Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.03.1990, Az.: 18 OVG L 12/88
Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung des Personalrates; bstellen auf die innerhalb der Frist vorgebrachten Weigerungsgründe ; Rückgängigmachung einer einmal eingetretenen Zustimmungsfiktion ; Wohnsitznahme des Bewerbers als zulässiges Auswahlkriterium
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.03.1990
- Aktenzeichen
- 18 OVG L 12/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1990, 17119
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:0321.18OVG.L12.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 11.03.1988 - AZ: PL 7/88
Rechtsgrundlage
- § 72 Abs. 2 Nds.PersVG,Nds
Verfahrensgegenstand
Einstellung einer Angestellten
Redaktioneller Leitsatz
Die Personalvertretung darf die Eignungsbeurteilung der Dienststelle auch bei der Einstellung von Angestellten nur eingeschränkt überprüfen und darum eine Zustimmungsverweigerung unter Eignungsgesichtspunkten, die diese Grenzen der Nachprüfbarkeit offensichtlich nicht beachtet, den Dienststellenleiter zur Einleitung des Einigungsverfahrens nicht verpflichten.
In der Personalvertretungssache
hat der 18. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen -
des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
am 21. März 1990
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Ladwig und Schwermer sowie
die ehrenamtlichen Richter Dr. Heidemann und Grevecke
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 11. März 1988 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller - der Gesamtpersonalrat bei der Stadt W. - begehrt die Feststellung, daß der Beteiligte - der Oberstadtdirektor - durch die Einstellung der Diplom-Sozialpädagogin D. als AIDS-Beraterin sein, des Antragstellers, Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
Nach Maßgabe eines Zuwendungsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 23. September 1987 beteiligt sich die Stadt W. an dem Sofortprogramm der Bundesregierung zur Bekämpfung von AIDS (Großmodell Gesundheitsämter). Im Rahmen dieses Programms schrieb der Beteiligte Ende September 1987 - zunächst befristet auf die Dauer der Bundesförderung von vier Jahren - die Stelle einer AIDS-Fachkraft (Sozialarbeiter/in) im Angestelltenverhältnis nach Vergütungsgruppe V b BAT aus. Es gingen mehr als 30 Bewerbungen ein. Zwölf Bewerber/innen wurden vom Beteiligten zu einem Vorstellungsgespräch am 16. November 1987 eingeladen, an dem auch Vertreter des Antragstellers teilnahmen. Während der Vorstellung wurden die auswärtigen Bewerber von der Dienststelle darauf hingewiesen, daß eine Einstellung - was in der Stellenausschreibung nicht gesagt worden war - wegen des spezifischen Aufgabenbereichs der AIDS-Fachkraft von einer Wohnsitznahme in W. abhängig gemacht werde. Aufgrund der Ergebnisse des Vorstellungstermins wurden fünf Bewerber/innen von der "Findungskommission" als geeignet befunden. In der diese Bewerber betreffenden, einverständlich aufgestellten Präferenzliste stand an erster Stelle der in Varel wohnende Diplom-Sozialpädagoge K. Frau D. war an vierter Stelle eingestuft. Herr K., der in V. ein in seinem Eigentum stehendes Wohngrundstück bewohnt, hatte sich während des Vorstellungsgesprächs zur Frage, ob er bereit sei, nach Wilhelmshaven umzuziehen, Bedenkzeit erbeten. Er erklärte sich dazu später gegenüber dem Beteiligten - bei Aufrechterhaltung seiner Bewerbung - dahin, eine Wohnsitzverlegung nach W. komme für ihn nur in Betracht, wenn und sobald die bisher auf vier Jahre befristete Stelle in eine unbefristete umgewandelt werde. Die an Nummer drei der Liste eingestufte Bewerberin zog ihre Bewerbung später zurück.
