Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.02.1999, Az.: XV 449/96

Gewährung von Sonderabschreibungen nach Maßgabe des Zonenrandförderungsgesetzes; Gemeinsame Veranlagung von Eheleuten zur Einkommensteuer; Bewilligung einer Sonder-Absetzung für Abnutzung (AfA)

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
09.02.1999
Aktenzeichen
XV 449/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 20446
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0209.XV449.96.0A

Verfahrensgegenstand

Gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 3 ZRFG

Sonderabschreibung nach § 3 ZRFG

In dem Rechtsstreit
hat der XV. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 9. Februar 1999,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Landwirtschaftsmeister
ehrenamtlicher Richter ... Fotografenmeister
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Kl. abgewiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Sonderabschreibungen nach Maßgabe des § 3 Zonenrandförderungsgesetz (ZRFG).

2

Die Kl., die Eheleute sind, beantragten im Zusammenhang mit der Vorlage ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 beim beklagten Finanzamt (FA) die Bewilligung von Sonder-AfA nach § 3 ZRFG für eine in T belegene Ferienwohnung. Die begehrte Sonderabschreibung belief sich auf insgesamt 65.545 DM und ermittelte sich mit 50 v.H. der im Streitjahrfür die Ferienwohnung gezahlten

- Teilherstellungskosten:120.000 DM
- Anzahlungen auf Anschaffungskosten (Nebenkosten):11.089 DM.
3

Diesen Zahlungen lagen folgende vertragliche Absprachen zugrunde: Die Kl. erwarben im November 1993 die noch zu errichtende Eigentumswohnung nebst Kellerraum und Kfz-Stellplatz mit der Nummer auf dem Grundstück in T. Der Kaufpreis für dieses Objekt belief sich auf 253.000 DM.

4

Nachdem den Kl. eine unter dem 23. Dezember 1993 von der Volksbank E ausgestellte Bankbürgschaft über 120.000 DM für die Verkäuferin ausgehändig worden war, überwiesen diese mit Wertstellung vom 28. Dezember 1993 einen Betrag über 120.000 DM an die Verkäuferin der Ferienwohnung.

5

Im Dezember 1994 erfolgte die Fertigstellung der Ferienwohnung der Kl.

6

Mit privatschriftlichem Geschäftsbesorgungsvertrag vom 25. April 1995 vereinbarten die Kl. und H, dass einerseits die Kl. ihre Ferienwohnung voll möbliert einschließlich Geschirr und unter Auschluss der Eigennutzung der "Beauftragten" H ganzjährig zum Zwecke der Vermietung zur Verfügung stellten. Andererseits sollte die Beauftragte die Mietverträge mit den Feriengästen im Namen und auf Rechnung der Kl. abschließen. Als Vergütung waren 15 v.H. der Mieteinnahmen zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer vereinbart. Alle über die Mieteinnahmen hinausgehenden Einnahmenwie Kosten für die Endreinigung, Serviceleistungen, Leihwäsche etc. standen der "Beauftragten" direkt zu (vgl. § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages). Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Geschäftsbesorgungsvertrages wird auf Bl. 3 ff der Rechtsbehelfsakte Bezug genommen.

7

Mit Bescheid vom 11. Mai 1995 - als Anlage zum Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1993 - lehnte das beklagte FA die Bewilligung von Sonderabschreibungen gemäß § 3 ZRFG für die in T belegene Ferienwohnung ab, weil keine gewerblichen Einkünfte,sondern Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorlägen.

