Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.03.1990, Az.: 2 A 39/87

Begriff des Verbrauchs

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
05.03.1990
Aktenzeichen
2 A 39/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 12955
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0305.2A39.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg (Oldenburg) 05.11.1986 - 3 OS A 42/84
nachfolgend
BVerwG - 31.08.1990 - AZ: BVerwG 6 B 25/90
BVerwG - 28.01.1993 - AZ: BVerwG 2 C 15/91

Amtlicher Leitsatz

Der Verbrauch einer gewährten Geldleistung (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) liegt vor, wenn der Betrag - ohne daß Einsparungen bei sonstigen Einkommensbestandteilen gemacht werden - ausgegeben, d.h. so verwertet wird, daß er in der gewährten Art nicht mehr zur Verfügung steht. Er ist zu unterscheiden von dem Wegfall der Bereicherung, der erst dann eintritt, wenn die mit der Geldausgabe geschaffenen Vermögensvorteile nicht mehr vorhanden sind.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 3. Kammer Osnabrück -vom 5. November 1986 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1983 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 1984 wird in vollem Umfang aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der im September 1950 geborene Kläger ist mit Ablauf des Monats Juni 1982 nach zwölfjähriger Verpflichtungszeit aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausgeschieden. Durch Bescheid vom 19. Mai 1982 setzte das Wehrbereichsgebührnisamt II die Übergangsbeihilfe des Klägers in Höhe von 75 % des 11-fachen der Dienstbezüge des letzten Monats auf 20.389,71 DM fest. Der festgesetzte Betrag der Übergangsbeihilfe ist seinem Konto Ende Juni 1982 gutgeschrieben worden.

2

Bei der Vorprüfung der Besoldungsakten des Klägers beanstandete die Wehrbereichsverwaltung II Hannover mit Verfügung vom 8. September 1983 die Festsetzung der Übergangsbeihilfe. Dem Kläger stünden nicht 75 %, sondern nur 50 % des 11-fachen der Dienstbezüge des letzten Monats, mithin 13.593,14 DM zu, so daß eine Überzahlung von 6.796,57 DM eingetreten sei. Mit Schreiben vom 27. September 1983 wies das Wehrbereichsgebührnisamt II den Kläger auf die Überzahlung hin und gab ihm Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Er teilte daraufhin durch Schreiben vom 3. Oktober 1983 mit, daß er auf die Richtigkeit des Festsetzungsbescheides vertraut habe und eine Rückzahlung ablehne. Durch Bescheid vom 18. Oktober 1983 änderte daraufhin das Wehrbereichsgebührnisamt II den Festsetzungsbescheid vom 19. Mai 1982 dahin ab, daß die Übergangsbeihilfe auf 13.593,14 DM festgesetzt werde. Gleichzeitig machte es die Rückforderung des überzahlten Betrages in Höhe von 6.796,57 DM geltend. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Wehrbereichsverwaltung II durch Bescheid vom 1. Februar 1984 als unbegründet zurück.

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Mit seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, daß keine Anhaltspunkte vorgelegen hätten, nach denen ihm eine Überzahlung hätte auffallen müssen. Er sei davon ausgegangen, daß - wie bisher - 75 % als Übergangsbeihilfe gezahlt werden würden. Er habe deshalb auch auf die Richtigkeit des Bescheides vertraut. Die Berechnung der Übergangsbeihilfe nach einem Satz von 50 % gemäß dem Haushaltsstrukturgesetz verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Gegenüber der Rückforderung berufe er sich darauf, daß er nicht mehr bereichert sei. Er habe seinen Lebensstandard für sich, seine Ehefrau und seine drei minderjährigen Kinder nach dem jeweiligen Einkommen ausgerichtet. Demgemäß sei, wenn etwas mehr Geld zur Verfügung gestanden habe, dementsprechend großzügiger gelebt worden. Mit dem überzahlten Geld seien keine außerplanmäßigen Schuldtilgungen vorgenommen worden.

