Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.02.1999, Az.: XIII 436/93
Anerkennung eines Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG (Einkommensteuergesetz); Nachweis der Wertlosigkeit des Gesellschaftsanteils als Voraussetzung; Übertragung eines Gesellschaftsanteils an Mitgesellschafter gegen einen symbolischen Betrag; Unentgeltliche Übertragung eines GmbH-Anteils als Veräußerung; Widersprüchlichkeit der Angabenüber die Zahlung des Stammkapitals in den Eröffnungsbilanzen und Schlussbilanzen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.02.1999
- Aktenzeichen
- XIII 436/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 19465
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0217.XIII436.93.0A
Rechtsgrundlage
- § 17 EStG
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1991
Amtlicher Leitsatz
Anerkennung eines Veräußerungsverlustes nach§ 17 EStG nur bei Nachweis der Wertlosigkeit des Gesellschaftsanteils
In dem Rechtsstreit
hat der XIII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17. Februar 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Geschäftsführer
ehrenamtliche Richterin ... Prokuristin
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 21.09.1993 und Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 25.08.1993 wird die Einkommensteuer 1991 auf ... DM herabgesetzt; im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten trägt der Kläger.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) einen Verlust nach§ 17 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerlich geltend machen kann. Der Kl. hatte zusammen mit Herrn L am 1. März 1990 die Firma B GmbH gegründet. Am Stammkapital der GmbH waren der Kl. und Herr L je zur Hälfte beteiligt. Die GmbH hatte am 1. April 1990 ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen und betrieb Geschäftslokale in H, H und K. Der Kl. und Herr L hatten bereits in der Zeit vor Gründung der GmbH zusammengearbeitet. Die Einzelheiten der Zusammenarbeit sind zwischenden Beteiligten streitig.
Mit notariellem Vertrag vom 17. Oktober 1991 übertrug der Kl. seinen Geschäftsanteil auf seinen Mitgesellschafter L. Als Entgelt wurde der symbolische Betrag von 1 DM vereinbart.
Durch Vertrag vom 18. Oktober 1991 übernahm der Kl. von der GmbH die Betriebsstätte in H und betrieb diese als Einzelunternehmer weiter.
Der Beklagte (Bekl.) veranlagte den Kl. erklärungsgemäß zur Einkommensteuer. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid blieb erfolglos, da zunächst keine Begründung eingereicht worden war.
Mit der Klage macht der Kl. geltend, er habe einen Verlust dadurch erlitten, dass er seinen Geschäftsanteil verloren habe; darüber hinaus habe er Verluste in Höhe von 116.000 DM erlitten. Neben dem Stammanteil an der GmbH in Höhe von 25.000 DM handelt es sich um folgende Beträge:
03.01.1990 | 90.000,00 DM | (per Scheck) |
---|---|---|
02.02.1990 | 15.000,00 DM | (per Scheck) |
10.10.1991 | 5.000,00 DM | (Scheck an Lieferant G.) |
15.11.1991 | 2.094,53 DM | (Überweisung an H. GmbH für Leasing-Vertrag) |
26.11.1991 | 4.747,50 DM | (per Scheck, Mietzahlung für das 01.08. - 15.10.1991 für das Ladenlokal in H.) |
Summe | 116.842,03 DM. |
Zum niedrigen Kaufpreis für den Geschäftsanteil trägt der Kl. vor, die GmbH habe seit ihrer Gründung einen Gesamtverlust in Höhe von 32.400 DM erlitten und habe in akuten Liquiditätsschwierigkeiten gesteckt. Weitere Verlust hätten aus der im Jahr 1991 in Köln gegründeten Filiale gedroht, die sich als wirtschaftliche Fehlmaßnahme erwiesen habe und im Jahre 1992 wieder aufgegeben worden sei. Insgesamt habe der Kl. unter Einbeziehungseiner Stammeinlage einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 141.841,03 DM erlitten.
Darüber hinaus habe der Kl. einen Verlust aus Kapitalvermögen in Höhe von 8.775 DM erlitten. Dieser resultiere daraus, dass der Kl. im Jahre 1990 seine Einlage in Höhe von 90.000 DM durch einen Kontokorrentkredit der Stadtsparkasse H finanziert habe. Der Schuldsaldo auf diesem Konto habe vor Aufnahme des Kredits 19.857,10 DM betragen. Am 01.01.1991 habe sich der Schuldenstand des Kreditkontos auf 108.693,63 DM, am 14.10.1991 auf 108.355,56 DM belaufen. Die Einlage sei demnach während des gesamten Besitzzeitraums kreditfinanziert gewesen. Die Zinsen im Gesamtbetrag von 8.775 DM stellten nachträgliche Werbungskosten dar, die steuerlich berücksichtigt werden müssten.
Der Kl. beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1991 vom 25.08.1993 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 21.09.1993 dergestalt zu ändern, dass ein Verlust gem. § 17 EStG aus der Veräußerungder Gesellschaftsanteile an der B GmbH H in Höhe von 141.841,03 DM berücksichtigt wird und Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhevon 8.775 DM anerkannt werden und die Einkommensteuer entsprechend festgesetzt wird. Darüber hinaus sollen zusätzlich Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 1.730 DM berücksichtigt werden.
Der Bekl. beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 1.730 DM zusätzlich anerkannt werden.
