Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.07.2003, Az.: 6 K 465/99

Änderung eines Körperschaftsteuerbescheides; Minderung des Gewinns durch Gewährung einer Pensionszusage an Geschäftsführer; Berücksichtigung einerÜberversorgung durch die Pensionsrückstellung; Obergrenze einer angemessenen Altersversorgung; Einbeziehung einer fiktiven Jahresnettoprämie und der Versorgungszusage zur Feststellung der Aktivbezüge

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
02.07.2003
Aktenzeichen
6 K 465/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 12812
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2003:0702.6K465.99.0A

Fundstellen

  • DStR 2004, XII Heft 12 (Kurzinformation)
  • DStRE 2004, 411-412 (Volltext mit amtl. LS)
  • EFG 2003, 1649-1650
  • INF 2003, 849

Verfahrensgegenstand

Körperschaftsteuer 1987

Tatbestand

1

Die Streitsache befindet sich im 2. Rechtsgang. Wegen des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand der Entscheidung im ersten Rechtsgang vom 24.03.1998 (VI 575/92, EFG 1998, 1220) sowie die Revisionsentscheidung vom 18.02.1999 (I R 51/98, BFH/NV 1999, 1384) Bezug genommen.

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Das Revisionsgericht hob das Urteil des erkennenden Senats auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück, um der Frage nachzugehen, ob durch die gewährte Pensionszusage eine Überversorgung bei der Geschäftsführerin W eingetreten sei.

3

Die Klägerin führt hierzu aus, eineÜberversorgung sei auf Grund der gewährten Pensionszusage nicht eingetreten. Die Geschäftsführerin W habe im Streitjahr 1987 neben einem Gehalt von 65.000,00 DM auch eine Pensionszusage erhalten, deren fiktive Jahresnettoprämie 176.955,00 DM betrage. Die Aktivbezüge hätten sich auch bis zur Pensionierung im Jahr 1994 nicht mehr geändert. Die fiktive Jahresnettoprämie habe im Jahr 1.993.186.330,00 DM betragen. Ab 1994 erhalte sie eine Rente aus der Sozialversicherung in Höhe von 17.172,72 DM. Bei einer Zusage einer betrieblichen Pension von monatlich 4.063,00 DM komme indes keineÜberversorgung zu Stande, da die fiktive Jahresnettoprämie Bestandteil der Aktivbezüge sei. Dies werde zum einen dadurch bestätigt, dass die fiktive Jahresnettoprämie bei der Frage der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Rahmen der Gesamtausstattung einzubeziehen sei. Zum anderen seien betriebliche Alterversorgungen auch arbeitsrechtlich als Entgelt der Arbeitnehmer zu behandeln. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 03.05.2000 Bezug genommen.

4

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1987 vom 14.05.1997 die Pensionsrückstellung der W in Höhe von 523.266,00 DM Gewinn mindernd zu berücksichtigen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit die Pensionsrückstellung auf einer Überversorgung beruht.

6

Der Beklagte ist der Auffassung, die zugesagte Pension dürfe lediglich eine Lücke der Altersbezüge schließen und keine Aufstockung der Altersversorgung bis zur Höhe der Aktivbezüge herbeiführen. Daher ergebe sich eine Überversorgung wie folgt:

Letzte Aktivbezüge 65.000,00 DM
Obergrenze 75 % 48.750,00 DM
Sozialversicherungsrente 17.172,00 DM
Verbleibende Versorgungslücke 31.578,00 DM = 49 % des Aktivgehalts
7

Zu den Aktivbezügen zähle die fiktive Jahresnettoprämie nicht, da ansonsten für dieÜberversorungsprüfung der Pensionszusage diese ihre eigene Bemessungsgrundlage erhöhe.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist nur teilweise begründet.

9

Zwischen den Beteiligten ist auf Grund des Revisionsurteils inzwischen unstreitig, dass die Pensionszusage der Geschäftsführerin G in voller Höhe und die Pensionszusage der W dem Grunde nach anzuerkennen ist. Der Höhe nach darf die Rückstellung für die Pensionszusage der W das Einkommen der Klägerin nur mindern, soweit diese den Betrag von 338.919,00 DM (523.266,00 DM - 184.347,00 DM = 338.919,00 DM + Rückstellung Pensionszusage G 57.988,00 DM = 396.907,00 DM) übersteigt.

