Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.05.2013, Az.: 8 LB 17/13

Berücksichtigung tatsächlicher Umstände auf der Kostenseite und auf der Einnahmenseite bei der fiktiven Berechnung indirekter Ausgaben nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.05.2013
Aktenzeichen
8 LB 17/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 38293
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2013:0528.8LB17.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 30.11.2011 - AZ: 1 A 228/10

Fundstelle

  • NordÖR 2013, 396

Amtlicher Leitsatz

Die fiktive Berechnung indirekter Ausgaben nach Nr. 5.4 der vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erlassenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen (Arbeit durch Qualifizierung) vom 10. November 2010 (Nds. MBl. S. 1091) schließt die Berücksichtigung tatsächlicher Umstände (hier: zweckgebundene Zuwendungen Dritter zur Deckung nicht zuwendungsfähiger indirekter Ausgaben) nicht nur auf der Kosten-, sondern auch auf der Einnahmenseite aus.

[Gründe]

I.

Die Klägerin begehrt die Erhöhung einer ihr von der Beklagten aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Niedersachsen gewährten Zuwendung zur Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen.

Die Klägerin führt berufliche Bildungsmaßnahmen durch. Für ihr Projekt "Bike & Computer", das in der Zeit von Dezember 2010 bis November 2011 auf eine Verbesserung der beruflichen Integration von arbeitslosen Jugendlichen gerichtet war, begehrte sie mit am 18. März 2010 bei der Beklagten eingegangenem Antrag eine Förderung nach der vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erlassenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen.

Hierauf gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 29. November 2010 einen nicht rückzahlbaren Zuschuss bis zur Höhe von 117.282,35 EUR. Dabei ging die Beklagte von zuwendungsfähigen Gesamtausgaben in Höhe von insgesamt 405.768,31 EUR (= 356.337,99 EUR (direkte Ausgaben des Projekts) + 6.669,76 EUR (Ausgaben für externe Lehrgänge) + 42.760,56 EUR (indirekte Ausgaben in pauschaler Höhe von 12 v.H. der direkten Ausgaben)) und projektbezogenen Einnahmen in Höhe von insgesamt 288.485,96 EUR (= 166.629,89 EUR (Kofinanzierung des Job-Center B.) + 121.856,07 EUR (Kofinanzierung der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C.)) aus. In den als projektbezogene Einnahmen berücksichtigen Kofinanzierungsmitteln ist ein Betrag in Höhe von 17.640 EUR enthalten, der der Klägerin von dem Job-Center B. in Höhe von 10.080 EUR und von der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von 7.560 EUR als "zweckgebundener Zuschuss für Ausgaben, die nicht über die Pauschale der indirekten Ausgaben im Rahmen der ESF-Förderung gedeckt sind (Verwaltungskosten, Mieten, Mietnebenkosten, Reparaturen)" (Schreiben des Job-Center B. v. 12.3.2010 und Schreiben der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. v. 23.2.2010), gewährt worden war.

Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Erhöhung der gewährten Zuwendung um 17.640 EUR begehrt. Sie hat geltend gemacht, dass nach der Richtlinie eine pauschale Förderung der indirekten Ausgaben erfolge, ohne dass es auf deren tatsächliche Höhe ankomme. Die Beklagte verstoße gegen diese Regelung, wenn sie die indirekten Ausgaben durch eine Berücksichtigung insoweit zweckgebundener Einnahmen faktisch reduziere. Auch die einbezogenen Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung sähen vor, dass nur solche Einnahmen für Ausgaben eingesetzt werden, die mit dem Zuwendungszweck zusammenhängen. An diesem Zusammenhang fehle es bei den ausschließlich für nicht zuwendungsfähige Ausgaben gewährten zweckgebundenen Zuwendungen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, über die mit Zuwendungsbescheid vom 29. November 2010 gewährte Zuwendung bis zur Höhe von 117.282,35 EUR hinaus eine weitere Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR als nicht rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren, insgesamt also bis zur Höhe von 134.922,35 EUR.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt. Zwar gebe es keine ständige Verwaltungspraxis zur Berücksichtigung von zweckgebundenen Kofinanzierungsmitteln. Nach Nr. 1.2 Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung seien aber alle mit dem Projekt zusammenhängenden Einnahmen zur Deckung aller Projektausgaben heranzuziehen. Dies umfasse auch die gesamte anderweitige öffentliche Kofinanzierung, hier die der Klägerin von dem Job-Center B. und von der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. zweckgebunden zugewendeten Mittel in Höhe von insgesamt 17.640 EUR. Eine Unterscheidung zwischen zuwendungsfähigen und nicht zuwendungsfähigen indirekten Ausgaben komme bei pauschal berücksichtigten Ausgaben nicht in Betracht. Die pauschale Berücksichtigung erfordere weder das konkrete Anfallen dieser Ausgaben noch deren Nachweis. Die hierdurch bewirkte Verwaltungsvereinfachung würde bei einer Unterscheidung zwischen zuwendungsfähigen und nicht zuwendungsfähigen indirekten Ausgaben zunichte gemacht. Die Berücksichtigung aller Kofinanzierungsmittel sei auch zur Vermeidung von Doppelfinanzierungen notwendig.

