Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.02.1999, Az.: IX 647/97
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 17.02.1999
- Aktenzeichen
- IX 647/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 33055
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0217.IX647.97.0A
Amtlicher Leitsatz
Aufwendungen für eine Ausbildung zur Yogalehrerin können Werbungskosten sein.
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid 1995 vom. April 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom. November 1997 wird geändert und die Einkommensteuer auf 45. 062 DM festgesetzt.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit leisten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen der Klägerin für einen Yoga-Kurs als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.
Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 1995 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Klägerin bezieht als Lehrkraft an einer Orientierungsstufe Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im November 1994 begann sie an der Yogaschule B e.V. eine berufsbegleitende Ausbildung zur Yogalehrerin. Dazu besuchte sie 1994 ein sowie 1995 acht Wochenendseminar(e), jeweils von Freitag bis Sonntag. Nach einer Bescheinigung der Yogaschule vom 22. Januar 1996 zahlte sie im Streitjahr 1995 für die Ausbildung insgesamt 3. 000 DM an Ausbildungsgebühren. Weiter bescheinigte die Schule am 22. Januar 1996, daß die Klägerin die einmalige Aufnahmegebühr in Höhe von 800 DM gezahlt habe. Dieser Beleg ist mit einem handschriftlichen Zusatz "bezahlt am 4.1.95" versehen.
In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin neben den Kursgebühren von 3. 800 DM Fahrtkosten und Mehrverpflegungsaufwendungen geltend und beantragte insgesamt für die Ausbildung einen Betrag von 5.221,60 DM als Werbungskosten abzuziehen.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nicht, sondern ließ lediglich im Rahmen der Sonderausgaben einen Betrag von 900 DM (Ausbildung in einem nicht ausgeübten Beruf) zum Abzug zu.
Dagegen richtet sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.
Im Klageverfahren begehren die Kläger weiter den vollen Abzug der Lehrgangs- und Nebenkosten. Sie tragen dazu vor, die an der Yogaschule erworbenen Kenntnisse setze die Klägerin ausschließlich für ihre Tätigkeit als Lehrerin ein. Sie biete an der Schule, an der sie unterrichte, Yogakurse in Form von Arbeitsgemeinschaften an, um die Lernfähigkeit und Lernbereitschaft der Schüler zu fördern und zu erhalten. Die Ausbildung zur Yogalehrerin vermittele u.a. auch spezielle Kenntnisse darüber, wie man mit entsprechenden Übungen diese Fähigkeiten von Kindern steigern könne. Im Jahr 1995 und in den Folgejahren habe sie pro Schulhalbjahr eine Arbeitsgemeinschaft Yoga wöchentlich zweistündig angeboten und durchgeführt. An diesen Arbeitsgemeinschaften hätten durchschnittlich 12 bis 26 Schüler der fünften und sechsten Klassen teilgenommen.
Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 1995 vom. April 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom. November 1997 zu ändern und die Steuer unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten von 4. 322 DM (5.222,60 DM ./. 900 DM) niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bleibt bei seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung, die Aufwendungen für die Ausbildung zur Yogalehrerin seien nicht nahezu ausschließlich durch die Berufstätigkeit der Klägerin veranlaßt. Sie berührten vielmehr die allgemeine Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abziehbar. Vielmehr handele es sich hier um gemischte Aufwendungen, die nur dann abziehbar seien, wenn sich eine Trennung in einen beruflichen und privat veranlaßten Teil leicht und einwandfrei durchführen lasse. Das sei aber nicht der Fall.
Die Ausbildung zur Yogalehrerin dauere insgesamt 3 1/2 Jahre. Sie diene im wesentlichen auch dem Bereich der allgemeinen Persönlichkeitsentfaltung. Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Janauar 1993 VI R 61/91 (BFH/NV 1993, 416, betr. eine Skileiterbefähigung eines Lehrers) sieht das FA lediglich die Möglichkeit, die Aufwendungen im Rahmen der Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1995 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Die Aufwendungen für den Besuch der Yogaschule sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.
Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift sind solche Aufwendungen nicht abziehbar, die der Lebensführung des Steuerpflichtigen dienen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Dem FA ist darin zuzustimmen, daß im Interesse der Steuergerechtigkeit verhindert werden soll, daß Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewußt herbeigeführte Verknüpfung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung in ihren beruflichen Bereich verlagern können, weil sie einen entsprechenden Beruf ausüben. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22. Januar 1993 VI R 61/91, BFH/NV 1993, 416 m.w.N.) liegen deshalb abziehbare Aufwendungen nur vor, wenn sie ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse getätigt werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist.
Von diesen Voraussetzungen muß nach Auffassung des Senats im Streitfall ausgegangen werden. Die Klägerin hat nicht nur einen einmaligen, der Persönlichkeitsstärkung dienenden Yogakurs absolviert, sondern sich einer mehrjährigen Ausbildung zur Unterrichtung dieser Meditationsart unterzogen. Insbesondere stellt der Senat darauf ab, daß die Klägerin bereits im Streitjahr 1995 im Rahmen der Arbeitsgemeinschaften an der Orientierungsstufe Yogakurse für Schüler durchgeführt hat. Diese Kurse wurden auch angenommen. Es ist deshalb davon auszugehen,daß die Klägerin ihre Ausbildung zur Yogalehrerin nahezu ausschließlich für die berufliche Tätigkeit an einer allgemeinbildenen Schule begonnen hat. Es würde nach Auffassung des Senats den Begriff der "Lebensführung" in § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG überspannen, wollte man den Abzug der Aufwendungen immer dann versagen, wenn ein irgenwie gearteter Vorteil für den privaten Bereich - hier: Persönlichkeitsstärkung - vorliegt. Der Senat verkennt nicht, daß die Ausbildung und Teilnahme an dieser Art von Meditation sich auch im privaten Bereich der Klägerin positiv auswirken mag. Gleichwohl ist im Streitfall diese private Mitveranlassung nur von weit untergeordneter Bedeutung.
Bedenken an der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen hat das FA nicht vorgetragen. Sie sind auch aus den Akten nicht erkennbar.
Die Steuerfestsetzung ist demgemäß wie folgt zu ändern:
zu versteuerndes Einkommen bisher: | … DM | |
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./. weitere Werbungskosten: | ./. | 4. 322 DM |
zu versteuerndes Einkommen | … DM | |
Einkommensteuer 1995 | ||
nach der Splittungtabelle | … DM. |
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung (ZPO).