10

Die Pensionszusage der W ist unangemessen hoch, da durch sie eine Überversorgung eintritt. Die Obergrenze einer angemessenen Altersversorgung und damit die Grenze zur "Überversorgung" liegt nach der Rechtsprechung bei 75 v.H. der letzten Aktivbezüge (BFH-Urteil vom 08.10.1986 - I R 220/82, BFHE 148, 37, BStBl II 1987, 205 m.w.N.; BFH-Urteil vom 17.05.1995 - I R 147/93, BFHE 178/203, BStBl. II 1996, 204 m.w.N.).

11

Aktivbezüge sind diejenigen Gehaltsbestandteile, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung als steuerpflichtigen Arbeitslohn zuwendet (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1995 - I R 37/95, BFH/NV 1996, 596). Die fiktive Jahresnettoprämie gehört - entgegen der Ansicht der Klägerin für die Prüfung derÜberversorgung einer Pensionszusage - nicht zu den Aktivbezügen, da sie als fiktiver Gehaltsbestandteil keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.

12

Dem steht weder entgegen, dass die fiktive Jahresnettoprämie in die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtvergütung eines Geschäftsführers einzubeziehen ist noch die arbeitsrechtliche Beurteilung von Versorgungszusagen. Während bei der Angemessenheitsprüfung der Pensionszusage die Prüfung am Maßstab der Versorgung des Geschäftsführers auszurichten ist, ist Vergleichsmaßstab der Angemessenheitsprüfung der Gesamtausstattung neben der wirtschaftlichen Belastung der Kapitalgesellschaft die Höhe der Bezüge, die fremden Geschäftsführern gezahlt worden wären. Hierfür ist zwischen Aktivbezügen und Gesamtbezügen, die auch zukünftige Ansprüche wie Versorgungszusagen umfassen, zu unterscheiden. Die fiktive Jahresnettoprämie ist steuerlich lediglich rechnerische Vergleichsgröße für die Berechnung des Werts der zukünftigen Versorgung, stellt sich aber nicht als aktiven Zufluss beim Arbeitnehmer dar. Insofern kann auch eine ggf. abweichende arbeitsrechtliche Beurteilung für die steuerrechtliche Entscheidung keine Bedeutung haben. Für die Gesamtausstattung erlangt sie insofern jedoch Bedeutung als sie durch die Entstehung eines rechtsverbindlichen Versorgungsanspruch dem Arbeitnehmer einen wirtschaftlichen Vorteil gewährt.

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Demgegenüber erhöht die Zusage einer Versorgung nicht die dem Arbeitnehmer zur Verfügung stehenden aktiven Bezüge. Sie trägt nicht zur Erhöhung des verfügbaren Einkommens bei, sondern dient lediglich zur Absicherung eines Mindestmaßes der bisherigen Lebensstandards. Die Pensionszusage wird zur Schließung einer Versorgungslücke und damit der angemessenen Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährt. Die Höhe der Versorgung kann sich folglich nur an denjenigen Bezügen ausrichten, die dem Arbeitnehmer zu seiner aktiven Zeit tatsächlich in Form von Geld oder als Sachbezug zugeflossen sind. Fiktive Beträge, die lediglich als Vergleichsgröße zur Beurteilung einer Rechtsfrage herangezogen werden, fließen dem Arbeitnehmer nicht zu. Sie stehen ihm nicht aktiv zur Verfügung und haben damit keinen Einfluss auf seinen für die Versorgung maßgeblichen Lebensstandard. Demzufolge war für die Beurteilung der Überversorgung von einem Aktivbezug von 65.000,00 DM auszugehen.

14

Entsprechend der vorstehenden Ausführungen darf die Versorgung insgesamt 48.750,00 DM betragen. Zieht man hiervon die Sozialversicherungsrente von 17.172,72 DM ab, verbleiben 31.578,00 DM. Bei einer Pension von 48.756,00 DM sind folglich 17.178,00 DM oder 35,23 % der Zusage als Überversorgung anzusehen und dürfen das Einkommen der Klägerin nicht mindern. Die Pensionsrückstellung in Höhe von 523.266,00 DM ist folglich um 35,23 % = 184.347,00 DM zu mindern.

15

Die Berechnung der Körperschaftsteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagtenübertragen.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 S. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m.§§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).