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Der Kläger hat beantragt,

5

den Bescheid der Beklagten vom 19. Oktober 1983 und deren Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 1984 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hat erwidert, daß gegen das Haushaltsstrukturgesetz auch im Hinblick auf die sog. unechte Rückwirkung des Gesetzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Die grundsätzliche gesetzliche Bindung verbiete es, Versorgungsleistungen abweichend von den Vorschriften des Soldatenversorgungsgesetzes zu bemessen. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich der Kläger nicht berufen. Seine Behauptung, das Geld für Kost, Wohnung und Sicherheit für seine Familie ausgegeben zu haben, habe er nicht genügend konkretisiert. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, daß er den Betrag zur Bestreitung allgemeiner Ausgaben verwendet und dadurch insoweit eigene Aufwendungen erspart habe. Es habe auch kein Anlaß bestanden, von der Rückforderung aus Billigkeitsgründen über die ratenweise Aufrechnung mit den ihm noch zustehenden Versorgungsbezügen (Übergangsgebührnissen) hinaus abzusehen.

9

Das Verwaltungsgericht hat gemäß den Beschlüssen vom 29. Januar und 5. November 1986 durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers Beweis über den Verbrauch der ausgezahlten Übergangsbeihilfe in Höhe von 20.389,71 DM erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften vom 24. März 1986 und 5. November 1986 Bezug genommen.

10

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 5. November 1986 zum Teil stattgegeben; es hat die angefochtenen Bescheide vom 18. Oktober 1983 und 1. Februar 1984 insoweit aufgehoben, als die Beklagte einen höheren Betrag als 4.296,57 DM zurückverlangt hat. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe den Betrag von 6.796,57 DM ohne Rechtsgrund erhalten, da er nur einen Anspruch auf Übergangsbeihilfe in Höhe von 50 % des 11-fachen Betrages der Dienstbezüge des letzten Monats habe. Die entsprechende Regelung des Haushaltsstrukturgesetzes sei nicht verfassungswidrig, wie sich aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 7. August 1984 (13 OVG A 3/82) ergebe. Der Festsetzungsbescheid vom 19. Mai 1982 habe gemäß § 48 VwVfG teilweise zurückgenommen werden können. Es sei nicht als ermessensfehlerhaft anzusehen, daß die Beklagte eine Rücknahme im öffentlichen Interesse für geboten angesehen habe, weil die öffentliche Hand vor erheblichen finanziellen Verlusten zu bewahren sei. Die Jahresfrist für die Rücknahme des Festsetzungsbescheides gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG sei eingehalten worden. Einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 48 Abs. 2 VwVfG, nach denen der Kläger sich nicht auf den Vertrauensschutz berufen könnte, läge nicht vor. Der Kläger hätte auch nicht erkennen können, daß der Mangel des rechtlichen Grundes für ihn hätte offensichtlich sein müssen (§ 49 Abs. 2 Satz 2 SVG). Es komme für die Entscheidung deshalb allein darauf an, ob bei dem Kläger eine Entreicherung vorgelegen habe. Nach der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, daß eine Entreicherung in Höhe des überzahlten Betrages vorliege. Es sei danach nur als erwiesen anzusehen, daß es als Folge der Überzahlung zu Mehraufwendungen in Höhe von 2.500,-- DM gekommen sei, die bei Zahlung der Übergangsbeihilfe in der dem Kläger rechtlich zustehenden Höhe unterblieben wären. Der Kläger und auch seine Ehefrau als Zeugin hätten übereinstimmend bekundet, daß sie nach der Zahlung der Übergangsbeihilfe ihren Lebensstandard entsprechend den nunmehr vorhandenen Mitteln angehoben hätten. Diese Aussagen ließen sich anhand der vorgelegten Kontoauszüge nachvollziehen, da sie einen deutlichen Anstieg der Barauszahlungen von Ende Juni 1982 an auswiesen. Es könne davon ausgegangen werden, daß die Ausgaben des täglichen Lebens von diesen Barauszahlungen bestritten worden seien. Daraus ergebe sich, daß der Kläger unter Einbeziehung des überzahlten Betrages für sich und seine Familie Ausgaben gemacht hätte, die ohne die Überzahlung unterblieben wären. Da der Kläger den ihm obliegenen Beweis jedoch nur dem Grunde, nicht aber der Höhe nach habe führen können, habe es die Kammer als gerechtfertigt angesehen, diesem Umstande Rechnung zu tragen und die Höhe der Entreicherung in entsprechender Anwendung des § 287 ZPO zu schätzen. Bei Würdigung der Aussagen des Klägers und seiner Ehefrau als Zeugin sei für den Zeitraum von Ende Juni 1982 bis Ende September 1983 eine Entreicherung in Höhe von 2.500,-- DM als bewiesen anzusehen, so daß die Beklagte nur den Betrag von 4.296,57 DM zurückfordern könne. Darüber hinaus habe die Klage abgewiesen werden müssen, weil der Kläger insoweit den Beweis schuldig geblieben sei.