8

Den hiergegen von den Kl. eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsbescheid vom 9. Juli 1996 als unbegründet zurück. Voraussetzung für die Bewilligung von Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG sei u.a., dass die Vermietung der Ferienwohnung der Kl. zu gewerblichen Einkünften führen würde. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall jedoch nicht vor. Denn dies setzte u.a. voraus, dass die Wohnung in einem reinen Feriengebiet im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen liege, die eine einheitliche Wohnanlage bildeten. Nach Auskunft der Bewerbungsstelle des FA E, die das Objekt besichtigt habe, liege das Gebäude jedoch in einem reinen Wohngebiet. Es sei zu dem auch fraglich, ob bei einer Vermietung von lediglich 11 Wohnungen von einer Vielzahl von Wohnungen gesprochen werden könne. Im übrigen sei nach dem äußeren Anschein keine einem Ferienzentrum ähnliche Einrichtung vorhanden. Hinzu komme, dass in dem Objektzwar eine Rezeption eingerichtet, diese jedoch nicht laufend nach Art der Rezeption eines Hotels mit Personal besetzt sei. Lediglich Montags bis Samstags von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr sei die Rezeption geöffnet. Dies entspreche nicht dem in einem Hotel üblichen, insbesondere nicht in der Hochsaison. Schließlich sei für die Wohnung weder eine hotelmäßige Nutzung noch eine Vermietung nach Art einer Fremdenpension vorgesehen, wobei es entscheidend auf den eigenen Arbeitseinsatz des Eigentümers und nicht allein auf die Ausgaben für Hilfskräfte ankomme. Nachalledem handele es sich bei den Einkünften aus der Wohnung in T um solche aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) mit der Folge, dass § 3 ZRFG nicht anwendbar sei.

9

Die Kl. haben mit Schreiben vom 31. Juli 1996 form- und fristgerecht Klage erhoben. Sie sind der Ansicht das für die von ihnen in 1993 erworbene und im Streitjahr 1994 fertiggestellte Ferienwohnung in T Sonderabschreibungen gemäß § 3 ZRFG zu gewähren seien. Denn bei der Vermietung der Ferienwohnung handele es sich nicht lediglich um eine private Vermögensverwaltung, vielmehr würden hieraus gewerbliche Einkünfte erzielt. Insbesondere seien die von der Finanzverwaltung für die Annahme einer gewerblichen Vermietung einer Ferienwohnung aufgestellten Voraussetzungen - R 137 Abs. 3 Satz 8 des amtlichen Einkommensteuerhandbuchs für 1993 - erfüllt. Die Ferienwohnung sei in dem als Fremdenverkehrsgebiet ausgewiesenen Ort T belegen und werde mithin in einem "Feriengebiet" vermietet. Das Objekt sei im übrigen voll eingerichtet; sowohl Möbel, Wäsche als auch Geschirr seien vorhanden.

10

Im übrigen erfolge die Vermietung im Verband mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen. Denn in dem Gebäude befänden sich weitere 10 Ferienwohnungen. Die Werbung und Verwaltung sämtlicher Ferienwohnungen in diesem Gebäude sowie für weitere Ferienwohnungen sei von der Firma H übernommen worden. Auch werde die Wohnung zur jederzeitigen Vermietung freigehalten. Eine private Nutzung der Kl. sei allenfalls von untergeordneter Bedeutung.

11

Schließlich befinde sich im Erdgeschoss eine Rezeption, die nach Art eines Hotels geführt werde, und in der mit den laufend wechselnden Mietern die Verträge abgeschlossen werden könnten.

12

Die Kl. beantragen,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 11. Mai 1995 sowie des hierzu ergangenen Einspruchsbescheids vom 9. Juli 1996 das beklagte FA zu verpflichten, für das Objekt in T Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG in Höhe von insgesamt 65.545 DM zu bewilligen.

13

Das beklagte FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Die Voraussetzungen einer gewerblichen Vermietung seien im Streitfall zum einen bereits deshalb nicht gegeben, weil die klägerische Ferienwohnung nicht in einem Feriengebiet belegen sei. Hierzu sei erforderlich, dass es sich um ein Sondergebietin Form eines "reinen Feriengebiets" handele. Das Gebäude sei demgegenüber in einem reinen Wohngebiet belegen.

15

Zum anderen komme eine gewerbliche Vermietung auch deshalb nicht in Betracht, weil die Rezeption nur unzureichend besetzt sei. Im übrigen nimmt das beklagte FA auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid Bezug.

