Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.02.1999, Az.: V 277/95
Vorsteuerabzug für Leistungen Drtter als eigene Leistungen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.02.1999
- Aktenzeichen
- V 277/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 19607
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0218.V277.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG
- § 14 UStG
- § 3 Abs. 1 UStG
Fundstellen
- DStRE 2000, 93-95 (Volltext mit amtl. LS)
- UStB 2000, 38
- UVR 2000, 66
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer 1987
Amtlicher Leitsatz
Die Theorie vom sogenannten Doppelumsatz (Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer und Lieferung des Sicherungsnehmers an einen Dritten) findet keine Anwendung, wenn vor der Verwertung des Sicherungsgutes dieses zum Zwecke der Auswechslung des Sicherungsgebers durch den Sicherungsgeber an einen Dritten geliefert wird.
In dem Rechtsstreit
hat der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 18. Februar 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vizepräsidentin ... des Finanzgerichts ...
Richter am Finanzgericht...
Richter am Finanzgericht...
ehrenamtlicher Richter...
ehrenamtlicher Richter...
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides 1987 vom 13. Juni 1988 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 1. August 1988 wird die Umsatzsteuer 1987 auf minus 11.913,64 DM festgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens V R 102/89.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Am 30. Oktober 1985 schloss die ... (im folgenden: KG) mit ... (im folgenden: A) einen Sicherungsübereignungsvertrag, mit dem sie A sämtliche Halb- bzw. Fertigprodukte an Verblendziegeln übertrug. Die Sicherungsvereinbarung erfolgte aufgrund einer Darlehensgewährung von A an die KG. Der Gesamtwert der übereigneten Waren sollte mindestens 600.000 DM ausmachen. Die KG war befugt, die Waren im eigenen Namen im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs unter Wahrung des Mindestdeckungsbestandes zu verkaufen und zu übereignen. A war berechtigt, das Sicherungsgut in unmittelbaren Besitz zu nehmen, falls die KG ihm gegenüber ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllte. Die KG war verpflichtet, auf Verlangen von A bei einer Verwertung des Sicherungsgutes mitzuwirken. Wegen der Einzelheiten wird auf den Sicherungsübereignungsvertrag Bezug genommen.
Am 30. Dezember 1985 schloss die KG mit A ferner einen Sicherungs- und Leihvertrag über näher bezeichnete Betriebsanlagen. Hiernach war A berechtigt, jederzeit die Herausgabe der Anlagen von der KG zu verlangen, wenn diese mit der Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen in Rückstand geriet. A war für diesen Fall ferner befugt, die Anlagen zu verkaufen und sich aus dem Erlös in Höhe einer Forderung aus Darlehen von insgesamt 760.000 DM zu befriedigen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Sicherungs- und Leihvertrag verwiesen.
Schließlich übertrug die KG A durch Sicherungsübereignungsvertrag vom 15. Juli 1986 bzw. 5. Januar 1987, auf den Bezug genommen wird, mehrere Fahrzeuge sowie Bürogeräte. Die KG war lediglich zur Nutzung dieser Gegenstände befugt. Für den Fall, dass sie ihren Kreditverbindlichkeiten gegenüber A nicht nachkam, war sie verpflichtet, bei der Verwertung des Sicherungsgutes mitzuwirken.
Am 12. Januar 1987 verkaufte die KG ihr Betriebsgrundstück, wobei die Kaufpreisentrichtung in der Übernahme der in Abteilung IIIdes Grundbuches eingetragenen Belastungen bestand. Zuvor war Ende 1986 ein Wechsel der KG nicht eingelöst worden. Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der KG lehnte das zuständige Amtsgericht mit Beschlüssen vom 3. April und 14. Juli 1987 ab.
Nachdem der Wechsel von der KG nicht eingelöst worden war, hatte A mit Schreiben vom 15. Dezember 1986 fristlos die der KG gewährten Darlehen gekündigt. Ferner hatte er von seinen Sicherungsrechten Gebrauch gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 15. Dezember 1986 verwiesen.