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat die Klage mit Urteil vom 30. November 2011 abgewiesen. Die Klägerin könne die begehrte Erhöhung der ihr gewährten Zuwendung nicht beanspruchen. Nach Nr. 5.4 der Förderrichtlinie würden indirekte Ausgaben pauschal in Höhe von 12 v.H. der direkten Ausgaben gefördert. Auf die tatsächliche Höhe der indirekten Ausgaben komme es daher nicht an. Der Grundsatz der vorrangigen Finanzierung durch die Mitgliedstaaten gebiete den Abzug aller nationalen Einnahmen des Projekts. Auch die Förderrichtlinie sehe nicht vor, Teile der nationalen Kofinanzierung unberücksichtigt zu lassen. Sachliche Gründe, die dies erfordern könnten, seien nicht ersichtlich. Vielmehr forderten der Subsidiaritätsgrundsatz und die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Notwendigkeit der Ausgaben sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ihrer Verwendung gerade die Berücksichtigung aller mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen. Ob diese Einnahmen auf zuwendungsfähige Ausgaben entfielen, sei irrelevant.

Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 16. Januar 2013 - 8 LA 24/12 - zugelassene Berufung der Klägerin.

Sie macht geltend, ihr stehe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts aufgrund der Förderrichtlinie ein Anspruch auf die begehrte Erhöhung der ihr von der Beklagten gewährten Zuwendung zu. Diesen Anspruch vermittele die Förderrichtlinie unmittelbar, da es bisher an einer entsprechenden Verwaltungspraxis der Beklagten betreffend die Berücksichtigung von zweckgebundenen Zuwendungen Dritter zur Deckung indirekter über die Förderpauschale hinausgehender Ausgaben fehle. Nach Nr. 5.4 der Förderrichtlinie bestehe ein Anspruch auf Förderung indirekter Ausgaben in Höhe von pauschal 12 v.H. der direkten Ausgaben. Einnahmen seien dabei nach Nr. 7.1 der Förderrichtlinie i.V.m. Nr. 1.2 der Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung nur für die mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen. Dem widerspreche es, wenn auch die von dem Job-Center B. in Höhe von 10.080 EUR und von der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von 7.560 EUR mit einem konkreten anderen Verwendungszweck der Klägerin zugewendeten Mittel berücksichtigt würden und so zu einer Minderung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben führten. Eine solche Berücksichtigung widerspreche auch der ausdrücklichen Zweckbindung, wie sie das Job-Center B. und die Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. gegenüber der Klägerin formuliert hätten. Auch die Beklagte dürfe daher bei der Gewährung der Zuwendung nur die auch als solche bezeichneten Kofinanzierungsanteile des Job-Center B. in Höhe von 156.549,89 EUR (= 166.629,89 EUR - 10.080 EUR) und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von 114.296,07 EUR (= 121.856,07 EUR - 7.560 EUR) berücksichtigen. Danach ergebe sich ein Zuwendungsanspruch in Höhe von 134.922,35 EUR, der von der Beklagten erst in Höhe von 117.282,35 EUR erfüllt sei, mithin ein noch offener Zuwendungsanspruch in Höhe von 17.640 EUR. Diesem Zuwendungsanspruch könne ein unionsrechtliches Subsidiaritätsprinzip nicht entgegen gehalten werden. Auch ein weitergehendes freies Ermessen der Beklagten bei der Entscheidung über den Förderantrag bestehe nicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 30. November 2011 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, über die mit Zuwendungsbescheid vom 29. November 2010 gewährte Zuwendung bis zur Höhe von 117.282,35 EUR hinaus eine weitere Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR als nicht rückzahlbaren Zuschuss zu gewähren, insgesamt also bis zur Höhe von 134.922,35 EUR.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Nach der Förderrichtlinie werde die Pauschale für indirekte Ausgaben fiktiv berechnet, so dass diese nicht durch tatsächliche Kostenpositionen hinterlegt sei. Dieser Systematik widerspreche es, wenn Kofinanzierer, wie hier das Job-Center B. und die Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C., bestimmen könnten, ob die Kofinanzierungsmittel nur für zuwendungsfähige oder nur für nicht zuwendungsfähige Ausgaben gewährt werden. Eine solche Differenzierung sei auch nicht möglich. Die Beklagte wolle der Klägerin zwar eine zweckwidrige Verwendung der zweckgebundenen Kofinanzierungsmittel nicht unterstellen; sie könne eine Doppelförderung aber auch nicht mit Sicherheit ausschließen. Weder ihr noch den Kofinanzierern sei eine Überprüfung der zweckgemäßen Verwendung der zweckgebundenen Kofinanzierungsmittel möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A und B) verwiesen.