16

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Steuerakten der Kl. zur St.Nr.: verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage hat keinen Erfolg.

18

Das beklagte FA hat es im Streitfall zu Recht abgelehnt, den Kln für ihr Objekt in T Sonderabschreibungen nach Maßgabe des § 3 ZRFG zu bewilligen.

19

Nach dieser Vorschrift können Steuerpflichtige, die in einer Betriebsstätte im Zonenrandgebiet - hierzu zählt auch T -Investitionen vornehmen, bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten bzw. für Teilherstellungskosten Sonderabschreibungen in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist jedoch, dassdie Investitionen in einer land- und forstwirtschaftlichen, einer gewerblichen oder einer der selbständigen Arbeit dienenden Betriebsstätte des Steuerpflichtigen im Zonenrandgebiet vorgenommen werden. Im Bereich der Überschusseinkünfte ist § 3 ZRFG dagegen nicht anwendbar. Die vorliegend allein in Betracht kommende Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit (§ 15 EStG) im Zusammenhangmit der Eigentumswohnung in T - hier in Form der gewerblichen Vermietung - liegt jedoch nicht vor. Denn die ab dem Jahr 1995 erfolgte Vermietung der Ferienwohnung in T stellt sich nicht als eigener Gewerbebetrieb der Kl. dar.

20

Eine vermietende oder verpachtende Tätigkeit ist nur ausnahmsweise gewerblich, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten. Solche Umstände liegen u.a. dann vor, wenn wegen bestimmter, ins Gewicht fallender, bei der Vermietung von Räumen nicht üblicher Sonderleistungen des Vermieters oder wegen einesbesonders häufigen Wechsels der Mieter eine Unternehmensorganisation erforderlich ist. Hierbei ist aber zugleich zu beachten, dass nicht jede Sonderleistung über die bloße Zurverfügungstellung von Wohnraum hinaus der Betätigung ihren Charakter als Vermögensverwaltung nimmt. Dementsprechend hat die Rechtsprechung die Vermietung auch nur einer Ferienwohnung als gewerblich angesehen, wenn die Wohnung in einem Feriengebiet im Verbund mit einer Vielzahl gleichartig genutzter Wohnungen einer einheitlichen Wohnanlage liegt sowie die Werbung für kurzfristige Vermietung an laufend wechselnde Mieter und die Verwaltung einer Feriendienstorganisation übertragen sind. Da es maßgebend auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles ankommt, können auch andere als die vorgenannten Umstände dazu führen, dass die Vermietung von Ferienwohnungen nicht mehr der Vermögensverwaltung zugeordnet werden kann. Entscheidend ist, inwieweit die Vermietung der Ferienwohnungen im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und die Art der Vermietung einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbar ist. Hierfür spricht, wenn die Wohnungen wie Hotel- oder Pensionsräume ausgestattet sind, für ihre kurzfristige Vermietung an wechselnde Mieter geworben wird und sie hotelmäßig angeboten, d.h. auch ohne Voranmeldung jederzeit zur Vermietung bereitgehalten werden und sich zudem in einem Zustand befinden, der die sofortige Vermietung zulässt. Liegen diese Voraussetzungen vor, so braucht die jeweilige Wohnung sich nicht notwendigerweise in einer Ferienwohnanlage zu befinden (vgl. BFH-Urteile vom 13. November 1996 XI R 31/95, BStBl II 1997, 247 sowie vom 19. Januar 1990 III R 31/87, BStBl II 1990, 383 jeweils m.w.N.).

