Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.02.2009, Az.: 4 LC 514/07
Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) für die Fortsetzung einer Legasthenietherapie; Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 S. 1 SGB VIII; Voraussetzungen für die Annahme einer Teilhabegefährdung i.S.d. § 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII im Falle einer Leseschwäche und Rechtschreibschwäche; Wahrscheinlichkeit einer länger als sechs Monate dauernden Abweichung der seelischen Gesundheit eines Kindes oder Jugendlichen von dem für sein Lebensalter typischen Zustand als Voraussetzung für eine Eingliederungshilfe
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.02.2009
- Aktenzeichen
- 4 LC 514/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 11343
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2009:0204.4LC514.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Göttingen - 22.02.2007 - AZ: 2 A 351/05
Rechtsgrundlagen
- § 35a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 SGB VIII
- § 35a Abs. 1a SGB VIII
Fundstellen
- NdsVBl 2009, 165-166
- NordÖR 2009, 135 (amtl. Leitsatz)
- ZfF 2010, 93
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Es besteht kein Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII für die Fortsetzung einer Legasthenietherapie, wenn die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht mehr vorliegen.
- 2.
Zu den Voraussetzungen für die Annahme einer Teilhabegefährdung i.S.d. § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Falle einer Lese- und Rechtschreibschwäche.
Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII für eine Legasthenietherapie
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII für die Fortsetzung einer Legasthenietherapie.
Die 1994 geborene Klägerin besuchte zunächst die Grundschule und seit dem Schuljahr 2005/2006 die Realschule. Mit Bescheid vom 11. September 2003 bewilligte ihr der Beklagte Eingliederungshilfeleistungen nach § 35 a SGB VIII für eine am 23. September 2003 begonnene Legasthenietherapie im Umfang von 40 Therapiestunden. Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2004 bewilligte der Beklagte "letztmalig" Eingliederungshilfeleistungen für weitere 20 Therapiestunden. Der Therapeut rechnete am 27. April 2005 die letzte Therapieeinheit ab, für die Jugendhilfeleistungen bewilligt worden waren. Die Klägerin führte die Therapie bis September/Oktober 2006 im Umfang von weiteren 35 Therapiestunden fort, die von ihren Eltern bezahlt wurden.
Am 12. Mai 2005 beantragte die Klägerin, ihr weitere Jugendhilfeleistungen für die Legasthenietherapie zu bewilligen. Ihre Eltern legten hierzu die Stellungnahme einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 13. April 2005 vor. Die Ärztin hatte in Anwendung des Rechtschreibtests DRT 4 Prozentränge der Schreibleistungen zwischen 27 und 42 (Teilwert 46) ermittelt. Es seien deutliche Besserungen eingetreten, im Regelbereich sei die Klägerin aber noch unsicher. Insgesamt sei die bisherige Therapie positiv verlaufen und eine emotionale Entlastung eingetreten. Sie empfahl die Bewilligung weiterer 10 Therapiestunden, um den Übergang zur Realschule zu stützen.
Der Bericht der Grundschule vom 9. Mai 2005 wies auf langsame Fortschritte im Lesen und Schreiben hin, hielt die weitere therapeutische Unterstützung aber für notwendig, um diese Fortschritte auszubauen und auf Dauer zu gewährleisten. Ihr Lern- und Arbeitsverhalten sei gut, ihr Sozialverhalten weise keine negativen Auffälligkeiten auf und sie klage seltener als früher über Bauchschmerzen. Der behandelnde Therapeut führte in seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2005 aus, dass die Klägerin zwar große Fortschritte gemacht habe, sie aber noch 20 Therapiestunden benötige, um den sog. Ableitungsbereich einzuüben, damit sie die notwendige Unterstützung beim Transfer in die neue Schule erhalte.
Der Beklagte leitete den Antrag zur Begutachtung einer Teilleistungsstörung an die Gemeinsame Fachstelle Diagnostik des Beklagten und weiterer Jugendhilfeträger weiter. Diese führte mit der Klägerin am 28. Juni 2005 einen HSP 4/5 - Schreibtest (Hamburger Schreibprobe), einen Lesetest nach "Knuspels Leseaufgaben" sowie einen Intelligenztest durch. Der Prozentrang richtiger Wörter beim Rechtschreibtest betrug 39 (Teilwert 47), derjenige für Graphemtreffer 63 (Teilwert 53). Der sog. Mehrfachfehlerquotient betrug 1,2. Im Lesen erreichte die Klägerin einen Prozentrang von 54,1 (Teilwert 51) und beim Intelligenztest ermittelte die Fachstelle einen Teilwert von 56. In dem am 10. Mai 2005 ausgefüllten Elternfragebogen gaben die Eltern der Klägerin u.a. an, ihre Tochter klage vor Klassenarbeiten über Bauchschmerzen und wolle öfter bei den Eltern im Bett schlafen. Sie tanze gern, sei Mitglied von Sportvereinen, habe Freunde und könne gut mit anderen Kindern umgehen und spielen. Im Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Fachstelle am 28. Juni 2005 gaben sie an, ihre Tochter habe Probleme, Kontakt mit Gleichaltrigen aufzunehmen, mit denen sie nur zu Hause spiele, die sie aber nicht besuche. Meistens spiele sie mit jüngeren Kindern, um die sie sich schon sehr verantwortungsvoll kümmern könne. An einer Klassenfahrt habe sie in Begleitung ihrer Mutter, an einem Wochenendcamp ihrer Fußballmannschaft jedoch allein teilgenommen. Die Klägerin selbst gab gegenüber den Mitarbeiterinnen der Fachstelle in Gesprächen am 28. Juni und 5. Juli 2005 an, eine Freundin in der Schule zu haben, dass es ihr dort bis auf die Diktate gut gefalle, sie aber keine Lust mehr auf die Legasthenietherapie habe. Auf dieser Grundlage vertrat die Fachstelle in ihrem Bericht vom 12. Juli 2005 die Ansicht, die Legasthenie der Klägerin sei nach 60 Therapieeinheiten ausbehandelt und eine Teilleistungsstörung liege nicht mehr vor. Sie empfahl die Ablehnung des Antrags.
Unter Berufung auf das Gutachten der Fachstelle Diagnostik lehnte der Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 21. Juli 2005 ab.
