wird. In der Begründung des Bebauungsplans wird die Breite der B. mit durchschnittlich 5,5 m angegeben. Die Angaben der Beteiligten im Verfahren und die von ihnen vorgelegten Fotografien bestätigen diese Breitenangabe. Die B. wird als Anliegerstraße eingestuft. Die Breite der Straße von ca. 5,5 m, ihre Lage und ihre Beschränkung als Einbahnstraße Richtung Westen lassen den Schluss der Antragsgegnerin als vertretbar erscheinen, dass die B. überwiegend/ausschließlich dem Anliegerverkehr dient. Wie der Blick auf die Stadtkarte N. (ein Auszug der Stadtkarte war Gegenstand der mündlichen Verhandlung) zeigt, stellt die B. zwar eine Verbindung zwischen dem im Osten liegenden Stadtring und den westlich liegenden Wohnquartieren im Musikerviertel der Antragsgegnerin her. Dass die B. aber deswegen bereits den Charakter einer Sammel- oder Durchgangsstraße für Nichtanlieger hat, musste die Antragsgegnerin nicht ernstlich annehmen. Denn im Norden führt zum und vom Musikerviertel der breiter ausgebaute P., der in beiden Richtungen befahren werden darf und die dortige Sammel- und Durchgangsfunktion übernimmt. Zusätzlich kann das Musikerviertel von Süden her über die S./M. mit einer Querung der Eisenbahnlinie erreicht werden, so dass auch insoweit die B. nicht "die Zugangsstraße" - der Abgangsverkehr müsste sich wegen der Einbahnstraßenqualität der B. ohnehin andere Wege suchen - zum Musikerviertel ist. Die Qualität der B. als Anliegerstraße lässt nach den Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (EAE) 1985/1995, die wertvolle Hinweise für die Qualifizierung von Straßen und deren Verkehrsbelastbarkeit auch in bereits bebauten Gebieten geben, Verkehrsstärken von bis zu 250 Kfz in Spitzenstunden in Wohngebieten in Stadtrandlage zu. Allerdings gilt dies nach den EAE 1985/1995 bereits bei einer Fahrbahnbreite von 4,75 m und einem Begegnungsverkehr Lkw/Pkw. Zu Recht durfte die Antragsgegnerin für die B. unter diesen Umständen sogar von höheren Spitzenlastwerten ausgehen, weil die Straßenbreite von etwa 5,5 m und die Anordnung des Einbahnverkehrs höhere Kapazitäten zulassen.
Fehlerfrei sind die Überlegungen der Antragsgegnerin zum zu erwartenden Verkehrsaufkommen. Die von der Antragsgegnerin vorausgesetzte Anzahl von Fahrzeugen von 23 bis 30 für die nördliche Bebauung der Bachstraße ("Altanlieger") mit ca. 15 Grundstücken ist ebenso wenig ernstlich zweifelhaft wie die von der Antragsgegnerin ermittelte Anzahl von 30 bis 40 zusätzlichen Fahrzeugen bei ca. 20 Wohneinheiten im neuen Baugebiet. Die von der Antragsgegnerin daraus ohne Fehler abgeleitete Zahl von ca. 200 Fahrten pro Tag unterschreitet die oben dargelegte Kapazität von (mindestens) 250 Fahrzeugen in der Spitzenlast pro Stunde deutlich. Wegen des zu erwartenden, nur schwachen Anliegerverkehrs musste die Antragsgegnerin auch nicht annehmen, dass der von der Anliegerstraße ausgehende Lärm für die Altanlieger unzumutbar sein könnte.
Die Richtigkeit des Abwägungsergebnisses wird auch nicht durch die Einwendungen der Antragsteller in Frage gestellt.
Die Antragsgegnerin hat entgegen der Annahme der Antragsteller ausreichend die Belastung der B. durch den von der Berufsschule ausgelösten Fahrzeugverkehr berücksichtigt. Nicht substantiiert in Frage gestellt haben die Antragsteller die von der Antragsgegnerin ermittelte Zahl von 60 Fahrzeugen, die wegen der Qualifizierung der B. als Einbahnstraße Richtung Westen allein zum Ende des Unterrichts, nicht aber in den Zeiten der Spitzenbelastung (morgens und nachmittags) die B. in Richtung M. befahren.