Mit zwei Verträgen vom 11. März 1987 kaufte die Klägerin von der KG einen näher bezeichneten Bestand an Verblendsteinen zu einem Preis von 267.597,43 DM, zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer i.H.v. 37.463,64 DM, sowie Gegenstände des Anlagevermögens zu einem Preis von 137.000 DM, zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer i.H.v. 19.180 DM. In den Verträgen istangeführt, dass die verkauften Gegenstände Eigentum von A seien. Ferner ist in den Verträgen vereinbart, dass das Sicherungseigentum mit der Maßgabe bestehen bliebe, dass die Sicherungsrechte nunmehr A gegen die Klägerin zustünden. Der Kaufpreis wurde dadurch beglichen, dass die Klägerin Darlehensverpflichtungen der KG gegenüber A in Höhe der jeweils vereinbarten Preise übernahm. A stimmte den Kaufverträgen in den Vertragsurkunden unter dem Datum vom 11. März 1987 zu. Die KG erteilte der Klägerin entsprechende Rechnungen unter gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer.
Die Klägerin machte die Vorsteuern aus den Rechnungen in Höhe von insgesamt 56.643,64 DM in ihrer Umsatzsteuererklärung 1987 geltend. Der Beklagte ließ den Vorsteuerabzug mit der Begründung nicht zum Abzug zu, dass die Klägerin die bezogenen Gegenstände nicht von der KG, sondern von A erworben habe, so dass ihr ein Vorsteuerabzug aufgrund der durch die KG erteilten Rechnungen nicht zustehe.
Der Einspruch war erfolglos. Die dagegen bei dem Niedersächsischen Finanzgericht erhobene Klage wurde mit Urteil vom 6. Juni 1989 (V 500/88) als unbegründet abgewiesen. In seinen Gründen führte der Senat aus, dass A mit seinem Schreiben vom 15. Dezember 1986 seine Darlehen fristlos gekündigt und von seinen Sicherungsrechten Gebrauch gemacht habe. Dadurch sei Verwertungsreife eingetreten. Die Verwertungsbefugnis habe von diesem Zeitpunkt an allein A zugestanden. Dieser sei entgegen dem Wortlaut der Verträge vom 11. März 1987 daher auch tatsächlicher Verkäufer der Gegenstände gewesen, mit der Folge, dass ein Doppelumsatz zwischen A und der KG und der KG und der Klägerin vorliege. Da die Lieferungen der Klägerin aber nicht von der Rechnungsausstellerin, der KG, sondern von ... erbracht worden seien, lägen die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nicht vor.
Mit Urteil vom 9. März 1995 (Az.: V R 102/89) hob der Bundesfinanzhof (BFH) das die Klage abweisende Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Niedersächsische Finanzgericht zurück. In den Urteilsgründen meint der BFH, dass die Begründung eines sogenannten Doppelumsatzes nicht durch ausreichend einwandfreie Feststellungen gedeckt sei, sondern an Stelle einer Verwertung von Sicherungsgut eine mit Zustimmung von A bewirkte gewöhnliche Lieferung der KG an die Klägerin stattgefunden haben könnte, die sich aus der Sicht der ursprünglichen Sicherungsverhältnisse als Auswechselung der bisherigen Sicherungsgeberin (KG) durch eine neue (Klägerin) beurteilen ließe.
Ein Doppelumsatz finde zu dem Zeitpunkt statt, in dem der Gläubiger (Sicherungsnehmer) das Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an einen Dritten veräußere. Nichts anderes gelte für den Fall, dass die am Sicherungsverhältnis Beteiligten für die Verwertung des Sicherungsguteseine andere Methode wählten, indem die auf Befriedigung des Gläubigers hinzielende Veräußerung zum Beispiel nicht durch den Gläubiger selbst im eigenen Namen, sondern vereinbarungsgemäß vom Sicherungsgeber im eigenen oder im Namen des Gläubigers vorgenommen werde oder dass die Veräußerung zwar durch den Sicherungsnehmer stattfinde, aber "im Auftrag und für Rechnung des Darlehensnehmers" (Sicherungsgeber). Die Übereinstimmungaller dieser Fälle liege darin, dass es bei ihnen um die Verwertung des Sicherungsgutes zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers gehe.
