Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.08.2003, Az.: 13 Verg 15/03
Erforderlichkeit einer übergangsweisen befristeten freihändigen Vergabe aus wichtigen Gründen; Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Nachprüfung einer freihändigen Vergabe; Antrag auf vorläufige Maßnahmen; Anforderungen an ein unverzügliches Fortsetzen des Vergabeverfahrens; Eintritt der Erledigung des Nachprüfungsantrages
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.08.2003
- Aktenzeichen
- 13 Verg 15/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 31988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0829.13VERG15.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VK Lüneburg - 16.06.2003 - AZ: 203 VgK - 12/03
Rechtsgrundlagen
- § 115 Abs. 3 GWB
- § 25 Nr. 3 VOL/A
- § 28 VOL/A
- § 3 Nr. 4 Buchst. f VOL/A
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2003, 388-390
Amtlicher Leitsatz
In Fällen, in denen im Rahmen einer Ausschreibung im offenen Verfahren aus dringenden Gründen übergangsweise eine befristete freihändige Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen erforderlich ist, kann ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Nachprüfung dieser freihändigen Vergabe bestehen.
In derartigen Fällen können auf Antrag auch vorläufige Maßnahmen nach § 115 Abs. 3 GWB getroffen werden.
In der Vergabesache hat
der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht .......sowie
der Richter am Oberlandesgericht .......und .......
am 29. August 2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 4. Juli 2003 wird der Beschluss der Vergabekammer vom 16. Juni 2003 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Nachprüfungsantrag nebst Antrag auf Erlass einer Eilentscheidung vom 16. Juni 2003 insoweit erledigt ist, als die Antragstellerin einen Beschluss dahin begehrt hat, der Auftraggeberin zu untersagen, die ausgeschriebenen Leistungen bis zum 31. März 2004 freihändig zu vergeben.
Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag als unbegründet abgewiesen.
Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin und die Auftraggeberin je die Hälfte zu tragen.
Beschwerdewert: bis zum 22. Juli 2003: 23.967,70 EUR
ab dem 23. Juli 2003: bis zu 6.000 EUR.
Gründe
A.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Absicht der Auftraggeberin, im offenen Verfahren ausgeschriebene Arbeiten übergangsweise für einen längeren Zeitraum freihändig an eine andere Bieterin zu vergeben.
Unter dem 21. Mai 2002 schrieb die Auftraggeberin Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten im ZOP-Bereich des von ihr betriebenen Klinikums aus. Die Arbeiten sollten für den Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis zum 30. September 2005 vergeben werden. Preiswerteste Bieterin war die Antragstellerin, welche die Leistungen für monatlich 53.261,56 EUR netto anbot. Den Zuschlag sollte indessen eine andere Bieterin erhalten. Das führte zum ersten von der Antragstellerin eingeleiteten Nachprüfungsverfahren. Darin wurde die Auftraggeberin mit Beschluss der Vergabekammer vom 11. September 2002 angewiesen, erneut in die Wertung einzutreten. Daraufhin vergab die Auftraggeberin die Leistungen bis zum 31. Dezember 2002 freihändig an die Antragstellerin.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 vergab die Auftraggeberin die ausgeschriebenen Leistungen - ebenfalls freihändig - an die andere Bieterin.
Sodann entschied sie wiederum, den ausgeschriebenen Auftrag an die andere Bieterin zu vergeben. Im folgenden zweiten Nachprüfungsverfahren wies der Senat die Auftraggeberin mit Beschluss vom 24. April 2003 an, unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut in die Wertung einzutreten (13 Verg 4/03).
Die Antragstellerin forderte die Auftraggeberin im Mai 2003 mehrfach auf, erneut in die Wertung einzutreten; hierauf reagierte die Auftraggeberin, der die Vergabeakten nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens noch nicht wieder vorlagen, nicht. Stattdessen erfuhr die Antragstellerin von dritter Seite, dass die Auftraggeberin beabsichtigte für die Interimszeit bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens, die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten bis zum 31. März 2004 freihändig an die andere Bieterin zu vergeben. Diese Umstände nahm die Antragstellerin zum Anlass, durch Schriftsatz vom 5. Juni 2003 das vorliegende Verfahren einzuleiten.
