Landgericht Braunschweig
Urt. v. 22.06.2006, Az.: 4 S 196/05
Fachgerechte Reparatur der Heckklappe eines Fahrzeugs wegen Durchrostung; Ausschluss von Garantieansprüchen durch Garantieklauseln bei Vornahme von vorgeschriebenen Inspektions- und Wartungsarbeiten durch einen nicht autorisierten Vertragshändler
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 22.06.2006
- Aktenzeichen
- 4 S 196/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 35499
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2006:0622.4S196.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 23.03.2005 - AZ: 113 C 4485/04
- nachfolgend
- BGH - 12.12.2007 - AZ: VIII ZR 187/06
Rechtsgrundlagen
- § 307 Abs. 1 BGB
- § 443 Abs. 1 BGB
In dem Rechtsstreit
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. Juni 2006
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht xxx,
den Richter am Landgericht xxx und
den Richter am Amtsgericht xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 23.03.2005 -113 C 4485/04- wird abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, die fachgerechte Reparatur der Heckklappe an dem Fahrzeug des Klägers, Pkw Daimler Chrysler, Fahrgestellnummer xxx, amtliches Kennzeichen xxx, vorzunehmen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf die Wertstufe bis zu 2.000,00 EUR festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 23.03.05 (Bl. 49 - 52 d.A.).
Zweitinstanzlich ist folgendes zu ergänzen:
Der Kläger behauptet, es roste an der Heckklappe seines Fahrzeuges, dem Pkw Daimler Chrysler, Fahrgestellnummer xxx, amtliches Kennzeichen xxx, von innen nach außen durch. Die Roststellen seien auch nicht auf äußere Einwirkungen, mangelnde Pflege, Umwelteinflüsse oder ähnliches zurückzuführen.
Er beantragt,
wie erkannt,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der Durchrostung der Heckklappe an dem Fahrzeug des Klägers, Pkw Daimler Chrysler, Fahrgestellnummer xxx, eine fachgerechte Reparatur vorzunehmen.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, die Heckklappe am Fahrzeug des Klägers sei nicht durchgerostet sondern angerostet. Sie ist deshalb der Auffassung, die in Rede stehende Garantieklausel finde im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 28.07.05 (Bl. 83, 84 d.A.).
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. xxx vom 12.12.05 (Bl. 106 -119 d.A.) sowie auf die Niederschrift des Gerichts vom 01.06.06 (Bl. 138 - 140 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
Das angefochtene Urteil war insgesamt abzuändern.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch aus der "mobilo-life" Garantie gemäß § 443 Abs. 1 BGB zu.
Der Kläger hat zwar die Wartungsdienste nach Herstellervorgaben nicht in Mercedes Benz Werkstätten ausführen lassen, hierauf kommt es aber nach Auffassung der Kammer nicht an.
Die streitgegenständliche Klausel, die zu einer Garantieeinschränkung führen soll, ist als allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle des § 307 BGB unterworfen, weil sie anordnet, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nicht zu erbringen hat (so auch BGH NJW RR 1991, 1013 ff.).
Der gegenteiligen Auffassung des OLG Nürnberg (Urteil vom 27.02.97 -8 U 3754/96-) vermag die Kammer nicht zu folgen. Danach enthält eine Garantieklausel, die die Dreijahresgarantie für Neuwagen davon abhängig macht, dass die vorgeschriebenen Inspektions- und Wartungsarbeiten von einem autorisierten Vertragshändler durchgeführt werden, eine negative Anspruchsvoraussetzung und ist deshalb nicht wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam.
Im Hinblick auf diese unterschiedliche Rechtsprechung war die Revision zuzulassen.
Die Bestimmung, dass die Garantie nur eintritt, wenn die Wartungsdienste nach Herstellervorgabe in Mercedes Benz Werkstätten ausgeführt werden, ist auch gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessenen benachteiligt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine Klausel unangemessen, mit der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorn herein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen (so BGH a.a.O.).
So ist es auch im vorliegenden Fall. Die Klausel lässt die Interessen des Kunden der Beklagten deshalb außer acht, weil sie die Beklagte von ihrer Leistungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf freistellt, ob der Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsdienste nach Herstellervorgaben in Mercedes Benz Werkstätten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist.
Der Kläger war deshalb nicht verpflichtet, die Wartungsdienste in Mercedes Benz Werkstätten durchführen zu lassen.
