Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 17.06.2010, Az.: 8 U 25/10
Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Dampfsauna
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 17.06.2010
- Aktenzeichen
- 8 U 25/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 19275
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0617.8U25.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 05.11.2009 - AZ: 19 O 137/09
Rechtsgrundlage
- § 823 BGB
Amtlicher Leitsatz
Es begründet die Haftung aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, wenn der Betreiber einer Dampfsauna den Dampfausströmer bei nur schwacher Beleuchtung der Sauna so dicht zwischen die Sitzbänke installieren lässt, dass die Gefahr besteht, dass sich ein Nutzer der Sauna beim Setzen oder Aufstehen mit der Hand an dem Dampfauslassgefäß abstützt.
In dem Rechtsstreit
A. Z., ... in W.,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro L. ...
gegen
K. ... GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, ... in B.,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte H. ...
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 5. November 2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.800 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Mai 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 102,38€ nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Mai 2009 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin den nicht anrechenbaren Teil der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 191,65 € zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus ihrer Verletzung vom 15. März 2009 in der Dampfsauna in der ´F.´ in B. 3/4 ihrer weiteren materiellen Schäden sowie weiteren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung eigenen Mitverschuldens von 1/4, soweit die Ansprüche nicht auf Dritteübergegangen sind, zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.610€ festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Ansprüche wegen behaupteter Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend.
Die 1951 geborene Klägerin befand sich vom 3. Februar bis zum 30. März 2009 in einer Klinik in B. Am 15. März 2009 besuchte sie die Dampfsauna der "F.", deren Trägerin die Beklagte ist. Zwischen den Sitzbänken befindet sich eine Säule mit einem vasenähnlichen Behälter, in dem das Rohr eines Dampfausströmers angebracht ist. Die Klägerin erlitt durch den ausströmenden Dampf Verbrühungen zweiten Grades an der rechten Hand.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, an der Eingangstür oder an dem vasenähnlichen Behälter ein Warnschild anzubringen. Dass sich in einer Dampfsauna Einrichtungen befinden müssen, aus denen der Dampf kommt, müsse jeder wissen. Die Sichtverhältnisse in der Sauna könnten dahinstehen. Sollten die Sichtverhältnisse für die Klägerin tatsächlich so schlecht wie behauptet gewesen sein, dass sie sich in dem Raum nur tastend habe orientieren können, so hätte sie insoweit auf eigene Gefahr gehandelt. Eine Abdeckung des Dampfaustrittsrohrs sei nicht erforderlich gewesen. Es sei fernliegend, dass ein Besucher versehentlich mit der Hand an das Rohr gerate. Konkrete technische Mängel habe die Klägerin nicht behauptet.
Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung unter Aufrechterhaltung ihrer erstinstanzlich gestellten Anträge. Allein aus der Tatsache, dass es zu dem Unfall gekommen sei, hätte das Landgericht prima facie zu der Vermutung kommen müssen, dass ein Mangel der Sauna unfallursächlich sei. Es habe Sachverständigenbeweis erhoben werden müssen. Bauliche Mängel lägen vor in Gestalt der Art des Einbaus des Dampfausströmers, verborgen innerhalb einer Schüssel, sowie in der Positionierung des Dampfbehälters mittig zwischen den Sitzbänken und der schwachen Beleuchtung.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 5. November 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, GeschäftsNr. 19 O 137/09, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird (Größenordnung 3.500,00 €), sowie materiellen Schadensersatz in Höhe von 310,00 € nebst Zinsen auf die Gesamtsumme in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Mai 2009 zu zahlen,
2. an die Klägerin den nicht anrechenbaren Teil der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe vom 402,82€ als Nebenforderung zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, letztere, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, aus dem Unfall vom 15. März 2009 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritteübergehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichtes Hannover vom 5. November 2009 zurückzuweisen und das klagabweisende Urteil aufrechtzuerhalten.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Mängel habe die Klägerin zu beweisen, die sich dazu aber nicht verhalte. Eine Gefahrenstelle liege nicht vor. Es habe auch keine Verkehrssicherungspflicht bestanden dafür zu sorgen, dass nicht in das Ausströmgefäß hineingefasst werde. Bei der behaupteten Schwere der Verletzung müsse der Dampf überdies schon eine gewisse Zeit lang auf die Hand der Klägerin eingewirkt haben.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. die Beklagte hat ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt und ist daher der Klägerin unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin zum Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet, §§ 823 Abs. 1, 249, 253, 254 Abs. 1 BGB.