II.

Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. November 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit damit über die Zuwendung bis zur Höhe von 117.282,35 EUR hinaus die Gewährung einer weiteren Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR als nicht rückzahlbarer Zuschuss abgelehnt worden ist. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin auch diese weitere Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR zu gewähren (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Gewährung der streitgegenständlichen Zuwendung durch die Beklagte erfolgt auf der Grundlage der vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erlassenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen (Arbeit durch Qualifizierung) vom 10. November 2010 (Nds. MBl. S. 1091) - Förderrichtlinie - mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes Niedersachsen.

Gefördert werden nach Nr. 2 der Förderrichtlinie Maßnahmen zur beruflichen Integration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt, insbesondere mit den Schwerpunkten: Qualifizierungen für gering qualifizierte Personen oder Personen, deren Qualifikation am Arbeitsmarkt nicht oder nicht mehr verwertbar ist, innovative Qualifizierungen, die die technologische Weiterentwicklung der Betriebe flankieren, Qualifizierungen in überwiegend betrieblicher Durchführung, Qualifizierung und Beschäftigung im Rahmen einer Verknüpfung mit öffentlichen oder PPP-Infrastrukturmaßnahmen, regionale Gründungsprojekte für Arbeitslose, Coaching und Qualifizierung von Hochqualifizierten arbeitsmarktliche Projekte mit transnationalem Bezug, arbeitsmarktliche Modellprojekte, die sich auszeichnen durch neue Ansätze im Hinblick auf Zielgruppen, Konzeption, Prozesse, Techniken, Strukturen oder Finanzierung. Die geförderten Maßnahmen müssen nach Nr. 1 Satz 2 der Förderrichtlinie geeignet sein, Integrationshemmnisse zu beseitigen und die dauerhafte Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Förderung kann nach Nr. 3 Satz 1 der Förderrichtlinie juristischen Personen des privaten und des öffentlichen Rechts gewährt werden, die Erfahrung im Bereich der beruflichen Integration von Arbeitslosen haben. Des Weiteren muss der Zuwendungsempfänger die in Nr. 4 der Förderrichtlinie genannten konkreten Zuwendungsvoraussetzungen erfüllen.

Nach Maßgabe dieser Bestimmungen steht der Klägerin für ihr Projekt "Bike & Computer", das in der Zeit von Dezember 2010 bis November 2011 auf eine Verbesserung der beruflichen Integration von arbeitslosen Jugendlichen gerichtet war, dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung nach der Förderrichtlinie zu. Mit dem Erlass des Zuwendungsbescheides vom 29. November 2010 hat die Beklagte die Förderfähigkeit des Projektes, die weiteren zu erfüllenden Zuwendungsvoraussetzungen und damit das Bestehen eines Zuwendungsanspruchs dem Grunde nach bejaht. Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der insoweit im Zuwendungsbescheid getroffenen Feststellungen zu zweifeln.

Die danach von der Klägerin zu Recht beanspruchte Zuwendung wird nach Nr. 5.1 der Förderrichtlinie als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung gewährt. Gemäß Nr. 5.2 der Förderrichtlinie ist die Zuwendung der Höhe nach grundsätzlich auf höchstens 50 v.H. der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben im hier nach Nr. 1.3 der Förderrichtlinie gegebenen Zielgebiet "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" begrenzt. Zuwendungsfähig sind die in Nr. 5.3 der Förderrichtlinie genannten direkten und indirekten Ausgaben. Die pauschal angegebenen indirekten Ausgaben werden nach Nr. 5.4 Satz 1 der Förderrichtlinie entsprechend Art. 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Sozialfonds (ABl. EU L 210/12 v. 31.7.2006) in Höhe von 12 v.H. der direkten Ausgaben gewährt.