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Gegen dieses ihm am 12. Januar 1987 zugestellte Urteil führt der Kläger seine am 12. Februar 1987 eingelegte Berufung, zu deren Begründung er vorträgt: Es treffe zu, daß er 6.796,57 DM zu viel erhalten habe. Bestritten werde indessen, daß die Beklagte die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG eingehalten habe, da davon auszugehen sei, daß die Beklagte schon vor der Beanstandung in der Vorprüfung von Tatsachen Kenntnis erlangt habe, die die Rücknahme der rechtswidrigen Festsetzung rechtfertigten. Die Beklagte habe auch ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes gebraucht, da in seinem Fall nicht davon auszugehen sei, daß das öffentliche Interesse für eine Rücknahme spreche. Angesichts der durch Änderung der Gesetzgebung bestehenden Rechtsunsicherheit hätte die Beklagte schon bei Auszahlung der Übergangsbeihilfe aufgrund ihrer Fürsorgepflicht eine umfassendere Ermessensbetätigung ausüben müssen. Schließlich stehe der Rückforderung entgegen, daß er nicht mehr bereichert sei. Zutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß für die Schätzung der Zeitraum von Ende Juni 1982 bis Ende September 1983 zugrunde zu legen sei. Die Höhe der angenommenen Entreicherung von 2.500,-- DM, das entspreche einem monatlichen Betrag von 166,67 DM, sei allerdings angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht zu halten. Seine Ehefrau habe als Zeugin ausführlich bekundet, daß sich die Auszahlung der Übergangsbeihilfe dahin ausgewirkt habe, als man Zusätzliches unternommen und insgesamt mehr Geld für die Kinder ausgegeben habe. Die zusätzlichen, von ihm und seiner Familie verwirklichten Aktivitäten rechtfertigten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Annahme einer Entreicherung in dreifacher Höhe des vom Verwaltungsgericht geschätzten Betrages, so daß von einer gänzlichen Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB auszugehen sei.

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Der Kläger beantragt,

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unter Änderung des angefochtenen Urteils die angefochtenen Bescheide in vollem Umfang aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie trägt vor: Die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG sei eingehalten worden. Die Vorprüfungsstelle der Wehrbereichsverwaltung II habe das Wehrbereichsgebührnisamt II im September 1983 auf die Überzahlung hingewiesen. Daraufhin sei der Kläger noch im September angehört und im folgenden Monat der Bescheid über die Neufestsetzung der Übergangsbeihilfe und die Rückforderung des überzahlten Betrages erlassen worden. Die vom Verwaltungsgericht angenommene Entreicherung in Höhe von 2.500,-- DM sei zugunsten des Klägers großzügig geschätzt worden. Die Äußerungen des Klägers und seiner Ehefrau ließen eindeutig erkennen, daß die Lebensweise ohne die Überzahlung allenfalls geringfügig anders gewesen wäre. Für eine geringfügig großzügigere Lebensweise erscheine der Betrag von durchschnittlich rund 166,-- DM im Monat recht hoch. Es könne nach der Aussage der Ehefrau des Klägers auch nicht davon ausgegangen werden, daß Unternehmungen an Wochenenden, wie etwa der beispielhaft aufgeführte Besuch eines Freizeitparks, ständig in dem hier maßgeblichen Zeitraum gemacht worden wären.

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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A - C) Bezug genommen.

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II.

