Landgericht Göttingen
Beschl. v. 06.06.2008, Az.: 5 T 94/08

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
06.06.2008
Aktenzeichen
5 T 94/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 43511
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2008:0606.5T94.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Herzberg/Harz - 16.01.2008 - AZ: 7a XVII 1003

Fundstelle

  • FamRZ 2009, 458 (red. Leitsatz)

In der Betreuungssache

...

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht D., den Richter am Landgericht E. und die Richterin F.

am 06. Juni 2008 beschlossen:

Tenor:

  1. Auf die sofortige Beschwerde des Betreuers B.... wird der Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 16.01.2008 aufgehoben und die dem Betreuer, Herrn B...., für seine Tätigkeit von dem Betroffenen zu erstattende Vergütung in der Zeit vom 4.12.2005 bis 30.09.2007 aufgrund der Anträge vom 26.02.2007 und vom 2.12.2007 auf 2 411,20 € festgesetzt.

  2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

  3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; außergerichtlich entstandene Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

I.

Der Betroffene leidet nach chronischem Alkohollabusus an einem Morbus Korsakow. Durch Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 18.04.1991 (Bl. 10 d.A. Bd. I) wurde erstmalig für den Betroffenen eine Gebrechlichkeitspflegschaft für das Aufenthaltsbestimmungsrecht eingerichtet. Zur Pflegerin wurde am 31.05.1991 die Tochter des Betroffenen Frau C.... bestellt (Bl. 16 d.A. Bd. I). Nachdem durch Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 13.09.1991 (Bl. 20 d.A. Bd. I) die Pflegschaft auf dem Bereich der Zustimmung zu ärztlichen Heilmaßnahmen erweitert worden war, wurde nach Inkrafttreten des neuen Betreuungsrechts durch Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 19.03.1992 (Bl. 26 d.A. Bd. I) festgestellt, dass Frau C.... die Betreuerin des Betroffenen bleibt für die Aufgabenkreise der Vermögenssorge, des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Zustimmung zu ärztlichen Heilmaßnahmen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 18.01.2002 wurde die Betreuung verlängert (Bl. 141 d.A. Bd. I). Mit Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 8.10.2004 (Bl. 197 d.A. Bd. I) wurde Frau C.... für den Bereich der Vermögenssorge als Betreuerin entlassen und an ihrer Statt Herr B.... zum Berufsbetreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 28.12.2006 (Bl. 278 d.A. Bd. II) wurde die Betreuung verlängert.

2

Mit Vergütungsantrag vom 11.01.2006 (Bl. 1. ff.d. VH) beantragte der Beschwerdeführer für die Zeit vom 3.11.2004-3.11.2005 die Auszahlung von Vergütungs- und Aufwendungsersatz sowie Pauschalvergütung aus der Staatskasse in Höhe von 1 500,60 €, 959,40 € für die Zeit vom 3.11.2004 bis 30.06.2005 und 541,20 € für die Zeit vom 1.07.2005 bis 3.11.2005. Die Vergütung für die Zeit vom 3.11.2004 bis 30.06.2005 wurde antragsgemäß aufgrund Verfügung vom 20.03.2006 angewiesen (Bl. 8 d. VH). Aufgrund Verfügung vom selben Tag wurde die Vergütung für die Zeit vom 1.07.2005 bis 3.11.2005 angewiesen (Bl. 9 d. VH). Mit Schreiben vom 26.02.2007 (Bl. 16 ff.d. VH) beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Pauschalvergütung für den Zeitraum 4.11.2005 bis 3.11.2006 in Höhe von 1 210,00 €. Mit Antrag vom 2.12.2007 (Bl. 26 ff.d. VH) beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung der Pauschalvergütung für den Zeitraum 4.11.2006 bis 3.11.2007 in Höhe von 1 320,00 €.