Mit Schreiben vom 17. November 1987 beantragte der Beteiligte beim Antragsteller die Zustimmung zur Einstellung der an zweiter Stelle der Präferenzliste eingestuften Sozialpädagogin R. und ersatzweise für den Fall, daß diese das Vertragsangebot nicht annehme, zur Einstellung von Frau D. zur Begründung führte der Beteiligte an, Herr k. und die an dritter Stelle eingestufte Bewerberin hätten ihre Bewerbungen nicht aufrechterhalten. Der Antragsteller verweigerte seine Zustimmung mit Schreiben vom 4. Dezember 1987: Herr K., der nach dem Eindruck des Vorstellungsgesprächs als geeignetster Bewerber befunden worden sei, habe seine Bewerbung nicht zurückgezogen; seine Weigerung, zum jetzigen Zeitpunkt nach W. umzuziehen, sei angesichts seiner persönlichen Verhältnisse um so verständlicher, weil eine befristete Einstellung in Rede stehe.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 1987 erneuerte der Beteiligte seinen Antrag auf Zustimmung zur Einstellung von Frau R. ersatzweise von Frau D. was er wie folgt begründete: Von der Aufgabenstellung her gesehen sei es unbedingt erforderlich, daß die einzustellende AIDS-Fachkraft in W. wohne; darauf seien die auswärtigen Bewerber im Vorstellungstermin hingewiesen worden; da Herr K. im Hinblick auf die angebotene, zunächst nur befristete Einstellung eine Wohnsitznahme in W. abgelehnt habe, komme er für die Besetzung der fraglichen Stelle nicht in Frage. Auch diesem Antrag verweigerte der Antragsteller mit einem beim Beteiligten am 23. Dezember 1987 eingegangenen Schreiben die Zustimmung, im wesentlichen mit folgenden Gründen: Er sei nach erneuter Beratung weiterhin der Meinung, daß Herr K. als qualifiziertester Bewerber die Stelle erhalten solle. Es sei aus der Sicht des Personalrats unwichtig, wo der Stelleninhaber seinen Wohnsitz habe. Qualifikation müsse vor Wohnsitz gehen. Das gelte um so mehr, als der jetzige Wohnort des Herrn K. in Varel der beabsichtigten Tätigkeit nicht im Wege stehe, ihm wegen der befristeten Einstellung ein Wohnsitzwechsel nicht angesonnen werden könne und im übrigen der Stadt W. Kosten nicht entständen, weil die Stelle vom Bund finanziert werde.
Der Beteiligte leitete trotz der Zustimmungsverweigerung kein Einigungsverfahren ein, sondern stellte Frau D. mit Vertrag vom 9. Februar 1985 zu den genannten Bedingungen im Angestelltenverhältnis mit Wirkung vom 15. Februar 1988 als AIDS-Fachkraft ein; die Bewerberin R. hatte erklärt, sie sei an der Stelle nicht mehr interessiert. In § 5 des Arbeitsvertrages erklärte sich Frau D. bereit, im Stadtgebiet von W. zu wohnen. Mit Schreiben ebenfalls vom 15. Februar 1988 setzte der Beteiligte den Antragsteller von der Einstellung in Kenntnis.
Am 23. Februar 1988 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht das Beschlußverfahren mit dem Antrag eingeleitet
festzustellen, daß der Beteiligte durch die Einstellung der Angestellten Deckert sein Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
Er hat geltend gemacht: Die Aufgaben der AIDS-Fachkraft machten keine Wohnsitznahme in W. erforderlich. Mit dieser Forderung sei der Beteiligte vielmehr Tendenzbeschlüssen des Verwaltungs- und des Personalausschusses der Stadt gefolgt, wonach seitens der Verwaltung darauf gedrungen werden solle, daß neu eingestellte städtische Bedienstete ihren Wohnsitz in W. hätten.