Sie meint in ihren Rechten verletzt zu sein, weil die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren nach dem Beschluss des Senats entgegen §§ 25 Nr. 3, 28 VOL/A nicht unverzüglich fortgesetzt habe. Es sei der Auftraggeberin verwehrt, die Leistungen - für neun Monate - freihändig an die andere Bieterin zu vergeben, zumal aus dem Beschluss des Senats im Ergebnis folge, dass sie - die Antragstellerin - den endgültigen Zuschlag erhalten müsse.
Die Angelegenheit sei eilbedürftig, was den Erlass einer "einstweiligen Verfügung" nach § 115 Abs. 3 GWB rechtfertige. Denn nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sei die Antragstellerin verpflichtet - eigentlich erforderliche - betriebsbedingte Kündigungen zu unterlassen, solange sie gute Aussichten habe, den im offenen Verfahren ausgeschriebenen Auftrag bis September 2005 zu erhalten.
Sie hat beantragt,
der Auftraggeberin zu untersagen,
- ab 1. Juli 2003 die Arbeiten gemäß der Ausschreibung A 06/02 - Reinigung/Desinfektion ZOP im Klinikum (offenes Verfahren EG-weit)
- von der Firma ......., ausführen zu lassen,
- die streitgegenständlichen Arbeiten (abgesehen von der Antragstellerin) freihändig an andere Unternehmen zu vergeben,
- die Reinigungsarbeiten von eigenem Personal ausführen zu lassen.
Die Vergabekammer hat den Antrag mit Beschluss vom 16. Juni 2003 als offensichtlich unzulässig verworfen. Dem Antrag auf Einleitung eines erneuten Nachprüfungsverfahrens mangele es am Rechtsschutzbedürfnis. Aus dem Beschluss des Senats vom 24. April 2003 ergebe sich bereits, dass die Erteilung des Zuschlags für die vorübergehenden Arbeiten an die Fa. .......nicht in Betracht kommen könne. Für eine inhaltsgleiche Entscheidung der Vergabekammer sei kein Raum.
Eine Eilentscheidung nach § 115 Abs. 3 GWB komme nicht in Betracht, weil die Vergabekammer nicht mit einem - zulässigen -Nachprüfungsverfahren befasst sei.
Vielmehr begehre die Antragstellerin eine Entscheidung in einem selbstständigen Zwischenverfahren. Dafür sei - wie §§ 118 Abs. 2, 121 GWB zeigten - das Beschwerdegericht zuständig. Dieser Verfahrensgang entspreche §§ 80 Abs. 5, 81 bzw. § 123 VwGO.
Unter dem 18. Juni 2003 teilte die Antragsgegnerin der Antragsstellerin gemäß § 13 Abs. 5 VgV mit, sie habe nunmehr neu gewertet und beabsichtige wiederum, der anderen Bieterin den Zuschlag zu erteilen. Sie könne sich den Ausführungen des Senats in im Beschluss vom 24. April 2003 nicht anschließen. Hierauf leitete die Antragstellerin ein weiteres Nachprüfungsverfahren ein. Auf den Nachprüfungsantrag vom 20. Juni 2003 hat die Vergabekammer die Antragsgegnerin gemäß § 115 Abs. 3 GWB verpflichtet, die streitgegenständlichen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nur noch für einen kurzen Zeitraum und unter näher bezeichneten Bedingungen freihändig zu vergeben (203 VgK 14/03).
Mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Juni 2003 - nur dieser ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens - vertritt die Antragstellerin die Auffassung, die Vergabekammer sei für die beantragte Entscheidung zuständig. Andernfalls gehe der Antragstellerin eine Instanz verloren. Es widerspreche der Systematik, für derartige Zwischeneilentscheidungen sogleich das Obergericht anzurufen.
Mit Beschluss vom 15. Juli 2003 hat die Vergabekammer das Nachprüfungsverfahren abgeschlossen, in dem die Eilentscheidung vom 27. Juni 2003 erlassen worden ist (203 VgK 14/03). Sie hat die Auftraggeberin angewiesen, der Antragstellerin den Zuschlag im offenen Verfahren zu erteilen.
