Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.03.1990, Az.: 19 L 1/89

Kriterien für einen teilweisen bzw. vollen Freistellungsanspruch eines Schulleiters zur Wahrnehmung von Personalvertretungsaufgaben

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
07.03.1990
Aktenzeichen
19 L 1/89
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 17382
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1990:0307.19L1.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Schleswig - 06.04.1989 - AZ: PL 27/87

Verfahrensgegenstand

Teilweise Freistellung nach § 40 Abs. 3 PersVG-SH

Der 19. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Schleswig-Holstein - des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein
hat am 7. März 1990
beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Fachkammer für Personalvertretungssachen - Land - vom 6. April 1989 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist der Beschluß vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung des Klägers, mit der er weiterhin die Freistellung seines Vorsitzenden für wöchentlich 6 Unterrichtsstunden zur Wahrnehmung von Personalratsaufgaben erstrebt, war nach Art. 2 § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit - EntlG - vom 31. März 1978 (BGBl I S. 446) idF des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I S. 1274) durch Beschluß zurückzuweisen. Der Senat hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, sich hierzu zu äußern.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Begründung wird gemäß Art. 2 § 7 Abs. 1 EntlG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat darin eingehend dargelegt, daß sich die erstrebte Freistellung weder aus einer entsprechenden Anwendung der Freistellungsrichtlinien noch aus der Darstellung des Vorsitzenden des Klägers über den Zeitaufwand für seine Personalratstätigkeit herleiten läßt. Das Berufungsvorbringen des Klägers kann zu keiner anderen Beurteilung führen.

3

1.

Nach Nr. 3 der "Richtlinien der Landesregierung für die Freistellung von ... Personalratsmitgliedern nach § 40 Abs. 3 PersVG" vom 13.12.1973 ist im allgemeinen davon auszugehen, daß in Dienststellen mit in der Regel 500 bis 1000 Wahlberechtigten 1 Personalratsmitglied und je angefangene 1500 Wahlberechtigte ein weiteres Personalratsmitglied von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen sind. Diese zahlenmäßige Regelung läßt sich indessen nicht nach unten in der Weise zurückrechnen, daß an der Dienststelle des Klägers mit etwa 100 Wahlberechtigten jedenfalls eine Teilfreistellung im Umfang von danach rund 3 Unterrichtsstunden erfolgen müßte. Das ist für das Bundesrecht und die anderen Länder, in denen entsprechende gesetzliche Freistellungsstaffeln gelten, allgemein anerkannt (BVerwG, Beschl. v. 16.5.1980, PersV 1981, 366; BayVGH, Beschl. v. 24.8.1979, NGHE 32, 147 und Beschl. v. 15.11.1989, Nr. 17 PC 89.02989; OVG Münster, Beschl. v. 26.2.1985, RiA 1986, 281). Denn eine schematische Rückrechnung der Staffel wäre unvereinbar damit, daß diese nicht vollständig ist und eben erst bei einer bestimmten Beschäftigtenzahl beginnt. Unterhalb dieser Zahl gibt es danach auch keine regelmäßige Teilfreistellung; eine solche ist vielmehr nur im Einzelfall möglich, soweit das nach Umfang und Art der Dienststelle erforderlich ist. Dies gilt erst recht in Schleswig-Holstein, weil das PersVG auch für größer Dienststellen keine festen Freistellungssätze enthält, sondern in § 40 Abs. 3 eine Freistellung stets von Umfang und Art der in der jeweiligen Dienststelle zu erfüllenden Aufgaben abhängig macht und diese Kriterien auch nach den Freistellungsrichtlinien vom 13.12.1973 vorrangig gegenüber der Zahl der Wahlberechtigten zu berücksichtigen sind.

4

2.

Die danach anhand der Verhältnisse der konkreten Dienststelle zu prüfende Erforderlichkeit hat das VG hier rechtsfehlerfrei mit dem Ergebnis durchgeführt, daß der Kläger auch eine nur teilweise Freistellung seines Vorsitzenden nicht beanspruchen kann. Maßgebend ist insoweit, in welchem Umfang in der Dienststelle regelmäßig personalvertretungsrechtliche Aufgaben anfallen, die eine volle oder teilweise Freistellung erfordern (OVG Lüneburg, Urt. v. 27.6.1985 - 19 OVG L 5/83 -). Einen solchen Umfang hat das VG hier zu Recht vor allem deshalb verneint, weil nach dem Zuständigkeitserlaß der Beklagten vom 20.8.1985 (NBl.KM Schl.-H. S. 229) den Schulleitern der Beruflichen Schulen keine Personalangelegenheiten übertragen sind, die Beteiligungsrechte des Klägers auslösen könnten, diese Personalmaßnahmen vielmehr von der Beklagten unter Beteiligung des Hauptpersonalrats getroffen werden, der gemäß § 77 Abs. 5 PersV den Kläger dazu lediglich anhört. Der Vorsitzende des Klägers hat demgemäß in der vorgelegten Aufstellung über seine zeitliche Inanspruchnahme auch keinen Fall benannt, in dem er ein eigenständiges Beteiligungsrecht des Klägers wahrgenommen hätte. Zu dieser Aufstellung, die in einem Schulhalbjahr auf einen Zeitaufwand von insgesamt 251,5 Stunden kommt, hat das VG im einzelnen zutreffend dargelegt, daß die aufgeführten Tätigkeiten zum überwiegenden Teil nicht berücksichtigungsfähig sind, weil sie nicht zum gesetzlichen Aufgabenkreis des Klägers gehören und zu einem anderen Teil jedenfalls den Rahmen der Erforderlichkeit sowie das Maß des zeitlich Notwendigen überschreiten, zumal die Möglichkeiten einer Arbeitsteilung innerhalb des aus 5 Mitgliedern bestehenden Klägers nicht ausgeschöpft worden sind; auf diese Ausführungen wird verwiesen.

5

3.

Ohne Erfolg muß der Hinweis des Klägers auf die Handhabung der Freistellung an berufsbildenden Schulen in anderen Bundesländern bleiben. Inwieweit solche Regelungen großzügiger als in Schleswig-Holstein sind, bedarf hier keiner Prüfung, weil die Rahmenvorschriften des BPersVG (§§ 94 ff) keine bindenden Vorgaben für die Länder hinsichtlich des Umfangs der Freistellung von Personalratsmitgliedern enthalten und weil der Gleichheitssatz des Art. 3 nur innerhalb der Regelungskompetenz des jeweiligen Landes gilt.

6

Zu Unrecht beruft sich der Kläger auch auf den Beschluß des BVerwG vom 29.2.1983 (PersV 1984, 83). Denn diese Entscheidung behandelt nur die Fragen, welche Rangfolge bei einem ausreichenden Freistellungsvolumen unter den Mitgliedern des Personalrats gilt und ob im Rahmen dieses Volumens volle Freistellungen auch in eine größere Anzahl von Teilfreistellungen umgewandelt werden können. Beide Fragen stellen sich im vorliegenden Verfahren nicht, weil es hier schon an den gesetzlichen Voraussetzungen auch nur für die erstrebte Teilfreistellung des Vorsitzenden des Klägers fehlt.

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Die Berufung war danach zurückzuweisen.

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

9

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Dr. Dembowski
Ladwig
Schwermer