Er ist der Ansicht, dass § 17 EStG nicht anwendbar sei, denn der Anteil des Kl. an der B GmbH sei nicht unentgeltlich übertragen. Ein Verlust von 32.400 DM reiche für die Wertlosigkeit eines Anteils nicht aus. Auch die Tatsache, dass das Finanzamt H den gemeinen Wert der Anteile auf den 31.12.1990 für je 100 DM des Stammkapitals auf 100 DM festgestellt habe, spreche gegen die Wertlosigkeit der Anteile. Soweit der Kl. Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend mache, seien die Zinsen nicht abzugsfähig, da kein Überschuss aus der Kapitalanlage zu erwarten gewesen sei.
Im übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die GmbH erst am 1. März 1990 errichtet worden sei. Zahlungen des Kl., die vor dem 1. März 1990 erfolgt seien, ständen nicht im Zusammenhang mit der GmbH. Dabei handele es sich um die Zahlungen von 90.000 DM und 15.000 DM. Widersprüchlich seien auch die Angaben des Kl. zum Stammkapital: Während die Eröffnungsbilanz per 01.04.1990 ausweise, dass die Stammeinlage des Kl. bar eingezahlt sei, weise die Bilanz zum 31.12.1990 aus, dass das Stammkapital nicht eingezahlt sei. Wenn dem so sei, habe der Kl. auch keinen Verlust aus der Veräußerung seines Anteils erlitten, da seine Einzahlungsverpflichtung weggefallen sei. Die im Oktober 1991 erfolgten Zahlungen ständen offensichtlich ebenfalls nicht im Zusammenhang mit der B GmbH, denn der Kl. habe am 18.10.1991 die Filiale H als Einzelunternehmen weitergeführt. Die Zahlungen ständen im Zusammenhang mit dem Hildesheimer Objekt, nicht mit der GmbH.
Im übrigen sei festzuhalten, dass der Kl. am 29. Oktober 1992 den Anteil an B GmbH zurückgekauft habe. In dem Kaufvertrag sei von einer "gut eingeführten Marktposition" die Rede.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 v.H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen.Gem. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.
Eine unentgeltliche Übertragung eines GmbH-Anteils ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) BFH-Urteil vom 5. März 1991 VIII R 163/86, BStBl II 1991, 630, vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34) nur dann als Veräußerung anzusehen, wenn dieser Anteil wertlos ist. Die Beweislast für die Wertlosigkeit trifft den Steuerpflichtigen. Im Streitfall hat der Kl. den Beweis der Wertlosigkeit der veräußerten Anteile nicht erbracht. Er hat zwar darauf hingewiesen, dass die GmbH seit der Gründung einen Verlust von 32.400 DM erlitten habe; dem steht jedoch die Feststellung des Betriebsfinanzamts H - gegenüber, das den gemeinen Wert der Anteile auf den 31.12.1990 auf 100 DM je 100 DM Anteil festgestellt hat. Danach betrug der Wert derübertragenen Anteile per 31.12.1990 25.000 DM.Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass der Wert der Anteile im ersten 3/4-Jahr des Jahres 1991 auf 0 DM gesunken ist, sind vom Kl. nicht vorgetragen worden. Demgegenüber hat der Kl. im Oktober 1992 seinen Anteil an der Firma B GmbH zurückgekauft. Aus dem in den Gerichtsakten befindlichen Vertrag geht hervor, dass auch der Firmenwert auf den Kl. übergehen soll,dann heißt es weiter wörtlich: "Dieser besteht im wesentlichen aus der gut eingeführten Marktposition des Einzelhandelsgeschäftes und dem vorhandenen Kundenstamm". Folgte man den Ausführungen des Kl., so müsste zwischen Ende 1990 und Oktober 1992 ein rapider Werteverfall der GmbH-Anteile stattgefunden haben, der bis Oktober 1992 wieder aufgefangen sein müsste. Für diesen Sachverhalt gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Hinzu kommt noch folgendes: Die Angaben über die Zahlung des Stammkapitals des Kl. in den Eröffnungs- und Schlussbilanzen des Jahres 1990 sind widersprüchlich. Danach hat der Kl. seine Einlage von 25.000 DM bar eingezahlt, während die Bilanz per 31.12.1990 ausweist, dass die Einlagen nicht gezahlt worden seien.
Vor diesem Hintergrund kann der Senat nicht feststellen, dass der Anteil des Kl. an der Firma B GmbH im Zeitpunkt der Veräußerung wertlos war.
Soweit der Kl. einen Verlust aus Kapitalvermögen geltend macht, hat die Klage keinen Erfolg. Zinsen für Kredite zum Erwerb der veräußerten Anteile sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nur dann abzugsfähig, wenn auf Dauer einÜberschuss der Einnahmen aus Kapitalvermögen über die Werbungskosten einschl. Zinsen oder ein Veräußerungsgewinn nach§ 17 EStG zu erwarten ist. Zinsen, die nach der Veräußerung anfallen, sind nur insoweit abzugsfähig, als sie auf die Zeit vor Veräußerung entfallen, also rückständig sind. Der Abzug als nachträgliche Werbungskosten ist nicht zulässig (BFH-Urteil vom 19.01.1993 VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714).
Die Einkommensteuer errechnet sich danach wie folgt:
zu versteuerndes Einkommen bisher | 40.043 DM |
---|---|
./. weitere Sonderausgaben | 1.730 DM |
zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil | 38.313 DM |
darauf entfallende Einkommensteuer | |
lt. Grundtabelle |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, da das Obsiegen des Kl. geringfügig ist.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.