Selbst wenn man mit den Antragstellern unterstellt, dass entgegen der Bebauungsabsicht des Investors nicht 20, sondern mindestens 47 Wohneinheiten im geplanten Wohngebiet erstellt werden und daher etwa bis zu 70 Fahrzeuge dort zusätzlich den Straßenverkehr belasten, wäre bei durchschnittlich drei Fahrten pro Tag unter Einbeziehung der Fahrzeugbewegungen, die von der Berufsschule ausgelöst werden, die Spitzenlast für Anliegerstraßen pro Stunde nicht überschritten.
Nicht hinreichend haben die Antragsteller dargelegt, dass (alsbald) ein erheblicher Ausbau der Berufsschule mit einer Steigerung der Zahl der Schüler erfolgen werde. Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass derzeit ca. 200 Schüler unterrichtet würden und dass für Lehrer und Schüler ca. 56 Parkplätze auf dem Gelände der Schule zur Verfügung stünden, die ausreichend seien. Zusätzlich hat sie dargelegt, dass ein Ausbau der Berufsschule oder eine Steigerung der Schülerzahl nicht geplant beziehungsweise nicht zu erwarten seien. Dem sind die Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten.
Zu Recht durfte die Antragsgegnerin auch davon ausgehen, dass der Quellverkehr des östlich gelegenen Arbeitsamtes nicht die B. zur Abfahrt nutzt. Plausibel ist die Darlegung der Antragsgegnerin, dass der Quellverkehr über die nach Südosten verlaufende P.-G.-S. und die nach Norden führende L. Richtung Stadtring abfließt und nicht etwa den Weg über die B. nimmt, die lediglich den in die Stadtrandlage führenden Verkehr aufnimmt. Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände brauchte die Antragsgegnerin auch nicht eine von den Antragstellern für erforderlich gehaltene Verkehrszählung vorzunehmen.
Hinsichtlich der von den Antragstellern bemängelten Parkplatzsituation in der B. hat die Antragsgegnerin die Belange der Antragsteller ebenfalls nicht einseitig hintangestellt. Die Antragsgegnerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der zusätzliche ruhende Verkehr nach den Vorschriften des Bauordnungsrechts (§ 47 Abs. 7 NBauO) auf den Baugrundstücken oder durch Baulast gesichert auf anderen Grundstücken vorzusehen ist und dass dies auch für das hier vorgesehene WA-Gebiet gilt. Der Zuschnitt der durch Baugrenzen gezogenen Bauteppiche steht der Verwirklichung der Anlage der durch die Wohnbebauung notwendigen Einstellplätze auf den Baugrundstücken auch nicht entgegen.
Die Befürchtung der Antragsteller, durch die Anlage der vier für die Erschließung des Wohngebietes vorgesehenen Stichstraßen entfalle notwendig ein erheblicher Teil des auf der Nordseite der B. zur Verfügung stehenden Parkraumes und es komme deshalb zu chaotischen Parkverhältnissen, ist nicht begründet. Zwar mag das Ausfahren aus den relativ schmal gehaltenen Stichstraßen auf die B. in Richtung M. unter Beibehaltung des nördlichen Parkstreifens in der B. nicht völlig unproblematisch sein. Aber selbst bei belegtem Parkraum in der B. ist das Einbiegen aus einem 3 m bis 3,5 m breiten Stichweg in einen ebenso breiten Fahrstreifen - gegebenenfalls beim Ausbau der Stichwege mit sogenannten Eckausrundungen - zumutbar möglich. Dies belegen insbesondere die Schleppkurvendarstellungen der EAE 1985/1995 für Personenkraftwagen bei sehr langsamer Fahrt und bei sog. Flächendefizit (vgl. Anhang 4, Fahrkurve 3).