Daraufhin hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren die Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit rechtskräftigem Beschluss des Senats vom 14. August 2003 hat der Senat die sofortige Beschwerde der Auftraggeberin gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 15. Juli 2003 zurückgewiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss der Vergabekammer vom 16. Juni 2003 aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren erledigt ist.
Die Auftraggeberin beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Sie meint, der Antrag sei von Anfang an weder zulässig noch begründet gewesen.
B.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 5. Juni 2003 ist durch den rechtskräftigen Abschluss des Nachprüfungsverfahrens am 14. August 2003 insoweit erledigt worden, als er darauf gerichtet gewesen ist, der Auftraggeberin zu untersagen, den Auftrag bis zum 31. März 2004 freihändig zu vergeben. Im Übrigen ist der Antrag nicht erledigt, weil er von vornherein unbegründet war.
I.
Der Antrag vom 5. Juni 2003 ist zulässig, aber nur teilweise begründet gewesen. Gleiches gilt für die sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr - von der Vergabekammer zurückgewiesenes - Begehren in vollem Umfang weiter verfolgt hat.
1.
Mit dem Antrag vom 5. Juni 2003 hat die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Zugleich hat sie einen Antrag nach § 115 Abs. 3 GWB gestellt.
Der nach seinem Wortlaut auf den Erlass einer dem Vergaberecht unbekannten "einstweiligen Verfügung" gerichtete Antrag ist auszulegen. Dabei ist auf seinen Sinn und Zweck abzustellen, ohne dass die Auslegung am Wortlaut haften bleiben darf.
In erster Linie wollte die Antragstellerin die freihändige Vergabe der im offenen Verfahren ausgeschriebenen Leistungen für einen weiteren Zeitraum von neun Monaten verhindern. Das war nur durch die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu erreichen. Durch einen Erfolg in diesem Nachprüfungsverfahren wäre der - für die Antragstellerin Erfolg versprechende - Primärrechtsschutz für das offene Verfahren gesichert worden; ohne eine solche Entscheidung hätte die Antragstellerin damit rechnen müssen, dass die Auftraggeberin durch eine zwischenzeitliche, langfristige Bindung an die andere Bieterin bis März 2004 "vollendete Tatsachen" geschaffen hätte.
Darüber hinaus wollte die Antragstellerin die ausgeschriebenen Arbeiten bis zur Erteilung des Zuschlags im offenen Verfahren selbst vornehmen zu können.
Mit diesem Nachprüfungsantrag - gerichtet aufÜberprüfung der Rechtmäßigkeit einer zwischenzeitlichen freihändigen Vergabe - hat die Antragstellerin angesichts der bevorstehenden freihändigen Beauftragung der anderen Bieterin einen unselbstständigen Antrag nach§ 115 Abs. 3 GWB verbunden.
2.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig gewesen: insbesondere war - auch bei einer freihändigen Vergabe für neun Monate - der Schwellenwert von 200.000 EURüberschritten.
Die Antragstellerin hat an der beantragten Entscheidung das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Dem steht auch die Entscheidung des Senats vom 24. März 2003 nicht entgegen; denn der Gegenstand dieser Entscheidung war ein anderer als der des Antrags vom 5. Juni 2003. Dort ging es um die Überprüfung der Entscheidung der Auftraggeberin im offenen Verfahren, hier geht es um die Überprüfung der beabsichtigten zwischenzeitlichen freihändigen Vergabe bis zum 31. März 2003. Insbesondere hatte die Antragstellerin nicht - wie der Vergabekammer angenommen hat - eine Entscheidung des hier begehrten Inhalts bereits in Händen.
3.
Der Nachprüfungsantrag war ursprünglich teilweise begründet. Die Antragstellerin hat zu Recht beantragt, der Auftraggeberin zu untersagen, die Arbeiten für einen längeren Zeitraum (insbesondere bis zum 31. März 2004) freihändig an eine andere Bieterin zu vergeben.
Weitergehende Ansprüche standen ihr indessen nicht zu, weil die Wertung im offenen Verfahren noch nicht abgeschlossen war. Weder mit dem Nachprüfungsverfahren noch mit einem Eilantrag nach § 115 Abs. 3 GWB konnte sie erreichen, die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten für einen Übgangszeitraum selbst übertragen zu bekommen.
a.