1. Grundsätzlich ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu vermeiden (BGH, VersR 2008, 1083. OLG Celle, VersR 2007, 2096). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst danach diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend hält, um andere vor Schaden zu bewahren. Dabei kann nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr deshalb erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Es muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (BGH, VersR 2005, 279[BGH 05.10.2004 - VI ZR 294/03]). Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist aber immer dann geboten, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind, und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag.
2. Dies zugrunde gelegt, hat die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Zur Gestaltung des in Rede stehenden Saunaraumes hat die Beklagte selbst ausgeführt:
"Diese Sauna ist mit einem Fliesenboden aus üblichen großen rutschfesten Fliesen versehen. Die Sitzbänke und Wände sind mit kleinteiligen Fliesen belegt. Die Sitzbänke haben geflieste Rückwände. Auf der der Tür gegenüberliegenden Seite befindet sich raummittig an der Wand eine Säule mit einem vasenähnlichen Behälter, in dem versenkt das Rohr eines Dampfausströmers angebracht ist. Vor dieser Säule befindet sich am Fußboden ebenfalls ein Dampfausströmer, dessen Ende mit einem Plastikteil überdeckt ist, sodass niemand auf den Dampfausströmer bzw. gegen den Dampfausströmer selbst treten und sich auch nicht an dem dort austretenden Dampf verbrühen kann. (...) Es trifft zu, dass in dem vasenähnlichen Aufsatz auf der Säule das Rohr nur zu erkennen ist, wenn man relativ dicht an diesen vasenähnlichen Aufsatz herantritt und in das breite Loch dieses Aufsatzes hineinblickt. (...) Die Öffnung des vasenähnlichen Aufsatzes auf der Säule befindet sich in einer Höhe, die in etwa der Höhe der Rückenlehne der Sitzbänke entspricht. Eine auf der Sitzbank sitzende Person müsste schon ihren Arm zur Seite ausstrecken und sehr deutlich anheben, um über den Austritt des Dampfausströmers greifen zu können. (...) Der Dampf wird dabei nicht als scharfer Strahl aus den beiden Rohren (einmal am Fußboden, einmal oben an der Oberseite der Säule) ausgeblasen, sondern strömt gleichmäßig aus und verteilt sich sofort im Raum. (...) Es hat keine Dunkelheit in der Sauna geherrscht. Im Gegenteil: Die Sauna war gut und ausreichend entsprechend DINVorschrift ausgeleuchtet. Diese Sauna hat eine Größe von ca. 2,50 m x 2,50 m. Unter der Decke sind drei Strahler zur Beleuchtung der Sauna installiert. Die Strahler haben eine Lichtleistung von je 20 Watt. Damit ist eine ausreichende Helligkeit nach DIN 5035 für vorübergehenden Aufenthalt gegeben."
Mit der konkreten Art der Gestaltung der Dampfsauna hat die Beklagte eine Gefahrenlage geschaffen, die zu vermeiden ihr möglich und zumutbar war und von Benutzern der Sauna auch erwartet werden durfte.