Keinen Abwägungsmangel stellt es dar, dass die von den Antragstellern bevorzugte Anlage einer Stichstraße, die von der M. aus in das Plangebiet parallel zur B. hineinführt, von der Antragsgegnerin verworfen worden ist. Diesen Vorstellungen der Antragsteller liegt unter anderem die Auffassung zugrunde, dass es nicht genügend Stellfläche für die Mülltonnen der Anlieger gebe. Dies ist nicht zutreffend. Denn die Berechnung der von den Antragstellern für erforderlich gehaltenen Fläche ist unrealistisch. Die Antragsteller gehen davon aus, dass ein Stellflächenbedarf für die Mülltonnen von ca. 150 m Länge erforderlich sei. Diese Berechnung der Antragsteller übersieht, dass die Abholung aller Mülltonnen bei dem für das Gebiet der Antragsgegnerin offensichtlich eingeführten sogenannten Trennsystem nicht zeitgleich, sondern verteilt, zum Teil nur im vierzehntägigen Rhythmus erfolgt oder jedenfalls erfolgen kann. Unrealistisch ist insbesondere die Annahme der Antragsteller, sämtliche Müllgefäße würden nebeneinander "in einer Linie" an die Straße gestellt. Die Breite des Fußweges in der B. ist - wie die von den Antragstellern überreichten Fotografien belegen - ausreichend, um eine mehrreihige Aufstellung der Müllgefäße zu ermöglichen. Zudem hat der Rat der Antragsgegnerin durch eine schriftliche Mitteilung den Antragstellern eröffnet, dass - wie im überarbeiteten Bebauungsvorschlag des Investors vorgesehen - eine geringfügige Auslichtung des südlichen Grünstreifens an der B. zur Anlage von Stellflächen für Müllgefäße vorgesehen werde. Zu Recht hat sie zudem dargelegt, dass die Müllentsorgung durch nachfolgende Regelungen der Abfallsatzung oder der StVO geregelt werden könne. Mit diesen Erwägungen durfte die Antragsgegnerin davon absehen, die von den Antragstellern bevorzugte Alternativplanung zur Lösung vermuteter Müllentsorgungsprobleme weiterzuverfolgen.
Die von den Antragstellern favorisierte Alternativplanung, die - wie dargelegt - eine Stichstraße von der M. parallel zur B. und zur Eisenbahntrasse mit einem Wendehammer vorsieht, brauchte die Antragsgegnerin auch deswegen nicht näher ins Auge zu fassen, weil - wie die Antragsgegnerin fehlerfrei in ihrer Begründung dargelegt hat - dies eine unangemessene Verkleinerung der ohnehin knapp bemessenen Tiefe der vorgesehenen Baugrundstücke zur Folge hätte. Zudem wären die nördlich beziehungsweise südlich der Stichstraße gelegenen Baugrundstücke sowohl nördlich als auch südlich, die unmittelbar an der M. gelegenen Grundstücke auch westlich den Einflüssen von Straßen und Eisenbahnwegen ausgesetzt, die die Wohnqualität der Grundstücke deutlich mindern würde.
Ohne Abwägungsmangel hat die Antragsgegnerin das Maß der baulichen Nutzung festgesetzt. Die GFZ von 0,4 für die eingeschossige Bauweise im östlichen, überwiegenden Teil der Wohnbaufläche unterschreitet das Maß der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 54 in seiner Ursprungsfassung deutlich (dortige Festsetzung 0,7) und überschreitet es für die zweigeschossige Wohnbaufläche an der M. nur geringfügig (GFZ: 0,8). Die Festsetzungen zur GRZ und zur GFZ halten sich auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 BauNVO 1990 und nehmen im Übrigen den Rahmen der Umgebungsbebauung auf. Die an der M. vorgesehene zweigeschossige Bebauung setzt die dort schon vorhandene Bebauung (M. 5 und 7) auf der Ostseite dieser Straße bis zur Bahnlinie fort. Die GRZ von 0,4 der eingeschossigen Bebauung unterschreitet zum Teil sogar den Rahmen der nördlichen Umgebungsbebauung (z.B. M. 5/7; B. 30).
