Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.06.2010, Az.: 2 W 161/10
Notargebühren für die Ausstellung einer Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 S. 2 GmbHG
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.06.2010
- Aktenzeichen
- 2 W 161/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 19276
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0625.2W161.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 19.04.2010 - AZ: 16 O 314/09
Rechtsgrundlagen
- § 35 KostO
- § 47 KostO
- § 50 KostO
- § 54 KostO
Fundstellen
- FGPrax 2011, 311-312
- JurBüro 2010, 658-659
- NZG 2010, 959-960
- ZIP 2011, 129
Amtlicher Leitsatz
Die Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG stellt ein Nebengeschäft i. S. von § 35 KostO dar, sodass der Ansatz einer gesonderten Gebühr gem. § 50 KostO nicht in Betracht kommt.
Tenor:
Die am 11. Juni 2010 beim Landgericht Hannover eingegangene Beschwerde des Notars H. M. vom 18. Mai 2010 gegen den am selben Tage zugestellten Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19. April 2010 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 50€.
Gründe
I. Auf die Beschwerde findet § 156 KostO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung anzuwenden, weil das Verfahren erst mit dem Eingang des Antrages des Kostengläubigers auf gerichtliche Entscheidung vom 30. Oktober 2009 eingeleitet worden ist (§§ 111 Abs. 1, 112 Abs. 1 FGGReformG).
§ 161 KostO ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts München (Beschluss vom 27. Mai 2010, Az. 23 Wx 12/10, 23 Wx 012/10, zitiert nach JURIS) nicht einschlägig, weil diese Vorschrift dem Wortlaut nach den Fall erfasst, dass Vorschriften, auf die die Kostenordnung verweist, geändert werden. Vorliegend ist das FGG jedoch nicht geändert, sondern durch ein komplett neues Gesetz, nämlich dasFamFG ersetzt worden.
Der Senat ist an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Eine nochmalige Anhörung der vorgesetzten Dienstbehörde des Notars und der Kostenschuldner war entbehrlich, weil der Senat der vom Landgericht Hannover vertretenen Auffassung folgt, die auch von der vorgesetzten Dienstbehörde geteilt wird. Eine vorherige Anhörung der übrigen Beteiligten konnte unterbleiben, weil diese durch die Entscheidung des Senats nicht beschwert wird.
II. Die gem. den § 156 Abs. 3 und 5 KostO i. V. m. den §§ 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Kostengläubigers ist nicht begründet.
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss, dass der Notar für die Erstellung einer Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG keine gesonderte Gebühr gem. § 50 Abs. 1 Nr. 1 KostO beanspruchen kann. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Lediglich ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen.
Ein Nebengeschäft i. S. von § 35 KostO ist dasjenige Geschäft, was zur Förderung und Herbeiführung des Rechtserfolges des Hauptgeschäftes erforderlich ist (vgl. Hartmann, KostG, 38. Aufl.,§ 35 KostO Rz. 5) bzw. was vom Hauptgeschäft abhängig und ihm zugeordnet ist (vgl. Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., § 35 Rz. 5).
Die Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG ist ein Nebengeschäft im vorgenannten Sinn. Jedenfalls in den Fällen, in denen derselbe Notar an den Veränderungen des Gesellschafterbestandes etc. mitgewirkt und sodann die Liste nebst Bescheinigung zum Handelsregister eingereicht ist, ist von einem abhängigen Nebengeschäft auszugehen. Die Erstellung der Bescheinigung durch den Notar ist schon dem Gesetzeswortlaut nach zwingende Folge der vorangehenden Mitwirkungstätigkeit ("hat ein Notar ... mitgewirkt, hat er ... die Liste ... zu unterschreiben, zum Handelsregister einzureichen und ... . Die Liste muss mit der Bescheinigung des Notars versehen sein, ..."). Die Erstellung der Bescheinigung knüpft also an die vorgehende Mitwirkungstätigkeit an, bzw. bringt diese zum Abschluss, so dass ein Abhängigkeitsverhältnis bzw. die Erforderlichkeit zur Förderung des Rechtserfolges zu bejahen ist. Dies räumt im Übrigen der Notar auch selbst ein, wenn er ausführt, dass sich beide Handlungen sinnvollerweise nicht aufspalten lassen würden.