Dagegen hat die Klägerin am 17. August 2005 Klage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin gerügt, der Beklagte habe sich nicht mit der ärztlichen Stellungnahme vom 13. April 2005 auseinandergesetzt, die sich ebenso wie der behandelnde Therapeut und der Klassenlehrer der Klägerin für die Fortsetzung der Legasthenietherapie ausgesprochen habe, weil sie zwar Fortschritte erzielt habe, ohne die Erteilung weiterer Stunden der dauerhafte Erfolg jedoch nicht garantiert sei. Ihre Lese- Rechtschreibschwäche sei nach der weiteren ärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2005, die auch für das vorliegende Verfahren relevant sein könne, allenfalls teilkompensiert. Sie sei auch gefährdet, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Sie leide unter Bauchschmerzen, Schlafstörungen und Schulunlust, sei niedergeschlagen und verzweifelt und habe auf einen Zettel geschrieben, dass sie einfach einschlafen und tot sein wolle. Grund hierfür sei ihre Legasthenie, nicht eine andere eigenständige psychische Störung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 21. Juli 2005 zu verpflichten, ihr die Übernahme der Kosten für eine Legasthenietherapie im Umfang von zehn Stunden zu je 44,00 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass bei der Klägerin eine seelische Behinderung nicht vorliege. In allen mit der Klägerin durchgeführten Tests habe sie sowohl bei den Lese- wie auch den Rechtschreibleistungen einen Prozentrang von über 10 erreicht. Von einer Lese- und Rechtschreibstörung könne daher nicht gesprochen werden. Auch sei die Klägerin nicht gefährdet, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Selbst wenn man beides zugunsten der Klägerin unterstellen wolle, sei die begehrte Leistung für eine Legasthenietherapie nicht die angezeigte Maßnahme. Denn das psychische Befinden der Klägerin habe sich unter Anwendung der Legasthenietherapie ihren eigenen Angaben zufolge deutlich verschlechtert.
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens stellte die Klägerin am 3. November 2005 nochmals einen Antrag auf Weiterbewilligung von Jugendhilfeleistungen für ihre Legasthenietherapie. Nach dem von dem Klassenlehrer der Klägerin in der Realschule gefertigten Schulbericht vom 1. November 2005 war die Entwicklung im Bereich Lesen noch nicht hinreichend festzustellen gewesen. Die Klägerin sollte nach Absprache mit dem Therapeuten nicht am Förderunterricht der Schule teilnehmen, da der gleiche Inhalt bereits in dessen Sprachtherapie behandelt werde. Auffälligkeiten im Sozialverhalten wurden in dem Schulbericht nicht festgestellt. Die Klägerin sei in die Klassengemeinschaft integriert und nehme von sich aus Kontakt mit Mitschülern auf. Die Eltern der Klägerin führten in einem undatierten Elternfragebogen aus, ihre Tochter leide vor Deutsch- und Englischarbeiten unter Bauchschmerzen und Schlafstörungen. Nach den von den Eltern angekreuzten Antworten geht die Klägerin im Allgemeinen gerne zur Schule, hat ein gutes Verhältnis zu den Lehrern und den Mitschülern, unter denen sie auch Freunde hat. Die Zahl der Freunde wurde mit fünf angegeben. Ihre Freizeit verbringe sie selten außerhalb des Elternhauses. Sie sei am liebsten mit jüngeren oder gleichaltrigen Kindern zusammen. Sie könne gut mit anderen Kindern zusammen spielen, werde schnell einbezogen und sei beliebt. Auch sei sie in einer Turngruppe und einer Fußballmannschaft. Ferner legten die Eltern der Klägerin zur Begründung des Antrags die Stellungnahme eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 24. November 2005 vor, bei dem die Klägerin seit Oktober 2005 in Behandlung war. Darin heißt es, die Klägerin sei extrem schulängstlich, empfindsam und somatisierend und neige z.Zt. auch zunehmend zu schulverweigerndem Verhalten. Der Arzt führte mit der Klägerin u.a. Rechtschreib- (DRT 5 und GRT 4+), und Lesetests (WLT 2 und 3, LT 5), einen Sprach- und Hörverständnis- (Mottier) und einen Intelligenztest (HAWIK III) durch. In den Rechtschreibtests erreichte sie Prozentränge zwischen 18 und 32 (Teilwerte zwischen 41 und 43) bei Mehrfachfehlerquotienten von 1,25 bzw. 1,43, in den verschiedenen Lesetests Prozentränge zwischen 2 und 75 und im Intelligenztest einen Prozentrang von 64. Im Rechtschreiben seien Fortschritte zu erkennen, es sei aber immer noch eine TW-Differenz von mehr als 20 TW-Punkten festzustellen. Im Lesen weise die Klägerin deutliche Lernzuwächse im Vergleich zu den Vorbefunden auf, die Entwicklung der Lesefertigkeit müsse aber als noch nicht abgeschlossen betrachtet werden. Diagnostisch lägen eine anbehandelte, teilkompensierte Lese- und Rechtschreibstörung (F 81.0) und eine Anpassungsstörung (F 43.2) vor. Eine Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung (F 90.0) sowie eine emotionale Störung (F 92.8) könnten nicht sicher ausgeschlossen werden. Zur Sicherung des Erreichten und um ihr Selbstwertgefühl dauerhaft zu stärken, benötige die Klägerin zur Bearbeitung des Regelbereichs noch ca. 40 Therapiestunden. Ansonsten wäre bei Beendigung der Therapie zum jetzigen Zeitpunkt ein automatischer, eigenständiger Lernzuwachs nicht zu erwarten. Von einer erfreulichen Ausbehandlung könne daher keine Rede sein. Ohne die Fortführung der Hilfen weiche ihre Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand ab. Eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft könne die Folge sein, weil sie denkbare und machbare Ziele nicht erreichen könne.