3

Durch Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 16.01.2008 wurde die dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit von dem Betroffenen zu erstattende Vergütung in der Zeit vom 4.12.2005 bis 31.08.2007 aufgrund der Anträge vom 26.02.2007 und vom 2.12.2007 auf 2 310,20 € festgesetzt. Zur Begründung gab das Amtsgericht an, der Abrechnungszeitraum richte sich nach der erstmaligen wirksamen Betreuerbestellung. Da vor Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1.01.1992 eine Gebrechlichkeitspflegschaft angeordnet worden war, sei der Abrechnungszeitraum des Betreuers nach dem VBVG nach der ersten wirksamen Bestellung des damaligen Pflegers, welcher am 31.05.1991 wirksam verpflichtet wurde, zu bestimmen. Daher könne aufgrund des Antrags vom 2.12.2007 die Vergütung nur bis zum 31.08.2007 festgesetzt werden. Auch bei einem Betreuerwechsel ändere sich der Abrechnungszeitraum nicht.

4

Hiergegen sichtet sich das von dem Beschwerdeführer mit Fax vom 22.01.2008 (eingegangen am selben Tag beim Amtsgericht Herzberg am Harz) eingelegte Rechtsmittel. Der Betreuer beanstandet die Auffassung des Amtsgerichts zum Abrechnungszeitraum, § 9 VBVG stütze diese nicht. Das VBVG stelle nicht auf das Betreuungsverfahren, also die Anordnung der Betreuung ab, sondern eindeutig auf den Betreuer und dessen Vergütung, es könne daher nur auf die jeweilige Betreuerbestellung bei der Betrachtung der Dreimonatszeiträume abgestellt werden.

5

Unter dem 29.05.2008 gab der Bezirksrevisor die Stellungnahme ab, es solle für die Berechnung der Abrechnungszeiträume wegen der vor dem Inkrafttreten des Betreuungsrechts am 01.01.1992 bestandenen Gebrechlichkeitspflegschaft auf dieses Datum abgestellt werden (Bl. 40 d. VH).

6

II.

Das Rechtsmittel des Betreuers ist als sofortige Beschwerde auszulegen.

7

Sie ist zulässig und teilweise begründet.

8

Gem. §§ 56g Abs. 5 Satz 1, 69e Abs. 1 Satz 1 FGG i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG ist gegen die gerichtliche Festsetzung einer Vergütung durch gerichtlichen Beschluss des Vormundschaftsgerichts die sofortige Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 150,00 € übersteigt. Der insgesamt von dem Betreuer in den Anträgen vom 22.02.2007 und 2.12.2007 beantragte Vergütungsbetrag beläuft sich auf 2 530,00 €. Die Vergütung wurde im Beschluss des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 16.01.2008 lediglich auf 2 301,20 € festgesetzt. Mithin übersteigt die Beschwer des Betreuers in Höhe von 228,80 € die Grenze von 150,00 €. Die sofortige Beschwerde wurde auch fristgerecht binnen der Zweiwochenfrist gem. § 22 Abs. 1 FGG am 22.01.2008 per Fax beim Amtsgericht Herzberg am Harz eingelegt. Die nicht korrekte Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht. Die Form des § 21 Abs. 2 FGG wurde durch die Übersendung des Faxes eingehalten.

9

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

10

Auf die Anträge des Betreuers vom 26.02.2007 und 2.12.2007 war die Vergütung für die Zeit vom 4.11.2005 bis 30.09.2007 auf 2 411,20 € festzusetzen.

11

Gem. § 9 Satz 1 VBVG kann die Vergütung nach Ablauf von jeweils 3 Monaten für diesen Zeitraum geltend gemacht werden. Maßgeblicher Zeitraum für den Beginn des Quartals nach § 9 Satz 1 VBVG ist das Wirksamwerden der Betreuerbestellung gem. § 69a Abs. 3 FGG. Hiernach wird die Betreuung mit Bekanntgabe an den Betreuer wirksam, wobei eine bestimmte Form für die Bekanntgabe nicht vorgeschrieben ist (Bauer/Deinert, in: HK-BUR, Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 48. AL Oktober 2005, § 9 VBVG Rn. 12).

