Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.08.2015, Az.: 4 PA 137/15

Anrechnung von Einkommen der Haushaltsmitglieder; Wohngeldanspruch getrennt lebender Eltern

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.08.2015
Aktenzeichen
4 PA 137/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45038
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 22.04.2015 - AZ: 4 A 1201/15

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 22. April 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Allerdings fehlt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht an der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens des Klägers. Denn die Erfolgsaussichten der Klage des Klägers gegen die Rückforderung des im Zeitraum Januar bis April 2014 gewährten Wohngeldes und auf Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbewilligung von Wohngeld ohne Berücksichtigung des Einkommens seiner Kinder ab Mai 2014 sind nach der hier nur gebotenen summarischen Prüfung wegen eines möglichen Anspruchs des Klägers auf Wohngeld in gewisser Höhe in dem genannten Zeitraum als offen anzusehen. Zwar entspricht die durch die Beklagte vorgenommene vollständige Anrechnung des Einkommens der Kinders des Klägers (Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sowie Sozialgeld) im Rahmen des Gesamteinkommens der berücksichtigungsfähigen Haushaltsmitglieder dem Wortlaut der gesetzlichen Vorgaben der §§ 5 Abs. 6, 13, 14 Abs. 2 Nr. 21 und Nr. 30 WoGG. Doch bestehen erhebliche Zweifel daran, ob eine vollständige Anrechnung des Einkommens der Kinder nach den genannten Vorschriften bei jedem der getrennt lebenden Elternteile mit dem Ziel der Regelung in § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG, wonach Kinder nicht nur vorübergehend getrennt lebender Eltern mit gemeinsamen Sorgerecht, die von diesen zu annähernd gleichen Teilen betreut werden und für deren Betreuung beide Elternteile zusätzlichen Wohnraum bereit halten, ausnahmsweise bei beiden Elternteilen Haushaltsmitglieder sind, vereinbar ist. Denn diese Regelung verfolgt nach der Gesetzesbegründung das Ziel, bei dauerhaft getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht die abwechselnde Betreuung von Kindern hinsichtlich des bereit gehaltenen Wohnraumes zu sichern (BT-Drucksache 16/6543, S. 91). Diesem Ziel kann die vollständige Anrechnung des Einkommens der Kinder bei dem Gesamteinkommen zweier Haushalte zuwiderlaufen, weil sie - wie der vorliegende Fall zeigt - dazu führen kann, dass die Bewilligung von Wohngeld für den zusätzlichen Wohnraum zur Betreuung der Kinder ausgeschlossen ist, obwohl das Einkommen der Kinder zur Deckung der Kosten des zusätzlichen Wohnraums für beide Haushalte nur einmal zur Verfügung steht. Daher erscheint eine an dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers orientierte einengende Auslegung (teleologische Reduktion - vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011 - 2 BvR 2216/06 und 2 BvR 469/07) der Regelungen zur Anrechnung des Einkommens von Haushaltsangehörigen dergestalt geboten, dass das Einkommen von Kindern getrennt lebender, aber gemeinsam sorgeberechtigter Eltern in den Fällen des § 5 Abs. 6 Satz 1 WoGG nur jeweils zur Hälfte dem Gesamteinkommen des jeweiligen Haushaltes zuzurechnen ist. Der Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe vorliegend aber deshalb nicht beanspruchen, weil er seiner beim Verwaltungsgericht eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO zusammen mit den erforderlichen Belegen dem Prozesskostenhilfeantrag beizufügen ist, keinen Nachweis über seine aktuellen Einkünfte sowie die Wohnkosten beigefügt hat und es außerdem unterlassen hat, die erforderliche Angabe zu dem Kontostand seines Girokontos zu machen.

Der Kläger trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).