Die Fachkammer hat den Antrag mit Beschluß vom 11. März 1988 abgelehnt, im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Einstellung von Angestellten unterliege zwar gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds.PersVG der Mitbestimmung des Personalrats. Der Beteiligte habe aber gleichwohl das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht verletzt, weil die von diesem angeführten Gründe für die Verweigerung der Zustimmung dem Mitbestimmungstatbestand offensichtlich nicht hätten zugeordnet werden können, so daß der Beteiligte die Verweigerung als unbeachtlich habe behandeln dürfen und deswegen zu Recht vom Eintritt der Zustimmungsfiktion des § 72 Abs. 2 Satz 6 Nds.PersVG ausgegangen sei. Die Beurteilung der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bei der Einstellung obliege allein dem Dienststellenleiter, wobei ihm ein weiter Ermessens- und Beurteilungsspielraum eingeräumt sei. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds.PersVG solle daran nichts ändern. Deswegen könne der Personalrat unter Eignungsgesichtspunkten seine Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung nur verweigern, wenn die Dienststelle bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen ihres Ermessens- und Beurteilungsspielraums verkannt habe oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt habe. In diesem Sinne erhebliche Einwände habe die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers nicht erkennen lassen. In Anbetracht des Aufgabenfeldes der AIDS-Fachkraft (Tätigkeit auch in den Abend- und Nachtstunden), für dessen Festlegung die Dienststelle allein zuständig gewesen sei, habe der Beteiligte zulässigerweise die Bereitschaft der Bewerber, in W. zu wohnen, als Eignungsmerkmal berücksichtigen dürfen. Inbesondere könne seine Einschätzung nicht als sachfremd qualifiziert werden, daß die abends oder auch nachts zu erfüllenden Aufgaben leichter von der in W. ansässigen Bewerberin D. als von dem in V. wohnenden Bewerber K. erledigt werden könnten. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob der Stadtverwaltung aufgrund von Ausschußbeschlüssen nahegelegt worden sei, bei Neueinstellungen tunlichst allgemein in W. wohnenden Bewerbern bzw. Zuzugswilligen den Vorzug zu geben. Denn es fehlten jedenfalls im Hinblick auf die einleuchtenden Angaben zum Aufgabenbereich der AIDS-Fachkraft Anhaltspunkte dafür, daß bei der konkreten Auswahlentscheidung das Wohnsitzkriterium mit Hinweis auf die erledigenden Aufgaben nur vorgeschoben worden sei.
Gegen den ihm am 6. Juni 1988 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 5. Juli 1988 Beschwerde eingelegt, die er fristgerecht begründet hat. Er vertieft sein Vorbringen in erster Instanz und macht insbesondere geltend: Die Auswahlentscheidung des Beteiligten zugunsten von Frau D. leide entgegen der Ansicht der Fachkammer sehr wohl offensichtlich daran, daß sachwidrige Beurteilungskriterien angelegt worden seien. Herr K. sei nach dem beim Vorstellungsgespräch gewonnenen Eindruck auch nach Auffassung der Dienststelle der mit deutlichem Abstand am besten qualifizierte Bewerber gewesen. Wegen seiner Nichteinstellung habe er gegen die Stadt vor den Arbeitsgerichten einen Rechtsstreit anhängig gemacht. Der Frage der Wohnsitznahme sei vom Beteiligten erst im nachhinein der jetzt geltend gemachte Stellenwert zugemessen worden. Noch bei den Vorstellungsgesprächen habe sie eine mehr untergeordnete Rolle gespielt. Hierbei handele es sich allein um eine politische Vorgabe und nicht um ein sachlich zwingendes Erfordernis; das ergebe in Deutlichkeit die Stellungnahme des Beteiligten in der Sitzung des Gesundheitsausschusses vom 23. März 1988. Nach den Vorstellungendes federführenden Bundesministeriums solle der AIDS-Berater in erster Linie dafür zuständig sein, Aufklärungsarbeit für Jugendliche zu betreiben, und zwar in Form von Informationsveranstaltungen in Schulen, Jugendzentren usw. Als "streetworker" solle der Berater gerade nicht tätig werden. Im Blick hierauf lasse sich die Notwendigkeit einer Wohnsitznahme in W. nicht rechtfertigen, dies um so weniger, als eine zunächst nur befristete Stelle in Rede gestanden habe. Mit seinem Wohnsitz in V. habe Herr K. ohne weiteres die Funktionen des Beraters - ggf. auch in den Abend- und Nachtstunden - voll ausüben können. Wegen der günstigen Autobahnanbindung könne er den hier im wesentlichen interessierenden Südbereich von Wilhelmshaven von Varel aus kurzfristiger erreichen, als es z.B. für einen im äußersten Nordbereich der Stadt wohnenden Einwohner möglich sei. Hinzuweisen sei schließlich darauf, daß Frau Deckert als Angestellte in die Vergütungsgruppe V b BAT eingestellt worden sei. Sie habe indessen nach seinem - des Antragstellers - Kenntnisstand weder die erforderliche Verwaltungsprüfung abgelegt noch sei sie eine staatlich anerkannte Sozialarbeiterin, wie es die Tarifvorschrift verlange. Da sie eine wissenschaftliche Hochschulausbildung an der Universität durchlaufen habe, sei wesentlich eher eine Vergütung nach Gruppe II BAT in Betracht zu ziehen gewesen.