Die Berufung ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 SVG, wonach sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchesüber die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung regelt, liegen nicht vor. Zuviel gezahlt sind Versorgungsbezüge dann, wenn sie ohne Rechtsgrund geleistet worden sind. Den Rechtsgrund der gewährten Übergangsbeihilfe bildet nach wie vor der Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamts II vom 19. Mai 1982 auch hinsichtlich des zurückgeforderten Betrages in Höhe von 6.796,57 DM, da der Gewährungsbescheid insoweit nicht wirksam mit Wirkung ex tunc zurückgenommen werden konnte. Dessen teilweiser Rücknahme, die durch den angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 1983 in der Form vorgenommen wurde, daß der Gewährungsbescheid vom 19. Mai 1982 dahin abgeändert worden ist, daß die Übergangsbeihilfe nicht 20.389,71 DM, sondern 13.593,14 DM beträgt, steht das schutzwürdige Vertrauen des Klägers in den Bestand dieses Verwaltungsaktes entgegen. Nach § 48 Abs. 1 und 2 VwVfG kann ein Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, wenn er rechtswidrig ist und ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht gegeben ist. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Gewährungsbescheid vom 18. Oktober 1983 von Anfang an insoweit rechtswidrig war, als eine Übergangsbeihilfe von mehr als 13.593,14 DM festgesetzt worden ist. Das wird von der Berufung auch nicht bestritten. Insoweit wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht hat indessen nicht berücksichtigt, daß das Vertrauen des Klägers in den Bestand des Gewährungsbescheides vom 19. Mai 1982 unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, und in einem solchen Fall der rechtswidrige, eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährende Bescheid nicht zurückgenommen werden darf (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Ein Verbrauch der gewährten Leistung liegt vor, wenn der Begünstigte die aufgrund des leistungsgewährenden Verwaltungsakts seinem Vermögen zugeführten Geldbeträge so verwertet hat, daß sie nicht mehr in der gewährten Art zu seinem Vermögen gehören. Als nicht verbraucht ist eine gewährte Leistung allerdings dann anzusehen, wenn der Begünstigte sie unter Einsparung anderer Vermögens- oder Einkommensbestandteile zum Lebensunterhalt verwendet hat. Eine Vermögensdisposition im Sinne des § 48 Abs. 2 VwVfG ist etwa dann anzunehmen, wenn der Begünstigte im Hinblick auf die gewährte Leistung seine Lebenshaltung auf einem bestimmten Niveau eingerichtet hat (vgl. Obermayer, Kommentar zum VwVfG, § 48 RdNrn. 67 u. 70). Nach den Angaben des Klägers und seiner als Zeugin vernommenen Ehefrau ist davon auszugehen, daß der Betrag der Übergangsbeihilfe, der dem Konto des Klägers und seiner Ehefrau am 29. Juni 1982 gutgeschrieben war, in der Folgezeit nach und nach verbraucht worden ist, teils durch eine etwas aufwendigere Lebensführung und teils durch Bezahlung von Rechnungen an Unternehmer. Bei den letztgenannten Beträgen handelt es sich nach der Aussage der Zeugin Düttmann um Beträge von 4.000,-- DM für eine Holztreppe und um 1.400,73 DM für Baumaterial. Für die am 21. Juli 1982 vorgenommene Abbuchung in Höhe von 3.000,-- DM konnte die Zeugin den Grund der Zahlung nicht angeben. Ferner ist am 1. Oktober 1982 eine Abbuchung in Höhe von 10.000,-- DM vorgenommen worden, die zur Entlastung des Darlehenskontos verwendet worden ist. Diese Angaben lassen sich anhand der Kontoauszüge, die dem Senat vorgelegen haben, belegen. Danach wies das Konto des Klägers und seiner Ehefrau am 29. Juni 1982 unter Berücksichtigung der Übergangsbeihilfe einen Stand von 22.715,23 DM aus. Am 13. Oktober 1982 betrug der Kontostand 568,01 DM. Aus den Kontoauszügen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1982 läßt sich entnehmen, daß die als Auszahlung vorgenommenen Buchungen in der Zeit nach Gutschrift der Übergangsbeihilfe zugenommen haben. Der Sachlage nach und aufgrund der Bekundungen der Zeugin Düttmann geht der Senat davon aus, daß die Beträge der als Auszahlung vorgenommenen Buchungen allgemein für die Lebensführung ausgegeben worden sind. Ferner ist zu berücksichtigen, daß in dem genannten Zeitraum, also von Ende Juni bis Mitte Oktober 1982, dreimal Buchungen über Gutschriften vorgenommen worden sind, und zwar von 2.227,09 DM am 27. August und 28. September 