Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.11.2022, Az.: 1 A 5025/19

Beteiligung; Bürgermeister; Genossenschaft; Hauptamt; Nebentätigkeit; Vorstandstätigkeit; Beanstandung eines Ratsbeschlusses über die Zuordnung der Vorstandstätigkeit eines Bürgermeisters zu dessen Hauptamt

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
28.11.2022
Aktenzeichen
1 A 5025/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 63623
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2022:1128.1A5025.19.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Beteiligung einer Kommune an einer eingetragenen Genossenschaft, deren Zweck die Förderung der Versorgung ihrer Mitglieder mit klimafreundlich erzeugter Energie ist, kann einem öffentlichen Zweck i. S. d. § 136 NKomVG dienen (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 und 4 NkomVG). Bei einer solchen Beteiligung ist die Angemessenheit des Einflusses der Kommune i. S. v. § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG einzelfallbezogen zu bestimmen (Beteiligungsverhältnisse, Unternehmensgröße, finanzielles Engagement); eines generellen Letztentscheidungsrechts der Kommune bezogen auf alle grundlegenden Entscheidungen des Unternehmens bedarf es nicht.

  2. 2.

    Eine überschießende Umsetzung genossenschaftlicher Organisationsrechte zugunsten der Kommune rechtfertigt ein Einschreiten der Kommunalaufsicht in der Regel nicht, wenn es lediglich dem Zweck dient, anderen Genossenschaftsmitgliedern zu ihrem Recht zu verhelfen, das diese selbst durchsetzen könnten und möglicherweise gar nicht durchsetzen möchten.

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2019 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandung eines Ratsbeschlusses, der die Zuordnung der Tätigkeit des Bürgermeisters als Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft zu seinem Hauptamt betrifft.

Im Jahr 2015 fanden sich der Kläger sowie Bürgerinnen und Bürger des Gemeindegebietes zusammen, um als Fernwärmeprojekt die eingetragene Genossenschaft C. zu gründen und anfallende Wärme eines ortsansässigen Chemieunternehmens und einer Biogasanlage zu nutzen. Im Rahmen dieses Projekts sollten zudem die Genossenschaftsmitglieder an ein Glasfaserbreitbandnetz angeschlossen werden. Die Genossenschaft nahm wegen des beabsichtigten Vollausbaus des Breitbandnetzes Kontakt mit einem Telekommunikationsanbieter auf, der sich zu einem solchen Ausbau entschloss. Der Beklagte verfolgte demgegenüber ein eigenes kreisweites Konzept einer Breitbandversorgung und schloss zu diesem Zweck mit seinen kreisangehörigen Gemeinden, so auch mit dem Kläger, Kooperationsvereinbarungen.

Der Kläger zeigte mit Schreiben vom 25. April 2016 seine Beteiligung an der Genossenschaft an und teilte zugleich mit, dass die Mehrheitsanteile nicht bei ihm lägen. Der Kläger ist derzeit mit 23 Geschäftsanteilen zu je 500,- EUR, mithin einer Investitionssumme von 11.500,- EUR, beteiligt und hält damit weniger als 10 % der Anteile. Weiter teilte der Kläger mit, dass sein Bürgermeister Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft sei und man dieses Amt in einem Vertrag über einen Kredit des Klägers an die Genossenschaft in Höhe von 2,5 Mio. EUR absichern wolle. Im Jahr 2018 wechselte der Bürgermeister des Klägers in den zweiköpfigen Vorstand der Genossenschaft, dessen Vorsitzender ein Ratsmitglied des Klägers war.

Der Beklagte äußerte rechtliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorstandstätigkeit mit dem Bürgermeisteramt, der Einhaltung der Anforderungen an die wirtschaftliche Betätigung der Kommune sowie der beabsichtigen Kreditvergabe. Mit Bescheid vom 7. Juni 2019 ordnete der Beklagte nach vorheriger Anhörung gegenüber dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an, dem Bürgermeister die Ausübung der Nebentätigkeit als Vorstandsmitglied der Genossenschaft zu untersagen (Ziff. 1), ihm die Inanspruchnahme gemeindlicher Ressourcen für die Vorstandstätigkeit zu untersagen (Ziff. 2) sowie bei Aufrechterhaltung der Beteiligung an der Genossenschaft die gesetzlichen Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 NKomVG zu erfüllen (Ziff. 3). Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 24. Juni 2019 Klage (Az. 1 A 2978/19). Nachdem die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist es mit Beschluss vom 28. November 2022 eingestellt worden.

In seiner Sitzung vom 3. Juli 2019 beschloss der Rat des Klägers, dass die Tätigkeit des Bürgermeisters als Vorstand der Genossenschaft von erheblicher Bedeutung für die Gemeinde sei und er diese daher dem Hauptamt des Bürgermeisters zuordne.

Mit Beschluss vom 20. August 2019 stimmte der Rat des Klägers zudem einem Darlehensvertrag mit der Genossenschaft zu, welcher ein Kredit in Höhe von 2,5 Mio. EUR gewährt werden sollte. In dem zugrundeliegenden Vertrag sicherte die Genossenschaft dem Kläger zu, drei kooptierte und stimmberechtigte Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden zu können.

