Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.06.2010, Az.: 13 W 49/10
Zulässigkeit der Erhebung von Bankgebühren für die Wertermittlung eines Grundstücks zur Absicherung eines Darlehens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.06.2010
- Aktenzeichen
- 13 W 49/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 43826
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0610.13W49.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 22.04.2010 - AZ: 18 O 346/07
Rechtsgrundlagen
- § 305 BGB
- § 890 ZPO
Fundstellen
- WM 2010, 1980-1982
- ZIP 2010, 1890-1891
- ZfIR 2010, 741
Amtlicher Leitsatz
1. Bankgebühren sind nur zulässig, wenn das Institut dem Kunden dafür eine Dienstleistung erbringt.
2. Holt eine Bank ein Immobilien-Wertgutachten ein, das der eigenen Absicherung dienen soll, bevor die Bank dem Kunden ein Darlehen gewährt, so dürfen dem Kunden hierfür keine Kosten in Rechnung gestellt werden, da das Gutachten allein im Interesse der Bank liegt.
3. Das Gleiche gilt für Darlehen gewährende Bausparkassen.
Tenor:
Der Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 22. April 2010 wird abgeändert.
Gegen die Schuldnerin wird ein Ordnungsgeld in Höhe von ### €, ersatzweise für je ### € ein Tag Ordnungshaft, zu vollziehen am Vorstandsvorsitzenden der Schuldnerin, festgesetzt.
Die Schuldnerin trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Vollstreckungsverfahrens wird auf bis zu ### € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist gemäß § 793 ZPO statthaft sowie form- und fristgemäß i. S. des § 569 ZPO eingelegt. Sie ist auch in der Sache begründet:
1. Die Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Das am 26. August 2008 verkündete Anerkenntnisurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ist rechtskräftig. Die vollstreckbare Ausfertigung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers am 3. September 2008 zugestellt (Bl. 153 a d. A.). Die Zustellung an die Schuldnerin erfolgte am 29. August 2008 (Bl. 153 d. A.).
2. Die Schuldnerin hat im Zusammenhang mit dem mit ihrem Kunden Dr. S. unter dem 26./28. Oktober 2009 geschlossenen Darlehensvertrag (Antrag Anlage S 1, Bl. 264 f., Annahme Anlage 3, Bl. 240) gegen ihre im Anerkenntnisurteil vom 26. August 2008 anerkannte Verpflichtung verstoßen, es zu unterlassen, gegenüber einem Nichtunternehmer die folgende oder inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Darlehensverträge zu verwenden:
"Beleihungswertermittlungsgebühr
Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung .... verbundenen Kosten von Gutachten, Schätzungen ... gehen zu Lasten des Bausparers."
Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:
a) In ihren Allgemeinen Bausparbedingungen (Bl. 246) heißt es in § 17 Abs. 2 für Altverträge:
"Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung und der Verwertung von Sicherheiten verbundenen Auslagen (z. B. Notariats- und Gerichtskosten, Kosten von Baukontrollen) gehen zulasten des Bausparers."
Für die ab dem 13. Juli 2009 abgeschlossenen Verträge lautet die Formulierung im neuen § 17 Abs. 3 - lediglich orthografisch geändert - wie folgt:
"Die mit der Abwicklung des Vertrages, insbesondere mit der Beleihung und Verwertung von Sicherheiten verbundenen Auslagen (z. B. Notariats- und Gerichtskosten, Kosten von Baukontrollen) gehen zu Lasten des Bausparers".
b) Die Allgemeinen Bausparbedingungen wurden von der Schuldnerin ausdrücklich als "Bestandteil" des Darlehensvertrages mit dem Kunden Dr. S. bezeichnet (vgl. Darlehensvertrag, Seite 5 der Anlage 3, Bl. 244).