Hierzu und zur Klagebegründung der Klägerin nahm die Fachstelle Diagnostik auf Bitten des Beklagten unter dem 4. und 12. Januar 2006 wie folgt Stellung: Auch die ärztliche Stellungnahme vom 13. April 2005 habe bestätigt, dass die Klägerin bei der Behandlung ihrer Legasthenie ausreichende Fortschritte gemacht habe. Allerdings habe sich nach den Angaben der Klägerin ihr psychischer Zustand unter der Therapie erheblich verschlechtert. Nach diesem ungünstigen Therapieverlauf sollte die Legasthenietherapie sofort abgebrochen und eine Psychotherapie eingeleitet werden. Ein Zusammenhang der Verschlechterung ihres psychischen Zustands mit ihren Problemen im Lesen und Schreiben, die nach den Testergebnissen nicht mehr als Teilleistungsstörung gewertet werden könnten und hinsichtlich derer nunmehr die Teilnahme der Klägerin am normalen Förderunterricht der Schule angezeigt sei, könne nicht festgestellt werden. Die Klägerin fühle sich in der neuen Schule wohl und werde von dieser als gut integriert beschrieben. In ihrer Freizeit sei sie in zwei Sportgruppen eingebunden und habe eine Freundin. Eine Teilhabegefährdung liege daher ebenfalls nicht vor.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2006 lehnte der Beklagte auch diesen Antrag unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Fachstelle Diagnostik ab. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens 2 A 92/06 / 4 LC 515/07.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 22. Februar 2007 die Klage im vorliegenden Verfahren abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für weitere zehn Stunden Legasthenietherapie aus Mitteln der Jugendhilfe bestehe nicht, weil die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nicht vorlägen. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei in Fällen, in denen um die Gewährung von Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII gestritten werde, grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier der 21. Juli 2005. Das Gericht habe nicht die Aufgabe, einen Hilfefall selbst erstmalig zu prüfen, sondern könne nur darüber befinden, ob einem Hilfesuchenden die begehrte Hilfe in dem streitbefangenen Zeitraum von Rechts wegen zustehe. Selbstverständlich könne es nicht im Interesse des Kindes oder Jugendlichen liegen, eine Legasthenietherapie vorzeitig abzubrechen. Etwas anderes sei es jedoch, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 SGB VIII vorlägen. Ob das der Fall sei, müsse vom Träger der Jugendhilfe in dem Zeitpunkt beurteilt werden, in dem der jugendhilferechtliche Bedarf entstehe. Hierbei komme der in der Vergangenheit erfolgten Bewilligung von Leistungen für eine Legasthenietherapie keine präjudizielle Bedeutung zu. Der damit abgedeckte Bedarf bestehe jugendhilferechtlich nicht mehr und werde gegebenenfalls durch einen neuen, weitergehenden Bedarf abgelöst. Auch werde es in den seltensten Fällen zu beanstanden sein, wenn der Jugendhilfeträger seine Leistungen zunächst auf einen Zeitraum beschränke, der prognostisch nicht der vollen Therapiedauer entspreche. Denn es sei aus fachlicher Sicht möglich, dass die tatsächlich erzielten Therapiefortschritte größer als zunächst angenommen seien, was zu einer vollständigen Behebung der Teilleistungsstörung führen könne, aber auch möglich, dass die ursprünglich gegebenen Bewilligungsvoraussetzungen nach § 35 a SGB VIII im Laufe der Therapie entfielen. Die gesetzliche Prüfungskompetenz und -pflicht lasse sich auch nicht auf ein einzelnes Tatbestandsmerkmal des § 35 a Abs. 1 SGB VIII begrenzen; etwa dergestalt, dass eine einmal leistungsbegründende seelische Behinderung als fortbestehend anzunehmen und nur zu würdigen sei, ob nach wie vor eine Teilhabegefährdung vorliege. Vielmehr sei die gesetzliche Pflicht, nur tatbestandsmäßige Jugendhilfeleistungen zu gewähren, nicht teilbar. Hier habe ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Jugendhilfeleistungen für eine Legas-thenietherapie nach § 35 a Abs. 1 SGB VIII am 21. Juli 2005 nicht mehr bestanden. Denn ihre seelische Gesundheit weiche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand ab, so dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 35 a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nicht gegeben sei. Da es um den Bedarf der Klägerin im Jahre 2005 gehe, beantworte sich die Frage, wer zum berechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gehöre, nach §§ 53 Abs. 4, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Eingliederungshilfeverordnung. Danach liege eine seelische Störung, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des 53 Abs. 1 SGB XII zur Folge haben könne, vor bei körperlich nicht begründbaren Psychosen, seelischen Störungen als Folge von Krankheiten oder Verletzungen des Gehirns, von Anfallsleiden oder von anderen Krankheiten oder körperlichen Beeinträchtigungen sowie bei Suchtkrankheiten, Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. Da der Begriff seelische Behinderung ein sozialrechtlicher Begriff und keine medizinische Diagnose sei, sei zur weiteren Diagnose einer seelischen Behinderung auf die internationale Klassifikation der WHO (ICD-10) zurückzugreifen, was der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 35 Abs. 1 a Satz 2 SGB VIII bestätigt habe. Im Abschnitt V F 81 der ICD-10 würden Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten definiert. Danach handele es sich bei allen diesen Störungen, u. a. der Lese- und Rechtschreibstörung (F 81.0), um Störungen, bei denen die normalen Muster des Fertigkeitserwerbs von frühen Entwicklungsstadien an gestört seien. Die Klassifikationen nach ICD-10 enthielten indes keine Vorgaben für die fachärztliche Diagnose der Lese- und Rechtschreibstörung. Insoweit lege die Kammer ihrer Entscheidung die fachlich anerkannten Standards der Kinder- und Jugendpsychiatrie zugrunde. Diese ergäben sich aus den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin vom 25. Juni 2004, gültig bis 2008 (zitiert nach Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften -AWMF- online). Danach beruhe die Diagnose der umschriebenen Entwicklungsstörungen auf dem durch Remschmidt, Schmidt und Poustka 2001 auch im deutschsprachigen Raum etablierten multiaxialen Klassifikationsschema (MAK) für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10. Die Achse 1 betreffe das klinisch-psychiatrische Syndrom, was auf der ausführlichen Anamneseerhebung und dem psychopathologischen Untersuchungsbefund des Kindes oder Jugendlichen basiere. Die Achse 2 erfordere die Abklärung von Entwicklungsstörungen wie Legasthenie und Dyskalkulie unter Zuhilfenahme der schulischen Stellungnahmen und Zeugnisnoten (deutlich schlechtere Noten in Deutsch bzw. Mathematik als in den übrigen Fächern) und spezieller Testungen durch standardisierte Lese- und Rechtschreibtests. Auf Achse 3 werde das Intelligenzniveau angegeben, festgestellt durch psychologische Intelligenz- und Leistungsdiagnostik (z. B. HAWIK oder CFT 20). Werte im CFT 1 und CFT 20 im unteren Durchschnittsbereich (IQ 85 - 95) erforderten eine weitere Überprüfung durch eines der übrigen Testverfahren, um eine Intelligenzminderung sicher auszuschließen. Das Intelligenzniveau sei auch von besonderer Bedeutung für die Diagnose einer Entwicklungsstörung (Achse 2), da diese einen IQ >= 70 voraussetze. Außerdem könne eine Teilleistungsstörung im schulischen Bereich nur dann attestiert werden, wenn die Ergebnisse aus den Rechen-, Lese- und Rechtschreibtests in Bezug zum Intelligenzniveau gesetzt worden seien. Die T-Wert-Diskrepanz zwischen Gesamt-IQ und den jeweiligen Testergebnissen im Lesen/Schreiben/Rechnen solle >= 12 Punkte bzw. mind. 1,5 Standardabweichungen betragen. Auf der Achse 4 sollten organische Ursachen der psychischen Störung ausgeschlossen werden. Achse 5 gebe die assoziierten aktuellen abnormen psychosozialen Umstände an, die das Kind im Zeitraum der letzten 6 Monate vor Behandlungszeitpunkt direkt und durchgehend betroffen hätten. Auf der Achse 6 würden schließlich die Art der Beziehungen des Kindes oder Jugendlichen zur Familie, zu Gleichaltrigen und Außenstehenden, die sozialen Kompetenzen, schulische/berufliche Adaption, Interessenlage und Freizeitaktivitäten beurteilt. Von besonderer Bedeutung für die Diagnose einer Teilleistungsstörung seien nach den genannten fachlichen Standards im Wesentlichen drei Faktoren: Erstens der bei den durchgeführten Lese-, Rechen- und Rechtschreibtests erzielte Prozentrang. Zweitens das durch anerkannte Testverfahren ermittelte Intelligenzniveau sowie drittens die Differenz zwischen ermitteltem Teilleistungsvermögen und Intelligenzvermögen, wobei zum einen auf eine rechnerische Differenz (T-Wert und Standardabweichung) und andererseits auf eine Diskrepanz zwischen den Schulnoten in den Fächern mit Teilleistungsstörung einerseits und solchen ohne eine Störung andererseits abgestellt werde. Danach könne bei einem von dem Kind oder Jugendlichen in einem anerkannten Lese- oder Schreibtest erzielten Prozentrang der Lese- oder Rechtschreibleistung von deutlich über 10, der also im durchschnittlichen Bereich vergleichbarer Kinder liege, von einer Lese- oder Rechtsschreibstörung mit Krankheitswert im Sinne von § 35 a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII auch dann nicht ausgegangen werden, wenn die sog. T - Wertdifferenz mehr als 12 Punkte betrage. Gemessen an diesen Vorgaben könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin im Sinne von § 35 a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII seelisch behindert sei oder ihr eine derartige seelische Behinderung drohe. Sowohl in dem der ärztlichen Stellungnahme vom 13. April 2005 zu Grunde liegenden Rechtschreibtest als auch in den von der Fachstelle Diagnostik am 28. Juni 2005 durchgeführten Rechtschreib- und Lesetests habe die Klägerin jeweils Prozentränge von deutlich über 10 erreicht. Nach der ärztlichen Stellungnahme vom 13. April 2005 hätten die Werte im Schreiben zwischen 27 und 42 und im Lesen zwischen 11 und 15 betragen. Nach den Feststellungen der Fachstelle lägen sie beim Schreiben zwischen 39 und 63 sowie beim Lesen bei 54. Ohne dass es die Entscheidung trage, sei ferner darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Einschätzung des Beklagten teile, dass auch die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII bei der Klägerin nicht vorlägen. Die im Verwaltungsverfahren eingeholten Schulberichte, Elternfragebögen und Selbsteinschätzungen der Klägerin böten keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Klägerin in ihrer Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei oder eine solche Beeinträchtigung drohe. Sie zeigten zwar gewisse somatische Beschwerden auf. Von einer Schulphobie, Schul- und Lernverweigerung oder Rückzug aus jedem sozialen Kontakt könne indes keine Rede sein.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und am 4. April 2007 eingelegte Berufung der Klägerin.
Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, durch die Therapie sei zwar, wie das Verwaltungsgericht richtig festgestellt habe, eine so deutliche Verbesserung ihrer Leistungen eingetreten, dass ihre seelische Gesundheit nach den anerkannten Tests nicht mehr als abweichend von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand zu bezeichnen sei. Die Legasthenie sei jedoch noch nicht ausgeheilt. Für eine volle Heilung sei die Durchführung der Therapie nach wie vor notwendig, damit sie die gesamte Systematik erlerne und Fehler dauerhaft vermeiden könne. Dieses Konzept sei bei einem durchschnittlichen Fall auf 80 Behandlungsstunden ausgelegt. Sie sei jedoch ein schwieriger Fall. Die Auslegung des § 35 a SGB VIII durch das Verwaltungsgericht greife zu kurz und erfülle nicht dessen Sinn. Notwendig sei eine medizinische Sichtweise, die auf eine tatsächliche Heilung abstelle. Eine erfolgreiche Therapie abzubrechen, sei widersprüchlich. Dieses Verständnis finde auch eine Stütze in § 35 a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII, wonach einer seelischen Gesundheitsstörung der Fall gleichzusetzen sei, dass eine solche drohe, sie also zu erwarten sei. Es liege auch eine Teilhabebeeinträchtigung vor. In der fachärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2005 werde dazu ausgeführt, dass sie extrem schulängstlich, empfindsam und somatisierend sei und auch zunehmend zu schulverweigerndem Verhalten neige. Eine andere Ursache als ihre Legasthenie käme hierfür nicht in Betracht. Ihr Therapeut bestätige, dass sie immer noch stark verunsichert sei. Nach den Angaben ihrer Eltern wolle sie fast nur zu Hause spielen und schlafe zeitweise bei ihnen im Bett. Nach schlechten Arbeiten sei sie niedergeschlagen und weine. Auf einen Zettel habe sie geschrieben, dass sie einfach einschlafen und tot sein wolle. Ihr Engagement in der Fußballmannschaft sei nicht von Dauer gewesen. Sie habe die Mannschaft verlassen, nachdem es zu Konflikten mit Mitschülern gekommen sei, die von ihrer Schwäche gewusst hätten. Auch habe sie nur jüngere Freunde.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Aufhebung seines Bescheides vom 21. Juli 2005 die Übernahme der Kosten für eine Legasthenietherapie im Umfang von zehn Stunden zu je 44,00 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, auch nach der Bewilligung einer Jugendhilfeleistung müsse es dem Jugendhilfeträger erlaubt sein, jederzeit zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung noch vorlägen. Hier lägen die von der Klägerin erzielten Ergebnisse bei den jeweiligen Tests weit über den Werten, die nach den wissenschaftlichen Standards für die Diagnose einer Teilleistungsstörung erforderlich seien. Darüber hinaus seien Anhaltspunkte für eine Teilhabegefährdung im Falle der Klägerin nicht vorhanden. Wenn sich der Zustand der Klägerin unter der Therapie verschlechtert habe, sei die Legasthenietherapie nicht geeignet und es müsse überlegt werden, welche andere Hilfeleistung für die Klägerin in Betracht komme. Von den in einem Gespräch am 10. Januar 2006 den Eltern der Klägerin aufgezeigten anderen Hilfemöglichkeiten, hätten diese keinen Gebrauch gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Diese Entscheidung trifft der Senat nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht als erforderlich ansieht.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die auf Übernahme der Kosten für die Fortsetzung der Legasthenietherapie der Klägerin gerichtete Klage abgewiesen. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Übernahme dieser Kosten für die Zeit ab Mai 2005 im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII, weil die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht vorliegen. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 2005, mit dem dieser ihren Antrag auf Kostenübernahme vom 12. Mai 2005 abgelehnt hat, ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
1.
Es liegen zum einen die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII nicht vor, wonach eine mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate dauernde Abweichung der seelischen Gesundheit des Kindes oder Jugendlichen von dem für sein Lebensalter typischen Zustand gegeben sein muss.
Nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat im Hinblick auf die erheblich verbesserten Werte bei den durchgeführten Tests zur Überprüfung der Lese- und Rechtschreibschwäche der Klägerin eine Beeinträchtigung ihrer seelischen Gesundheit im Sinne des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII gemäß den anerkannten wissenschaftlichen Standards ab Mai 2005 nicht mehr vorgelegen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Auch bei Einbeziehung der von der Klägerin im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgelegten ärztlichen Stellungnahme vom 24. November 2005 ändert sich an dieser Beurteilung nichts, da die Klägerin auch bei den von diesem Facharzt durchgeführten maßgeblichen Lese- und Rechtschreibtests Prozentränge von weit über 10 und damit Werte erreicht hat, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer seelischen Gesundheit im Sinne des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII nicht mehr angenommen werden kann, wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 22. Februar 2007 in dem Verfahren 2 A 92/06 zutreffend erkannt hat. Im Übrigen bestätigt auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, dass durch die Legasthenietherapie eine so deutliche Verbesserung ihrer Leistungen eingetreten ist, dass ihre seelische Gesundheit nach den anerkannten Tests nicht mehr als von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweichend zu bezeichnen ist.
Hinsichtlich der von der Klägerin zum wesentlichen Gegenstand ihrer Berufungsbegründung gemachten Frage, ob die Kosten der Fortsetzung dieser Therapie ab Mai 2005 gleichwohl zu übernehmen seien, weil die Legasthenie noch nicht ausgeheilt und die Fortsetzung der Therapie erforderlich sei, um einen dauerhaften Behandlungserfolg zu garantieren, hat das Verwaltungsgericht ferner zutreffend darauf abgestellt, ob zum Zeitpunkt der erneuten Beantragung dieser Hilfe und der Bescheidung des Antrags die gesetzlichen Voraussetzungen des § 35 a SGB VIII weiterhin erfüllt gewesen sind. Denn auch wenn zum Zeitpunkt des Beginns der Therapie im September 2003 die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII vorgelegen haben sollten, so besteht nach den oben wieder gegebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts keine gesetzliche Grundlage für eine Weitergewährung der Hilfe ab Mai 2005, da danach eine Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit im Sinne des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung im Mai 2005 und der Entscheidung über diesen Antrag durch den Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 2005 nicht mehr festzustellen gewesen ist. Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung, dass die Kosten der Legasthenietherapie weiterhin zu übernehmen seien, auf § 35 a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII hinweist, wonach Kinder oder Jugendliche von einer seelischen Behinderung bedroht sind, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, betrifft diese Regelung nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII.
