Landgericht Göttingen
Beschl. v. 20.11.2008, Az.: 10 T 106/08

Anforderungen an die Verletzung der Rechnungslegungspflicht des Sonderinsolvenzverwalters; Anspruch des Gerichts auf Auskünfte oder Berichte über den Sachstand und die Geschäftsführung durch den Insolvenzverwalter; Bestellung des Sonderinsolvenzverwalters durch das Gericht zur Unterstützung des Insolvenzverwalters bei der Erfüllung seiner Aufgaben

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
20.11.2008
Aktenzeichen
10 T 106/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 37688
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2008:1120.10T106.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Göttingen - 07.08.2008 - AZ: 74 IN 11/01
nachfolgend
BGH - 17.12.2009 - AZ: IX ZB 2/09

Fundstellen

  • DStR 2009, XIV Heft 4 (amtl. Leitsatz)
  • NJW 2008, VIII Heft 51 (Kurzinformation) "Androhung eines Zwangsgelds"
  • NZI 2009, 61-63 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 2009, 1021-1024

Verfahrensgegenstand

Vermögen der A., B.

In dem Insolvenzverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die J. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 28.08.2008 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 07.08.2008 - 74 IN 11/07 -
am 20.11.2008
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert:

Gegen den Insolvenzverwalter wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 € festgesetzt. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Insolvenzverwalter in Höhe von 50 %; im Übrigen werden Kosten nicht erhoben.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 01.04.2001 ist der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Nachdem es im Verfahren zu Auffälligkeiten gekommen war, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.11.2005 den Rechtsanwalt H. in K. zum Sonderinsolvenzverwalter ernannt zur Prüfung der Frage, ob gegen den amtierenden Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche zu Gunsten der Masse geltend gemacht werden können. In seinem Prüfungsbericht vom 12.02.2007 kommt der Sonderinsolvenzverwalter zu dem Ergebnis, dass Ansprüche auf Auskunft und Abrechnung sowie auf Schadensersatz gegen den Insolvenzverwalter bestehen. Dabei hat der Sonderinsolvenzverwalter zum einen Verletzung der Rechnungslegungspflichten gemäß § 66 Abs. 3 InsO dargestellt. Zum anderen kommt er zu dem Ergebnis, dass der Insolvenzverwalter die sich aus dem Eigentum der Insolvenzschuldnerin ergebenden Verwertungsmöglichkeiten nicht bestmöglich ausgenutzt habe. Insoweit stellt der Sonderinsolvenzverwalter in seinem Bericht dar, dass zwei Grundstücke der Schuldnerin vom Insolvenzverwalter der Gläubigerin L. kurzerhand "überlassen" worden seien. Die M. habe die Immobilien zur eigenen Verwaltung und zur Einziehung der Mieten übernommen. Hierdurch sei die Insolvenzmasse schuldhaft verkürzt worden. In diesem Zusammenhang hat der Sonderinsolvenzverwalter auch Schadensersatzansprüche gegen zwei Gläubigerausschussmitglieder aufgezeigt.

2

Das Amtsgericht hat den Sonderinsolvenzverwalter zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gemäß § 92 InsO ermächtigt.

3

Mit Beschluss vom 11.02.2008 hat es ihm zudem die Kassenführung hinsichtlich der von ihm eingezogenen Beträge übertragen.

4

Mit Schriftsatz vom 12.02.2008 hat der Sonderinsolvenzverwalter das Amtsgericht gebeten, einen Anhörungstermin anzuberaumen, in dem der Insolvenzverwalter umfassend Auskunft über die "Überlassung" der Immobilien an die L. erteilen sollte. Hierzu hat der Sonderinsolvenzverwalter einen zahlreiche Punkte umfassenden Fragenkatalog vorgelegt. Zur Begründung hat der Sonderinsolvenzverwalter ausgeführt, der Insolvenzverwalter habe die notwendigen Unterlagen zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche nur unvollständig überlassen. Die Angaben des Insolvenzverwalters seien bisher nicht umfassend und teilweise widersprüchlich gewesen. Das Amtsgericht hat daraufhin einen Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters anberaumt auf den 22.04.2008. Der Insolvenzverwalter hat beantragt, diesen Termin aufzuheben und ihm zu gestatten, die vom Sonderinsolvenzverwalter gestellten Fragen bis 30.04.2008 schriftlich zu beantworten. Im Übrigen hat er mit Schriftsatz vom 15.04.2008 Belege über die Immobilienverwaltung beim Insolvenzgericht vorgelegt. Zu dem Termin am 22.04.2008 ist der Insolvenzverwalter nicht erschienen.