Derartige Richtlinienbestimmungen begründen nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, hierauf hat das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen, als bloße ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, anders als Gesetze und Rechtsverordnungen, nicht schon durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte des Bürgers (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.1996 - 11 C 5.95 -, NJW 1996, 1766, 1767 m.w.N.). Eine über die ihr zunächst nur innewohnende verwaltungsinterne Bindung hinausgehende anspruchsbegründende Außenwirkung wird vielmehr nur durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997 - 3 C 6.95 -, BVerwGE 104, 220, 223 f.; Urt. v. 17.4.1970 - 7 C 60.68 -, BVerwGE 35, 159, 161 f.), dies zudem nur in der Ausprägung, die die Verwaltungsvorschriften durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384 f.; Senatsbeschl. v. 7.10.2011 - 8 LA 93/11 -, [...] Rn. 6 jeweils m.w.N.).

Fehlt es - wie hier - an einer solchen ständigen Verwaltungspraxis, antizipiert eine veröffentlichte und sowohl der Verwaltung als auch den Zuwendungsbewerbern im Voraus bekanntgegebene Verwaltungsvorschrift die fehlende Verwaltungspraxis indes insoweit, als sie eine generalisierende Willenserklärung der die Vorschrift erlassenden Behörde enthält, eine unbestimmte Vielzahl künftiger Fälle in einer bestimmten Weise zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.3.1977 - II C 14.75 -, BVerwGE 52, 193, 199; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.3.2009 - 10 S 1578/08 -, DVBl. 2009, 1255, 1257). Der Gleichheitssatz begründet dann zugunsten jedes Zuwendungsbewerbers einen Anspruch darauf, nach dem in der Förderrichtlinie aufgestellten Verteilungsprogramm behandelt zu werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.4.1997, a.a.O. m.w.N.).

Nach den derart maßgeblichen Bestimmungen der Förderrichtlinie steht der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung einer Zuwendung in Höhe von insgesamt bis zu 134.922,35 EUR zu. Über die mit Bescheid vom 29. November 2010 bereits gewährte Zuwendung bis zur Höhe von 117.282,35 EUR hinaus besteht mithin ein Anspruch auf Gewährung einer weiteren Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR.

Nach dem geprüften Finanzierungsplan vom 25. November 2010, der im Zuwendungsbescheid vom 29. November 2010, dort Nr. 2, für verbindlich erklärt worden ist, sind der Klägerin durch das geförderte Projekt zuwendungsfähige Gesamtausgaben in Höhe von insgesamt 405.768,31 EUR (= 356.337,99 EUR (direkte Ausgaben des Projekts) + 6.669,76 EUR (Ausgaben für externe Lehrgänge) + 42.760,56 EUR (indirekte Ausgaben in pauschaler Höhe von 12 v.H. der direkten Ausgaben)) entstanden.

Hiervon sind nach Nr. 1.2 Satz 1 der - nach Nr. 1.1 der Förderrichtlinie zu beachtenden - Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) indes nur Einnahmen der Klägerin aus Kofinanzierungen des Job-Center B. und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von insgesamt 270.845,96 EUR (= 156.549,89 EUR (Kofinanzierungsmittel des Job-Center B.) + 114.296,07 EUR (Kofinanzierungsmittel der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C.)) abzusetzen. Die darüber hinaus der Klägerin von dem Job-Center B. und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von insgesamt 17.640 EUR (= 10.080 EUR (Zuwendung des Job-Center B.) + 7.560 EUR (Zuwendung der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C.)) gewährten zweckgebundenen Zuschüsse für "Ausgaben, die nicht über die Pauschale der indirekten Ausgaben im Rahmen der ESF-Förderung gedeckt sind (Verwaltungskosten, Mieten, Mietnebenkosten, Reparaturen)", mindern die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben entgegen der Auffassung der Beklagten nach dem in der Förderrichtlinie aufgestellten Verteilungsprogramm nicht.

Die Beklagte weist zwar grundsätzlich zutreffend auf den allgemeinen zuwendungsrechtlichen Subsidiaritätsgrundsatz und dessen Ausprägung in Nr. 1.2 Satz 1 ANBest-P hin. Danach sind vorrangig zur Vermeidung einer Überkompensation alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Einnahmen (insbesondere Zuwendungen und Leistungen Dritter) und der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers als Deckungsmittel für alle mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Ausgaben einzusetzen.