Entgegen der Ansicht der Klägerin widerspricht es auch keineswegs dem Zweck der Eingliederungshilfe und den Aufgaben des Beklagten als Jugendhilfeträger, dass er nach einem solch langen Zeitraum der Hilfegewährung, aufgrund dessen ein hinreichend verlässliches Ergebnis in der Regel erzielt werden kann, geprüft hat, ob deren Voraussetzungen noch gegeben sind. Eine im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII gewährte Hilfemaßnahme ist erfolgreich, wenn - wie hier - die seelische Gesundheit nicht mehr mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter des Kindes oder Jugendlichen typischen Zustand abweicht und damit die erste Voraussetzung für die Gewährung der Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII nicht mehr gegeben ist. Es besteht dann keine gesetzliche Grundlage mehr für eine Fortsetzung dieser Hilfemaßnahme, da der ursprüngliche und durch die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gesetzlich definierte Hilfebedarf nicht mehr vorhanden ist. Ob das Kind oder der Jugendliche unterhalb der dargestellten "Schwelle" für das Eingreifen der Eingliederungshilfe nach Durchführung einer Eingliederungshilfemaßnahme noch einen Hilfebedarf hat, ist keine Frage der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII. Dabei geht der Senat davon aus, dass sinnvolle Therapieeinheiten abgeschlossen werden und eine Erfolgskontrolle daher nicht bereits kurz nach Beginn der Hilfemaßnahme stattfindet, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Maßnahme ihre Wirkung möglicherweise noch gar nicht entfaltet hat, eine hinreichend verlässliche Beurteilung ihres Erfolgs jedenfalls noch nicht möglich ist und zudem dessen Eintritt durch eine solche "verfrühte" Überprüfung gefährdet werden könnte. Da hier jedoch die Hilfe erst nach einem Zeitraum von mehr als 1 1/2 Jahren, der Durchführung von zwei Therapieeinheiten von 40 und 20 Stunden und der sorgfältigen Prüfung des Weiterbestehens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 SGB VIII von dem Beklagten eingestellt worden ist, sind diese Maßgaben erfüllt. Es kann daher entgegen der Ansicht der Klägerin keine Rede davon sein, dass in ihrem Falle eine jugendhilferechtlich weiterhin notwendige Therapie vorzeitig abgebrochen worden sei.
2.
Zum anderen hat hier auf der Grundlage der vorliegenden - für die Beurteilung des in der Vergangenheit liegenden Hilfezeitraums maßgeblichen - Stellungnahmen, Berichte und Angaben der Klägerin und ihrer Eltern eine Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft als Folge ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche oder die Gefahr des künftigen Eintritts einer solchen Beeinträchtigung (§ 35 a Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) wohl zu keinem Zeitpunkt, aber jedenfalls nicht mehr für die Zeit ab Mai 2005 bestanden. Die Klägerin hat daher auch aus diesem selbständig tragenden Grund keinen Anspruch auf die weitere Übernahme der Kosten ihrer Legasthenietherapie.
Die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII kommt nur in Betracht, wenn die festgestellte seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Kindes oder Jugendlichen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (§ 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass nicht zu beanstanden ist, wenn bei bloßen Schulproblemen und Schulängsten, die andere Kinder teilen, eine seelische Behinderung verneint, bei einer auf Schulversagensängsten beruhenden Schulphobie, einer totalen Schul- und Lernverweigerung oder einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und der Vereinzelung in der Schule eine seelische Behinderung aber bejaht wird (BVerwG, Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 38.97 -, FEVS 49, 187; OVG Rh.-Pf. , Urt. v. 26. 3. 2007 - 7 E 10212/07 -; Senatsbeschl. v. 8. 5. 2008 - 4 LA 128/07 -).
Hier kann von einer auf Schulversagensängsten beruhenden Schulphobie, einer totalen Schul- und Lernverweigerung oder einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und der Vereinzelung in der Schule keine Rede sein:
Nach den vorliegenden, den Zeitraum vom zweiten Habjahr 2001 bis zum ersten Halbjahr 2005 abdeckenden Zeugnissen entspricht das Sozialverhalten der Klägerin in vollem Umfang den Erwartungen.
Nach dem Bericht der Grundschule vom 7. Juni 2004 hat die Klägerin keine sozialen Probleme und gute Kontakte zur Klasse. Auch ihr Lern- und Leistungsverhalten ist darin als problemlos dargestellt worden. Hinsichtlich psychosomatischer Beschwerden wird ausgeführt, dass sie manchmal über Bauchschmerzen klage, nach einer Ruhepause und einem Gespräch sei der Schmerz jedoch meist behoben. In dem Bericht der Grundschule vom 9. Mai 2005 sind die Fragen nach dem Verhalten der Klägerin in sozialen Situationen - ob sie in die Klassengemeinschaft integriert sei, von sich aus Kontakt zu Mitschülern aufnehme und von der Klassengemeinschaft akzeptiert werde - allesamt mit "ja" beantwortet worden. Die einzelnen Fragen danach, ob ihr Sozialverhalten negative Auffälligkeiten aufweise, sind allesamt mit "nein" beantwortet worden. Bis auf seltener werdende Frustrationen bei Fehlerhäufung im Lese- und Rechtschreibunterricht sind Auffälligkeiten in Lern- und Leistungssituationen nicht festgestellt worden. Außerdem wird berichtet, dass sie seltener als früher über Bauchschmerzen klage. Auch in dem Bericht des Klassenlehrers der Klägerin in der Realschule vom 1. November 2005 sind sämtliche Fragen danach, ob die Klägerin in sozialen Situationen positiv reagiere, mit "ja" und die Fragen danach, ob ihr Sozialverhalten negative Auffälligkeiten aufweise, allesamt mit "nein" beantwortet worden.
Nach den vorliegenden Äußerungen der Grund- und auch der Realschule bestehen daher keinerlei Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der Klägerin zur Teilhabe am Leben der Gesellschaft.
Dies gilt auch für die Angaben der Eltern der Klägerin im Verwaltungsverfahren. Diese haben in dem am 10. Mai 2005 von ihnen ausgefüllten Elternfragebogen angegeben, ihre Tochter klage vor Klassenarbeiten über Bauchschmerzen und komme dann oft zu ihnen ins Bett. Die Fragen danach, ob die Klägerin gerne in die Schule gehe, sie ihren Klassenlehrer möge, sie sich im Klassenverband wohl fühle und in der Klasse eine Freundin habe, sind mit "ja" und die Fragen danach, ob das Verhältnis zu den Mitschülern oder Lehrern gestört sei, mit "nein" beantwortet worden. Die Zahl der Freunde der Klägerin ist mit fünf angegeben worden. Außerdem haben die Eltern mitgeteilt, dass die Klägerin gerne tanze, sie Mitglied im Schwimmclub und Sportverein sei und sie gut mit anderen Kindern umgehen und spielen könne. Im Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Fachstelle Diagnostik am 28. Juni 2005 haben sie ausgeführt, ihre Tochter habe Probleme, Kontakt mit Gleichaltrigen aufzunehmen, mit denen sie nur zu Hause spiele, die sie aber nicht besuche. Meistens spiele sie mit jüngeren Kindern, um die sie sich schon sehr verantwortungsvoll kümmern könne. An einer Klassenfahrt habe sie in Begleitung ihrer Mutter, an einem Wochenendcamp ihrer Fußballmannschaft jedoch allein teilgenommen. In einem undatierten, offenbar im Herbst 2005 ausgefüllten Fragebogen haben die Eltern der Klägerin angegeben, ihre Tochter leide vor Deutsch- und Englischarbeiten unter Bauchschmerzen und Schlafstörungen. Die Fragen danach, ob die Klägerin gerne in die Schule gehe, sie ihren Klassenlehrer möge, sie sich im Klassenverband wohl fühle und in der Klasse eine Freundin habe, sind wieder mit "ja" und die Fragen danach, ob das Verhältnis zu den Mitschülern oder Lehrern gestört sei, mit "nein" beantwortet worden. Die Zahl der Freunde ist wieder mit fünf angegeben worden. Weiter haben die Eltern angegeben, dass die Klägerin ihre Freizeit selten außerhalb des Elternhauses verbringe. Sie sei am liebsten mit jüngeren oder gleichaltrigen Kindern zusammen. Sie könne gut mit anderen Kindern zusammen spielen, werde schnell einbezogen und sei beliebt. Auch sei sie in einer Turngruppe und einer Fußballmannschaft.