5

Mit Beschluss vom 22.04.2008 hat das Amtsgericht die Befugnisse des Sonderinsolvenzverwalters erweitert und ihm die Kassenführung auf die an den Insolvenzverwalter bereits gezahlten Mietüberschüsse aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks übertragen. Mit Beschluss vom 30.04.2008 hat das Amtsgericht den Insolvenzverwalter die Kassenführung entzogen und auf den Sonderinsolvenzverwalter übertragen. Im Anschluss daran teilte der Sonderinsolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 19.05.2008 mit, dass er den Insolvenzverwalter zur umfassenden Auskunft über den Bestand aller von ihm für die Insolvenzverwaltung eingerichteten Anderkonten unter Angabe der Kreditinstitute, Kontonummern und letzten Kontostände aufgefordert habe. Hierauf habe der Insolvenzverwalter nicht reagiert. Aus Kontoauszugszweitschriften, die ihm, dem Sonderinsolvenzverwalter von der N. überlassen worden seien, hätten sich Kontobewegungen ergeben, die dringend aufgeklärt werden müssten. Im Hinblick darauf hat der Sonderinsolvenzverwalter weitere Fragen aufgelistet, die der Insolvenzverwalter im Rahmen einer mündlichen Anhörung beantworten sollte. Das Amtsgericht hat sodann den Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters auf den 13.06.2008 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 10.06.2008 hat der Insolvenzverwalter weitere Ausführungen zu den Fragen des Sonderinsolvenzverwalters in Bezug auf die in Rede stehenden Immobilien gemacht.

6

Zu dem Anhörungstermin am 13.06.2008 erschien der Insolvenzverwalter nicht. Am 24.07.2008 hat das Amtsgericht erneut Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters bestimmt auf den 06.08.2008. Gleichzeitig hat das Amtsgericht dem Insolvenzverwalter angedroht, gegen ihn ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € festzusetzen, falls er zu diesem Termin unentschuldigt nicht erscheine. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die mündliche Anhörung des Insolvenzverwalters erfolge im Rahmen der Aufsicht gemäß § 58 InsO. Die übliche Verfahrensweise, Auskünfte schriftlich vom Insolvenzverwalter zu verlangen, sei hier erfolglos geblieben, da der Insolvenzverwalter auf die Anforderungen des Gerichts keine erschöpfenden Auskünfte erteilt und auch nicht sämtliche Belege vorgelegt habe. Auch die Anfragen des Sonderinsolvenzverwalters habe der Insolvenzverwalter nicht vollständig beantwortet bzw. Unterlagen nicht vollständig übermittelt. Im Rahmen des Anhörungstermins solle deshalb eine zügige Klärung erfolgen, da hier der Insolvenzverwalter auf Nachfragen sofort antworten könne und Missverständnisse sofort geklärt werden könnten.

7

Zu dem Termin vom 06.08.2008 ist der Insolvenzverwalter nicht erschienen. Mit Schreiben vom selben Tag hat er mitgeteilt, dass er sich bis zum 07.09.2008 im Urlaub befinde.

8

Mit Beschluss vom 07.08.2008 hat das Amtsgericht gegen den Insolvenzverwalter ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Insolvenzverwalter sei zu dem Termin am 06.08.2008 unentschuldigt ferngeblieben und damit seiner Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nachgekommen. Sein Schreiben vom 06.08.2008 habe ihn nicht von der Verpflichtung zur mündlichen Auskunftserteilung entbunden, denn in diesem Schreiben habe er die umfangreichen Fragen des Gerichts nur teilweise beantwortet. Insbesondere ergebe sich aus diesem Schreiben, dass eine mündliche Auskunftserteilung unerlässlich sei, weil die Vorgänge näher geklärt werden müssten. Darüber hinaus fehlten auch die von ihm geforderten Belege.

9

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Insolvenzverwalter mit der sofortigen Beschwerde. Er meint zunächst, dass ihm das Zwangsgeld nicht ordnungsgemäß angedroht worden sei. Entgegen der Ausführung in dem angefochtenen Beschluss, dass ihm das Zwangsgeld mit Beschluss vom 24.07.2008 angedroht worden sei, habe sich der Hinweis auf die Möglichkeit des Zwangsgeldes nicht in einem Beschluss, sondern in der Ladungsverfügung vom 28.07.2008 befunden. Die Androhung des Zwangsgeldes in der formlosen Ladungsverfügung sei nicht hinreichend.