Er hat auch bewiesen, dass die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie "mobilo-life" vorliegen.
Die Beklagte garantiert seit Einführung der neuen S-Klasse für ab dem 24.10.1998 ausgelieferte Mercedes Pkw, dass keine Durchrostung von innen nach außen auftreten wird. Diese Garantie gilt ausdrücklich für die gesamte Lebensdauer des Mercedes, also bis zu 30 Jahren.
Weiter heißt es in der Garantieerklärung:
Für den außergewöhnlichen Fall, dass doch irgendwo an Karosserie oder Unterboden eine Stelle von innen nach außen durchrostet, wird die Sache ohne Berechnung von Lohn und Material durch eine Mercedes Benz Werkstatt instand gesetzt.
Diese Erklärungen tragen folgende Überschrift:
"Wir haben was gegen Rost. Garantiert für 30 Jahre".
Garantieerklärungen sind wie alle empfangsbedürftigen Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste ( so Palandt-Heinrichs, 65. Auflage 2006, § 133 Rz. 9).
Angesichts der Formulierungen in der Garantieerklärung und auch des Hinweises auf Zuverlässigkeit und Langlebigkeit eines Mercedes kann die darin enthaltene Garantie nicht so verstanden werden, dass sie erst dann eintritt, wenn im Blech des Fahrzeuges bereits Rostlöcher vorhanden sind und die Funktionstüchtigkeit des Fahrzeuges oder einzelner Fahrzeugteile bereits beeinträchtigt ist. Für diese Auslegung spricht auch die Tatsache, dass sich mit zunehmender Ausbreitung von Rost im Allgemeinen auch die Reparaturkosten erhöhen und offensichtlich rostende Fahrzeuge der Marke Mercedes das Bild von Zuverlässigkeit und Langlebigkeit konterkarieren würde. Die Garantie ist vielmehr im vorliegenden Fall so zu verstehen, dass sie bereits dann gelten soll, wenn Rost sich von innen nach außen ausbreitet.
Tatsächlich rostet es an der Heckklappe des Fahrzeuges auch von innen nach außen durch.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. xxx hat ausgeführt, dass die Heckklappe im unteren Kantenbereich sowie im Bereich der Betätigung Auf- und Unterrostungen aufweist. Die Kammer konnte sich von dem Vorhandensein dieser Auf- und Unterrostungen bei der Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Heckklappe überzeugen. Zwar waren keine Rostlöcher festzustellen. Allerdings war in einem Bereich von etwa 4 bis 5 cm der Lack vollständig abgeplatzt. In weiteren Bereichen hatte sich der Lack, ebenso wie im unteren Bereich der Griffmulde, bereits hochgewölbt.
Die Funktionsfähigkeit der Heckklappe ist nach den Ausführungen des Sachverständigen zwar derzeit nicht beeinträchtigt, darauf kommt es aber, wie bereits ausgeführt wurde, nicht an.
Nach Angaben des Sachverständigen ist die vorgefundene Korrosion an der unteren Kante der Heckklappe als Auf- bzw. Unterrostung von innen nach außen zu bezeichnen. Als Entstehungsursache schließt der Sachverständige äußere Einflüsse, mangelnde Pflege, Umwelteinflüsse oder Steinschlag aus. Vielmehr führt er die Entstehung der Korrosion im unteren Kantenbereich auf die poröse Ausführung der Falzklebung zurück.
Für die Auf- bzw. Unterrostung im Betätigungsgriffbereich vermochte der Sachverständige eine innere Entstehung nicht eindeutig festzustellen. Für die Korrosion in diesem Bereich sind nach seinen Angaben mechanische Beschädigungen beim Einbau des Griffes und/oder mechanische Lackoberflächenbeschädigungen beim Greifen und/oder Bedienen ebenfalls denkbar bzw. nicht auszuschließen. Der Sachverständige vermutet, dass es vornehmlich durch die dünnere Lackschichtausführung in diesem Bereich und die zuvor erwähnten mechanischen Oberflächenverletzungen zu einer Korrosionsbildung kommen kann.
Das Gericht folgt dem Sachverständigen in vollem Umfang. Seine Ausführungen waren in sich schlüssig und frei von Widersprüchen.
Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen bestehen nicht.
Danach sind zumindest die Roststellen an der unteren Heckklappenkante von der Beklagten fachgerecht zu beseitigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 2 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.