21

Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass die Vermietung der Ferienwohnung in T den Bereich der privaten Vermögensverwaltung nichtüberschreitet, damit bei den Kl. zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und nicht zu solchen aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) führt. Denn die Tätigkeit der Kl. erschöpft sich im Streitfall letztlich in der bloßen Zurverfügungstellung einer möblierten Ferienwohnung für Zwecke der Vermietung unter Einschaltung eines Vermittlers. So lässt sich nicht einmal im einzelnen feststellen, welche Sonderleistungen im Zusammenhang mit der Ferienwohnung angeboten worden sind. Von entscheidender Bedeutung ist insoweit aber vor allem, dass entsprechende Sonderleistungen (Stichwort Leihwäsche) nicht von den Kl. angeboten worden sind und ihnen auch nicht zugerechnet werden können. So ist sowohl nach der Bestätigung der Firma Heike vom 13. Januar 1999 als auch nach den Bekundungen der Kl. im Termin zu mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass die Gestellung von Bettwäsche und Handtüchern - gleichgültig, ob obligatorisch oder nur auf Wunsch der Gäste - ausschließlich durch diese Firma und nicht etwa im Namen der Kl. erfolgte. Hierfür spricht im übrigen auch, dass entsprechende Sonderleistungen - und sei es als durchlaufende Posten - in der "Aufstellung der Vermietungen" - nichtenthalten sind (vgl. Bl. 42 der Gerichtsakte). Diese Art der Abrechnung korrespondiert zudem mit der in § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 25. April 1995 vereinbarten Regelung, wonach u.a. die Kosten für Endreinigung, Serviceleistungen, Leihwäsche direkt der "Beauftragten" zustehen.

22

Des weiteren kann im Streitfall nicht festgestellt werden, dass die Art der Vermietung der Ferienwohnung in T einem gewerblichen Beherbergungsbetrieb vergleichbar ist. Abgesehen davon, dass bereits unklar ist, ob die Inanspruchnahme von Bett- und Tischwäsche bzw. Handtüchern gegen Bezahlung dem Grunde nach obligatorisch für die Mieter ist, entspricht es auch nicht einemgewerblichen Beherbergungsbetrieb, dass die entsprechende Anzahl und die Wechselhäufigkeit von den Gästen bestimmt wird. Jedenfalls gehört es zum Wesen eines Hotels bzw. einer Pension, dass den Beherbergungsgästen sowohl eine gewisse Mindestausstattungan Wäsche gestellt als auch ein Mindestwechsel - im Regelfall wöchentlich - durchgeführt wird; lediglich sofern ein häufigeres Wechseln gewünscht wird, bestimmt dies der Gast.

23

Ferner wird - anders als bei Hotels und Pensionen üblich - auch keine regelmäßige Reinigung der Ferienwohnung, abgesehen vom Fall der insoweit unmaßgeblichen Endreinigung, vorgenommen.

24

Schließlich mangelt es im Streitfall an einer hotelmäßig besetzten Rezeption. Hiergegen spricht bereits das diese Sonntags geschlossen ist. Im übrigen entsprechen die angegebenen Öffnungszeiten den üblichen Bürozeiten von Ferienwohnungsvermittlungen. Im Streitfall besteht dabei lediglich die (zufällige) Besonderheit, dass das entsprechende Büro in dem Haus untergebracht ist, in dem zwar die Kl. eine Ferienwohnung besitzen, von wo aus aber zugleich eine Vielzahl weiterer Objekte in T vermietet werden.

25

Die Ferienwohnung der Kl. befindet sich schließlich auch nicht in einer Ferienwohnanlage. Denn allein der Umstand, dass in dem betreffenden Objekt in T 10 Eigentumswohnungen als Ferienwohnung vermietet werden und sich darüber hinaus im Erdgeschoss das Büro einer Appartementvermittlung befindet, machen dieses Gebäude insgesamt nicht zu einer Ferienwohnanlage. Von einer entsprechenden Anlage könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn mehrere Gebäude auf einem einheitlichen Areal - nach außen erkennbarzusammengefasst worden wären und insoweit etwa auch gemeinsam zu nutzende Einrichtungen wie Schwimmbad etc. vorhanden wären.

26

Nach alledem begründet die Vermietung der Ferienwohnung in T durch die Kl. keinen Gewerbebetrieb und eröffnet demzufolge auchnicht die Möglichkeit für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen gemäß § 3 ZRFG. Die Klage war daher abzuweisen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.