10

Darüber hinaus habe das Zwangsgeld nicht festgesetzt werden dürfen, weil der Insolvenzverwalter zur Auskunftserteilung in einem Anhörungstermin nicht verpflichtet sei. Das Gesetz sehe das persönliche Erscheinen des Insolvenzverwalters in einem Anhörungstermin nur in den Fällen der §§ 66 Abs. 1, 66 Abs. 3, 176 Abs. 1 sowie 196, 197 InsO vor. Daraus ergebe sich, dass in anderen - als im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen - eine mündliche Anhörung des Insolvenzverwalters in einem Anhörungstermin nicht in Betracht komme. § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO räume dem Insolvenzgericht nicht das Recht zur Anberaumung eines im Gesetz nicht vorgesehenen Anhörungstermins ein. Das Fernbleiben des Insolvenzverwalters zu diesem Termin könne deshalb die Verhängung eines Zwangsgeldes nicht rechtfertigen. Darüber hinaus habe das Amtsgericht vom Insolvenzverwalter auch nicht einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand gefordert, wie es in § 58 InsO vorgesehen sei. Vielmehr habe das Amtsgericht nichts anderes als die Beantwortung der Fragen des Sonderinsolvenzverwalters gefordert. Diesem gehe es vordergründig darum, Informationen für die Führung eines Zivilprozesses gegen die Gläubigerin zu erlangen bzw. Material gegen den Insolvenzverwalter selbst in die Hand zu bekommen, damit der Sonderinsolvenzverwalter den erhobenen Vorwurf von Unregelmäßigkeiten gegen den Insolvenzverwalter substantiieren könne. Zu solchen Auskünften sei jedoch der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet. Der Sonderinsolvenzverwalter müsse insoweit auf den Weg der Zivilklage verwiesen werde, dort könne er einen eigenen Auskunftsanspruch geltend machen. Das Insolvenzgericht sei jedoch nicht berechtigt, im Rahmen des § 58 Abs. 1 InsO dem Sonderinsolvenzverwalter "zuzuarbeiten". Darüber hinaus habe der Insolvenzverwalter - unabhängig von einer bestehenden Pflicht - die an ihn gerichteten Fragen aus dem Schreiben des Sonderinsolvenzverwalters mit seinem Schriftsatz vom 10.06.2008 beantwortet. Auch mit Schriftsatz vom 06.08.2008 habe der Insolvenzverwalter nochmals zu den Fragen Stellung genommen. Die ihn nach §58 InsO treffende Auskunftspflicht habe er damit erfüllt. Selbst wenn noch Punkte ergänzungsbedürftig seien, genüge ein schriftliches Auskunftsverlangen.

11

Das Amtsgericht habe darüber hinaus ein Zwangsgeld nicht festsetzen dürfen, weil es damit das Fernbleiben des Insolvenzverwalters zu dem Anhörungstermin sanktioniert habe. Durch ein Zwangsgeld solle jedoch lediglich ein pflichtgerechtes Handeln des Verwalters erzwungen werden, begangene Pflichtwidrigkeiten dürften damit nicht sanktioniert werden. Auch dies habe das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss nicht berücksichtigt.

12

Im übrigen sei der Insolvenzverwalter dem Termin nicht unentschuldigt fern geblieben. Die Terminsmitteilung sei viel zu knapp erfolgt. Sie sei am 29.07.2008 beim Insolvenzverwalter eingegangen, so dass die Wochenfrist nicht gewahrt gewesen sei. Darüber hinaus habe er sich im Urlaub befunden, wie er es dem Insolvenzgericht auch mitgeteilt habe. Dabei stehe die Tatsache, dass er den Schriftsatz vom 06.08.2008 persönlich unterschrieben habe, seinem Urlaub nicht entgegen. Er habe das Fax von seinem Büro aus nicht versendet, vielmehr habe dies seine Sekretärin getan.

13

Schließlich sei das festgesetzte Zwangsgeld von 10.000,- Euro unverhältnismäßig hoch. Anknüpfungspunkt für die Höhe des Zwangsgeldes seien die Mehrkosten, die durch das Ausbleiben des Insolvenzverwalters verursacht worden seien. Diese lägen jedenfalls in einem Bereich von unter 1.000,- Euro.

14

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Insolvenzverwalters nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

15

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters ist gem. §§ 6 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 3 InsO zulässig, sie ist jedoch nur teilweise begründet.