Demgegenüber stelle umsatzsteuerlich die Sicherungsübereignung im Hinblick auf die Verpflichtung des Sicherungsnehmers, dem Sicherungsgeber bis zur Verwertung die Auslösung des Sicherungsgutes zu gestatten, noch keine Lieferung dar, sondern bereite diese nur vor. Die Verfügungsmacht, d.h. Herrschaft über Substanz, Wert und Ertrag, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht übertragen, sondern erst mit der Verwertungsreife. Dass bis zum Abschluss der Kaufverträge vom 11. März 1987 Verwertungsreife bzw. der Beginn der Verwertung bereits vorgelegen hätte, sei nicht hinreichend festgestellt. Die Theorie des sogenannten Doppelumsatzes schließe aber nicht aus, dass vor der Verwertung des Sicherungsgutes dieses insgesamt oder teilweise durch den Sicherungsgeber mit Zustimmung des Sicherungsnehmers Dritten geliefert werde, ohne dass hierbei umsatzsteuerrechtlich eine zweifache Lieferung angenommen werden müsste.
Dem Finanzgericht könne auch nicht darin gefolgt werden, dass A als der "eigentliche Geschäftsherr" angesehen werden könne, da zivilrechtliche Vereinbarungen der Beteiligten für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des entsprechenden Leistungsaustausches einschlägig seien, wenn sie - wie im Regelfall - ohne Abweichung durchgeführt würden und das Umsatzsteuerrecht für die Leistungshandlung keine besondere Regelung vorsehe. Die schuldrechtliche Vereinbarung bestimmter Rechtsformen trete jedenfalls dann zurück, wenn das Umsatzsteuerrecht für die insoweit maßgebliche tatsächliche Leistungshandlung eigenständige Beurteilungen anordne. Entsprechende einschlägige Anordnungen seien weder vom Finangericht geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Der BFH hielt eine Rückverweisung für geboten, da nicht sicher sei, dass das Finanzgericht sämtliche Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerabzugs geprüft und - abgesehen vom Streitpunkt - als erfüllt betrachtet habe.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, die Kaufverträge vom 11. März 1987 seien nach dem erklärten, einer Umdeutung nicht zugänglichen Willen der Vertragsparteien von ihr nicht mit A, sondern mit der KG geschlossen worden. A habe keinerlei rechtsgeschäftliche Handlungen vorgenommen, die auf eine Verwertung von Sicherungsgut gerichtet gewesen seien. Er sei überhaupt nichtim Stande gewesen, die Lieferungen an sie zu erbringen, weil er nicht Eigentümer der verkauften Sachen gewesen sei. Die Maschinen und Fahrzeuge hätte Grundstückszubehör dargestellt, das von der KG aufgrund des Zivilrechts nicht habe sicherungsübereignet werden können. Hinsichtlich der Verblendsteine sei der zivilrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz mit der Folge verletzt worden, dass insoweit keine wirksame Sicherungsübereignung vorliege. Dementsprechend lasse sich im vorliegenden Fall das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 17. Juli 1980 V R 124/75 (BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673) nicht anwenden, das von zivilrechtlicher Wirksamkeit der zugrunde liegenden Sicherungsübereignung ausgegangen sei. Ihr sei die Verfügungsmacht über die gekauften Sachen von der KG verschafft worden, in deren Besitz sich die Gegenstände befunden hätten. Die KG sei aufgrund der Zustimmung durch A zum Verkauf befugt gewesen.
A habe niemals Eigentum am Sicherungsgut erlangt. Die an sie verkauften Maschinen und Fahrzeuge hätten der Zubehörhaftung gemäß § 1120 BGB unterlegen. Denn die Grundpfandrechte am Betriebsgrundstück seien früher begründet worden als die Sicherungsrechte. Hinsichtlich der verkauften Verblendsteine sei die Sicherungsübereignung überdies wegen Unbestimmtheit unwirksam.