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluß zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung der Fachkammer und vertieft im besonderen seine Auffassung, daß ein Wohnsitz in W. nach der Aufgabenstellung der AIDS-Fachkraft sehr wohl sachnotwendig sei. Auch die Arbeitsgerichte hätten anerkannt, daß er - der Beteiligte - dem Wohnsitzkriterium bei der Auswahlentscheidung entscheidendes Gewicht habe beilegen dürfen. Mit seiner Klage auf Einstellung, hilfsweise auf Schadensersatz, sei Herr Krause im Arbeitsrechtsstreit rechtskräftig unterlegen (Urteile des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 3. August 1988 - 1 Ca 384/88 - und des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. April 1989 - 11 Sa 1672/88 -). Was die vom Beteiligten aufgeworfene Frage der Befähigung angehe, hätten Herr K. und Frau D. keine relevanten Unterschiede auf gewiesen. Beide seien Diplom-Sozialpädagogen.
Die Verfahrensbeteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beteiligten Bezug genommen.
II.
Mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten entscheidet der Senat über die Beschwerde des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung (§ 85 Abs. 2 Nds. PersVG i.V.m. §§ 90 Abs. 2, 83 Abs. 4 Satz 3 ArbGG). Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der Beteiligte bei der Einstellung der Angestellten Deckert Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nicht verletzt hat.
Der Senat: macht sich die rechtsfehlerfreie Begründung des angefochtenen Beschlusses zu eigen und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hierzu ist ergänzend zu bemerken:
Die Fachkammer hat im Anschluß an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 1986 - BVerwG 6 P 4.83 - (DVBl. 1986, 952 ff.), dessen Grundsätze auf das niedersächsische Personalvertretungsrecht übertragbar sind (Senatsbeschluß vom 19. August 1987 - 18 OVG L 17/86 -), zutreffend dargelegt, daß die Personalvertretung die Eignungsbeurteilung der Dienststelle auch bei der Einstellung von Angestellten nur eingeschränkt überprüfen darf und darum eine Zustimmungsverweigerung unter Eignungsgesichtspunkten, die diese Grenzen der Nachprüfbarkeit offensichtlich nicht beachtet, den Dienststellenleiter zur Einleitung des Einigungsverfahrens nicht verpflichtet. Nach diesen Maßstäben, denen auch die Beschwerde nicht entgegentritt, ist es nicht zu beanstanden, daß der Beteiligte die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers vom 23. Dezember 1987 für unbeachtlich erachtet hat.
Die hiergegen erhobenen Einwände der Beschwerde übersehen teilweise bereits im Ausgangspunkt, daß für die Frage der Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung auf die innerhalb der Frist des § 72 Abs. 2 Sätze 3 und 4 Nds.PersVG vorgebrachten Weigerungsgründe abzustellen ist. Es ist nicht entscheidend, ob der Personalrat innerhalb dieser Frist seine Zustimmung mit beachtlicher Begründung hätte verweigern können; ausschlaggebend ist allein, ob er dies getan hat. Denn die Personalvertretung kann eine einmal eingetretene Zustimmungsfiktion nach Maßgabe des § 72 Abs. 2 Satz 6 Nds.PersVG nicht dadurch rückgängig machen, daß sie sich während des personal vertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens erstmals auf eine innerhalb des gesetzlichen Rahmens liegende Begründung stützt. Schon aus diesem Grund kommt es mithin für die Entscheidung der Streitsache nicht auf den erstmals mit der Beschwerde vorgebrachten Einwand an, Frau Deckert erfülle nach ihrer Ausbildung nicht die Voraussetzungen für die vorgenommene Einstellung nach der Vergütungsgruppe V b BAT; denn hierauf hatte der Antragsteller seine Zustimmungsverweigerung auch nicht andeutungsweise gestützt. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob der Personalrat einer Einstellung überhaupt mit Hinweis auf eine Überqualifikation des Bewerbers widersprechen kann (nach der Ausbildung von Frau D. hält der Antragsteller eher eine Vergütung nach Gruppe II BAT für angemessen).