Eine Dampfsauna ist schon deswegen in besonderem Maße gefahrenträchtig, weil die Sichtverhältnisse eingeschränkt sind. Die Beleuchtung kann dies nicht verhindern, schon gar nicht eine solche mit insgesamt nur 60 Watt, was der Leistung des Leuchtmittels einer handelsüblichen Schreibtischlampe entspricht. Die Sichtbehinderungen durch den ausströmenden Dampf werden auch nicht allein durch das Öffnen der Eingangstür bei Betreten der Sauna beendet, weil das einmalige, kurzzeitige Öffnen der Tür nicht zum völligen Austausch der Luft in der Dampfsauna führen kann (und dies auch nicht soll), was in Anbetracht eines Raumvolumens von geschätzt mindestens 12 bis 15 m³ keiner näheren Begründung bedarf. So kann ein Saunabesucher auch nur schwer ausmachen, woher der Dampf kommt. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten strömt der Dampf nicht als scharfer Strahl aus den Rohren, sondern strömt gleichmäßig aus und verteilt sich sofort im Raum, was die Erkennbarkeit des Ortes, von dem der Dampf ausströmt, jedenfalls erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Dabei ist weiter darauf zu verweisen, dass es nach dem Vortrag der Beklagten zwei Dampfausströmer gab, die sich nahe beieinander befanden. Vor dem hier in Rede stehenden Dampfausströmer zwischen den Sitzbänken befand sich ein weiterer am Fußboden, wobei dieser nach dem Vortrag der Beklagten überdeckt war, um Verbrühungen zu vermeiden. Gerade dann, wenn die Klägerin den ersten Dampfausströmer im Fußboden erkannt hätte, hätte sie kaum davon ausgehen müssen, dass es in der Nähe dieses Dampfausströmers noch einen weiteren gibt. Die Beklagte hat weiter eingeräumt, dass in dem vasenähnlichen Aufsatz zwischen den Sitzbänken das Rohr des Dampfausströmers nicht ohne weiteres, sondern nur dann zu erkennen ist, wenn man relativ dicht an diesen vasenähnlichen Aufsatz herantritt und in das breite Loch dieses Aufsatzes hineinblickt. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Gefahrenstelle nicht nur wegen des Dampfes schwer zu erkennen war. Die Klägerin musste auch nicht davon ausgehen, dass dieses Gefäß keinem anderen Zweck hätte dienen können, als der Verbergung eines weiteren Dampfausströmers. Es kommt hinzu, dass der vasenähnliche Behälter sich zwischen den beiden Sitzbänken befindet und nur er bzw. das Unterteil, auf dem er ruht, dazu taugt, sich beim Hinsetzen abzustützen. Dieses Bedürfnis, sich abzustützen, ist gerade in einer Sauna mit schlechten Sichtverhältnissen und feuchtem, mithin rutschigem Boden besonders ausgeprägt, ganz abgesehen davon, dass die Dampfsauna sich in einem Klinikbereich befindet, so dass in besonderem Maße davon ausgegangen werden muss, dass sie auch von solchen Menschen aufgesucht wird, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt und in besonderem Maße darauf angewiesen sind, sich beim Hinsetzen abzustützen. Das vasenähnliche Gefäß bietet sich dabei, schon mangels bestehender Alternativen, als Abstützgelegenheit an. Wer dann auf den oberen, äußeren Abschluss des Gefäßes fasst, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Dampfausströmers, der über den oberen Rand gerade nicht hinausragt, sondern ausweislich der Fotos einige Zentimeter darunter endet und in etwa mittig angebracht ist. Abgedeckt oder sonst vor Berührung geschützt ist der Dampfausströmer in keiner Weise. Der Abstand zwischen dem Rand des Gefäßes und dem Dampfausströmrohr, das einen Durchmesser von wenigen Zentimetern hat, beträgt nur ungefähr 10 cm. Wer also nur rund eine Handbreit neben den Rand des Gefäßes fasst, fasst direkt auf den heißen Dampfausströmer.