Zu berücksichtigen sei ferner, dass sich ein Sicherungsnehmer am Sicherungsgut erst nach der Verwertungsreife befriedigen dürfe und dass diese mit Fälligkeit der gesicherten Forderungen bzw. mit Konkurseröffnung eintrete (§ 1228 Abs. 2 BGB). Die Verwertungsreife sei erst am 3. April 1987 mit Ablehnung eines Konkursantrages mangels Masse eingetreten. Außerdem hätte die KG gemäß § 1234 BGB mindestens einen Monat vor der Durchführung des beabsichtigenden Verkaufs benachrichtigt werden müssen, was nichtgeschehen sei. A habe auch sonst nicht die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht über die verkauften Gegenstände erlangt.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer um 56.643,64 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält daran fest, dass in Auslegung der vorgelegten Kauf- und Sicherungsübereignungsverträge gemäß § 133 BGB davon auszugehen sei, dass A als Sicherungseigentümer die Gegenstände unter Mitwirkung der KG selbst verwertet habe. Deswegen fehle es an einer den Vorsteuerabzug auslösenden Lieferung zwischen der KG und der Klägerin. Die Lieferungen habe die Klägerin vielmehr von A erhalten, der jedoch keine Rechnungen ausgestellt habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben über Umfang und Inhalt der Verwertung des Sicherungsgutes durch die Kaufverträge vom 11. März 1987 durch Vernehmung der Zeugen ... und. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Finanzgerichtsakte Bezug genommen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Lieferungen eines Unternehmers sind gemäß § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die er den Abnehmer befähigt, im eigenen Namenüber einen Gegenstand zu verfügen, d.h. Herrschaft über Substanz, Wert und Ertrag (Verschaffung der Verfügungsmacht).
Der Bundesfinanzhof hat hinsichtlich der Verwertung von Sicherungsgut in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es erst mit der Veräußerung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer an einen Dritten zu zwei Lieferungen kommt: Der Sicherungsnehmer liefert an den Erwerber und der Sicherungsgeberliefert an den Sicherungsnehmer (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585, m.w.N.). Der Eintritt des Sicherungsfalles ist ebenso wenig wie die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Sicherungsgebers (vgl. dazu BFH-Urteil vom 9. Dezember 1993 V R 108/91, BFHE 173, 458, BStBl II 1994, 483, m.w.N.) als Lieferungszeitpunkt anzusehen. Der Sicherungsnehmer verfügt wirtschaftlich erst über den ihm zur Sicherheit übereigneten Gegenstand, wenn er ihn verwertet. Bis dahin kann der Sicherungsgeber die Verwertung grundsätzlich durch Befriedigung des Sicherungsnehmers vereiteln und ihm dadurch die Voraussetzungen für die Erlangung der Verfügungsmacht entziehen. In seinem den Senat bindenden Urteil vom 9. März 1995 (Az.: V R 102/89) geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass in dem vorliegenden Rechtsstreit mit den Verträgen vom 11. März 1987 an Stelle einer Verwertung von Sicherungsgut eine mit Zustimmung von A bewirkte gewöhnliche Lieferung der KG an die Klägerin stattgefunden haben könnte, die sich aus der Sicht der ursprünglichen Sicherungsverhältnisse als Auswechselung der bisherigen Sicherungsgeberin (KG) durch eine neue (Klägerin) beurteilen ließe. Diesen Fall sieht der BFH offensichtlich mangels Vorliegen der Verwertungsreife als einen Fall des Auslösungsrechts des Sicherungsgebers an, bei dem eine Verwertung des Sicherungsgutes zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers noch nicht vorliegt.
Mit den Verträgen vom 11. März 1987 sind die ursprünglich zwischen der KG und A bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtungen auf die Klägerin übergegangen. Das bürgerliche Gesetzbuch enthält zwar keine Vorschriften über eine rechtsgeschäftliche Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen,d.h. den Eintritt einer Vertragspartei an Stelle der bisherigen. Der Bundesgerichtshof hat jedoch im Wege der Rechtsfortbildunganerkannt, dass die rechtsgeschäftliche Übertragung eines ganzen Schuldverhältnisses zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1985, VIII ZR 316/84, BGHZ 96, 302 ff.; BGH, Urteil vom 3. Dezember 1997 XII ZR 6/96, NJW 1998, 531 ff.). Mit der Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen liegt umsatzsteuerrechtlich jedoch noch kein Doppelumsatz vor, da nach der genannten Rechtsprechung des BFH dieser erst zu dem Zeitpunkt stattfindet, in dem der Gläubiger (Sicherungsnehmer) das Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an einen Dritten veräußert. Eine Verwertung des Sicherungsgutes zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers liegt bei einer Übertragung eines Schuldverhältnisses im Ganzen deshalb noch nicht vor, weil der Gläubiger nicht vollständig befriedigt wird. Denn dem Eintretenden stehen alle Einwendungen aus dem Schuldvertrag zu (vgl. Palandt, BGB, 54. Auflage, § 398 Anm. 38). Hierzu gehörtauch das mit dem Sicherungsvertrag verbundene Auslösungsrecht des Sicherungsgebers.