Unter dem 22. August 2019 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Beanstandung des Ratsbeschlusses vom 3. Juli 2019 an. Dieser verwies im Wesentlichen auf sein Vorbringen zur kommunalaufsichtlichen Verfügung des Beklagten vom 7. Juni 2019.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 2019 beanstandete der Beklagte den Ratsbeschluss des Klägers vom 3. Juli 2019 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und forderte den Kläger auf, den Beschluss aufzuheben. Die Tätigkeit des Bürgermeisters im Vorstand einer privaten Genossenschaft gehöre nicht zu den öffentlichen Aufgaben der Gemeinde und könne daher nicht dem Hauptamt zugeordnet werden. Dem stehe zudem entgegen, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung an der Genossenschaft nicht erfülle. Ein angemessener Einfluss sei nicht gesichert. Die Genossenschaftssatzung sichere dem Kläger weder ein Vorstandsmandat noch die vom Kläger selbst beschlossenen drei Mitglieder im siebenköpfigen Aufsichtsrat zu. Eine Vereinbarung in einem Kreditvertrag stelle keine entsprechende Sicherung dar.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 22. Oktober 2019 Klage erhoben und am 22. November 2019 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Der Beklagte könne schon nicht als Kommunalaufsichtsbehörde tätig werden, da er in der zu entscheidenden Angelegenheit selbst beteiligt sei. Denn dieser befürchte finanzielle Nachteile, wenn die Genossenschaft ihren Mitgliedern kostenlos ein Glasfasernetz zur Verfügung stelle. Weiterhin gehöre die Entscheidung, ob der Bürgermeister für die Gemeinde Funktionen in einer Bürgergenossenschaft wahrnehmen solle, zu ihrer Organisationshoheit. Dies betreffe die Versorgung mit Fernwärme und damit unzweifelhaft öffentliche Aufgaben des Klägers. Entgegen der Auffassung des Beklagten erfordere die Übertragung von Aufgaben zum Hauptamt keine organisatorische Einheit. Eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst könne generell dem Hauptamt zugeordnet werden. Die Vorschrift des § 138 Abs. 9 NKomVG gehe den beamtenrechtlichen Vorschriften zur Nebentätigkeit als lex specialis vor, sodass dahinstehen könne, ob ein Untersagungsgrund für eine Nebentätigkeit vorliege. Zudem habe man sich einen angemessenen Einfluss in der Genossenschaft durch Kreditvertrag gesichert. Am 11. Mai 2020 sei in der Satzung der Genossenschaft D. (im Folgenden: Satzung) aufgenommen worden, dass der Bürgermeister des Klägers kraft Amtes dem zweiköpfigen Vorstand der Genossenschaft angehöre und vier der sieben Aufsichtsratsmitglieder vom Rat des Klägers gewählt würden, wodurch dieser über eine absolute Mehrheit verfüge. Damit sei ein entscheidender Einfluss auf die Genossenschaft gesichert. Der Beklagte habe das Ermessen nicht richtig ausgeübt, da er von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sei und das dem Kläger zustehende Organisationsermessen nicht berücksichtigt habe.

Der Kläger beantragt,

die kommunalaufsichtliche Verfügung des Beklagten vom 8. Oktober 2019 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid. Seiner Zuständigkeit stehe nichts entgegen, da er nicht im Sinne eines unmittelbaren Vor- oder Nachteils betroffen sei. Weiter verweist er auf die Gründe seines Bescheides vom 7. Juni 2019, wonach durch die gleichzeitige Ämterwahrnehmung als Hauptverwaltungsbeamter einer Kommune und Vorstandsmitglied einer in diesem Bereich tätigen Genossenschaft Pflichtenkollisionen drohten bzw. vorlägen. Eine wegen Interessenkollision rechtswidrige Nebentätigkeit könne nicht dem Hauptamt zugewiesen werden. Durch den beanstandeten Ratsbeschluss würden beamtenrechtliche Regelungen zur Ausübung einer Nebentätigkeit umgangen, wodurch ein Verstoß gegen geltendes Recht vorliege. Die Tätigkeit bilde keine organisatorische Einheit mit den im Hauptamt wahrzunehmenden Aufgaben. Dies ergebe sich auch daraus, dass das Amt als Hauptverwaltungsbeamter gerade nicht notwendige Bedingung für die Berufung in die Vorstandstätigkeit sei.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 17. Februar 2020 (Az. 1 B 5514/19) abgelehnt. Mit Beschluss vom 8. April 2020 hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde (Az. 10 ME 61/20) zurückgewiesen.

Die Genossenschaft hat ihre Satzung daraufhin am 11. Mai 2020 geändert. Nunmehr weist § 2 der Satzung darauf hin, dass die Genossenschaft ihren Zweck als eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge verfolgt und deshalb einem öffentlichen Zweck dient. Zudem wird in § 15 der Satzung festgeschrieben, dass der Vorstand aus mindestens zwei Mitgliedern besteht, wobei die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister des Klägers während ihrer bzw. seiner Amtszeit dem Vorstand kraft Amtes als Mitglied angehört. Der Aufsichtsrat besteht gemäß § 18 der Satzung aus sieben Mitgliedern, von denen drei Mitglieder von der Generalversammlung und vier Mitglieder vom Rat des Fleckens gewählt werden. Über die Grundsätze der Geschäftspolitik beschließen der Vorstand und Aufsichtsrat nach gemeinsamer Beratung durch getrennte Abstimmung (§ 20 der Satzung).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandung hat Erfolg.

Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Rechtsgrundlage für die angefochtene Beanstandung des Ratsbeschlusses ist § 170 Abs. 1 i. V. m. § 173 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG). Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 NKomVG kann die Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse und andere Maßnahmen einer Kommune sowie Bürgerentscheide beanstanden, wenn sie das Gesetz verletzen.

1.

Die Beanstandung ist formell rechtmäßig; der Beklagte ist insbesondere zuständig. Hierzu hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 17. Februar 2020 (Az. 1 B 5514/19 -, juris Rn. 17) bereits ausgeführt:

"Der Antragsgegner ist nach § 171 Abs. 1 NKomVG [Anm.: § 171 Abs. 2 NKomVG] die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde im Sinne der genannten Rechtsgrundlage; es ist hingegen nicht - wie der Antragsteller meint - nach § 171 Abs. 4 Satz 1 NKomVG das Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport an die Stelle des Antragsgegners getreten. Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 NKomVG tritt die oberste Kommunalaufsichtsbehörde an die Stelle eines Landkreises, wenn dieser in einer von ihm als Kommunalaufsichtsbehörde zu entscheidenden Angelegenheit auch noch in anderer Weise beteiligt ist, wobei die oberste Kommunalaufsichtsbehörde auch darüber entscheidet, ob die Voraussetzung für ihre Zuständigkeit gegeben ist. Es kann dahinstehen, ob mit einer - hier mit Erlass vom 6. Mai 2019 vorliegenden und die Zuständigkeit des Antragsgegners bejahenden - Zuständigkeitsentscheidung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde eine Bindungswirkung dergestalt einhergeht, dass auch in einem gerichtlichen Verfahren gegen eine kommunalaufsichtliche Maßnahme eine Überprüfung der Zuständigkeit versperrt sein kann (so wegen angenommener Verwaltungsaktsqualität der Entscheidung: OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 01.03.2011 - 15 B 127/11 -, juris Rn. 15; a. A. KVR-NKomVG, Stand: November 2019, § 171 Rn. 6). Eine "Beteiligung" i. S. d. § 171 Abs. 4 Satz 1 NKomVG setzt nämlich einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil für den Träger der Kommunalaufsichtsbehörde voraus (Nds. OVG, Beschl. v. 19.08.2014 - 10 ME 90/13 -, juris Rn. 8), der hier nicht angenommen werden kann. Soweit der Antragsteller darauf abhebt, dass der Antragsgegner finanzielle Nachteile befürchte, wenn die BESt-F eG im Rahmen der Fernwärmeversorgung für die Bürger kostenfrei auch ein Glasfasernetz verlege, geht es um allenfalls mittelbare Folgewirkungen für den gedachten Fall, dass das Einschreiten des Antragsgegners das Vorhaben der BESt-F eG zur Implementierung eines FTTB-Netzes insgesamt vereiteln würde. Der Antragsteller unterstellt dabei offensichtlich, dass es dem Antragsgegner eigentlich nicht um die Herstellung kommunalverfassungsrechtlich ordnungsgemäßer Zustände im Verhältnis des Antragstellers und dessen Bürgermeister zur BESt-F eG geht, sondern schlichtweg darum, die Aktivitäten der BESt-F eG als solche zu erschweren und möglichst zu verhindern. Davon vermag die Kammer nicht auszugehen, da der Antragsgegner in erkennbarer Weise lediglich die Einhaltung der kommunalverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beteiligung an Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts und eine rechtsfehlerfreie Aufgabenwahrnehmung durch den Bürgermeister sichergestellt wissen will."

Daran hält das Gericht nach nochmaliger Prüfung fest. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im Eilrechtsverfahren in seinem Beschluss vom 8. April 2020 (Az. 10 ME 61/20 -, juris Rn. 11 ff.) Bezug genommen.

2.

Die kommunalaufsichtliche Maßnahme ist jedoch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken (mehr) an der Zuordnung der Vorstandstätigkeit des Bürgermeisters in der eingetragenen Genossenschaft zu seinem Hauptamt.

Maßgeblich ist dabei vorliegend auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beurteilt sich die Frage, ob ein belastender Verwaltungsakt den Kläger i. S. v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt, nach dem jeweils heranzuziehenden materiellen Fachrecht (BVerwG, Urt. v. 9.8.2016 - 4 C 5.15 -, BVerwGE 156, 1-9, juris Rn. 13; BVerwG, Beschl. v. 4.7.2006 - 5 B 90.05 -, juris Rn. 6; BVerwG, Beschl. v. 21.12.1989 - 7 B 21.89 -, juris Rn. 4). Streitgegenständlich ist hier eine Maßnahme der Kommunalaufsicht, durch die ein Ratsbeschluss beanstandet wird. Deren Rechtmäßigkeit ist schon deshalb fortlaufend zu überprüfen, weil die Beanstandung nach § 173 Abs. 1 NKomVG den Vollzug der beanstandeten Maßnahme hemmt (a. A. wohl Blum u.a., Kommunalverfassungsrecht Nds., Stand: Juni 2020, NKomVG, § 170, Rn. 19). Auch der Ratsbeschluss ist inhaltlich auf eine dauerhafte Zuordnung der Vorstandstätigkeit in der eingetragenen Genossenschaft zum Hauptamt gerichtet.

a) Der Kläger durfte die Vorstandstätigkeit durch seinen Rat als oberste Dienstbehörde des Hauptverwaltungsbeamten (§ 107 Abs. 5 Satz 1 NKomVG) dem Hauptamt des Bürgermeisters zuordnen.