Nicht auf das Abwägungsergebnis wirkt sich der Mangel der Abwägung der Antragsgegnerin zur Lärmeinwirkung durch die südlich verlaufende Bahntrasse der B. Eisenbahn auf das Wohngebiet aus. Die Antragsgegnerin hat rechtsfehlerfrei zur Grundlage ihrer Abwägung den schalltechnischen Bericht der Zech-Ingenieurgesellschaft vom 30. Juni 1999 (Nr. LL 02401/01) gemacht, der nicht zu beanstanden ist. Der schalltechnische Bericht hat nach Maßgabe der von der B. Eisenbahn AG zur Verfügung gestellten Daten zur derzeitigen Nutzung der Bahntrasse die Eisenbahnverkehrslärmbelastung der Wohnbebauung im westlichen Teil des Plangebiets ermittelt. Zusätzlich hat das Gutachten eine von der B. Eisenbahn AG für möglich gehaltene Ausweitung des derzeitigen Nachtverkehrs auf der oben genannten Strecke berücksichtigt, der zurzeit nur eine Zugdurchfahrt erfasst. Das Gutachten stellt für den Nachtbetrieb zwei Zugdurchfahrten und eine zusätzliche Verschiebefahrt sowie eine Loküberführung in die Berechnung mit ein. Die gutachterliche Berechnung hat ergeben, dass der schalltechnische Orientierungswert nach Beiblatt 1 der DIN 18005 tags von 55 dB(A) in den nach Süden gelegenen Zonen des überplanten Gebiets ebenso überschritten wird wie der Orientierungswert nachts von 45 dB(A) im nahezu gesamten geplanten Wohngebiet. Dies alles lässt Fehler im Gutachten nicht erkennen. Zur Eindämmung der Schallwirkungen auf die geplante Wohnbebauung hat die Antragsgegnerin allerdings nur für die südlichen Teilflächen A und B durch textliche Festsetzungen zum Schutz von Wohn- und Aufenthaltsräumen sowie insbesondere von Schlafräumen schalldämmende Maßnahmen angeordnet. Solche Maßnahmen hat die Antragsgegnerin ohne nähere Begründung und erkennbare Abwägung nicht für den nördlichen Teilbereich des Wohngebietes vorgesehen, obwohl - wie eben dargelegt - nach den gutachterlichen Berechnungen der Orientierungswert nachts von 45 dB(A) fast im gesamten und damit auch im nördlichen Teilbereich des geplanten Wohngebietes überschritten wird. Gleichwohl hat dieser Mangel der Abwägung auf das Abwägungsergebnis keinen Einfluss (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39) hat ein Mangel im Abwägungsvorgang (nur) dann Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbar oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn aus dem oben genannten schalltechnischen Gutachten vom 30. Juni 1999, auf das die Planbegründung der Antragsgegnerin Bezug nimmt, geht hervor, dass für den Bereich, für den das schalltechnische Gutachten eine Überschreitung der Orientierungswerte nachts errechnet hat, bereits durch übliche, auf Kipp gestellte Fenster eine ausreichende Schalldämmung erreicht wird. Zudem ist - wie dem oben genannten Gutachten ebenfalls entnommen werden kann - der maßgebliche Orientierungswert nachts nur geringfügig (bis zu 5 dB(A)) bei nur sehr wenigen Zugbewegungen überschritten, so dass von unzumutbaren und für das Wohnen erheblichen Lärmbeeinträchtigungen mit der konkreten Möglichkeit des Einflusses des Abwägungsmangels auf das Abwägungsergebnis nicht auszugehen ist.
Ausreichend berücksichtigt hat die Antragsgegnerin die Belange der südlich der Bahntrasse gelegenen Wohnbebauung. Sie hat abweichend vom ursprünglichen Bebauungsvorschlag des Investors an der südlichen Plangrenze eine riegelartige Bebauung in Ost-West-Richtung durch Festsetzungen von Baugrenzen ausgeschlossen. Sie hat damit ausreichend Vorsorge gegen eine schallreflektierende Bebauung auf der Nordseite der Bahntrasse zu Lasten der südlichen Wohnbebauung getroffen.
Nicht zu beanstanden ist die Abwägung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die von dem Eisenbahnverkehr ausgehenden Erschütterungen. Der erschütterungstechnische Bericht der Zech-Ingenieurgesellschaft vom 5. November 1999 (Nr. LE 04201/01) hat auf der Grundlage durchgeführter Messungen ergeben, dass selbst bei höherer Frequentierung der Bahntrasse als die derzeitig von der B. Eisenbahn AG angegebene und unter Zugrundelegung der ungünstigsten Erschütterungsmesswerte und Übertragungsfunktionen der betroffenen Gebäudeteile die Anhaltswerte der DIN 4150, Teil 2, für Wohngebiete tags und nachts (deutlich) unterschritten werden. Es bestehen deswegen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin erschütterungsdämmende Maßnahmen ergreifen musste.
