Landgericht Göttingen
Beschl. v. 23.06.2008, Az.: 10 T 68/08
Rechtliche oder tatsächliche Verhinderung des Verwalters als Voraussetzung der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters; Rechtliche Verhinderung bei Schadensersatzansprüchen für die Masse gegen den Insolvenzverwalter; Recht des Insolvenzverwalters zur sofortigen Beschwerde gegen die Bestellung des Sonderinsolvenzverwalters
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 23.06.2008
- Aktenzeichen
- 10 T 68/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 22027
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2008:0623.10T68.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 30.04.2008 - AZ: 74 IN 11/01
- nachfolgend
- BGH - 17.12.2009 - AZ: IX ZB 178/08
Rechtsgrundlage
- § 6 InsO
In dem Insolvenzverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht P... als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 19.05.2008
gegen
den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 30.04.2008 - 74 IN 11/01 -
am 23.06.2008
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 19.05.2008 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 30.04.2008 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: bis zu 3.000,00 EUR
Gründe
In dem oben genannten Insolvenzverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 01.04.2001 den Rechtsanwalt Pxxx zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 10.11.2005 hat das Amtsgericht den Rechtsanwalt R ... zum Sonderinsolvenzverwalter bestellt zur Prüfung der Frage, ob gegen den amtierenden Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche zu Gunsten der Masse geltend gemacht werden können. Durch Beschlüsse vom 29.05.2007, 11.02.2008 und 22.04.2008 hat das Amtsgericht den Aufgabenkreis des Sonderinsolvenzverwalters erweitert. Mit Schreiben vom 29.04.2008 hat der Sonderinsolvenzverwalter erhebliche Differenzen in der Kassenführung aufgezeigt. Mit Beschluss vom 30.04.2008 hat das Amtsgericht daraufhin dem Insolvenzverwalter die Kassenführung entzogen und auf den Sonderinsolvenzverwalter übertragen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde. Er meint, der Sonderinsolvenzverwalter habe ohne jegliche Substanz zur Kassenführung vorgetragen. Der Vortrag sei ins Blaue hinein erfolgt. Das Insolvenzgericht habe die Angaben des Sonderinsolvenzverwalters auch ungeprüft übernommen. Für den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 30.04.2008 gebe es keine Rechtsgrundlage. Es sei auch nicht klar, wie er, der Insolvenzverwalter das Verfahren weiter betreiben solle, wenn ihm nicht die Kassenführung obliege. Darüber hinaus habe das Amtsgericht das rechtliche Gehör des Insolvenzverwalter verletzt, weil er vor Erlass des Beschlusses vom 30.04.2008 nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt habe.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters ist unzulässig Gemäß § 6 InsO unterliegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen es die Insolvenzordnung ausdrücklich vorsieht. Diese Voraussetzung liegt bei der hier angegriffenen Entscheidung nicht vor.
Die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters ist in der Insolvenzordnung nicht geregelt. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung, dass eine solche Bestellung möglich ist (vgl. BGHZ 165, 96 = NJW 2006, 443). Sie setzt voraus, dass der Verwalter tatsächlich oder rechtlich verhindert ist, sein Amt auszuüben. Eine rechtliche Verhinderung ist insbesondere gegeben, wenn Schadensersatzansprüche für die Masse gegen den Insolvenzverwalter in Betracht kommen. Gegen die Bestellung des Sonderinsolvenzverwalters steht indes dem Insolvenzverwalter das Recht der sofortigen Beschwerde nicht zu. Dasselbe gilt auch für Beschlüsse, mit denen das Insolvenzgericht den Umfang des Aufgabenkreises des Sonderinsolvenzverwalters bestimmt, Mangels der im Gesetz vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit ist die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 ZPO festgesetzt und ist dabei vom Interesse des Insolvenzverwalters ausgegangen.