1982 und von 7.272,10 DM am 3. September 1982. Außer der gezahlten Übergangsbeihilfe sind diese - zusätzlichen - Beträge in der dargestellten Weise verbraucht worden, ohne daß erkennbar ist, das beim Kläger oder seiner Ehefrau durch den Verbrauch der Übergangsbeihilfe - und dieser weiteren Guthaben - Einsparungen bei anderen Einkommensarten entstanden sind. Das Verwaltungsgericht hat zu der Frage des Verbrauchs der gewährten Leistung ausdrücklich nicht Stellung genommen. Es ist unter Verweisung auf die Begründung zur Entreicherung davon ausgegangen, daß eine Entreicherung nur teilweise gegeben und die gewährte Leistung demgemäß nur teilweise verbraucht worden sei. Einer Gleichsetzung der Begriffe Entreicherung und Verbrauch der gewährten Leistung in diesem Sinne vermag der Senat nicht zu folgen. Dem steht entgegen, daß in § 48 Abs. 2 VwVfG beide Begriffe verwendet werden und dieser Vorschrift nicht zu entnehmen ist, daß deren Inhalt und Bedeutung sich deckten. Zwar mag deren Anwendung bei der rechtlichen Subsumtion in vielen Fällen zu (annähernd) gleichen Ergebnissen führen; bei der Anwendung muß jedoch die begriffliche Verschiedenartigkeit beachtet werden. So liegt der Verbrauch einer gewährten Geldleistung vor, wenn der Betrag - ohne daß Einsparungen bei sonstigen Vermögens- oder Einkommensbestandteilen gemacht werden - ausgegeben wird, während eine Entreicherung erst dann eintritt, wenn auch damit geschaffene Vermögensvorteile nicht (mehr) vorhanden sind. Aufgrund der Aussagen der Zeugin Düttmann und der Kontoauszüge ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß der Betrag der Übergangsbeihilfe in den folgenden Monaten bis etwa Mitte Oktober 1982 tatsächlich in einer Weise verwendet worden ist, daß die Übergangsbeihilfe als Geldbetrag im Vermögen des Klägers nicht mehr vorhanden war. Darauf, daß durch diese Verwendung gleichzeitig Vermögensvorteile geschaffen sein mögen und noch bestehen, kommt es - wie dargelegt - nicht an. Es würde auch dem üblichen Sprachgebrauch widersprechen, eine gewährte Geldleistung nicht als verbraucht anzusehen, wenn dadurch ein Vermögensvorteil geschaffen worden ist. Ist die gewährte Leistung aber im Vertrauen auf den Bestand des leistungsgewährenden Bescheides verbraucht worden, so ist nach der gesetzlichen Regel des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG das Vertrauen in der Regel schutzwürdig. Umstände, die eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen, sind nicht erkennbar. Daraus folgt, daß der rechtswidrige Gewährungsbescheid wegen des entgegenstehenden schutzwürdigen Vertrauens nicht zurückgenommen werden konnte (§ 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG), da ein Tatbestand, der die Berufung auf Vertrauen ausschließt, nicht vorliegt, insbesondere die Berufung auf Vertrauen nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß der Kläger die Rechtswidrigkeit des Gewährungsbescheides kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, daß Anhaltspunkte für einen Vertrauensausschluß nach diesem Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG nicht vorliegen; dem hat die Beklagte nicht widersprochen.

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Da der gewährende Bescheid vom 19. Mai 1982 demnach gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG nicht zurückgenommen werden darf, stellt er weiterhin den Rechtsgrund für die Zahlung der Übergangsbeihilfe in Höhe von 20.389,71 DM dar. Eine zuviel, also ohne Rechtsgrund geleistete Versorgungszahlung liegt danach nicht vor, so daß schon aus diesem Grunde die Rückforderung rechtswidrig und der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Auf die weitere Frage, ob sich der Kläger auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, kommt es nicht mehr an.

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Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als unterliegende Prozeßpartei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11 ZPO.

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Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund i.S. des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.

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Zeller

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Richter am Oberverwaltungsgericht Sommer hat Urlaub Zeller

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Dehnbostel