Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.02.1999, Az.: VII 473/98 Ki
Neue regelmäßige Arbeitsstätte nach 3-monatigem Besuch; Fahrten eines Auszubildenden zur Berufsschule als Dienstreise
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 24.02.1999
- Aktenzeichen
- VII 473/98 Ki
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18013
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0224.VII473.98KI.0A
Tatbestand
Im Streit steht, ob dem Kl. für das Jahr 1997 Kindergeld für seinen am 18. Juli 1978 geborenen Sohn T. zusteht.
T. stand im Jahr 1997 in einem Ausbildungsverhältnis und erzielte hieraus Einnahmen in Höhe von 14.022,00 DM. Klägerseits wird geltend gemacht, dass diesen Einnahmen folgende Werbungskosten gegenüberstehen:
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
(8 km x 182 Tage x 0,70 DM) | 1.024,80 DM |
---|---|
nachgewiesene Aufwendungen für Arbeitskleidung und Materialien | 223,50 DM |
Fahrten zur Berufsschule(24 km x 35 Tage x 1,04 DM) | 873,60 DM. |
Dementsprechend ergibt sich nach den Berechnungen des Kl., dass die Einkünfte seines Sohnes T. in 1997 11.900,00 DM ausmachten und damit unterhalb der Grenze des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG lagen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Fahrten, die der Sohn zur Berufsschule unternommen hat, nur mit dem Pauschalbetrag nach § 9 Abs. 1 Ziff. 4 EStG Berücksichtigung finden könnten. T. besuche die Berufsschule seit August 1996. Entsprechend der Regelung in Abschn. 37 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) seien die Fahrten zur Berufsschule nur für die ersten drei Monate als Dienstreisen anzusehen. Danach werde die Berufsschule zur regelmäßigen Arbeitsstätte. Deshalb könnten die Fahrten nur mit 0,70 DM je Entfernungskilometer abgerechnet werden. Damit seien die tatsächlichen Werbungskosten unter dem Pauschbetrag des § 9a Nr. 1a EStG von 2.000,00 DM. Die Einkünfte des Kindes seien mit 12.022,00 DM anzunehmen. Deshalb sei das Kindergeld zu versagen. Dementsprechend hob der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 1998 die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 1997 auf.
In dem nach erfolglosem Einspruchsverfahren angestrengten Klageverfahren haben die Beteiligten ihre Argumente erneut vorgetragen.
Der Kl. beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom 10. Februar 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht hat die beim Beklagten für den Kl. geführte Kindergeldakte vorgelegen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet. Sie haben übereinstimmend erklärt, mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden zu sein.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die er mit einem Kraftwagen durchführt, nur mit einem Pauschalbetrag von 0,70 DM je Entfernungskilometer anzusetzen. Diese eingeschränkte Berücksichtigung von Werbungskosten hat im Streitfall bezüglich der Fahrten, die der Sohn zur Berufsschule unternommen hat, Bedeutung. Zwar ist dem Kläger insoweit zuzustimmen, dass Fahrten zur Berufsschule prinzipiell als Dienstreisen zu behandeln sind (vgl. Verfügung der OFD Münster vom 27. Juni 1990 - S 2334 - 61 -St 12 - 31, Finanzrundschau 1990, Seite 494). Die Annahme einer Dienstreise ist deshalb gerechtfertigt, weil die regelmäßige Arbeitsstätte des Sohnes im Ausbildungsbetrieb liegt und er deshalb beim Besuch der Berufsschule außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird.
Die Dienstreiseregelung ist jedoch durch die Rechtsprechung eingeschränkt. Typisierend wird angenommen, dass bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte eine Dienstreise nur für die ersten drei Monate anzuerkennen ist. Danach wird die auswärtige Tätigkeitsstätte als neue regelmäßige Arbeitsstätte angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 1994 VI R 2/92, BStBl II 1995, 137 m.w.N. und BFH-Urteil vom 19. Juli 1996 VI R 38/93, BStBl II 1997, 95). Die Verwaltung folgt diesen Grundsätzen, wie aus Abschn. 37 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien ersichtlich ist. Das erkennende Gericht schließt sich dieser typisierenden Betrachtungsweise an. Danach steht fest, dass bereits bei Beginn des Jahres 1997 der genannte 3-Monats-Zeitraum abgelaufen war und deshalb die Fahrtaufwendungen zur Berufsschule nur noch mit dem eingeschränkten Pauschsatz nach§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzugsfähig waren. Daher erweist sich die Berechnung der eigenen Einkünfte des Kindes des Kl., wie sie vom Beklagten vorgenommen wurde, als zutreffend.
Da die eigenen Einkünfte des Kindes die für das Jahr 1997 maßgebliche Einkunftsgrenze von 12.000,00 DMüberschritten haben (vgl. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG), erweist sich die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung durch den Beklagten als zutreffend. Die Klage war mithin mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.