16

Das Amtsgericht hat dem Grunde nach zutreffend entschieden, auf die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters ist jedoch die festgesetzte Höhe des Zwangsgelds zu ändern.

17

Das Amtsgericht durfte nach § 58 Abs. 2 InsO gegen den Insolvenzverwalter ein Zwangsgeld festsetzen. Der Insolvenzverwalter hat gegen die sich aus § 58 Abs. 1 InsO ergebende Pflicht zur Auskunftserteilung verstoßen. Nach § 58 Abs. 1 InsOübt das Insolvenzgericht die Aufsicht über den Insolvenzverwalter aus. Im Rahmen dieser Aufsicht kann das Gericht jederzeit vom Insolvenzverwalter einzelne Auskünfte oder einen Bericht über den Sachstand und die Geschäftsführung verlangen. Entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters ist das Insolvenzgericht dabei nicht auf die Einholung schriftlicher Auskünfte oder Berichte des Insolvenzverwalters beschränkt. Vielmehr ist es in das pflichtgemäße Ermessen des Insolvenzgerichts gestellt, mit welchen Kontrollmitteln es seine Aufsicht ausübt (Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., §21 Randnr. 49; Kübler/Prütting/Lüke, Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Lfg. 2/00, §58 Randnr. 13; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. §58 Randnr. 5). Die geforderten Auskünfte kann das Gericht in allen ihm zweckdienlich erscheinenden Formen verlangen (Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Kind, 4. Aufl. §58 Randnr. 9; Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung/Graeber, §58 Randnr. 13). Hier handelte das Amtsgericht innerhalb des ihm zustehenden Ermessens, als es die mündliche Anhörung des Insolvenzverwalters anordnete. Der Insolvenzverwalter hat im Verlauf des nunmehr schon sieben Jahre dauernden Verfahrens gezeigt, dass er entweder nicht willens oder in der Lage ist, schriftliche Auskünfte so zu erteilen, dass sie den vom Amtsgericht gestellten Anforderungen genügen. Das Amtsgericht hatte seit dem Jahr 2003 immer Anlass, die Zwischenberichte und Rechnungslegungen des Insolvenzverwalters zu beanstanden. Die Berichte waren unvollständig und erläuterungsbedürftig, vielfach waren die erforderlichen Belege nicht beigefügt. Auch den entsprechenden Aufforderungen des Amtsgerichts, die Berichte zu ergänzen bzw. fehlende Belege nachzureichen, ist der Insolvenzverwalter immer wieder verspätet oder auch gar nicht nachgekommen. Insoweit wird beispielsweise verwiesen auf die Verfügungen des Amtsgerichts vom 09.05.2003, 25.09.2003, 10.08.2004, 25.01.2005, 25.02.2005, 23.01.2006. Zu berücksichtigen sind auch die in diesem Zusammenhang gegen den Insolvenzverwalter festgesetzten Zwangsgelder (vgl. Beschl. v. 10.08.2005, 20.09.2005, 10.11.2005, 23.05.2006, 30.08.2006, 30.01.2007 und 16.08.2007), denn selbst diese haben auf die Bereitschaft des Insolvenzverwalters, schriftliche Auskünfte vollständig und umfassend zu erteilen, keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Das gleiche Verhalten hat der Insolvenzverwalter auch in Bezug auf die ihm vom Sonderinsolvenzverwalter gestellten Fragen gezeigt. Nach den Darlegungen des Sonderinsolvenzverwalters hat der Insolvenzverwalter nicht umfassend und vollständig geantwortet. Auch auf die entsprechenden Aufforderungen seitens des Insolvenzgerichts sind die jeweiligen Berichte des Insolvenzverwalters unvollständig geblieben. Der Insolvenzverwalter kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass der anberaumte Anhörungstermin überflüssig gewesen sei, weil er seiner Auskunftspflicht durch die im Verfahren erteilten schriftlichen Auskünfte nachgekommen sei. Mit der Ladungsverfügung vom 25.07.2008 hat das Amtsgericht dem Insolvenzverwalter nochmals im einzelnen mitgeteilt, zu welchen Punkten noch eine Klärung erfolgen müsse, welche Belege vom Insolvenzverwalter noch vorzulegen sind bzw. welche Erörterungen in dem Anhörungstermin erwartet werden. Der Insolvenzverwalter hat bis zum 06.08.2008 weder die genannten Belege an das Insolvenzgericht übersandt noch die vom Amtsgericht aufgeführten Punkte umfassend beantwortet.