Ausgangspunkt der Zuordnung der Tätigkeit eines Bürgermeisters in Aufsichtsräten und in anderen Organen und Gremien der Unternehmen und Einrichtungen einer Kommune zu dessen Hauptamt oder als Nebentätigkeit ist § 138 Abs. 9 NKomVG. Danach ist die Tätigkeit einer Hauptverwaltungsbeamtin oder eines Hauptverwaltungsbeamten als Mitglied in einem Aufsichtsrat und in anderen Organen und Gremien von Unternehmen und Einrichtungen, an denen die Kommune unmittelbar oder mittelbar, anteilmäßig oder in sonstiger Form mitwirkt, Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst, es sei denn, dass durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist oder die Tätigkeit dem Hauptamt zugeordnet ist. Als Nebentätigkeit kommen überhaupt nur solche Tätigkeiten in Betracht, die nicht schon dem Hauptamt zugewiesen sind. Das Hauptamt knüpft dabei an das konkret-funktionelle Amt, also an den Dienstposten des Beamten an. Die Aufgaben, die zum Hauptamt zählen, werden entweder gesetzlich zugewiesen (Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung) oder aufgrund der Organisationsgewalt des Dienstherrn (Verwaltungsvorschriften, Geschäftsverteilungsplan oder administrative Einzelanweisung wie ein Ratsbeschluss) festgelegt. Mithin kommt es darauf an, ob die Tätigkeit an das Amt geknüpft ist - dann Hauptamt - oder an die Person des (jeweiligen) Amtsinhabers - dann Nebentätigkeit (Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, 8. Aufl., S. 439; Beckmann/Hagmann, DÖV 2004, 937, 942). Bei der Zuordnung ist zu beachten, dass ein Hauptverwaltungsbeamter als kommunaler Wahlbeamter eine besondere Stellung im demokratischen Gefüge einnimmt. Er bestimmt innerhalb der durch das Kommunalverfassungsrecht gezogenen Grenzen selbst, welche konkreten Aufgaben mit kommunalem Bezug er in seiner Amtszeit übernimmt und damit zum Teil seines Hauptamtes macht (BVerwG, Urt. v. 31.3.2011 - 2 C 12.09 -, juris Rn. 18). Der rechtliche Rahmen gibt dabei etwa vor, dass man nicht von einer Nebentätigkeit ausgehen darf, wenn ein inhaltlicher funktioneller Zusammenhang mit den Aufgaben und Kompetenzen des Hauptamtes besteht (Wichmann/Langer, a. a. O., S. 440).

Mithin durfte die Tätigkeit, die der Bürgermeister des Klägers auch ausdrücklich als solche wahrnehmen wollte, durch Ratsbeschluss seinem Hauptamt zugeordnet werden. Dass eine solche Tätigkeit möglicherweise nicht als Nebentätigkeit zulässig wäre, ist dabei gerade nicht entscheidungserheblich. Denn das Verbot einer Nebentätigkeit verfolgt den Zweck, die Funktionsfähigkeit des Hauptamtes und die damit verbundene beamtenrechtliche Pflicht zur vollen Hingabe im Beruf zu sichern (Brinktrine/Neuhäuser, BeckOK BeamtenR Nds, 24. Ed. 1.8.2022, NBG, § 73, Rn. 5). Solche widerstreitenden Interessen bestehen bei einer vollständigen Zuordnung zum Hauptamt gerade nicht.

b) Es bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der dem Hauptamt des Hauptverwaltungsbeamten zugeordneten Sachaufgabe. Ein Verstoß gegen die Anforderungen des § 137 Abs. 1 NKomVG durch die Beteiligung des Klägers an der Genossenschaft ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) gegeben.

aa) Das Vorliegen eines öffentlichen Zwecks im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG ergibt sich bereits daraus, dass die Genossenschaft der Energieversorgung sowie der Breitbandtelekommunikation und damit der Daseinsvorsorge dient (vgl. § 136 Abs. 1 Satz 3 und 4 NKomVG).

