Landgericht Göttingen
Urt. v. 28.02.2008, Az.: 8 O 184/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 28.02.2008
- Aktenzeichen
- 8 O 184/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 43520
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2008:0228.8O184.06.0A
Fundstellen
- VS 2008, 47
- Vergabe-News 2008, 80-81
In dem Rechtsstreit
...
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 10.01.2008 durch die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte hatte die Sanierung ihres Tierhauses nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb beschränkt ausgeschrieben (Anlage K 1). Die Klägerin gab zum Einreichungstermin am 28.09.2005 ihr Angebot ab (Anlage K 2). Ausweislich der als Anlage B 1 beigefügten und das Angebot ergänzenden Leistungsbeschreibung "Schlosserarbeiten Käfigbau" waren Tränkeflaschen aus Polysulphon (nicht Polycarbonat!) gefordert. Am 13.10.2005 kam es auf Einladung der Planungsgruppe ..., einem Ingenieurbüro in Salzgitter, im Auftrag der Beklagten zu einem Aufklärungsgespräch (Anlage K 3). In diesem Gespräch wurde das Angebot nicht beanstandet. Nach dem Aufklärungsgespräch teilte ein Konkurrent der Klägerin im Rahmen des Vergabeverfahrens mit, dass die Klägerin die Tränkeflaschen tatsächlich nicht aus Polysulphon, sondern aus anderen Kunststoffen herstelle. Daraufhin bat die Mitarbeiterin ... des beauftragten Ingenieurbüros im Auftrag der Beklagten die Klägerin um einen Herstellernachweis bezüglich der Tränkeflaschen. Mit Schreiben vom 19.10.2005 (Anlage K 5) übersendete die Beklagte die erbetene Bestätigung. Darin heißt es u.a.: "Hiermit bestätigen wir, dass unsere Tier-Tränkeflaschen ... Type FL-700-quadratisch-Nut (diese wurden angeboten), mit unseren Werkzeugen und in unserem Auftrag von der Firma: ... GmbH ... hergestellt werden." Die Bestätigung verhält sich auch über Tiertränkeflaschen anderer Typen. Insoweit ist der Hinweis enthalten, dass die anderen Flaschentypen von der ... GmbH hergestellt werden. Unstreitig hat Frau ... bei beiden in der Bestätigung genannten Firmen telefonisch nachgefragt. Im Rahmen der Telefonate erfuhr sie, dass die ... GmbH überhaupt keine Flaschen aus Polysulphon und die VIT-LAB GmbH Tiertränkeflaschen in Polysulphon herstellt.
Mit Schreiben vom 21.10.2005 (Anlage K 4) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr Angebot gemäß § 25 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen werden musste.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Ausschluss sei zu Unrecht erfolgt. Die Bestätigung vom 19.10.2005 sei nicht Teil des Angebots gewesen, sondern allenfalls erfolgt, um die Leistungsfähigkeit der Klägerin zur Erfüllung des Angebots zu überprüfen. Da die Mitarbeiterin des eingeschalteten Ingenieurbüros auf telefonische Nachfrage erfahren habe, dass die ... Tränkeflaschen in Polysulphon herstelle, habe der Ausschluss auf die anderslautende Bestätigung vom 19.10.2005 nicht gestützt werden dürfen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 31 095,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, das Angebot der Klägerin sei zwingend auszuschließen gewesen, da die Klägerin tatsächlich keine Tränkeflaschen aus Polysulphon angeboten habe. Dies habe sich aus der Angebotsaufklärung der Beklagten ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat das Angebot der Klägerin zu Recht ausgeschlossen. Die Klägerin ist durch den Ausschluss in ihren Rechte nicht verletzt, weil ihr eigenes Angebot den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses nicht entsprach und der Ausschluss aus diesem Grunde zwingend war.
Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A sind Angebote auszuschließen, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen. Gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A ist ein Angebot auszuschließen, sofern es den Anforderungen der Vergabestelle nicht entspricht. Dies ist vorliegend der Fall.
Ausweislich der Leistungsbeschreibung waren Tränkeflaschen aus Polysulphon gefordert. Nachdem die Klägerin ihr Angebot abgegeben hatte, ergab sich für die Beklagte Aufklärungsbedarf aufgrund des von einem Konkurrenten erteilten Hinweises. Die Aufklärung des Angebotsinhalts ist nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A zulässig. Eine solche Aufklärung hat die Beklagte durch Einholung der Bestätigung vom 19.10.2005 vorgenommen. Aus dieser Bestätigung ergibt sich eindeutig, dass die im Angebot geforderten Tränkeflaschen des Typs FL-700-quadratisch ausschließlich von der Firma ... GmbH geliefert werden sollten. Eine Nachfrage bei der ... mbH hat allerdings ergeben, dass diese gar keine Tränkeflaschen aus Polysulphon herstellt. Dass die ... GmbH Getränkeflaschen in allen Materialien herstellt, ist dabei nicht von Belang, da die Bestätigung ausdrücklich jeder der beiden GmbHs bestimmte Flaschentypen zuordnet. Die der ... GmbH zugeordneten Flaschentypen entsprechen aber gerade nicht dem in der Ausschreibung geforderten Typ. Aus der vorgelegten Bestätigung, die als Ergänzung des ursprünglich angegebenen Angebots anzusehen ist, ergibt sich, dass die Klägerin letztlich tatsächlich keine Tränkeflaschen aus Polysulphon angeboten hat. Dabei ist unerheblich, ob dieser Umstand bereits aus dem ursprünglichen Angebot ersichtlich ist oder sich im Rahmen des nach § 24 VOB/A durchgeführten Aufklärungsverfahrens erst aus der weiteren Bestätigung ergibt. Diese ist letztlich Teil des Angebotes.
Das Angebot der Klägerin war daher zwingend auszuschließen. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei der Änderung um eine wichtige oder eher unwesentliche Leistungsposition handelt. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Abweichungen letztlich irgendeinen Einfluss auf das Wettbewerbsergebnis haben können. § 21 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A untersagt jedwede Abänderung der Verdingungsunterlagen und § 25 Nr. 1 Abs. 1b VOB/A ordnet den Angebotsausschluss zwingend für jeden Fall einer unzulässigen Änderung der Verdingungsunterlagen und ohne Rücksicht auf die Bedeutung der betroffenen Leistungspositionen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der vorgenommenen Änderung an.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1.