Unsubstantiiert sind die Einwendungen der Antragsteller, die Frischwasserversorgung und Schmutzwasserentsorgung des geplanten Wohngebiets sei nicht gesichert und führe auch in der näheren Umgebung zu ungelösten Problemen. Die im Rahmen der Beteiligung der TöB beteiligte N. Versorgungsbetriebe GmbH hatte Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Planung nicht erhoben. Es bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte, dass die Zu- und Ableitungen für Frisch- und Abwasser unterdimensioniert sein könnten oder dass aus anderen Gründen die Ver- und Entsorgungssituation beeinträchtigt werde.
Unter diesen Voraussetzungen spricht auch nichts für die Annahme der Antragsteller, die von ihnen angegriffene Planung der Antragsgegnerin verstoße gegen die Planungsleitlinien des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB. Anhaltspunkte dafür, dass infolge der Planung der Antragsgegnerin gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung nach den Merkmalen des § 136 Abs. 3 Nr. 1 BauGB (vgl. Gaentzsch in Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Aufl., 1995, § 1 Rdnr. 53) nicht gewährleistet sein könnten, bestehen nicht.
Die Erwägungen der Antragsgegnerin zum Eingriff in den Naturhaushalt halten den Einwendungen der Antragsteller stand. Zu Recht durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft nicht festgesetzt werden mussten und demzufolge auch keine naturschutzfachliche Bestandsaufnahme erfolgen musste. Gemäß § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB in der ab dem 1. Januar 1998 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2081) ist ein Ausgleich nicht erforderlich, soweit Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung zulässig waren. Die Voraussetzungen dieser gegenüber der früheren Rechtslage nur klarstellenden Regelung (vgl. BT-Drs. 13/7589 S. 13; siehe auch bereits OVG Lüneburg, Urt. v. 27.8.1997 - 1 K 7061/95 -, NuR 1998, 497; Runkel, NVwZ 1993, 1136) sind erfüllt. Denn der Bebauungsplan in seiner am 29. Januar 1970 in Kraft getretenen Ursprungsfassung sah im Vergleich zur jetzigen 1. Änderung mit flächenbezogen deutlich ausgedehnteren Baugrenzen eine Gemeinbedarfsfläche für Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und dergleichen vor, die insbesondere der Erweiterung der Feuerwehrtechnischen Zentrale dienen sollte. Die Nutzung, insbesondere die Bebauung des Plangebiets war im Hinblick auf die hier interessierende Neubeplanung bereits in einem Umfang zulässig, der durch die hier streitige 1. Änderung des Bebauungsplans nicht überschritten wird. Denn der Bebauungsplan in seiner Fassung vom 29. Januar 1970 sah eine GRZ von 0,4 vor, so dass im Vergleich zur jetzigen Festsetzung der GRZ von ebenfalls 0,4 eine höhere Flächenversiegelung und damit ein Eingriff in Natur und Landschaft nicht zu erwarten waren.
Fehl geht die Auffassung der Antragsteller, es sei gleichwohl ein Eingriffsausgleich vorzusehen, weil die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 54 vom 29. Januar 1970 gegenstandslos geworden seien. Die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass die Verhältnisse, auf die sich die bauplanerischen Festsetzungen beziehen, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urt. v. 29.4.1977 - IV C 39.75 -, BVerwGE 54, 5; Urt. v. 5.8.1983 - 4 C 96.79 -, BVerwGE 67, 334; Urt. v. 3.8.1990 - 7 C 41 - 43.89 -, BVerwGE 85, 273). Diese Voraussetzungen liegen hier erkennbar nicht vor. Denn die offenbar nur geduldete Nutzung der in Rede stehenden Fläche als Sportplatz/Spielwiese lässt ohne weiteres die Verwirklichung der ursprünglichen Planfestsetzungen zu, die Fläche zur Erweiterung der Feuerwehrtechnischen Zentrale zu nutzen.
Unzureichend hat die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Abwägung jedoch die ihr nach dem Niedersächsischen Spielplatzgesetz obliegende Pflicht zur Anlage von Spielplätzen für Kinder beachtet. Das betrifft nicht Spielplätze für Kleinkinder. Richtig hat die Antragsgegnerin in der Begründung ihres Bebauungsplanes darauf hingewiesen, dass grundsätzlich die Eigentümer der Baugrundstücke Spielplätze für Kleinkinder (bis 6 Jahre) anzulegen haben (§§ 2 Abs. 1, 6 Abs. 1 NSpielPlG). Eine solche Pflicht ist unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 NSpielPlG im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens von der Bauaufsichtsbehörde zu prüfen und gegebenenfalls in der Baugenehmigung auszusprechen. Zutreffend hat aber die Antragsgegnerin ausgeführt, dass die der Planung zugrunde liegende Bebauungskonzeption des Investors höchsten zwei Wohnungen pro Baugrundstück vorsieht und deshalb die Pflicht zur Anlage von Kleinkinderspielplätzen nach § 2 Abs. 1 NSpielPlG entfällt. Nicht zu beanstanden ist zudem, dass die Antragsgegnerin durch die geplante geringe Bebauungsdichte (GRZ 0,4) mit Einfamilienhäusern und Gärten den Spiel- und Bewegungsbedürfnissen der Kleinkinder entsprochen sieht.
Mangelhaft sind dagegen die Erwägungen der Antragsgegnerin zur Anlage eines Spielplatzes für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 NSpielPlG müssen Spielplätze für Kinder angelegt werden unter anderem in den - wie hier - durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebieten. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NSpielPlG müssen die Spielplätze von allen Grundstücken in dem Bereich, für den sie bestimmt sind (Spielplatzbereich) auf einem Weg von nicht mehr als 400 m erreicht werden können. Diese Voraussetzungen erfüllt der von der Antragsgegnerin zur Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten zur Anlage von Spielplätzen angegebene Spielplatz an der H./T. nicht, wie die Antragsgegnerin bereits selbst in ihrer Begründung des angefochtenen Bebauungsplanes darlegt. Denn der Spielplatz H./ T. ist weder in dem hier in Rede stehenden festgesetzten allgemeinen Wohngebiet angelegt noch liegt er auf einem Weg von nicht mehr als 400 m von allen Grundstücken des Wohngebietes entfernt. Die Erwägungen der Antragsgegnerin, die Überschreitung des gesetzlich vorgesehenen Höchstabstandes von 400 m zur Wohnbebauung sei jedoch vertretbar, weil eine gefahrlose Bewegung der Kinder abseits des motorisierten Verkehrs bereits nach 200 m auf dem bestehenden Schulsport- und Freizeitgelände an der T. möglich sei, ist allein nicht tragfähig. Denn die Möglichkeit, den Spielplatz gefahrlos erreichen zu können, ist ohnehin unabdingbare Voraussetzung für die Anlage eines Spielplatzes gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 NSpielPlG. Die Gefahrlosigkeit des Weges zum Spielplatz entbindet die Antragsgegnerin nicht von der grundsätzlichen und im Übrigen zu befolgenden Pflicht, einen erforderlichen Spielplatz innerhalb der 400-m-Zone anzulegen.
Dieser Mangel im Abwägungsvorgang ist nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Der Mangel lässt sich unschwer den Planungsunterlagen entnehmen. Es besteht zudem die konkrete Möglichkeit, dass ohne den festgestellten Mangel das Ergebnis der Abwägung anders ausgefallen wäre.
Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin ist aber lediglich gemäß § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB für nicht wirksam zu erklären, weil der Mangel durch ein ergänzendes Verfahren gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 NSpielPlG - durch Erteilung einer Ausnahme von den Anforderungen des § 2 Abs. 2 NSpielPlG durch die für die Genehmigung von Bauleitplänen zuständige Behörde - behoben werden kann und die Grundzüge der Planung nicht berührt sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.10.1998 - 4 NC 7.97 -, DVBl. 1999, 243). Die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 NSpielPlG ist auch nicht ausgeschlossen. Denn die Höchstgrenze von 400 m zur geplanten Wohnbebauung wird nicht in einem Maße überschritten, die die Erteilung einer Ausnahme von vornherein in Frage stellt. Zudem können auch die näheren örtlichen Verhältnisse (ruhiger Wohnstraßenbereich, Überqueren eines Sport- und Freizeitgeländes) die Erteilung einer Ausnahme rechtfertigen.
Sonstiger Langtext
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,-- DM festgesetzt.