Mit der in Nr. 5.4 der Förderrichtlinie getroffenen Bestimmung liegt allerdings eine von diesen allgemeinen zuwendungsrechtlichen Grundsätzen abweichende Regelung vor. Hiernach werden entsprechend Art. 11 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 die pauschal angegebenen indirekten Ausgaben in Höhe von 12 v.H. der direkten Ausgaben - mit Ausnahme der Ausgaben für Lehrgänge externer Einrichtungen nach Nr. 1.4 des Musterfinanzierungsplans - gewährt. Aus dieser Bestimmung folgt zum einen, dass indirekte, also nicht unmittelbar projektspezifische Ausgaben grundsätzlich zuwendungsfähig sind, was bei der Projektförderung auf Ausgabenbasis nicht zwingend ist (vgl. Niedersächsisches OVG, Urt. v. 18.10.1995 - 13 L 2184/95 -, NVwZ-RR 1997, 97). Zum anderen ist bestimmt, dass die indirekten Ausgaben pauschal angegeben werden können. Die Höhe der zuwendungsfähigen indirekten Ausgaben muss in diesem Fall weder bei Erstellung des Finanzierungsplans noch des Verwendungsnachweises konkret belegt werden. Es erfolgt vielmehr eine rein fiktive Berechnung (vgl. NBank, ESF - Arbeitshilfe Nr. 1, Antragsverfahren, Finanzierung, Programmzeitraum 2007 - 2013, Stand: Januar 2012, S. 13 f.; NBank, Pauschalen für indirekte Ausgaben bei ESF-Projekten im Förderprogramm "Arbeit durch Qualifizierung" (AdQ), Merkblatt, Stand: 18. Dezember 2009). Diese fiktive Berechnung zielt auf eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung ab (vgl. Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit/Generaldirektion Regionalpolitik, Arbeitsdokument zu Art. 11 Abs. 3 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 1081/2006), wobei es nach der nachvollziehbaren Darstellung der Beklagten "keine Rolle spielt, ob diese Kosten überhaupt angefallen sind oder tatsächlich höher waren als die Pauschale ... Die Deckung eventuell entstehender Finanzierungslücken hat der Zuwendungsempfänger sicher zu stellen". (Schriftsatz der Beklagten v. 15.7.2011, dort S. 1).

Dieses gewählte System einer rein fiktiven Berechnung schließt die Berücksichtigung tatsächlicher Umstände nicht nur auf der Kosten-, sondern auch auf der Einnahmenseite bei der Berechnung der Zuwendung für indirekte Ausgaben zwingend aus. Zum einen stünde eine solche Berücksichtigung tatsächlicher Umstände auf der Einnahmenseite der gewollten Verwaltungsvereinfachung entgegen, zumal im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung noch gar nicht feststand, ob und in welcher konkreten Höhe der Klägerin zweckgebundene Zuwendungen des Job-Center B. und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. zur Deckung indirekter Ausgaben zufließen. Denn diese Zuwendungen des Job-Center B. in Höhe von bis zu 10.080 EUR und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von bis zu 7.560 EUR sind nur für "Ausgaben, die nicht über die Pauschale der indirekten Ausgaben im Rahmen der ESF-Förderung gedeckt sind (Verwaltungskosten, Mieten, Mietnebenkosten, Reparaturen)", gewährt worden. Voraussetzung des tatsächlichen Mittelzuflusses an die Klägerin war mithin, dass über den nach Nr. 5.4 der Förderrichtlinie vorgesehenen Pauschalansatz hinaus der Klägerin tatsächlich überhaupt indirekte Ausgaben entstanden sind und diese (projektbezogen) auch den Umfang der genannten zweckgebundenen Zuwendungen erreichen. Zum anderen würde die von der Beklagten vorgenommene vollständige Berücksichtigung aller Einnahmen bei nur pauschalierter Berücksichtigung der Ausgaben nicht nur zu einer Minderung der Zuwendung führen. Vielmehr würde dem Zuwendungsempfänger zugleich die Möglichkeit genommen, die über die Pauschalansätze tatsächlich hinausgehenden indirekten Ausgaben durch Eigen- oder Drittmittel zu finanzieren, müsste er diese (Kofinanzierungs-)Mittel doch stets zur allgemeinen Projektfinanzierung einsetzen. Dies ist weder sachgerecht noch geht es mit der Forderung der Beklagten konform, eine durch die Pauschalansätze entstehende Finanzierungslücke müsse der Zuwendungsempfänger selbst schließen. Nach der in Nr. 5.4 der Förderrichtlinie vorgegebenen Systematik ist es vielmehr zwingend geboten, zwischen Kofinanzierungsmitteln bzw. Einnahmen zu unterscheiden, die einerseits für zuwendungsfähige Ausgaben und andererseits für nicht zuwendungsfähige Ausgaben eingeworben bzw. erzielt werden (vgl. zu einer solchen Vorgehensweise auch Art. 78 Abs. 6 Satz 3 Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (ABl. EU L 210/25 v. 31.7.2006): "Auf die zuschussfähigen Ausgaben, die von dem Begünstigten getätigt wurden, wird der Kofinanzierungssatz angewendet."). Die von der Beklagten demgegenüber geltend gemachten Schwierigkeiten bei der tatsächlichen Abgrenzung der zuwendungsfähigen Ausgaben und der nicht zuwendungsfähigen Ausgaben vermag der Senat gerade bei den hier allein relevanten indirekten Ausgaben nicht zu erkennen. Die Zuwendungsfähigkeit dieser indirekten Ausgaben endet oberhalb des gewährten und fiktiv berechneten Pauschalbetrages.