c) Die Regelungen in § 17 der Allgemeinen Bausparbedingungen sind mit der im Anerkenntnisurteil enthaltenen Formulierung der untersagten Klausel nicht identisch. Sie sind jedoch inhaltsgleich und unterfallen daher ebenfalls dem dort enthaltenen Unterlassungsgebot. Der Schutzumfang des Unterlassungstitels beschränkt sich nämlich nicht nur auf Handlungen, die mit der in den Tenor aufgenommenen konkreten Verpflichtung identisch sind; er erstreckt sich auf alle Verletzungshandlungen, die der Verkehr als gleichwertig ansieht und bei denen die Abweichungen den Kern der Verletzungshandlungen unberührt lassen (Stöber in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 890 Rdnr. 3 a m. w. N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.02.2010, VI-W (Kart) 4/09, zitiert nach juris, Rdnr. 6). Ein solcher Fall der Gleichwertigkeit liegt hier vor:
aa) Kern der durch das Anerkenntnisurteil übernommenen Verpflichtung ist es, auf Klauseln zu verzichten, die Nichtunternehmern im Rahmen des Abschlusses von Darlehensverträgen formularmäßig die Wertermittlungskosten für das zu beleihende Grundstück aufbürden, ohne dass der Vertragspartner weiß, in welcher Höhe er insoweit mit Kosten belastet werden kann.
Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut der im Anerkenntnisurteil wiedergegebenen Klausel nicht, dass ihre Verwendung wegen des Fehlens einer Obergrenze der vom Adressaten zu tragenden Kosten untersagt wurde. Auch Tatbestand oder Entscheidungsgründe stehen hier - naturgemäß - nicht zur Auslegung zur Verfügung. Jedoch hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss zu Recht auf die Umstände des Zustandekommens des Anerkenntnisses hingewiesen. Aus dem Verhandlungsprotokoll vom 1. Juli 2008 (Bl. 146 f. d. A.) ergibt sich nämlich, dass das Anerkenntnis der Schuldnerin "mit Rücksicht auf die rechtlichen Hinweise der Kammer" erfolgt ist, mithin im Hinblick auf die vom Landgericht geäußerte Rechtsauffassung, dass die Klausel wohl bereits mangels Angabe einer Obergrenze für die abgewälzten Kosten unwirksam sei. Der Gläubiger ist der Ankündigung der Schuldnerin, auf dieser Grundlage ein Anerkenntnis abgeben zu wollen, auch nicht entgegengetreten.
Die untersagte Klausel ist vor diesem Hintergrund dahin auszulegen, dass es der Schuldnerin untersagt ist, die streitbefangene Kostenabwälzung formularmäßig ohne Angabe einer Obergrenze vorzunehmen.
bb) Genau eine solche Kostenabwälzung enthalten indes auch die beiden zitierten Klauseln in § 17 der Allgemeinen Bausparbedingungen. Bei den "mit der Beleihung verbundenen Auslagen", die "zulasten/zu Lasten des Bausparers" gehen, handelt es sich genau um diejenigen Kosten, die im Anerkenntnisurteil als "mit der Beleihung ... verbundene ... Kosten von Gutachten, Schätzungen ..." bezeichnet sind. Diese sollen - wie im Anerkenntnisurteil untersagt - auf den "Bausparer", also auch soweit er Nichtunternehmer ist, abgewälzt werden.
Nach dem allgemeinen Verkehrsverständnis besagen mithin beide Formulierungen - im Anerkenntnisurteil und in den Allgemeinen Bausparbedingungen - das Gleiche. Auch die Ersetzung der Worte "Kosten" und "Auslagen" durch "Gebühr" und "Kosten" ändert an diesem Verständnis nichts, da diese im allgemeinen Sprachgebrauch synonym gebraucht und jedenfalls als anfallende Geldleistung verstanden werden.
Die Klauseln in § 17 der Allgemeinen Bausparbedingungen enthalten auch keine Angabe zu einer Obergrenze, bis zu der der Vertragspartner mit den Kosten der Beleihungswertermittlung belastet werden kann.
d) Die in § 17 ihrer Allgemeinen Bausparbedingungen enthaltenen Formulierungen stellen auch AGB-Klauseln dar, also von der Schuldnerin für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die ausweislich ihrer Darlehensantragsformulare in die Darlehensverträge einbezogen werden (vgl. Allgemeine Hinweise der Bausparkasse Anlage S 1, Bl. 265).
Ihre Einlassung, die vom Gläubiger vorgelegten Unterlagen spiegelten lediglich das "Ergebnis einer separaten individuellen Abstimmung mit dem jeweiligen Darlehensantragsteller wieder", verhilft ihrem Verteidigungsvorbringen nicht zum Erfolg. Vor dem Hintergrund der ersichtlich zur Vielfachverwendung gedruckten Allgemeinen Bausparbedingungen ist die Schuldnerin darlegungs- und beweisbelastet für die Behauptung, es handele sich entgegen dem äußeren Erscheinungsbild um eine individualvertragliche Vereinbarung (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB, 69. Aufl., § 305 Rdnr. 24). Zu einer solchen individuellen Vereinbarung hat sie aber weder substantiiert vorgetragen noch Beweis angeboten.
3. Die Schuldnerin hat auch schuldhaft gehandelt.
Der oben unter Nr. 2 beschriebene Umfang ihrer anerkannten Unterlassungsverpflichtung war für sie als im Geschäftsverkehr bewanderte Bausparkasse ohne Weiteres erkennbar. Aus dem Umstand, dass die Schuldnerin die untersagte Klausel in der Weise umformulierte, dass nicht mehr konkret von der "Beleihungswertermittlungsgebühr", sondern von den "mit der Beleihung verbundenen Auslagen" die Rede ist, ist zudem auf das gezielte Bemühen zu schließen, ihr auf Umgehung gerichtetes Vorgehen zu verschleiern. Der Senat geht, wie bereits in dem mit Beschluss vom 24. Juni 2009 zu bewertenden Fall, von Vorsatz aus.
4. Die Schuldnerin ist daher durch die Verhängung des festgesetzten Ordnungsgeldes dazu anzuhalten, künftig das Anerkenntnisurteil des Landgerichts zu beachten.
a) Der Zweck des Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO erfordert grundsätzlich die Festsetzung empfindlich hoher Beträge (OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.05.1993, 1 W 28/93, zitiert aus Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OLGs). Dies entspricht sowohl der Funktion des Ordnungsmittels als zivilrechtlicher Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlung als auch dessen repressivem, strafähnlichem Sanktionscharakter. Die Bemessung soll daneben auch bewirken, dass die Verletzung der titulierten Pflicht für den Schuldner wirtschaftlich nicht lohnend erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.1993, I ZR 54/91, zitiert nach juris, Rdnr. 18; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.2008, 4 W 117/08, zitiert nach juris, Rdz. 28; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.05.2005, 2 W 12/05, zitiert nach juris, Rdnr. 13). Daher ist die Festsetzung in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und sein Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d.h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens (BGH, aaO.; OLG Stuttgart, aaO., Rdnr. 13 und 14).
b) Vor diesem Hintergrund war hier bei der Bemessung der Ordnungsgeldhöhe nach Auffassung des Senats sowohl die vorsätzliche Begehungsweise der Schuldnerin besonders zu berücksichtigen, als auch der Umstand, dass gegen sie bereits mit Beschluss vom 24. Juni 2009 ein Ordnungsgeld wegen des Verstoßes gegen dasselbe Anerkenntnisurteil verhängt werden musste. Beide Umstände geben Anlass zu der Befürchtung, dass die Schuldnerin, wenn sie keine spürbare Sanktion zu befürchten hat, weiterhin in ähnlicher Weise gegen das von ihr anerkannte Unterlassungsgebot verstoßen wird. Angesichts der Unternehmensgröße der Schuldnerin und dem unbestrittenen Vorbringen des Gläubigers, wonach die Schuldnerin einen Bestand von rund ### Verträgen habe (Bl. 283 d. A.), erscheint die Festsetzung in Höhe von ### € angemessen und erforderlich, um ähnliche vorsätzliche Verstöße wie den hier geahndeten wirtschaftlich für die Schuldnerin unrentabel zu machen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 891, 91 analog ZPO.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Der Beschwerdewert war nicht nach der Höhe des Ordnungsgeldes, sondern nach dem zu schätzenden Interesse des Gläubigers an der Vollstreckung festzusetzen. Dieses entspricht grundsätzlich nur einem Bruchteil des Hauptsachewertes, den der Senat regelmäßig mit einem Drittel ansetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 23. April 2009, 13 W 33/09 sowie Senatsbeschluss in der hiesigen Sache vom 24. Juni 2009 - Bl. 210 ff. d. A.).