Der Ansatz einer gesonderten Gebühr gem. § 50 KostO lässt sich auch nicht mit dem Hinweis darauf rechtfertigen, dass dem Notar bei der Erstellung der Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG eine eigenständige Pflicht obliege. Auch die Erstellung der Bescheinigung gem.§ 45 Abs. 1 Satz 2 HS 2 GmbHG stellt eine eigenständige Pflicht des Notars dar. Die Bescheinigung gem. § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG stellt aber gem. § 47 Satz 1 HS 2 KostO grundsätzlich ein gebührenfreies Nebengeschäft dar. Es liegt daher nahe, den in der Vorschrift des § 47 KostO zum Ausdruck kommenden Gedanken auch auf den Fall des § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG zu übertragen.
Allein der Umstand, dass § 47 KostO ausdrücklich nur die Bescheinigung gem. § 54 KostO erwähnt, steht einem Rückgriff auf den dieser Vorschrift zu Grunde liegenden Rechtsgedanken nicht entgegen. Soweit in der Rechtsliteratur auf das Analogieverbot abgestellt wird (vgl. Sikora/Regler/Tiedtke, MitBayNot 2008, 433 f.) wird nach Auffassung des Senates die Reichweite und Bedeutung des Analogieverbotes verkannt. Das Analogieverbot (vgl. Hartmann, aaO., § 1 Rz. 1) bringt allein zum Ausdruck, dass einzelne Personen nur dann zur öffentlichen Abgaben (oder Notarkosten) herangezogen werden dürfen, wenn dies durch ein ermächtigendes Gesetz nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt ist (vgl. BVerfG NJW 1996, 3146 [BVerfG 14.08.1996 - 2 BvR 2088/93]). Für das Kostenrecht bedeutet dies, dass Kostenfreiheit besteht, soweit nicht das Gesetz eindeutig eine Kostenpflicht ausspricht. Genau darum geht es im vorliegenden Fall aber nicht. Es geht nicht darum, dass ohne gesetzliche Grundlage ein Kostentatbestand zur Anwendung gelangt. Es geht vielmehr darum, ob ein Nebengeschäft i. S. von § 35 KostO vorliegt und ob eine weitere Gebühr in Ansatz gebracht werden darf. Da das Gesetz selbst definiert, was Nebengeschäft i. S. des § 35 KostO ist, bedarf es einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei naturgemäß auch auf den Regelungsgehalt anderer Regelungen der Kostenordnung zurückgegriffen werden kann. Denn soweit die Kostenordnung gewisse Geschäfte ausdrücklich gebührenfrei stellt, können diese Tatbestände durchaus als Richtschnur dienen (so ausdrücklich Rohs/Wedewer, KostO, Stand: Dezember 2009, § 35 Rz. 1 a. E.).
Eine Kostenpflicht kann nach Auffassung des Senats auch nicht damit begründet werden, dass der Normzweck von § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHGüber den der Satzungsbescheinigung gem. § 54 GmbHG hinausgehe und dem Notar besondere Prüfungspflichten abverlangt würden (vgl. Diehn RNotZ 2009, 617). Die Prüfung, ob z. B. eine (wirksame) Geschäftsanteilsabtretung gem. § 15 Abs. 3 GmbHG vorliegt, ist bereits Gegenstand der Mitwirkungstätigkeit des Notars bei dieser Abtretung, an welche die Tätigkeit zur Erstellung der Bescheinigung anknüpft. Auch der Hinweis auf eine erhöhte Richtigkeitsgewähr der Bescheinigung gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG verfängt nicht (vgl. Diehn, aaO., 618). Denn dieser Aspekt gilt gleichermaßen für die Bescheinigung gem.
§ 54 GmbHG. Die Notarbescheinigung gem. § 40 GmbHG ist im Übrigen auch kein Rechtsscheinträger (vgl. Baumbach/Hueck/Zoellner/Noack, GmbHG, 19. Aufl., § 40 Rz. 65).
III. Soweit das Landgericht die Erhebung einer Gebühr gem.§ 147 Abs. 2 KostO für die Bereitstellung der XMLDateien für nicht zulässig erachtet hat, ist der Beschwerdeführer der Entscheidung des Landgerichts ausdrücklich nicht entgegengetreten.
Die aufgrund einer offensichtlichen Unrichtigkeit beruhenden Angabe der Vorschrift des § 150 Abs. 2 KostO statt richtigerweise § 150 Nr. 2 KostO in der Kostenrechnung und im angefochtenen Beschluss ist im Beschwerdeverfahren nicht angefallen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 156 Abs. 6 Satz 2, 131 Abs. 1 Nr. 1, 136 - 139 KostO und hinsichtlich der Anordnung der Erstattungen der im vorliegenden Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Kostenschuldner auf § 156 Abs. 5 Satz 3 KostO i. V. m. § 84 FamFG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 30 Abs. 1 KostO.