Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.03.1990, Az.: 14 L 44/89

Pflegegeld; Höchstpflegegeld; Auslagenersatz für Hilfsmittel; Sonderrechtsnachfolge; Unvererblichkeit höchstpersönlicher Ansprüche ; Anspruchsübergang

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.03.1990
Aktenzeichen
14 L 44/89
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 13011
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0315.14L44.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig - 26.11.1987 - AZ: 10 A 129/86
nachfolgend
BVerwG - 25.11.1991 - AZ: BVerwG 5 B 44/90
BVerwG - 05.05.1994 - AZ: BVerwG 5 C 43.91

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 10. Kammer - vom 26. November 1987 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Klägerin macht Ansprüche auf Gewährung von Pflegegeld geltend, die ihre Mutter, die von dem Beklagten über mehrere Jahre bis zu ihrem Tod Höchstpflegegeld gemäß § 69 Abs. 4 BSHG bezogen hatte, geltend gemacht hat. Die Mutter der Klägerin hatte gegen den Abrechnungsbescheid der Stadt ... vom 1. August 1985 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1986 zurückgewiesen worden war. Der Widerspruchsbescheid war an den Vater der Klägerin gerichtet, da die Mutter zwischenzeitlich verstorben war. Der Vater der Klägerin hatte gegen die ablehnenden Bescheide Klage erhoben und beantragt,

2

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 1. August 1985 und Aufhebung des Bescheides vom 30. Juni 1986 zu verpflichten, 23.275,41 DM Auslagenersatz für Hilfsmittel und Pflegegeld wegen Hauspflege für die Zeit vom 1. Januar 1983 bis 11. Oktober 1985 nebst 4 % Zinsen seit Stellung des Antrages bei der Stadt ... zu zahlen.

3

Der Beklagte hat beantragt,

4

die Klage abzuweisen.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Vater der Klägerin die Ansprüche als Erbe nicht geltend machen könne.

6

Gegen dieses Urteil hat der Vater der Klägerin Berufung eingelegt. Am 26. April 1989 ist der Vater der Klägerin verstorben. Die Klägerin verfolgt die Ansprüche als Erbin weiter. Sie beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 10. Kammer - vom 26. November 1987 aufzuheben und nach dem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Berufung zurückzuweisen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf den Inhalt der Akten 14 L 48/89 und der Akten 10 A 69/85 des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts Bezug genommen.

10

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

11

Die geltend gemachten Ansprüche der Mutter der Klägerin sind nicht im Wege der Erbfolge auf den Vater der Klägerin und ebenfalls nicht auf die Klägerin selbst übergegangen. Seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Mai 1979 (BVerwGE 58, 68 = FEVS 27, 353) ist in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte geklärt, daß in der Regel sozialhilferechtliche Ansprüche beim Tode des Hilfesuchenden nicht kraft Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB I oder im Wege der Erbfolge auf einen Dritten übergehen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung hervorgehoben, das Bedarfsdeckungsprinzip, das ein Strukturprinzip der Sozialhilfe sei, verbiete es in der Regel, Sozialhilfe für einen vergangenen Zeitraum zu bewilligen; denn eine Notlage, die in Vergangenheit bestanden habe, ließe sich regelmäßig nicht durch Leistungen der Gegenwart überwinden.

12

Der Vater der Klägerin und die Klägerin selbst haben diesen Überlegungen keine Argumente entgegengehalten, mit denen sich nicht bereits das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung auseinandergesetzt und diese verworfen hat. Die Klägerin macht vielmehr im wesentlichen geltend, der Beklagte habe den von der Mutter gemachten Anspruch zu Unrecht nicht erfüllt. Es kann hier jedoch keinesfalls von einer "Anspruchsvereitelung" die Rede sein. Der Träger der Sozialhilfe und der Hilfesuchende haben vielmehr um die richtige Auslegung des Rechts und die rechte Würdigung des Tatsachenstoffes gestritten. Dies vermag an der Unvererblichkeit dieser höchstpersönlichen Ansprüche nichts zu ändern.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 VwGO.

14

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

15

Thiem

16

Figge

17

Schmidt