Auch nach diesen Angaben der Eltern der Klägerin kann keine Rede sein von einer auf Schulversagensängsten beruhenden Schulphobie, einer totalen Schul- und Lernverweigerung oder einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und einer Vereinzelung in der Schule.
Soweit zur Begründung der Klage u. a. in dem Schriftsatz vom 20. Dezember 2005 und auch zur Begründung der Berufung ausgeführt worden ist, die Eltern der Klägerin hätten festgestellt, dass sie häufig über Bauchschmerzen klage, unter Schlafstörungen und Schulunlust leide, zeitweise bei ihren Eltern schlafe, fast nur zu Hause spiele, nach schlechten Arbeiten niedergeschlagen sei und weine, sich verzweifelt gefragt habe, was sie denn noch tun solle und ob sie denn "wirklich so doof" sei, und auf einen Zettel im Herbst 2005 geschrieben habe, dass sie einfach einschlafen und tot sein wolle, bestehen Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben. Sie weichen teilweise ab von den eigenen Angaben der Eltern in den genannten Elternfragebögen. Denn noch nach dem im Herbst 2005 von ihnen ausgefüllten Fragebogen hat die Klägerin Bauchschmerzen und Schlafstörungen vor Deutsch- und Englischarbeiten, kommt vor diesen nach dem Elternfragebogen vom 10. Mai 2005 auch zu ihnen ins Bett und geht im Übrigen nach dem Inhalt beider Fragebögen gerne zur Schule, wo sie sich im Klassenverband wohl fühlt und abgesehen von ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche keinerlei Probleme hat, so dass nach diesen Angaben eine allgemeine und tief greifende Schulunlust mit der Folge von Niedergeschlagensein und Verzweiflung bis hin zu einem für ein 11 Jahre altes Kind ungewöhnlich formulierten "Todeswunsch", wie sie in dem Schriftsatz vom 20. Dezember 2005 und in der Berufungsbegründung behauptet worden ist, gerade nicht besteht. Auch die weiteren Angaben zur Begründung der Berufung, wonach die Klägerin in den hier fraglichen Zeiträumen nur sehr viel jüngere Freunde gehabt habe, weichen ab von den Angaben in den Elternfragebögen. Denn in beiden Fragebögen haben die Eltern angegeben, dass die Klägerin Freunde in der Klasse habe. Auch die Klägerin selbst hat gegenüber den Mitarbeiterinnen in der Fachstelle Diagnostik am 28. Juni und 5. Juli 2005 angegeben, eine Freundin in der Schule zu haben. Darüber hinaus hat die Klägerin dort angeben, dass es ihr in der Schule bis auf die Diktate gut gefalle, so dass auch hiernach keinerlei Anhaltspunkte für eine derart schwerwiegende Schulunlust bestehen, wie sie in der Klage- und Berufungsbegründung geschildert worden ist. Der Darstellung einer gravierenden Schulunlust der Klägerin in der Klage- und Berufungsbegründung widersprechen auch die oben wieder gegebenen Schulberichte. Da der letzte Bericht vom 1. November 2005 datiert und vom Klassenlehrer der Klägerin in der Realschule verfasst worden ist und der letzte Elternfragebogen von den Eltern im Herbst 2005 nach dem Schulwechsel ausgefüllt worden ist, können die gesteigerten Angaben in der Klage- und Berufungsbegründung auch nicht mit den von den Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angeführten neuen Schwierigkeiten infolge des Schulwechsels erklärt werden. Diese Angaben sind daher nicht geeignet, eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der Klägerin zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Folge ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche glaubhaft zu machen. Die Fachstelle Diagnostik hat daher in ihrer Stellungnahme vom 4. Januar 2006 einen Zusammenhang der in dem Schriftsatz vom 20. Dezember 2005 behaupteten Verschlechterung der psychischen Situation der Klägerin mit der erheblich verbesserten Lese- und Rechtschreibschwäche der Klägerin zu Recht verneint.
Darüber hinaus wäre die Legasthenietherapie nicht (mehr) die geeignete Hilfemaßnahme und wäre die begehrte Übernahme der Kosten für die Fortsetzung dieser Therapie schon aus diesem Grunde abzulehnen, wenn das gesteigerte Vorbringen in der Klage- und Berufungsbegründung zuträfe und demnach der psychische Zustand der Klägerin sich während der laufenden, von der Klägerin selbst in Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen der Fachstelle am 28. Juni und 5. Juli 2005 abgelehnten Therapie derart verschlechtert hätte.
Auch soweit in der Berufungsbegründung darauf hingewiesen worden ist, dass das Engagement der Klägerin in der Fußballmannschaft nicht von Dauer gewesen sei und sie an einer Klassenfahrt in Begleitung ihrer Mutter teilgenommen habe, ändert dies nichts daran, dass im Falle der Klägerin auf der Grundlage der Schulberichte, der Angaben ihrer Eltern in den Fragebögen und ihrer eigenen Angaben und dem hiernach ganz überwiegend positiven Sozialverhalten der Klägerin in der Schule und in ihrer Freizeit eine Schulphobie, eine totale Schul- und Lernverweigerung oder ein Rückzug aus jedem sozialen Kontakt und eine Vereinzelung in der Schule keineswegs festgestellt werden können.