Sinn und Zweck der Sicherungsübereignung ist, dem Sicherungsnehmer für den Fall der Nichterfüllung seiner Forderungen die Befriedigung aus dem Sicherungsgut zu gewährleisten. Sicherungseigentum verkörpert danach eine Verwertungsbefugnis. Inhalt dieser Verwertungsbefugnis ist, falls nicht zusätzlich Abreden über eine Nutzungsbefugnis getroffen worden sind, allein das Veräußerungsrecht. Es entsteht mit dem Eintritt der Verwertungsreife (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1979 VIII ZR 298/78, Wertpapiermitteilungen 1979 Seite 1326). Erst wenn der Sicherungsnehmer in Ausübung seines Veräußerungsrechts das Sicherungsgut verwertet, vollendet sich der mit der Sicherungsübereignung eingeleitete Liefervorgang. Der Sicherungsgeber hat zwar mit der Übertragung des Sicherungseigentums von seiner Seite aus alles getan, um dem Sicherungsnehmer nach Eintritt der Verwertungsreife Substanz, Wert und Ertrag des Sicherungsgutes zuzuwenden und dessen Verwertung durch Veräußerung aufgrund eigener mit der Verwertungsreife verbundener Verfügungsberechtigung zu ermöglichen. Es liegt allein in der Entscheidungsbefugnis des Sicherungsnehmers, nach Eintritt der Verwertungsreife das Sicherungsgut in diesem Sinne an sich zu ziehen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 V R 124/75, BStBl II 1980, 673 [674]). Die Sicherungsübereignung wird aber erst dann umsatzsteuerrechtlich zur Lieferung, wenn der Sicherungsnehmer nach Eintritt der Verwertungsreife das Sicherungsgut tatsächlich in dem Sinne an sich zieht, dass er es zum Zwecke seiner Befriedigung verwertet. Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass A bis zum Abschluss der Kaufverträge vom 11. März 1987 mit der Verwertung begonnen hatte. Denn A hat als Zeuge bekundet, dass er sich an diese Vorgänge nicht mehr erinnern könne. Die Zeugin ... und der Zeuge ... konnten ebenfalls nicht bestätigen, dass A bis zum Abschluss der Kaufverträge mit der Verwertung begonnen hatte. Eine Verwertung des Sicherungsgutes bis zum 11. März 1987 liegt danach nicht vor. Mit Abschluss der Kaufverträge vom 11. März 1987 und Zustimmung des Sicherungsnehmers hat dieser das Sicherungsgut ebenfalls nicht verwertet, weil er durch die Übertragung des Schuldverhältnisses im Ganzen nicht befriedigt worden ist. Der Sicherungsnehmer hat zwar einen potentiell solventeren Sicherungsgeber erlangt. Er ist dadurch aber noch nicht befriedigt worden. Denn die Klägerin hat die Darlehensverpflichtungen der ... nicht vollständig abgelöst, sondern ist lediglich in die Zahlungsverpflichtungen aus den Darlehensverträgen eingetreten. Damit bestand nach wie vor die Möglichkeit der Auslösung des Sicherungsgutes, wenn auch nicht von der ..., so doch von der Klägerin.
Nach der Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofes (Az.: V R 102/89) liegt damit umsatzsteuerrechtlich noch keine Lieferung im Sinne eines sogenannten Doppelumsatzes vor. Der erkennende Senat ist an die rechtliche Vorgabe des Bundesfinanzhofes in seinem Revisionsurteil gebunden. Gleichwohl erscheint es angebracht darauf hinzuweisen, dass damit die Theorie vom sogenannten Doppelumsatz in all den Fällen keine Anwendung mehr findet, in denen ein potentieller Käufer des Sicherungsgutes dieses nicht aufgrund eines Kaufvertrages erwirbt, sondern aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem ursprünglichen Sicherungsgeber und mit Zustimmung des Sicherungsnehmers in die Sicherungsverträge eintritt und anschließend das Sicherungsgut auslöst.
Da das Sicherungsgut nicht vom Sicherungsnehmer verwertet, sondern aufgrund einer einfachen Lieferungen von der ... an die Klägerin geliefert wurde, steht dieser derbeantragte Vorsteuerabzug zu, da ihr die Gegenstände tatsächlich geliefert wurden und sie über eine entsprechende Rechnung mit gesondertem Vorsteuerausweis verfügt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155, 151 FGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).