12

Da erstmalig für den Betroffenen durch Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 18.04.1991 eine Gebrechlichkeitspflegschaft eingerichtet wurde und Frau C.... am 31.05.1991 als Pflegerin verpflichtet wurde, ist für den Beginn des Abrechnungszeitraums auf den 01.01.1992 abzustellen, da an diesem Tag das neue Betreuungsrecht in Kraft trat. Die Anpassung an das neue Betreuungsrecht erfolgte dementsprechend durch Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 19.03.1992, indem festgestellt wurde, dass Frau C.... die Betreuerin des Betroffenen für die Aufgabenkreise der Vermögenssorge, des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Zustimmung zu ärztlichen Heilmaßnahmen bleibt. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer beginnt der Abrechnungszeitraum mit Inkrafttreten des Betreuungsrechts am 01.01.1992, wenn zuvor eine der Betreuung ähnliche Rechtsform der Pflegschaft bzw. Vormundschaft bestanden hatte (Beschluss der Kammer vom 23.07.2007 - Az. 5 T 119/07).

13

Unerheblich ist, dass im vorliegenden Fall aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 8.10.2004 ein Betreuerwechsel dergestalt stattgefunden hat, dass die ehrenamtliche Betreuerin C.... für den Bereich der Vermögenssorge entlassen wurde und der Beschwerdeführer als Berufsbetreuer für diesen Aufgabenkreis bestellt wurde. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (vgl. Beschluss vom 23.07.2007 - Az. 5 T 119/07) ist für die Berechnung der Vergütung auf den Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung abzustellen. Denn § 5 VBVG sieht eine Staffelung des Stundenansatzes allein nach der Dauer der "Betreuung", mithin nicht nach der Dauer der "Bestellung des Betreuers" vor. Bei einem Betreuerwechsel soll auf das Datum der Bestellung des ursprünglichen Betreuers abgestellt werden, der bisherige Abrechnungszeitraum soll beibehalten werden, da der Anspruch nach § 9 S. 1 VBVG mit dem Ablauf der Zeiten der Betreuung insgesamt, nicht mit dem Ablauf einzelner Betreuertätigkeiten entsteht ( LG Wuppertal, FamRZ 2006, 1066; Bauer/Deinert, in: HK-BUR, Betreuungs- und Unterbringungsrecht, 48. AL Oktober 2005, § 9 VBVG Rn. 28, 29).

14

Die Entschädigung des Beschwerdeführers aufgrund seines Vergütungsantrages vom 11.01.2006 wurde für den Zeitraum 3.11.2004 bis 30.06.2005 antragsgemäß auf 959,40 € festgesetzt und darüber hinaus antragsgemäß vom 1.07.2005 bis 3.11.2005 auf 541,20 €. Der Abrechnungszeitraum gem. § 9 Satz 1 VBVG wurde damals nicht beachtet. Dies hindert jedoch nicht, dass in den Folgeanträgen der Abrechnungszeitraum von 3 Monaten, also quartalsweise, eingehalten werden muss. Mithin konnte der Betreuer durch den Antrag vom 2.12.2007 lediglich die Vergütung bis zum 30.09.2007 (für das letzte Quartal vom 1.07.2007 bis 30.09.2007 und für die Zeiträume davor) geltend machen.

15

Der dem Betreuer von dem Betroffenen zu erstattende Vergütungsbetrag errechnet sich wie folgt:

16

Da die Betreuung länger als 1 Jahr dauert und der Betroffene sich in einem Heim aufhält, ist ein monatlicher Stundenansatz gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 VBVG von 2,5 Stunden zu wählen. Da der Betreuer über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule verfügt, beträgt der Stundensatz des Betreuers gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG 44,00 €.

17

Für den Zeitraum vom 4.12.2005 bis 30.09.2007 errechnet sich ein Vergütungsbetrag in Höhe von 2 411,20 €,

18

nämlich (anteilig ab 4.12.05) für Dezember 2005: entsprechend § 5 Abs. 4 VBVG nach einem Stundenansatz von 2,3 × 44 € = 101,20 €.

19

Für 2006: 12 Monate × 2,5 Stunden × 44,00 € = 1 320,00 €

20

für 2007: 9 Monate × 2,5 Stunden × 44,00 € = 990,00 €.

21

Da dem Betreuer für den im Antrag vom 02.12.2007 enthaltenen, über den 30.09.2007 hinausgehenden Zeitraum eine Vergütung nicht bewilligt werden konnte, da insoweit der Abrechnungszeitraum gem. § 9 Satz 1 VBVG noch nicht abgelaufen war, war im Übrigen die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 131 KostO, 13a FGG.