Hinreichend begründete Anhaltspunkte hiefür ergeben sich auch nicht aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und der Stellungnahme des Therapeuten der Klägerin.
Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur zur Feststellung der ersten Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII - Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit - die Stellungnahme eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt, gemäß § 35 a Abs. 1 a Satz 1 SGB VIII n. F. einzuholen. Die zweite Voraussetzung für die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII - Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft - ist dagegen von den Fachkräften des Jugendamtes selbst zu prüfen und festzustellen. Sie haben also aufgrund ihrer umfassenden Kenntnis des sozialen Umfelds des betroffenen Kindes oder Jugendlichen und ihres sozialpädagogischen und gegebenenfalls psychologischen Sachverstands zu beurteilen, wie sich die Funktionsbeeinträchtigung im Hinblick auf die Teilhabe des Kindes oder Jugendlichen am Leben in der Gesellschaft auswirkt, ohne dass insoweit eine fachärztliche oder psychotherapeutische Stellungnahme erforderlich ist (siehe hierzu im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 11.6.2008 - 4 ME 184/08 - m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine fachärztliche Stellungnahme für die Beurteilung der Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) für das Jugendamt und im gerichtlichen Verfahren unerheblich wäre. Der fachärztlichen Stellungnahme kann auch insoweit eine sowohl vom Jugendamt als auch vom Verwaltungsgericht - schon aufgrund der ihm obliegenden Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO - bei seiner Entscheidung zu berücksichtigende beachtliche Aussagekraft zukommen, wenn sie neben den Aussagen zu dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII auch gut nachvollziehbare und überzeugende Ausführungen zu der Frage, ob eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vorliegt oder zu erwarten ist, enthält (Senatsbeschl. v. 11.6.2008 - 4 ME 184/08 -).
Die von den Eltern der Klägerin vorgelegte Stellungnahme einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 13. April 2005 enthält zu dieser Frage lediglich die Aussage, es sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten sei. Da diese Aussage nicht begründet worden ist, kommt dieser Stellungnahme insoweit von vornherein keine beachtliche Aussagekraft zu.
Der Therapeut der Klägerin, der ausweislich des Briefkopfes seiner Stellungnahme vom 12. Mai 2005 Gymnasiallehrer ist, hat darin ausgeführt, dass die emotionale Verfassung der Klägerin weiterhin belastet und sie immer noch stark verunsichert sei. Konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Fähigkeit der Klägerin zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft lassen sich dem nicht entnehmen.
Dies gilt schließlich auch für die von den Eltern der Klägerin ferner vorgelegte ärztliche Stellungnahme eines Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie vom 24. November 2005, die ebenso wie der am 1. November 2005 verfasste Schulbericht und die Angaben der Eltern in dem im Herbst 2005 von ihnen ausgefüllten Fragebogen schon aufgrund der zeitlichen Nähe zur Beurteilung der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Voraussetzungen des § 35 a SGB VIII für die im Mai 2005 beantragten Hilfeleistungen erfüllt gewesen sind, heranzuziehen ist. Denn darin wird die Feststellung, dass die Klägerin "extrem schulängstlich, empfindsam und somatisierend" sei, überhaupt nicht begründet und zur Begründung der weiteren Aussage, dass sie "zunehmend zu schulverweigerndem Verhalten" neige, lediglich angeführt, dass sie Hausaufgaben oft nur unter "Gemaule und Genöle" absolviere. Diese Begründung steht jedoch in einem deutlichen Widerspruch zu den Angaben der Eltern in dem im Herbst 2005 von ihnen ausgefüllten Fragebogen, wonach die Klägerin die schulischen Aufgaben aus eigener Initiative, selbständig und zügig erledigt. Der Behauptung, dass die Klägerin extrem schulängstlich, empfindsam und somatisierend sei und zunehmend zu schulverweigerndem Verhalten neige, widersprechen zudem die oben wieder gegebenen Schulberichte einschließlich des nahezu zeitgleich erstellten Berichts vom 1. November 2005 und die Angaben der Eltern in den Elternfragebögen und der Klägerin selbst, wonach von extremer Schulängstlichkeit und schulverweigerndem Verhalten keine Rede sein kann. Ohne jede konkrete Begründung bleibt auch die Aussage, eine Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft könne eintreten, weil sie denkbare und machbare Ziele nicht erreichen könne. Dies gilt auch für die Diagnosen einer Anpassungsstörung sowie einer Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung und einer emotionalen Störung, die nicht sicher ausgeschlossen werden könnten. Dieser Stellungnahme ist daher für die Beurteilung der Frage der Teilhabegefährdung der Klägerin von vornherein keine beachtliche Aussagekraft beizumessen. Aus diesem Grunde sieht der Senat auch keinen Anlass, den Arzt als sachverständigen Zeugen zu dieser Frage zu hören, wie dies in der Berufungsbegründung angeregt worden ist.
Nachvollziehbar begründet und mit den Schulberichten und den Angaben der Klägerin und ihrer Eltern in den genannten Fragebögen übereinstimmend sind dagegen die Feststellungen der von dem Beklagten herangezogenen Fachstelle Diagnostik in ihrer Stellungnahme vom 12. Januar 2006, wonach die Klägerin sich in der neuen Schule wohl fühlt, es keine Hausaufgabenkonflikte gibt, sie in ihrer Freizeit in Sportgruppen eingebunden ist und eine Freundin hat, von der Schule als gut integriert beschrieben wird und deshalb keine Teilhabegefährdung vorliegt.
Nach allem hat hier auf der Grundlage der vorliegenden Stellungnahmen, Berichte und Angaben der Klägerin und ihrer Eltern eine Beeinträchtigung der Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gesellschaft als Folge ihrer Lese- und Rechtschreibschwäche oder die Gefahr des künftigen Eintritts einer solchen Beeinträchtigung (§ 35 a Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) jedenfalls ab Mai 2005 nicht bestanden. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII für die Fortsetzung ihrer Legasthenietherapie.