Eine solche Vorgehensweise würde auch nicht zu einer Doppelförderung derselben Ausgaben (vgl. zur grundsätzlichen Möglichkeit der Mehrfachförderung eines Projektes: Dittrich, BHO, Stand: September 2007, § 44 Anm. 72 f.) führen. Denn aufgrund der konkreten Zweckbindung der vom Job-Center B. bis zur Höhe von 10.080 EUR und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. bis zu Höhe von 7.560 EUR bereitgestellten Mittel ausschließlich für "Ausgaben, die nicht über die Pauschale der indirekten Ausgaben im Rahmen der ESF-Förderung gedeckt sind (Verwaltungskosten, Mieten, Mietnebenkosten, Reparaturen)", ist sichergestellt, dass diese nicht für zuwendungsfähige Ausgaben im Sinne der Förderrichtlinie verwandt werden dürfen. Tatsächliche Erkenntnisse darüber, dass die Klägerin diese Mittel zweckwidrig verwenden würde, bestehen für den Senat hier nicht.

Soweit die Beklagte schließlich moniert, dass diese Vorgehensweise der erstrebten Verwaltungsvereinfachung zuwiderläuft, geht sie fehl. Für die Gewährung und Berechnung der Höhe der Zuwendung durch die Beklagte ist es nach den vorstehenden Ausführungen ohne Belang, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe die Klägerin für Ausgaben, die nach der Förderrichtlinie nicht zuwendungsfähig sind, von Dritten Kofinanzierungsmittel erhält bzw. Einnahmen erzielt. Lediglich gegenüber den Dritten könnte sich insoweit eine konkrete Nachweispflicht ergeben, etwa hier gegenüber dem Job-Center B. und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. hinsichtlich des tatsächlichen Entstehens indirekter Ausgaben, die nicht vom Pauschalansatz nach Nr. 5.4 der Förderrichtlinie erfasst sind. Eine insoweit bestehende Nachweispflicht hat auf das Verwaltungsverfahren der Beklagten indes keinen Einfluss.

Die danach verbleibenden Einnahmen der Klägerin aus Kofinanzierungen des Job-Center B. und der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit C. in Höhe von insgesamt 270.845,96 EUR mindern die zuwendungsfähigen Gesamtausgaben auf einen Betrag in Höhe 134.922,35 EUR. Da die maximale Förderhöhe nach Nr. 5.2 der Förderrichtlinie unverändert nicht erreicht wird, kann die Klägerin nach dem in der Förderrichtlinie aufgestellten und die Beklagte insoweit bindenden Verteilungsprogramm mithin über die mit Bescheid vom 29. November 2010 bereits gewährte Zuwendung bis zur Höhe von 117.282,35 EUR hinaus die Gewährung einer weiteren Zuwendung in Höhe von 17.640 EUR verlangen. Sachliche Erwägungen, die es im Rahmen der nach Nr. 1.4 der Förderrichtlinie eröffneten Ermessensentscheidung rechtfertigen könnten, die Gewährung der erhöhten Zuwendung gleichwohl abzulehnen, ergeben sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht. Sie sind für den Senat auch sonst nicht ersichtlich.