Der Erfüllung des öffentlichen Zwecks steht nicht entgegen, dass nach § 1 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) unabdingbare Aufgabe der Genossenschaft ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren sozialen oder kulturellen Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Vielmehr wird die Erfüllung des öffentlichen Zwecks auch durch Ausgestaltung der Satzung sichergestellt. Dazu trägt schon die Wahl der eingetragenen Genossenschaft als Gesellschaftsform bei (vgl. Schwarzer, ZfgG 2021, 146, 155). Der Förderzweck ist das Hauptmerkmal der eingetragenen Genossenschaft; wohingegen eine Gewinnerzielungsabsicht als Selbstzweck den genossenschaftlichen Grundprinzipien widerspricht (Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, 4. Aufl. 2012, § 1, Rn. 5 f.). Vorliegend ist die Genossenschaft nach § 2 Ziff. 1 der Satzung vom 22. Mai 2020 darauf gerichtet, durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb die Wirtschaft der Mitglieder durch eine sichere, nachhaltige und preisgünstige Versorgung mit klimafreundlich erzeugter Energie zu fördern. Ergänzt wird der genossenschaftliche Förderzweck durch die in der Präambel benannten Erwägungen des Klägers, der sich als Klimaschutzkommune versteht und seine Aufgaben der kommunalen Daseinsfürsorge unter besonderer Berücksichtigung des Klimaschutzes und der Bürgerbeteiligung zu erfüllen gedenkt und die Genossenschaft daher mit Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam gründete. Mithin soll der genossenschaftliche Zweck als eine Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge verfolgt werden und einem öffentlichen Zweck dienen (vgl. § 2 Ziff. 2 der Satzung). Gefördert wird neben den weiteren Mitgliedern, bei denen es sich wegen der grundsätzlich erforderlichen Bindung an die Infrastruktur der Genossenschaft (vgl. § 3 der Satzung) im Wesentlichen um Einwohnerinnen und Einwohner handeln wird, auch der Kläger selbst. Der öffentliche Zweck im Sinne der §§ 136 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 137 Abs. 1 Nr. 5 NKomvG wird damit über die Satzung sichergestellt. Die tatsächliche Förderung des genossenschaftlichen Zwecks ist im Übrigen Gegenstand der Pflichtprüfung durch die Prüfungsverbände nach den §§ 53 ff. GenG und damit neben der Kontrolle durch den Rat zusätzlich abgesichert (vgl. Kluth, ZögU 2018, 241, 253).

bb) Die Satzung vom 11. Mai 2020 sichert dem Kläger auch den nach § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG erforderlichen angemessenen Einfluss zu. Nach dieser Vorschrift muss die Kommune einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan, erhalten und diesen durch Gesellschaftsvertrag, durch Satzung oder in anderer Weise sichern.

(1) Dabei hat der Normgeber keine abschließenden Vorgaben gemacht, welche Anforderungen an die Angemessenheit des Einflusses zu stellen sind.

Der Begriff der ,Angemessenheit' wird in der Rechtswissenschaft regelmäßig im Sinne einer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne so verstanden, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. Abzugrenzen ist der ,angemessene' Einfluss damit etwa von einem absolut zu bestimmenden ,beherrschenden', ,überwiegenden' oder ,bestimmenden' Einfluss (vgl. Schwarzer, a. a. O., S. 150). Der Einfluss soll nach dem Wortlaut ,insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan' gesichert sein und damit vorrangig in einem kontrollierenden Gesellschaftsorgan. Der Gesetzgeber rückt damit die Interessenwahrnehmung der Kommune durch die Tätigkeit in einem Kontrollgremium in den Vordergrund, das zwar auch beratend tätig sein kann, im Wesentlichen aber auf eine Überwachung und Kontrolle beschränkt ist. Er stellt dagegen gerade nicht vorrangig auf einen kommunalen Einfluss in der Geschäftsführung ab (vgl. Schwarzer, a. a. O., S. 150).

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Auslegung der Gesetzessystematik. Denn anders als § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG fordert der § 137 Abs. 1 Nr. 7 NKomVG bei Einrichtungen nach § 136 Abs. 3 NKomVG im Falle einer Mehrheitsbeteiligung ein Letztentscheidungsrecht in allen wichtigen Angelegenheiten dieser Einrichtungen. Daraus liegt der Umkehrschluss nahe, dass im Falle des § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG nicht bei jeder Minderheitsbeteiligung ebenfalls ein Letztentscheidungsrecht erforderlich ist (vgl. Schwarzer, a. a. O., S. 150 f.).

Der Sinn und Zweck des § 137 Abs. 1 Nr. 6 NKomVG wird durch das Erfordernis demokratischer Legitimation für die wirtschaftliche Betätigung bestimmt. Das Recht zur wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ergibt sich aus dem in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsrecht. Diese verfassungsrechtliche Garantie sichert den Gemeinden das Recht zu, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Zugleich unterliegen die Kommunen besonderen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, wonach sie sich insbesondere eine hinreichende Einflussmöglichkeit auf Gesellschaften sichern müssen (Ingerenzpflicht) (Dietlein/Mehde, BeckOK Kommunalrecht Nds., 23. Ed. 1.10.2022, NKomVG, § 137, Rn. 3). Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner ,Weihnachtsmarkt'-Entscheidung ausgeführt, dass sich die Gemeinde nicht ohne Weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft entledigen kann. Will sie diese anderen übertragen, muss sich die Gemeinde grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten (BVerwG, Urt. v. 27.5.2009 - 8 C 10.08 -, juris Rn. 29).

Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Eilverfahren im Hinblick auf die erforderliche demokratische Legitimation des kommunalen unternehmerischen Handelns sowie der Sicherung der Erfüllung des öffentlichen Zwecks des Unternehmens fordert, dass der Kommune unabhängig vom Grad ihrer Beteiligung durch entsprechende Ausgestaltung des Stimmrechts im Gesellschaftsvertrag eine Einflussnahme auf alle grundlegenden Entscheidungen des Unternehmens zustehen müsse (Nds. OVG, Beschl. v. 8.4.2020 - 10 ME 61/20 -, juris Rn. 23 m.w.N.), so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Möglichkeit der Einflussnahme ist nicht gleichzusetzen mit umfassender Kontrolle. Dies ist - auch im Falle einer zulässigen Minderheitsbeteiligung - weder gesetzlich geboten noch praktisch realisierbar (Dietlein/Mehde, a. a. O., NKomVG, § 137, Rn. 34).