Die - unstreitig - beabsichtigte freihändige Vergabe der Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten bis zum 31. März 2004 war vergaberechtswidrig; sie verletzte die Rechte der Antragstellerin.
Selbst wenn bis zur Erteilung des Zuschlags im offenen Verfahren eine nochmalige freihändige Vergabe erfolgen musste, um die Hygiene in den OP-Sälen der Auftraggeberin zu gewährleisten (§ 3 Nr. 4 Buchstabe f VOL/A), so durfte diese Vergabe nicht einen Zeitraum von neun Monaten, sondern nur eine ganz kurz bemessene Frist umfassen. Anfang Juni stand nämlich zu erwarten, dass die Auftraggeberin die neue Wertung im offenen Verfahren spätestens Anfang Juli 2003 würde vornehmen können (tatsächlich hat die Auftraggeberin noch Mitte Juni entschieden). Unter diesen Voraussetzungen musste eine freihändige Vergabe für neun Monate - wie jede andere mehr als kurzfristige Vergabe - objektiv eine Umgehung der Vergabevorschriften herbeiführen. Es wären - unter faktischem Ausschluss der Antragstellerin - vollendete Tatsachen geschaffen worden. Der vorrangige Primärrechtsschutz im offenen Verfahren wäre der Antragstellerin abgeschnitten worden; sie hätte ihre Ansprüche (nur) noch als Schadensersatz geltend machen können. Gerade das soll durch das Vergaberecht - soweit möglich - verhindert werden.
Der zusammen mit dem Nachprüfungsantrag gestellte Eilantrag nach § 115 Abs. 3 GWB hätte danach in gleichem Umfang teilweise Erfolg haben müssen. Denn die Auftraggeberin beabsichtigte, die Arbeiten demnächst - jedenfalls noch im Juni 2003 - freihändig zu vergeben. Daher wäre eine Entscheidung im ordentlichen Vergabeverfahren - also ohne vorherige Eilanordnung - aller Voraussicht nach zu spät gefallen, um die Rechte der Antragstellerin zu wahren. Diese Rechte waren "in anderer Weise als durch den Zuschlag" gefährdet.
b.
Der Nachprüfungsantrag war indessen von Anfang an unbegründet, soweit die Antragstellerin - bis zum Zuschlag im offenen Verfahren - eine freihändige Vergabe der Leistungen an sich begehrt hat.
Der Antrag ist darauf gerichtet gewesen, dass weder die andere Bieterin noch eine dritte Firma mit der Durchführung der ausgeschriebenen Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten betraut werden dürfe. Gleichzeitig sollte es der Auftraggeberin untersagt sein, diese Arbeiten zwischenzeitlich selbst durchzuführen. Das bedeutet im Ergebnis nichts anderes als dass die Antragstellerin eine Entscheidung begehrt hat, nach der die Auftraggeberin sie - die Antragstellerin - bis zur Erteilung des Zuschlags im offenen Verfahren mit der Durchführung der Arbeiten zu beauftragen habe.
Ein solcher Anspruch stand der Antragstellerin nach damaligem Sach- und Streitstand jedoch nicht zu. Er folgte insbesondere nicht aus dem Beschluss des Senats vom 24. April 2003, in dem die Auftraggeberin angewiesen worden ist, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut in die Wertung einzutreten. Dieser Beschluss ließ es im Ergebnis zwar wahrscheinlich erscheinen, dass die Antragstellerin den Zuschlag im offenen Verfahren erhalten werde. Diese bloße Wahrscheinlichkeit gab ihr indessen keinen Anspruch darauf, die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten bereits vorzunehmen, solange das offene Verfahren nicht abgeschlossen war.
Damit bestand für die Vergabekammer auch kein Anlass, insoweit eine vorläufige Regelung nach § 115 Abs. 3 GWB zu treffen. Hierauf hat der Umstand keinen Einfluss, dass die Antragstellerin Personal vorhalten musste, das sie erst nach Abschluss des (offenen) Vergabeverfahrens wieder einsetzen konnte.
3.