18

Unzutreffend ist auch die Auffassung des Insolvenzverwalters, das Amtsgericht habe über diese Punkte im Rahmen des § 58 InsO keine Auskünfte fordern dürfen, weil es sich insoweit um einen Komplex handele, der die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche durch den Sonderinsolvenzverwalter betreffe. Die dafür erforderlichen Auskünfte müsse der Sonderinsolvenzverwalter im Rahmen einer Zivilklage fordern, das Insolvenzgericht dürfe dem Sonderinsolvenzverwalter bei der Geltendmachung seiner Ansprüche nicht zuarbeiten.

19

Die Aufsicht des Insolvenzgerichts soll den Verwalter zur Einhaltung der ihm obliegenden Pflichten veranlassen. Sie stellt auch den notwendigen Ausgleich dafür dar, dass einzelnen Gläubigern eine individuelle Rechtsdurchsetzung nach Verfahrenseröffnung nicht möglich ist (Kübler/Prütting/Lüke, Kommentar zur Insolvenzordnung, 6. Lfg. 2/00). Gerade wenn Verdachtsmomente aufgetreten sind, ist besondere Vorsicht und verstärkte Aufsicht geboten (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl. §58 Randnr. 1). Wenn der Insolvenzverwalter insolvenzzweckwidrige Handlungen vornimmt, muss das Insolvenzgericht von Amts wegen einschreiten (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., §58 Randnr. 15). Solche insolvenzzweckwidrigen Handlungen hat der Sonderinsolvenzverwalter in seinem Bericht dargelegt. Wenn jedoch dem Gericht derartige Handlungen des Insolvenzverwalters bekannt werden, ist es gehalten, den Sachverhalt aufzuklären. Dieser Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts steht nicht entgegen, dass die Sachverhaltsaufklärung gleichzeitig dem Sonderinsolvenzverwalter zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter und Mitglieder des Gläubigerausschusses dient.

20

Darüber hinaus ist das Insolvenzgericht auch nicht gehindert, im Rahmen der Aufsicht nach § 58 InsO den Sonderinsolvenzverwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Dem Sonderinsolvenzverwalter ist hier die Befugnis eingeräumt, die Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter, Mitglieder des Gläubigerausschusses bzw. Gläubiger geltend zu machen. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, muss er Einblick in die Unterlagen des Insolvenzverwalters nehmen können. Er hat das Recht auf Zugang zu allen Geschäftsunterlagen, die die Verwaltung des schuldnerischen Vermögens angehen und für die ihm übertragene Aufgabe von Bedeutung sind (Lüke, ZIP 2004, 1693). Der Insolvenzverwalter ist insoweit zur Zusammenarbeit mit dem Sonderinsolvenzverwalter verpflichtet. Andernfalls wäre die Bestellung des Sonderinsolvenzverwalters sinnlos (Kübler/Prütting/Lüke, Kommentar zur Insolvenzordnung, 30. Lfg. 10/07, §56 Randnr. 78). Dass der Insolvenzverwalter sich durch diese Zusammenarbeit mit dem Sonderinsolvenzverwalter gegebenenfalls selbst belasten muss, ändert daran nichts. Wenn jedoch - wie hier - der Insolvenzverwalter den Sonderinsolvenzverwalter nicht in dem gebotenen Ausmaß unterstützt und die erforderlichen Auskünfte nicht umfassend erteilt, darf das Insolvenzgericht im Rahmen der Aufsicht nach § 58 Maßnahmen ergreifen, um den Insolvenzverwalter zur Zusammenarbeit mit dem Sonderinsolvenzverwalter anzuhalten.

21

Das Zwangsgeld diente hier auch nicht dazu, eine begangene Pflichtwidrigkeit des Insolvenzverwalters zu sanktionieren, vielmehr ist Zweck des Zwangsgeldes pflichtgerechtes Handeln des Verwalters zu erzwingen. Mit dem Zwangsgeld wird der Insolvenzverwalter nicht dafür bestraft, dass er den Termin zur Anhörung nicht wahrgenommen hat. Das Zwangsgeld dient vielmehr dazu, ihn zur Informationserteilung anzuhalten.