In den Materialien zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften ist anlässlich der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts klargestellt worden, dass eine rechtliche Prüfung des Tatbestandes in einer Gesamtschau einschließlich eines kommunalen Beurteilungsspielraums erfolgen soll. Durch die gesetzliche Regelung solle eine dauerhafte Mitbestimmung der Unternehmenspolitik möglich sein und insbesondere müsse sichergestellt sein, dass der öffentliche Zweck des Unternehmens stets gewahrt werde. Die Angemessenheit der Einflussnahmemöglichkeit hänge demnach von der gewählten Rechtsform, den Beteiligungsverhältnissen, der Größe des Unternehmens und etwa dem finanziellen Engagement der Kommune ab (LT-Dr. 18/9075, 32). Dem pflichtet die Kammer bei. Das Gesellschaftsrecht sieht in der Regel keine beherrschende Stellung der mit einer Kapitalminderheit beteiligten Kommune vor (Schwarzer, a. a. O., S. 151; Zeis, KommJur 2020, 407, 410). Entscheidend ist, dass die Kommune einen angemessenen Einfluss hat, um die Einhaltung des öffentlichen Zwecks sicherzustellen (Dietlein/Mehde, a. a. O., NKomVG, § 137, Rn. 34; Schwarzer, a. a. O., S. 153). Der Einfluss der Gemeinde ist demnach angemessen, wenn er den mit der Beteiligung verfolgten Zweck und die Höhe sowie die Bedeutung der Beteiligung berücksichtigt (vgl. Zeis, a. a. O., S. 410). Dafür bedarf es einer einzelfallbezogenen Prüfung der durch den Gesellschaftsvertrag gesicherten Einflussnahme (zum Vorstehenden insgesamt: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 21.3.2007 - 3 K 8/04 -, juris Rn. 37 zum dortigen nahezu wortgleichen Landesrecht).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe handelt es sich bei der vorliegend betroffenen Versorgung mit Energie und Telekommunikation um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. Die bereits vorhandene Versorgung auf dem Gemeindegebiet der Klägerin soll dabei jedoch unabhängig vom Bestand und den Zielen der eingetragenen Genossenschaft unverändert fortbestehen. Die Klägerin verfolgt mit der Beteiligung an der Genossenschaft vielmehr das Ziel, über ihren bisherigen Rahmen der Daseinsvorsorge hinaus eine klimafreundliche und preisgünstige Versorgung mit Energie anzubieten und zudem die Breitbandtelekommunikation im ländlich geprägten Gemeindegebiet auszubauen. Dabei handelt es sich um die Schaffung einer kostenintensiven Infrastruktur, die für private Investoren vielfach unwirtschaftlich und für den öffentlichen Haushalt kaum finanzierbar ist. Durch die Gesellschaftsform einer eingetragenen Genossenschaft und die damit für die Mitglieder verbundenen Einflussmöglichkeiten soll eine möglichst hohe Akzeptanz bei den Einwohnerinnen und Einwohnern geschaffen werden, die dann private Mittel für die Daseinsvorsorge der Kommune zur Verfügung stellen. Mithin soll nicht die bestehende Daseinsvorsorge privatisiert werden, sondern es sollen neue Betätigungsfelder erschlossen und moderne Technologien eingesetzt werden, die dann zur Daseinsvorsorge beitragen sollen. Wird ein innovativer Bereich der Daseinsvorsorge neu erschlossen, sind nach Auffassung der Kammer an die Ingerenzpflicht weniger hohe Anforderungen zu stellen als im Falle der Privatisierung von bestehenden Angelegenheiten der öffentlichen Gemeinschaft bzw. bei einer , klassischen' Aufgaben- und Organisationsprivatisierung. So hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner ,Weihnachtsmarkt'-Entscheidung ausgeführt, dass die Frage nach einer Pflicht zur Wahrung und Sicherung des eigenen Aufgabenbestandes im Falle einer allein wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, anders zu bewerten sein soll als bei öffentlichen Einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund (hier Weihnachtsmarkt), die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen. Je länger die kommunale Verantwortung für derart geprägte öffentliche Einrichtungen dauerte, umso mehr soll die Gemeinde zu einer wirksamen Wahrnehmung dieser Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft verpflichtet sein (BVerwG, Urt. v. 27.5.2009 - 8 C 10.08 -, juris Rn. 30).

Zudem trägt - wie bereits ausgeführt - die Wahl der eingetragenen Genossenschaft als Gesellschaftsform zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks bei (vgl. Schwarzer, a. a. O., S. 155). Der als Förderzweck formulierte öffentliche Zweck steht bei einer eingetragenen Genossenschaft im Mittelpunkt, während eine Gewinnerzielungsabsicht als Selbstzweck den genossenschaftlichen Grundprinzipien widerspricht (Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, a. a. O., GenG, § 1, Rn. 5 f.).