Da die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag in vollem Umfang abgewiesen hat, ist die zulässige sofortige Beschwerde gegen den entsprechenden Beschluss vom 16. Juni 2003 in gleichem Umfang wie der Nachprüfungsantrag begründet gewesen.
4.
Das Nachprüfungsverfahren nebst unselbstständigem Eilantrag nach § 115 Abs. 3 GWB sind - soweit sie anfänglich zulässig und begründet waren - zwischenzeitlich erledigt. Denn der Senat hat die Auftraggeberin mit rechtskräftigem Beschluss vom 15. August 2003 angewiesen, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen.
Mit diesem Beschluss ist das Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Nachprüfungsverfahren insgesamt entfallen. Denn weder mit dem Nachprüfungsantrag noch einer Eilentscheidung gemäß § 115 Abs. 3 GWB kann die Antragstellerin mehr erreichen als durch den Beschluss vom 14. August 2003. Damit ist eine endgültige Regelung für die Zeit bis zum 30. September 2005 getroffen worden, wohingegen der vorliegende Nachprüfungsantrag eine nur vorläufige Regelung bis zum 31. März 2003 betreffen sollte. Der Schaffung einer endgültigen Regelung steht nicht entgegen, dass nicht feststeht, ob die Auftraggeberin den Zuschlag inzwischen wirksam erteilt hat. Sie ist verpflichtet, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen, ohne dass ihr insoweit noch ein Ermessen zusteht.
Die Erledigung des Nachprüfungsantrages vom 5. Juni 2003 ist nicht bereits mit dem Beschluss der Vergabekammer vom 27. Juni 2003 eingetreten (203 VgK 14/03). Die auf § 115 Abs. 3 GWB beruhende Anordnung hat zwar dazu geführt, dass die Auftraggeberin (vorerst) nicht damit rechnen musste, dass die Auftraggeberin die Arbeiten für einen längeren Zeitraum freihändig vergeben würde. Sie ist indessen nicht geeignet, das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Nachprüfungsantrag entfallen zu lassen. Denn die Entscheidung der Vergabekammer war vorläufiger Natur. Es war nicht auszuschließen, dass die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag im offenen Verfahren im Ergebnis dennoch zurückweisen und ihre Eilanordnung gemäß § 115 Abs. 3 - im Verfahren 203 VgK 14/03 - wieder aufheben würde.
Aus demselben Grund war der Beschluss der Vergabekammer vom 15. Juli 2003 - ebenfalls im Verfahren 203 VgK 14/03 - nicht geeignet, im vorliegenden Nachprüfungsverfahren das Rechtsschutzbedürfnis entfallen zu lassen. Denn solange im offenen Verfahren keine rechtskräftige, nicht mehr im Ermessen der Auftraggeberin stehende Entscheidung über den Zuschlag vorlag, musste es der Antragstellerin möglich sein, ihr Begehren auf Untersagung einer langfristigen freihändigen Vergabe weiter zu verfolgen, um ihre Rechte zu sichern.
III.
Ohne den Eintritt der Erledigung hätte die Antragstellerin mit dem vorliegenden Verfahren mithin erreicht, dass es der Auftraggeberin - sowohl im ordentlichen Verfahren wie auch vorläufig gemäß § 115 Abs. 3 GWB - untersagt worden wäre, den Auftrag für neun Monate bzw. länger als nur kurzfristig freihändig zu vergeben. Sie wäre unterlegen gewesen, soweit sie begehrt hat, die - jedenfalls erforderlichen - Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten bis zu einem Zuschlag im offenen Verfahren übertragen zu bekommen. Unter diesen Umständen haben Auftraggeberin und Antragstellerin je die Hälfte der Kosten tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO analog). Da die Erledigung erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingetreten ist (s. o. 4), gilt dies sowohl für die Kosten vor der Vergabekammer als auch für das Beschwerdeverfahren.
IV.
Den Wert hat der Senat nach den Kosten der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für neun Monate festgesetzt. Mit der Erledigungserklärung hat sich der Wert auf die Kosten des Verfahrens - um die allein noch gestritten wird - reduziert.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: bis zum 22. Juli 2003: 23.967,70 EUR
ab dem 23. Juli 2003: bis zu 6.000 EUR.