Bezüglich der von der Beschwerde sonst vorgebrachten Gründe kann zugunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, daß sie bereits in der Zustimmungsverweigerung mit hinreichender Deutlichkeit angesprochen worden sind. Denn die Fachkammer hat zu Recht ausgeführt, daß sich die Umstände, die der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung des Beteiligten zugunsten der Bewerberin Deckert anführt, dem Mitbestimmungstatbestand des § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds.PersVG offensichtlich nicht zuordnen lassen. Das Vorbringen des Antragstellers, der Mitbewerber K. sei eindeutig besser geeignet als Frau D. zeigt keine Fehler der Eignungsbeurteilung des Beteiligten auf; es läuft vielmehr darauf hinaus, daß der Antragsteller sein eigenes Werturteil über die Eignung der Bewerber an die Stelle der Beurteilung des Beteiligten setzen will. Eine derartige inhaltliche Beteiligung bei der Einstellung wird vom Mitbestimmungstatbestand des § 78 Abs. 2 Nr. 1 Nds.PersVG von vornherein nicht gedeckt.
Der Versuch des Antragstellers, im Verhältnis der beiden Bewerber solch gravierende Befähigungsunterschiede aufzubauen, daß nur eine Auswahlentscheidung zugunsten von Herrn K. in Betracht gekommen sei (Bewerber K.: "mit deutlichem Abstand am besten qualifiziert"; Bewerberin D. "deutlich geringer qualifiziert"), geht angesichts der Fallumstände fehl. Sowohl Herr K. als auch Frau D. sind aufgrund des Eindrucks des Vorstellungsgesprächs vom 16. November 1987 aus dem Kreis der ursprünglich mehr als 30 Bewerber in die auch von der Personalvertretung mitgetragene Liste der fünf für geeignet befundenen Bewerber aufgenommen worden. Hierbei ist zwar Herr K. nach übereinstimmender Einschätzung an die erste Stelle gesetzt worden. Schon während des Vorstellungsgesprächs hatte der Beteiligte aber darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf die Aufgabenstellung der AIDS-Fachkraft eine Wohnsitznahme in W. für unabdingbar gehalten werde, wozu sich Herr K. Bedenkzeit ausbat. Da Herr K. sich zu einer Wohnsitzverlegung nicht bereitfinden konnte und die in der Eignungsreihenfolge vor Frau D. als geeigneter Bewerberin sonst eingestuften Mitbewerber zurückgetreten waren, wäre somit der Vorwurf, der Beteiligte habe bei der umstrittenen Einstellung den ihm eingeräumten weiten Ermessens- und Beurteilungsspielraum verletzt, allenfalls zu halten, wenn das Eignungskriterium "Wohnsitz in W." auf sachfremden Erwägungen beruhte. Das ist indessen angesichts der an die Bewerber gestellten Anforderungen nicht feststellbar. Die gegenteilige Ansicht der Beschwerde beruht im wesentlichen auf der irrigen Annahme, der Antragsteller sei befugt, eigene Anforderungsprofile für die in Rede stehende Stelle zu definieren, was hingegen nicht zu den Aufgaben der Personalvertretung gehört. Der angefochtene Beschluß hebt insofern zutreffend hervor, daß die Festlegung des Aufgabenfeldes der AIDS-Fachkraft zu den Angelegenheiten gehört, die in die alleinige Verantwortung der Dienststelle fiel.
In diesem Zusammenhang hat sich der Beteiligte eben nicht - wie es der Antragsteller für richtig erachtet - dafür entschieden, daß die Fachkraft in erster Linie Aufklärungsarbeit für Jugendliche in Form von Informationsveranstaltungen in Schulen, Jugendzentren usw. während der normalen Dienstzeiten zu leisten hat. In gleicher Weise hat er ihr vielmehr die Aufgabe zugewiesen, in der Art eines "streetworkers" in den Abend- und auch Nachtstunden vor Ort in der Risikoszene Kontakte zu knüpfen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Mit dieser Aufgabenfestlegung hat sich der Beteiligte auch nicht etwa, wie der Antragsteller behauptet, in Widerspruch zu den Bewilligungsmaßgaben im Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. März 1988 gesetzt; denn im dortigen Katalog der von der AIDS-Fachkraft vorrangig zu erledigenden Arbeiten ist ausdrücklich u.a. die "aufsuchende präventive Arbeit" angeführt (vgl. Nr. 2 des Bescheides).
Im Hinblick hierauf kann es nicht als sachwidrig angesehen werden, wenn der Beteiligte aufgrund der Einschätzung, ein in W. wohnender Stelleninhaber könne - weil mit den örtlichen Verhältnissen besonders vertraut und auch außerhalb der normalen Dienstzeiten leichter ansprechbar - den Anforderungen der Stelle am besten gerecht werden, das Wohnsitzkriterium zum Eignungsmerkmal erhoben hat. Das stellt zutreffend auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in seinem die Klageabweisung bestätigenden Urteil vom 18. April 1989 - 11 Sa 1672/88 - im Arbeitsrechtsstreit zwischen dem (abgelehnten) Bewerber K. und der Stadt W. heraus. Der Antragsteller wendet hiergegen ohne Erfolg ein, bei Abwägung des Für und Wider habe der Beteiligte dem Gesichtspunkt einer Wohnsitznahme in W. jedenfalls im Hinblick auf die günstige Autobahnverbindung zwischen V. und W. wegen der Herr K. den Stellenanforderungen voll hätte genügen können, kein entscheidendes Gewicht beimessen dürfen. Denn der Antragsteller macht hiermit Beteiligungsbefugnisse bei der Einstellung geltend, die ihm im Blick auf die Entscheidungsprärogative der Dienststelle von vornherein nicht zustehen. Insofern braucht nicht im einzelnen auf die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Verfahrensbeteiligten und ihre unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Abwägungskriterien eingegangen zu werden. Denn entscheidungserheblich ist nicht, ob man hierüber so oder auch anders denken kann, ob sich also für den einen wie den anderen Standpunkt einleuchtende Gründe anführen lassen. Wegen des dem Beteiligten zustehenden weiten Entscheidungsspielraums stellt sich allein die Frage, ob das Wohnsitzkriterium im Hinblick auf das Aufgabenfeld der AIDS-Fachkraft als willkürlich oder sonst sachwidrig qualifiziert werden kann. Das ist indes nicht der Fall.
Der Fachkammer ist darin zuzustimmen, daß der Behauptung des Antragstellers nicht nachgegangen zu werden braucht, der Beteiligte verfolg aufgrund von politischen Vorgaben bei Einstellungen allgemein die Tendenz, Bewerbern den Vorzug zu geben, die in W. wohnen bzw. zuzugswillig sind. Für die hier zu treffende Entscheidung genügt vielmehr die Feststellung, daß er für eine Wohnsitznahme der AIDS-Fachkraft in W. einleuchtende Gründe dargelegt hat. Es besteht kein Anhalt dafür, daß es sich hierbei nur um vorgeschobene Argumente handeln könnte. Denn der Beteiligte hat von Beginn des Einstellungsverfahrens an auf eine Wohnsitzbegründung in W. gedrungen. Zwar war hiervon noch nicht in der Stellenausschreibung die Rede. Auf dieses aus ihrer Sicht bestehende Erfordernis hat die Dienststelle die auswärtigen Bewerber aber schon während des Vorstellungsgesprächs hingewiesen. Speziell gegenüber dem Antragsteller hat der Beteiligte diese von ihm für erforderlich gehaltene Einstellungsmaßgabe in seinem Schreiben vom 9. Dezember 1987, mit dem er erneut die Zustimmung der Personalvertretung zur beabsichtigten Einstellung erbeten hatte, erläutert.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, daß er die vom Antragsteller mit der Begründung ausgesprochene Zustimmungsverweigerung, der Bewerber K. sei am besten qualifiziert, eine Wohnsitznahme in W. werde nicht für erforderlich, jedenfalls aber im Hinblick auf die Befristung der Stelle nicht für zumutbar gehalten, als unbeachtlich angesehen hat.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.
Ladwig,
Schwermer,
Dr. Heidemann,
Grevecke