(2) Die der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitpunkt zustehenden Rechte sichern ihr einen angemessenen Einfluss zu und werden durch die Genossenschaftssatzung vom 11. Mai 2020 geschützt.

Der Einfluss der Klägerin im Aufsichtsrat der eingetragenen Genossenschaft ist hinreichend in der Satzung gesichert und von der Beklagten als Kommunalaufsichtsbehörde nicht zu beanstanden. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden grundsätzlich nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GenG von der Generalversammlung gewählt. Seit einer Gesetzesnovelle im Jahr 2017 kann durch Satzungsrecht nunmehr vereinbart werden, dass für bestimmte Mitglieder das Recht besteht, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden; diese darf zusammen mit der Zahl der investierenden Mitglieder im Aufsichtsrat ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder jedoch nicht überschreiten (§ 36 Abs. 5 GenG). Der Gesetzgeber hatte für eine solche Änderung Bedarf gesehen, um insbesondere die Beteiligung an Genossenschaften für kommunale Gebietskörperschaften attraktiver zu machen (BT-Drs. 18/11506). Ein Abweichen von dieser Einschränkung durch Satzungsrecht ist unzulässig (vgl. § 18 Satz 2 GenG). Die Kommune kann damit maximal ein Drittel und damit nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder der Genossenschaft bestimmen. Mithin geht jedenfalls der Bundesgesetzgeber im Hinblick auf die in allen Bundesländern übereinstimmend in den jeweiligen Gemeindeordnungen geforderte Sicherung eines ,angemessenen Einflusses' (Aufstellung etwa bei Schwarzer, a. a. O., S. 150) davon aus, dass dieser im Aufsichtsrat einer Genossenschaft mit einem Drittel der Aufsichtsratsmitglieder hinreichend gesichert werden kann. Er hat es offenbar auch nicht für erforderlich gehalten, den kommunalen Gebietskörperschaften in den anderen Gesellschaftsorganen einen größeren Einfluss zuzubilligen. Mithin stellt sich ein Bestimmungsrecht der Kommune hinsichtlich eines Drittels der Aufsichtsratsmitglieder bei einer Beteiligung von 10 % der Genossenschaftsanteile als ein angemessener Einfluss dar. Ein solcher Einfluss ist der Klägerin durch die Generalversammlung auch zugebilligt worden. Der Klägerin steht nach Genossenschaftssatzung vom 11. Mai 2020 zu, vier der insgesamt sieben Mitglieder des Aufsichtsrats zu wählen. Zudem wird dem Aufsichtsrat in § 20 der Satzung zugstanden, neben dem Vorstand nach gemeinsamer Beratung über die Grundsätze der Geschäftspolitik zu beschließen und bei wesentlichen konkret bezeichneten Angeleigenheiten zuzustimmen.

Soweit das der Klägerin zustehende Recht über die Vorgaben des Gesellschaftsrechts hinausgeht, ist dies von der Kommunalaufsicht nicht zu beanstanden, denn die Mitglieder der Generalversammlung haben eine entsprechende Regelung mit der erforderlichen Mehrheit getroffen. Ein Einschreiten der Kommunalaufsicht erfolgt im Interesse des öffentlichen Wohls, nicht aber mit dem Zweck, einem Einzelnen zu seinem Recht zu verhelfen, das dieser selbst durchsetzen könnte (Thiele, Nds. Kommunalverfassungsgesetz, 2. Aufl. 2017, § 170, Rn. 4; i.E. Blum u.a., a. a. O., NKomVG, § 170, Rn. 19) und möglicherweise gar nicht durchsetzen möchte. Die Vorschriften des Genossenschaftsrechts zur inneren Organisation der Genossenschaften dienen auch nicht dem öffentlichen Wohl, sondern dem Ausgleich der Interessen der Genossenschaftsmitglieder untereinander, von denen hier ausschließlich zugunsten der Klägerin und damit der öffentlichen Hand abgewichen wird.

Für die Generalversammlung sieht das Genossenschaftsgesetz vor, dass jedes Mitglied - unabhängig vom Geschäftsanteil - grundsätzlich eine Stimme hat (§ 43 Abs. 4 GenG). Die Satzung kann Mehrstimmrechte vorsehen, die jedoch auf maximal drei Stimmen begrenzt sind (§ 43 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 GenG). Eine abweichende Regelung des Stimmrechts lässt sich (nur) über mehrstufige Genossenschaften konstruieren. So kann nach § 43 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 GenG die Satzung das Stimmrecht der Mitglieder nach der Höhe ihrer Geschäftsguthaben oder einem anderen Maßstab abstufen, wenn Mitglied der Genossenschaft ausschließlich oder überwiegend eingetragene Genossenschaften sind (vgl. zu Gestaltungsmöglichkeiten: Genossenschaftsverband Bayern: Erfolgsmodell Genossenschaft: die Energiewende gemeinsam gestalten - Ein Leitfaden für Kommunen, S. 22 ff.). Von diesen Möglichkeiten haben der Kläger und die Genossenschaft vorliegend keinen Gebrauch gemacht (vgl. § 21 Ziff. 2 der Satzung).