22

Das Zwangsgeld ist dem Insolvenzverwalter auch vor der Festsetzung ordnungsgemäß angedroht worden. Ausweislich der Gerichtsakte hat das Amtsgericht am 24.07.2008 einen Beschluss erlassen, in dem es den Termin zur Anhörung des Insolvenzverwalters auf den 06.08.2008 anberaumt hat. Gleichzeitig hat es in diesem Beschluss die Festsetzung des Zwangsgeldes angedroht. Zwar war aus der dem Insolvenzverwalter zugegangenen Ladung zu dem Termin nicht erkennbar, dass dies in Form eines Beschlusses erfolgt war. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Selbst wenn das Amtsgericht das Zwangsgeld nicht in Form eines Beschlusses angedroht hätte, wäre die vorherige Androhung gleichwohl wirksam. Die Androhung soll dem Insolvenzverwalter die Konsequenz der unterlassenen Pflichterfüllung vor Augen führen. Er soll auch aufgrund der vorherigen Androhung die Möglichkeit erhalten, sich zu äußern. Die Form der Androhung des Zwangsgeldes spielt indes keine Rolle. Zwar sollte die Androhung tunlichst schriftlich erfolgen, zwingend ist dies jedoch nicht (Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung/Kind, 4. Aufl., §58 Randnr. 12). Im Hinblick darauf spielt es keine Rolle, ob die Androhung in Form eines Beschlusses oder auf sonstige Weise schriftlich erfolgt ist.

23

Der Insolvenzverwalter ist der Aufforderung des Gerichts, in dem Anhörungstermin die von ihm geforderten Auskünfte zu erteilen bzw. noch fehlenden Belege zu übergeben, auch ohne hinreichende Entschuldigung nicht nachgekommen. Sein am Tag des Termins eingegangenes Telefax-Schreiben, in dem er darauf hinweist, sich bis zum 07.09.2008 im Urlaub zu befinden, reicht zur Entschuldigung nicht aus. Der Insolvenzverwalter hat die Ladung am 29.07.2008 erhalten. Die Ladungsfrist von drei Tagen (§ 217 ZPO) war damit eingehalten. Der Insolvenzverwalter kann sich nicht mit der Verhinderung wegen Urlaubs entschuldigen. Zum einen ist schon auffällig, dass der Insolvenzverwalter auf diesen Urlaub in der vorhergehenden Korrespondenz nicht hingewiesen hat. Wenn er sich jedoch - um dem Anhörungstermin zu entgehen - spontan entschlossen haben sollte, den Urlaub so zu legen, dass er in den Zeitraum des Anhörungstermins fällt, entschuldigt das den Insolvenzverwalter nicht. Darüber hinaus war der Insolvenzverwalter nicht ortsabwesend. Er hat den Schriftsatz vom 06.08.2008 selbst unterzeichnet. Darauf, ob er sich in seinen Kanzleiräumen aufhielt bzw. das Schreiben selbst an das Insolvenzgericht gefaxt hat, kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass er sich am Ort seines Kanzleisitzes aufhielt. Ihm wäre es deshalb zumutbar gewesen, den Termin wahrzunehmen. Andernfalls hätte er das Amtsgericht unmittelbar nach Erhalt der Ladung von seiner Verhinderung unterrichten müssen.

24

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters hat jedoch insoweit Erfolg, als die Höhe des Zwangsgeldes zu reduzieren ist. Das vom Amtsgericht festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro ist nicht angemessen. Die Höhe des Zwangsgeldes muss in einem vernünftigen Verhältnis zur Schwere des Pflichtverstoßes stehen (BGH ZIP 2005, 865 = NZI 2005, 391 [BGH 14.04.2005 - IX ZB 76/04]), wobei das vorhergehende Verhalten des Insolvenzverwalters zu berücksichtigen ist. Zwar ist der Zwangsverwalter während des gesamten Verfahrens seinen Pflichten zur Auskunft bzw. Rechnungslegung nur unzureichend nachgekommen, so dass gegen ihn bereits mehrfach ein Zwangsgeld verhängt werden musste. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich bei der jetzt in Rede stehenden von ihm geforderten Auskunft um eine solche handelt, die sich auf einen gesonderten Komplex bezieht und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den verzögerten Handlungen steht, wegen derer die früheren Zwangsgelder verhängt worden sind. Im Hinblick darauf erscheint hier ein Zwangsgeld von 5.000 Euro angemessen. Da jedoch - wie bereits ausgeführt - sich die verzögerten bzw. unterlassenen Berichte des Insolvenzverwalters wie ein roter Faden durch das Verfahren ziehen, hält die Kammer ein Zwangsgeld von 5.000 Euro für angemessen und erforderlich, um den Insolvenzverwalter zur Erfüllung seiner Auskunftspflichten anzuhalten.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

26

Der Beschwerdewert wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 3 ZPO).