Ob die Beklagte, wie sie - freilich ohne nähere Angaben zu machen - meint, beim Bau und Betrieb der Sauna den Stand der Technik berücksichtigt habe, ist nicht ausschlaggebend. Auch DINVorschriften regeln Verkehrssicherungspflichten nicht abschließend. Aus dem Fehlen entsprechender Vorgaben kann deshalb nicht der Schluss gezogen werden, dass Verkehrssicherungspflichten nicht bestehen. Nicht sämtliche Verkehrssicherungspflichten finden sich in DINVorschriften oder vergleichbaren Vorschriften wie denen von Berufsgenossenschaften wieder.
Ergänzend erlaubt sich der Senat den Hinweis auf eine Entscheidung des AG Gelsenkirchen vom 4. Mai 2006, die bei Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2010, 28. Aufl., Nr. 148, verzeichnet ist, und wo es heißt: ´Verbrennung erfolgte in einer Dampfsauna, in der das auf der Dampfaustrittsdüse befindliche Isolierrohr, welches den austretenden Dampf auf den Boden leitete, von Dritten gewaltsam entfernt war. Beklagter hatte keine Vorkehrungen getroffen, um ein Abreißen des Rohres unmöglich zu machen.´
3. Der dem Grunde nach gegebene Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten ist allerdings wegen eines ihr gemäß § 254 Abs. 1 BGB anzulastenden Mitverschuldens um 1/4 zu kürzen.
Das Maß des Mitverschuldens ist mit 1/4 anzusetzen. Zu berücksichtigen ist, dass nicht nur wegen des Dampfes, sondern auch wegen der Sehbehinderung der Klägerin diese in ganz besonderem Maße sich vorsichtig bewegen musste. Sie hat selbst nicht behauptet, erkannt zu haben, wo der Dampf ausgeströmt war. Dass er an einer oder mehreren Stellen ausströmen musste, muss dabei auch der Klägerin klar gewesen sein. Darauf hatte sie ihr Verhalten einzustellen. Vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, sich erstmals in dieser Sauna aufgehalten zu haben, was sie zu besonderer Vorsicht veranlassen musste. In Anbetracht der Schwere der Verletzungen der Hand kann sich das Geschehen nur so zugetragen haben, dass die Klägerin gerade nicht erfühlt hatte, ob an der von ihr gewählten Stelle ein gefahrloses Abstützen möglich war.
Der Mitverursachungsanteil der Beklagten ist aber mehr als gleichwertig. Sie hatte es in der Hand, insbesondere durch eine andere Gestaltung des vasenähnlichen Gebildes mit dem Dampfaustrittsrohr darin das erhebliche und für sie auch erkennbare Gefährdungspotential auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Dies wäre weniger durch eine Abdeckung zu erreichen gewesen, als vielmehr dadurch, dass das das Dampfaustrittsrohr umgebende Gefäß deutlich höher reicht (oder eine andere Art von ´Ummantelung´ gewählt wird), sodass es zu einem Kontakt mit dem oberen Rand des Dampfaustrittsrohres nur dann kommen könnte, wenn man, anders als im vorliegenden Fall, weit in das Gefäß hineinfasste.
4. a) Der materielle Schaden der Klägerin besteht in dem (Minder)Wert des nach der Verbrühung zerschnittenen Ringes, der nach ihrem Vortrag während der medizinischen Behandlung vom Ringfinger der verletzten Hand entfernt werden musste und der allgemeinen Auslagenpauschale (25 €). Der Ring habe, so der Vortrag der Klägerin, einen materiellen Wert von 355,00 € gehabt, wovon der Materialwert von 70,00 € in Abzug zu bringen sei, sodass eine Schadenssumme insoweit von 285,00 € verbleibe. Dass der Ring zerschnitten wurde, ergibt sich aus den der Klage beigefügten Lichtbildern und ist vor dem Senat von der Klägerin bestätigt worden. Zum Restwert hat die Klägerin eine Bescheinigung des Juweliers vom 16. Juni 2009 vorgelegt (Anlage K 8). Hinsichtlich des Wertes von 355,00 € hat die Klägerin eine Rechnung als Anlage K 4 vorgelegt. Diese datiert vom 19. Oktober 2001, sodass der Betrag nicht 355,00 €, sondern, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, nur 355,00 DM beträgt, was rund 181,50 € entspricht. Die Subtraktion von 70 € ergibt 111,50 €, die Addition von 25 € 136,50 €, wovon die Klägerin 3/4, mithin 102,38 € beanspruchen kann.