Dagegen sieht die Satzung vom 11. Mai 2020 eine abweichende Regelung für den Vorstand vor. Gesetzlich vorgesehen ist ein Vorstand bestehend aus zwei Personen, der von der Generalversammlung gewählt und abberufen wird. Von dieser Regelung kann jedoch sowohl hinsichtlich der Personenzahl als auch der Art der Bestellung und Abberufung durch Satzung abgewichen werden (vgl. § 24 Abs. 2 GenG). Die Genossenschaft hat derzeit zwei Vorstandsmitglieder, wobei die Satzung vom 11. Mai 2020 mindestens zwei Mitglieder vorgibt. Davon ist ein Mitglied die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister des Klägers während ihrer bzw. seiner Amtszeit (§ 15 Abs. 1 der Satzung). Der Kläger sichert sich damit einen wesentlichen Einfluss im zweiköpfigen Vorstand.

Dem steht auch nicht entgegen, dass sowohl der Bürgermeister im Vorstand als auch die Ratsmitglieder im Aufsichtsrat dem Kläger zuzurechnen sind. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus § 37 Abs. 1 Satz 1 GenG, wonach die Mitglieder des Aufsichtsrats nicht zugleich Vorstandsmitglieder, dauernde Stellvertreter der Vorstandsmitglieder, Prokuristen oder zum Betrieb des gesamten Geschäfts ermächtigte Handlungsbevollmächtigte der Genossenschaft sein dürfen. Denn Mitglied im Vorstand und im Aufsichtsrats ist die natürliche Person (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 GenG) und sie wird gesellschaftsrechtlich nicht als Vertreter einer juristischen Person berufen. Das Genossenschaftsrecht sieht auch davon ab, dem § 100 Abs. 2 Satz 1 Aktiengesetz (AktG) vergleichbare persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder zu statuieren, wonach Mitglied im Aufsichtsrat einer Aktengesellschaft etwa nicht sein kann, wer gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört. Hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung gewollt, wäre zu erwarten gewesen, dass er diese jedenfalls bei der Angleichung des § 37 GenG an den § 105 AktG im Jahre 2006 berücksichtigt hätte.

(3) Nach alledem ist der Einfluss des Klägers dem Umfang seiner Beteiligung nach angemessen.

Die Investitionssumme des Klägers ist unter Berücksichtigung des Umfangs eines kommunalen Haushalts mit 11.500 EUR überschaubar, zumal für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft nur das Genossenschaftsvermögen haftet und eine Nachschusspflicht der Mitglieder ausgeschlossen ist (§ 33 Ziff. 1 der Satzung). Der Kläger hält weniger als 10 % der Genossenschaftsanteile, sodass die Einsetzung des Bürgermeisters im zweiköpfigen Vorstand sowie die Entsendung von jedenfalls einem Drittel der Aufsichtsratsmitglieder ersichtlich über das Maß der (Minderheits-)Beteiligung hinausgeht. Im Falle einer eingetragenen Genossenschaft ist zudem wesentlich zu berücksichtigen, dass der dem öffentlichen Zweck des Unternehmens entsprechende genossenschaftliche Förderzweck das zentrale Charakteristikum dieser Rechtsform ist (BT-Drs. 16/1025, S. 81) und damit stärker abgesichert ist als bei anderen rechtlichen Formen der öffentlich-privaten Zusammenarbeit (Kluth, ZögU 2018, 241, 253). Der Einfluss ist durch die Satzung der Genossenschaft gesichert. In die Gesamtabwägung ist weiterhin einzubeziehen, welche Bedeutung die Beteiligung für die Bürger und das Gemeinwesen hat. Von der Förderung klimafreundlich erzeugter Energie und der Schaffung einer zukunftsfähigen Kommunikationsinfrastruktur profitiert neben den Genossenschaftsmitgliedern auch die Allgemeinheit; zumal vergleichbare Infrastrukturprojekte für Wirtschaftsunternehmen insbesondere im ländlichen Raum vielfach unrentabel und für Kommunen allein nicht finanzierbar sind.

cc) Ein Verstoß gegen § 137 Abs. 1 Nr. 8 NKomVG liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat im Klageverfahren klargestellt, dass er die Genossenschaft nicht in den konsolidierten Gesamtabschluss einbezieht, da die Abschlüsse für ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage der Kommune nur von untergeordneter Bedeutung seien (vgl. § 128 Abs. 4 Satz 3 NKomVG). Dass dies anders zu bewerten sein könnte, ist weder vom Beklagten vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Ob daneben der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 und § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) erfüllt ist, kann dahinstehen. Ein Beschluss des im Rechtszug übergeordneten Oberverwaltungsgerichts ist im Falle einer Sachentscheidung eine divergenzfähige Entscheidung. Dies gilt indessen bei einem Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur dann, wenn eine materiell-rechtliche Frage nicht nur summarisch geprüft, sondern abschließend beantwortet wird (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124, Rn. 53; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 17.09.2013 - 3 S 1727/13 -, juris). Trotz des Umfangs der Ausführungen in dem genannten Eilbeschluss hat sich der Senat erklärtermaßen auf eine nur summarische Prüfung beschränkt; ob sich dies nur auf die Sachverhaltsaufklärung oder auch auf die Bewertung der maßgeblichen Rechtsfragen beziehen soll, kann offenbleiben. Die Gründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO führen nach § 124a Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO gleichermaßen zu einer Zulassung der Berufung, an die das Oberverwaltungsgericht gebunden ist.