b) Bei Ansatz des Mitverschuldensanteils der Klägerin von 1/4 ergibt sich nach Auffassung des Senats ein Schmerzensgeldbetrag von 1.800 €. Ein derartiges Schmerzensgeld ist in Anbetracht der erlittenen Verletzung angemessen. Die Lichtbilder zeigen, dass die Verletzung nicht nur geringfügig war. Aus dem ärztlichen Attest, das als Anlage K 3 der Klageschrift beigefügt ist, ergibt sich eine Arbeitsunfähigkeitsdauer von vier Wochen. Ausweislich der Anlagen K 2 und K 3 soll es sich um eine Verbrühung zweiten Grades gehandelt haben. Unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit wird auch die private Lebensführung für mindestens diesen Zeitraum erheblich eingeschränkt gewesen sein. Zudem geht der Senat aufgrund der nachvollziehbaren Schilderung der Klägerin davon aus, dass ihre RehaMaßnahme durch die Verletzung und ihre Behandlung nicht nur geringfügig beeinträchtigt war. Überdies sind bekanntermaßen Verbrennungen/Verbrühungen sehr schmerzhaft. Nach S. 2 der Anlage K 2 (Deutsche Rentenversicherung) ist die Heilung komplikationslos verlaufen. Die Klägerin hat vor dem Senat erklärt, dass nur geringe Beeinträchtigungen verblieben seien, insbesondere bei Hitze. Einschränkungen in der Nutzung der Hand sind ebenfalls nur in geringem Umfang verblieben. Der Senat hat sich davon überzeugt, dass sichtbare Narben nicht zurückgeblieben sind, so dass der von der Klägerin geltend gemachte Betrag von 3.500 €, ausgehend von einer hundertprozentigen Einstandspflicht der Beklagten, überhöht ist (s. a. die lfd. Nrn. 520, 784 und 842 bei Hacks/Ring/Böhm, Schmerzensgeldbeträge 2010, 28. Aufl.).
5. Weiter hat der Feststellungsantrag Erfolg. Insoweit genügt es, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann (BGH, VersR 2007, 708). Eine Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden scheidet nur aus, wenn ausschließlich voraussehbare Schädigungsfolgen in Betracht zu ziehen sind. Ob generell zur Begründetheit der Feststellungsklage eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu fordern ist, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen (ebenda). Nähere Informationen dazu liegen dem Senat nicht vor. Da das Auftreten von Folgeschäden nach dem bisherigen Sachstand aber nicht ausgeschlossen sein dürfte, besteht kein Anlass, der Klägerin den Ersatz zukünftiger Schäden abzuschneiden.
6. Gegen die Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat sich die Beklagte weder dem Grunde noch der Höhe nach gewandt. Auszugehen ist dabei von einem Wert von 1.800 € zzgl. 102,38 € zzgl. 1.440 € (dem Ansatz der Klägerin folgend 80 % des Schmerzensgeldbetrages für die Feststellung), in dieser Höhe besteht nach obigen Ausführungen der geltend gemachte Anspruch auf eine 0,65Gebühr. Auf der Grundlage eines Betrags von 3.342,38 € (Gebührenstufe bis 3.500 €) sind vorgerichtliche Kosten in Höhe von 191,65 € (217 € x 0,65 + 20 € x 1,19) ersatzfähig.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf§§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht.