Landgericht Braunschweig
Urt. v. 29.03.2006, Az.: 9 O 455/06
Zutreffende Sinndeutung einer Äußerung als unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts; Individualsphäre als das Selbstbestimmungsrecht schützend und die Eigenart des Menschen in seinem beruflichen Wirken bewahrend; Inanspruchnahme des Schutzes des Art. 5 Grundgesetz (GG) oder des § 193 Strafgesetzbuch (StGB) bei bewusst unwahren Tatsachen
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 29.03.2006
- Aktenzeichen
- 9 O 455/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 36982
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGBRAUN:2006:0329.9O455.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 823 Abs. 1 BGB
- § 1004 BGB
- Art. 5 GG
- § 193 StGB
Verfahrensgegenstand
Unterlassung
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ein Oberbürgermeister einer Stadt, welche die Privatisierung der Stadtentwässerung betreibt, hat gegen ein Mitglied einer Bürgerinitiative für den Erhalt öffentlichen Eigentums einen Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 BGB, unwahre Tatsachen über ihn zu behaupten.
- 2.
Für die Feststellung, dass eine Tatsachenbehauptung vorliegt, ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht.
- 3.
Eine Äußerung, ein vorangegangener Kaufvertrag und die damit verbundenen Kreditverträge seien von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt worden, kann nicht als bloße Meinungsäußerung über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit aufgefasst werden. Die verkürzte Aussage, es fehle eine Genehmigung, enthält die nachprüfbare Aussage, eine solche sei erforderlich und liege nicht vor. Eine bewusst unvollständige Äußerung ist rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann. Eine Tatsachenbehauptung, die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig. Wo der Sachverhalt nicht nur vereinfacht, sondern auch bei voller Berücksichtigung rednerischer Einkleidungen und Vergröberungen im Kern der Sachaussage falsch dargestellt ist, kann sich der Kritiker nicht darauf zurückziehen, er habe seine Äußerung nur polemisch überzogen
- 4.
Unwahre Tatsachenbehauptungen verletzen eine Person in ihrem Persönlichkeitsrecht gem. Art. 1, 2 GG, und zwar in ihrer Individualsphäre. Die Individualsphäre schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahrt die Eigenart des Menschen in seinem beruflichen Wirken. Dieses wird bei einem Oberbürgermeister insbesondere verletzt, wenn die unwahren Tatsachenbehauptungen den Vorwurf bewusst rechtswidrigen Vorgehens im Interesse des eigenen Machterhalts untermauern sollen.
- 5.
Die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ist bereits durch die Verletzung indiziert. Unter den Gesichtspunkten des Art. 5 GG oder des § 193 StGB ergibt sich nichts anderes. Bewusst unwahre Tatsachen fallen nicht unter den Schutz des Art. 5 GG und können auch nicht als Wahrnehmung berechtigter Interessen gewertet werden.
- 6.
Auch wenn eine Äußerung zunächst als Wahrnehmung berechtigter Interessen gewertet werden könnte, besteht von dem Zeitpunkt der hinreichenden Sachverhaltsaufklärung an kein schutzwürdiges Interesse mehr, auch für die Zukunft das Falsche zu behaupten. Gibt der Äußernde dann noch zu erkennen, dass er seine falschen Behauptungen auch in Zukunft wiederholen wird, dann kann die öffentliche Hand ihm grundsätzlich diesen drohenden zukünftigen Eingriff in ihr Unternehmen mit der negatorischen Unterlassungsklage verbieten.
- 7.
Die für den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung erforderliche Wiederholungsgefahr wird regelmäßig vermutet, wenn bereits eine Verletzungshandlung (Äußerung) vorliegt. An die Widerlegung der hiernach indizierten Wiederholungsgefahr werden strenge Anforderungen gestellt. Im Allgemeinen muss der Verletzer (Äußernde) eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, die nach Lage des Einzelfalls geeignet ist, ihn wirklich und ernsthaft von einer Wiederholung der Verletzungshandlung (Äußerung) abzuhalten.
- 8.
Ob eine Stadt neben ihrem Oberbürgermeister in einem solchen Fall aktiv legitimiert ist, erscheint zweifelhaft. Nicht jeder Angriff auf das Handeln des Organs schlägt auf die juristische Person durch; er muss diese vielmehr unmittelbar treffen. Dies ist nach konkreten Umständen des Einzelfalles anhand der Verkehrsanschauung festzustellen.
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
...
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts X
auf die mündliche Verhandlung vom 07.03.2006
durch
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf den Antrag des Verfügungsklägers zu 2. wird der Verfügungsbeklagte verurteilt, es zu unterlassen wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen:
- 2.
"(So möchte er [der Verfügungskläger zu 2] einen Ratsbeschluss herbeiführen zum Weiterverkauf der Stadtentwässerung von V. an die Versorgungs-AG,) obwohl noch nicht einmal der erste Verkauf [der Stadtentwässerung X GmbH] samt damit verbundener Kreditverträge genehmigt ist."
- 3.
Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird dem Verfügungsbeklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,-- EUR oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht; an die Stelle des Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft.
- 4.
Im Übrigen - Antrag der Verfügungsklägerin zu 1. - wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzugewiesen.
- 5.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsbeklagten tragen die Verfügungsklägerin zu 1. und der Verfügungsbeklagte zu je ½. Die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers zu 2. trägt der Verfügungsbeklagte.
- 6.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
- 7.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 8.
Die Verfügungsklägerin zu 1. kann die Vollstreckung des Verfügungsbeklagten hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- 9.
Der Streitwert wird auf 25.000,-- EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin zu 1. (im folgenden Klägerin) ist die Stadt X. Der Verfügungskläger zu 2. (im folgenden Kläger) ist ihr Oberbürgermeister. Der Verfügungsbeklagte (im folgenden Beklagter) ist Mitglied einer Bürgerinitiative für den Erhalt öffentlichen Eigentums.
Die Klägerin betreibt die Privatisierung der Stadtentwässerung. Dazu wurde zunächst die Stadtentwässerung X GmbH (StEB) gegründet. Dabei handelt es sich um eine städtische Eigengesellschaft. Im Anschluss wurde ein Vergabeverfahren zur Veräußerung der Geschäftsanteile an der StEB durchgeführt. In diesem Zusammenhang hat die V. Wasser GmbH (im folgenden V.) ein notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Geschäftsanteiles und Abtretungsvertrages abgegeben. In diesem Angebot war der Klägerin ein Optionsrecht eingeräumt, von der V. die Weiterveräußerung der Beteiligung an die Xer Versorgungs AG (im folgenden XVAG) verlangen zu können.
Am 17.11.2005 erfolgte ein Ratsbeschluss dahingehend, der V. den Zuschlag zu erteilen. Am 08.12.2005 wurde das Angebot der V. durch die Klägerin angenommen.
In diesem Zusammenhang waren verschiedene Genehmigungen erforderlich. Ein Genehmigungsschreiben des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 22.12.2005 (Anlage AST 7) liegt vor.
Zwischen den Parteien ist streitig, welche Genehmigungen im Einzelnen erforderlich sind und ob diese vorliegen.
Am 09.02.2006 veröffentlichte der Beklagte eine Presseerklärung, die er sowohl verschiedenen Ratsmitgliedern übersandte, aber auch auf der Internetseite der Bürgerinitiative einstellte. Dort heißt es unter der Überschrift "OB H. will "V." weitere 500.000,-- EUR zuschanzen!" u.a. :
Oberbürgermeister und Stadtrat ignorieren Bürgermeinung und Bürgerwille .... OB H. braucht unbedingt Erfolge, um sein Ansehen zu retten. Deshalb zieht er das Verfahrenstempo zur Privatisierung der Abwasserwirtschaft noch einmal an. Nun möchte er einen Ratsbeschluss herbeiführen um zum Weiterverkauf der Stadtentwässerung von V. an die Versorgungs AG, obwohl noch nicht einmal der erste Verkauf samt damit verbundener Kreditverträge von der Kommunalaufsicht genehmigt ist."
Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage AST 6 Bezug genommen.
Auf die Abmahnung der Kläger vom 17.02.2006 (Anlage AST9) hat der Beklagte im Internet unter der Überschrift "Der Wahrheit verpflichtet" erklärt, dass versucht werde, ihn durch eine "Unterlassungsverpflichtungserklärung" zu erpressen. Eine solche Erklärung würde natürlich nicht unterschrieben, da er sich der Wahrheit verpflichtet fühle. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage AST10 Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte durch seinen Vertreter folgende Erklärung abgeben lassen:
"Das er die streitgegenständliche Behauptung nur in dem Sinne und mit der Präzisierung wiederholen wird,
- dass die jährlich zu erfolgenden Genehmigungen der Einredeverzichtserklärungen der Kapitalkostenentgelte für Investitionen sowie
- die Erlaubnis zur Vereinbarung der Vereinnahmung der Verkaufserlöse aus dem Kanalnutzungsrecht und aus dem Verkauf der Festanteile der Stadtentwässerungs GmbH in den Haushalt nicht vorliegt.
- Im Übrigen ist er der Auffassung, dass der Leistungsvertrag zwischen Stadt und Stadtentwässerung genehmigungspflichtig ist und auch wird dies auch nur so behaupten. Streitig ist, ob eine solche Genehmigung derzeit vorliegt."
Auf Nachfrage der Klägerseite, ob der Beklagte bereit ist, zu erklären, dass er es nicht wiederholen wird zu behaupten, dass der Erstverkauf der Stadtentwässerung samt damit verbundener Kreditverträge nicht genehmigt sei, hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass er die bisherige Erklärung für ausreichend hält.
Die Kläger sind der Auffassung, dass die angegriffene Äußerung in dieser pauschalen Form eine unwahre Tatsachenbehauptung sei. Sie erfülle daher den Tatbestand des § 186 StGB und verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Alle erforderlichen Genehmigungen lägen vor. Die bisherigen Erklärungen wären nicht ausreichend die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Die Kläger beantragen:
Der Antragsgegner hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-- , ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder aufstellen zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen:
"(So möchte er [der Verfügungskläger zu 2] einen Ratsbeschluss herbeiführen zum Weiterverkauf der Stadtentwässerung von V. an die Versorgungs-AG,) obwohl noch nicht einmal der erste Verkauf [der Stadtentwässerung X GmbH] samt damit verbundener Kreditverträge genehmigt ist."
Der Beklagte beantragt:
Die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Äußerung wahr sei. Jedenfalls sei seine jetzt in der mündlichen Verhandlung abgegebene Klarstellung präzise genug.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nur teilweise begründet. Der Antrag des Klägers ist begründet. Es handelt sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Diese ist nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Dringlichkeit und Wiederholungsgefahr sind gegeben. Hinsichtlich der Klägerin ist bereits die Aktivlegitimation zweifelhaft, jedenfalls fehlt es an einer Verwirklichung des Tatbestandes des § 186 StGB oder an Ansprüchen aus §§ 824, 823 BGB. Im Einzelnen:
1)
Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 BGB zu.
a)
Es handelt sich um eine Tatsachenbehauptung:
Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für die Leser, Hörer oder Zuschauer erkennbar sind. Hingegen wird die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (BGH NJW 2006, 603 (604) [BGH 08.11.2005 - VI ZR 64/05]).
Vom Kläger angegriffen, wird - wie im Protokoll nochmals ausdrücklich klar gestellt worden ist - die Behauptung, dass "noch nicht einmal der erste Verkauf samt damit verbundener Kreditverträge von der Kommunalaufsicht genehmigt ist. Der Auffassung des Beklagten, dass es sich wegen der unterschiedlichen Auffassungen über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit um eine Meinungsäußerung handele kann nicht gefolgt werden. Ein solches Verständnis würde den Schutz vor unwahren Tatsachenbehauptungen in unzulässiger Weise verengen, da solche dann allenfalls noch im naturwissenschaftlich unmittelbar nachprüfbaren Rahmen finden ließen.
Über die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit hat die zuständige Genehmigungsbehörde zu bestimmen. Jedenfalls die verkürzte Aussage es fehle eine Genehmigung enthält die nachprüfbare Aussage, eine solche sei erforderlich und liege nicht vor.
Eine bewusst unvollständige Äußerung ist rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsleser ein falscher Eindruck entstehen kann. Eine Tatsachenbehauptung, die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig (BGH NJW 2006, 601 (603) [BGH 22.11.2005 - VI ZR 204/04]).
Wo der Sachverhalt nicht nur vereinfacht, sondern auch bei voller Berücksichtigung rednerischer Einkleidungen und Vergröberungen im Kern der Sachaussage falsch dargestellt ist, kann sich der Kritiker nicht darauf zurückziehen, er habe seine Äußerung nur polemisch überzogen ( BGH, VersR 1984, 88 ; LG Kleve NJW-RR 2005, 1632 [LG Kleve 13.07.2005 - 2 O 224/05]).
Im Übrigen hat der Beklagte nicht auf die nach seiner Meinung erforderliche Genehmigung hingewiesen, sondern erklärt, dass (erforderliche) Genehmigungen fehlen würden.
b)
Diese Tatsachenbehauptung ist unwahr. Die Klägerin hat durch Vorlage des Genehmigungsschreibens des Ministeriums von 22.12.2005 sowie durch Vorlage ergänzenden Stellungnahme des Ministeriums vom 06.03.2006 glaubhaft gemacht, dass alle für die Veräußerung erforderlichen Genehmigungen vorliegen.
Davon abweichende Rechtsauffassungen sind hier ohne Bedeutung. Zuständig für die Genehmigung und damit für die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit ist das Ministerium (§ 139 Abs. 1 i.V.m. .§ 10 Abs. 3 NGO).
Danach ist zunächst der Verkauf als solcher (Veräußerung sämtlicher Anteile StEB an die V.) genehmigt (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 NGO).
Die mit den Kreditverträgen der AVB und der StEB zusammenhängenden Einredeverzichtserklärungen sind ebenfalls genehmigt (§ 93 Abs. 3 NGO).
Im übrigen weist das Ministerium daraufhin, dass die Veräußerung des Nutzungsrechts nicht genehmigungsbedürftig sei.
Auch das Schreiben des Ministeriums vom 06.03.06 lässt sich nur dahingehend verstehen, dass alle Sachverhalte auf ihre Genehmigungsbedürftigkeit geprüft worden sind und alle danach zur Zeit erforderlichen Genehmigungen erteilt sind.
Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er auf die fehlende Genehmigung der Vereinnahmung in den städtischen Haushalt hinweisen wollte, macht diese die Aussage nicht wahr. Diese bezieht sich eindeutig auf die Genehmigung ds Verkaufs ("... noch nicht einmal der erste Verkauf ...") und nicht die Frage, wie der Einnahmen im Haushalt zu verbuchen sind. Auf die Terminologieunterschiede zwischen Genehmigung und Erlaubnis kommt es daher nicht an.
Nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung hatte er nach seiner Aussage die Mitteilung einer Beamtin des Ministeriums erhalten, dass weitere Kredite als Privatgeschäft wohl nicht genehmigungsbedürftig seien. Nach weiteren Erläuterungen sei ihm mitgeteilt worden, dass die Sache geprüft werde.
Dies macht die pauschale Aussage, dass die Kreditverträge nicht genehmigt seien, ebenfalls unwahr.
Auch die Auffassung des Beklagten die Erforderlichkeit einer jährlichen Genehmigung des Einredeverzichts mache die Äußerung wahr, ist unzutreffend. Unstreitig konnte eine solche Genehmigung - wenn sie denn erforderlich ist - nicht im Vorfeld erfolgen. Das Ministerium hat darüber hinaus "Eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt" (AST 7). Die Äußerung des Beklagten kann aber nur dahingehend verstanden werden, dass eine aktuell bereits erforderliche Genehmigung fehlt. Dies ist nicht der Fall.
Dass die in der mündlichen Verhandlung vorgenommen Interpretationsversuche des Beklagten nur der Rechtsverteidigung dienen und nicht den damals gewollten Aussagegehalt wiedergeben, ergibt sich auch aus der begleitenden Email (AST 5) mit der der Beklagte die Presserklärung an verschiedene Ratsmitglieder versandt hat. Dort heißt es "Weil aber noch nicht einmal der 1. Schritt im Privatisierungsverfahren abgehackt ist ...".
c)
Diese unwahren Tatsachenbehauptungen verletzen den Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht gem. Art. 1, 2 GG, und zwar in seiner Individualsphäre. Die Individualsphäre schützt das Selbstbestimmungsrecht und bewahrt die Eigenart des Menschen in seinem beruflichen Wirken (Palandt, 65. Aufl., § 823 Rdnr.87). Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang der Auseinandersetzung sowie des übrigen Kontextes der Presseerklärung. Bereits die Begriffswahl der Überschrift (zuschanzen) lässt auf unredlichen Vorgehen schließen. Es wird dann weiter der Vorwurf erhoben, dass der Kläger unbedingt Erfolge brauche, um sein Ansehen zu retten. In diesem Zusammenhang wird dann die Behauptung aufgestellt, dass er ein Vorratsbeschluss herbeiführen möchte, obwohl der ursprüngliche Verkauf und damit Zusammenhänge der Kreditverträge noch nicht genehmigt sei. Damit dient diese Behauptung der Untermauerung des Vorwurfes bewusst rechtswidrigen Vorgehens im Interesse des eigenen Machterhalts. Es wird damit dem Leser der Eindruck vermittelt, dass sich der Kläger bei seinem Handeln von sachfremden Erwägungen leiten lässt, nämlich dem Machterhalt.
2)
Der Eingriff ist rechtswidrig. Dies ist bereits durch die Verletzung indiziert. Aber auch unter den Gesichtspunkten des Art. 5 GG oder des § 193 StGB ergibt sich hier nichts anderes.
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte hier in einer die Öffentlichkeit interessierenden Frage Stellung bezieht und im Wege der politischen Auseinandersetzung ein anderes Ziel verfolgt. Bewusst unwahre Tatsachen fallen nämlich nicht unter den Schutz des Art. 5 GG (Palandt, BGB-Kom., 65. Aufl. § 823 Rdnr. 101 a mit Rsprnachw.). Es ist jedenfalls unzulässig sich bewusst unwahrer Information zur Durchsetzung seiner Zeile zu bedienen. Unredlich ist das Behaupten oder Verbreiten unwahrer Daten über derartige Vorhaben erst, wenn das Informationsmaterial, das ihm bei zumutbaren Bemühungen um sachliche Unterrichtung zugänglich ist, für einen Laien ausreicht, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Behauptung zu begründen.
(vgl. BGH NJW 1984, 1607 (1610) [BGH 07.02.1984 - VI ZR 193/82]. |
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Die Äußerung des Beklagten war - jedenfalls in dieser pauschalen Form - bewusst unwahr. Der Beklagte kann sich daher nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.
Auch wenn der Beklagte den Wortlaut der Genehmigung des Ministeriums aus dem Dezember 2005 bei Abfassung der Presseerklärung im Februar 2006 noch nicht kannte, so war ihm nach seiner eigenen Aussage doch bekannt, dass es eine solche Genehmigung gab. Dies war auch in der Presseerklärung der Klägerin vom 23.12.05 bekannt gegeben worden.
Es waren ihm weiter die entsprechenden Aussagen des Klägers dazu bekannt, dass es eine uneingeschränkte Genehmigung gebe.
Der Beklagte hat auch trotz mehrerer Nachfragen des Gerichts nicht substantiiert dazu vortragen können, dass er bei seinen Anrufen bei verschiedenen Behörden etwa die Auskunft erhalten habe, dass eine Genehmigung nicht erfolgt sei. Vielmehr hat er angegeben, dass sich herausgestellt habe, dass es sich um eine komplizierte Materie handle. Bereits deshalb verbieten sich pauschale Äußerungen wie sie der Beklagte getätigt hat. Die Pauschalierung ist auch nicht auf bloße Unwissenheit des Beklagten oder auf die von ihm bemängelten Informationsdefizite durch die Information der Öffentlichkeit durch die Kläger zurückzuführen. Denn der Beklagte hat im Rahmen seiner Anhörung erklärt, dass ihm bewusst war, dass das Gesamtpaket noch nicht genehmigt war und es deshalb erforderlich war gezielt bei der Genehmigungsbehörde (Kommunalaufsicht) nachzufragen, so z.B. wegen der Frage der Vereinnahmung des Verkaufserlöses in den Haushalt.
Selbst bei Annahme eines berechtigten Interesses würde dies nicht bedeuten, dass der Beklagte auch in Zukunft daran festhalten darf. Die redliche Datenermittlung stellt ihn zunächst nur von dem Vorwurf rechtswidrigen Vorgehens für die Vergangenheit frei. Für die Zukunft ist die Wiederholung der Behauptungen anders zu beurteilen, wenn sich die Interessenlage durch die inzwischen erfolgte Aufklärung über die Unrichtigkeit der Angaben geändert hat. Haben die zuständigen Stellen ihm ausreichende Informationen zur Verfügung gestellt, die bei verständiger Betrachtung zumindest gewichtige Zweifel an der Richtigkeit seiner Behauptungen aufkommen lassen müssen, dann hat er - von besonderen Fallgestaltungen abgesehen - von diesem Zeitpunkt ab kein schutzwürdiges Interesse mehr, auch für die Zukunft das Falsche zu behaupten. Gibt er auch dann noch zu erkennen, dass er seine falschen Behauptungen auch in Zukunft wiederholen wird, dann kann die öffentliche Hand ihm grundsätzlich diesen drohenden zukünftigen Eingriff in ihr Unternehmen mit der negatorischen Unterlassungsklage verbieten (BGH NJW 1984, 1607 (1610) [BGH 07.02.1984 - VI ZR 193/82].
Inzwischen jedenfalls liegt dem Beklagten das vollständige Genehmigungsschreiben des Ministeriums vor, so dass für das pauschale Bestreiten einer Genehmigung keine Grundlage mehr besteht.
3)
Die für den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Die Wiederholungsgefahr wird regelmäßig vermutet, wenn bereits eine Verletzungshandlung (Äußerung) vorliegt. An die Widerlegung der hiernach indizierten Wiederholungsgefahr werden strenge Anforderungen gestellt; im Allgemeinen muss der Verletzer (Äußernde) eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, die nach Lage des Einzelfalls geeignet ist, ihn wirklich und ernsthaft von einer Wiederholung der Verletzungshandlung (Äußerung) abzuhalten (vgl. OLG Bandenburg NJW-RR 2002, 1269 [OLG Brandenburg 12.06.2002 - 1 U 6/02] m. w. Nachw.).
Eine solche Erklärung, aus der für den Kläger die zuverlässige Einschätzung erwächst, dass er eine Wiederholung der Verletzungshandlung (Äußerung) nicht mehr zu befürchten hat, hat der Beklagte nicht abgegeben. Er hat vielmehr zunächst auf die Abmahnung öffentlich im Internet erklärt, eine solche Unterlassungserklärung nicht abgeben zu wollen. Er hat für sich das Recht in Anspruch genommen "die Wahrheit" weiter zu verbreiten. Der Beklagte hat auch in der mündlichen Verhandlung weiter den Standpunkt vertreten, dass die Äußerung wahr sei und dass er insgesamt im Recht sei.
Es ist dann als Folge der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung eine Erklärung zu Protokoll gegeben worden, die Äußerung nur noch mit bestimmten Präzisierungen zu wiederholen. Weitere Klarstellungen sind verweigert worden.
Vor dem Hintergrund des Gesamtverhaltens des Beklagten sind diese Äußerungen in der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob gegen Äußerungen in der präzisierten Form noch erfolgreich vorgegangen werden kann. Entscheidend ist, dass hinsichtlich der angegriffenen ursprünglichen Äußerung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt worden ist.
4)
Die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit ist gegeben.
Dafür sprich bereits das Zeitmoment. Zwischen der Veröffentlichung und der Presseerklärung am 09.02.2006 bzw. der email vom 10.02.06, der Abmahnung am 17.02.2006 und dem Eingang der Antragsschrift am 24.02.2006 besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang. Die öffentliche Erklärung des Beklagten weiter "die Wahrheit" verbreiten zu wollen, das gesamt Prozessverhalten sowie die Aktualität der Diskussion um die Privatisierung der Stadtentwässerung führen zu einer Bejahung der Dringlichkeit.
Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als summarisches Erkenntnisverfahren ist zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache grundsätzlich unzulässig. Hiervon ausgenommen sind jedoch Fälle, in denen der Verfügungskläger dringend auf einen gerichtlichen Titel angewiesen ist und ihm ein Abwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zugemutet werden kann; letzteres gilt etwa auch für Ansprüche auf Unterlassung ehrkränkender Äußerungen, wenn die Wiederholung der Äußerungen zu befürchten ist (vgl. OLGBandenburg NJW-RR 2002, 1269 [OLG Brandenburg 12.06.2002 - 1 U 6/02] m. w. Nachw.)
5)
Der Antrag der Klägerin war dagegen zurückzuweisen.
a)
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin im vorliegenden Verfahren aktiv legitimiert ist.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger hier als Organ der Klägerin und nicht als Privatperson tätig geworden ist.
Nicht jeder Angriff auf das Handeln des Organs schlägt aber auf die juristische Person durch; er muss diese vielmehr unmittelbar treffen. Dies ist nach konkreten Umständen des Einzelfalles anhand der Verkehrsanschauung festzustellen (BGH NJW 1980, 2807 (2808)).
Nach dem gesamten Kontext der Presseerklärung, richtet die sich nicht gegen die Klägerin, sondern speziell gegen den Kläger. Dieser wird auch nicht einfach als handelndes Organ angegriffen, sondern ihm wird ganz individuelles Fehlverhalten vorgeworfen. Bereits die Überschrift richtet sich direkt gegen den Kläger. Auch der gesamte Absatz in dem die angegriffene Äußerung enthalten ist, beschäftigt sich ausschließlich mit dem Verhalten des Klägers. Es geht im vorliegenden Fall nur um eine ganze bestimmte Äußerung. Angegriffen wird nur ein sehr kleiner Teil der gesamten Presserklärung. Es kommt darauf an, ob die Klägerin durch gerade diese Passage angegriffen wird.
Ein Fall in dem der Vorwurf gegen das Organ so gravierend ist, dass er ohne weiteres auf die juristische Person durchschlägt, ist hier nicht gegeben (vgl. BGH NJW 2000, 3421 f [BGH 30.05.2000 - VI ZR 276/99]ür die Bezeichnung der Abtreibungspraxis als "Babycaust"; OLG München NJW-RR 2002, 186 f [OLG München 29.06.2001 - 21 U 2877/01]ür den Vorwurf der Schmiergeldannahme und Bestechlichkeit; BGH NJW 2006, 601 für den Vorwurf der Kardinal habe die Abtreibung einer durch einen Pfarrer geschwängerten Minderjährigen geduldet).
Hier geht es "nur" um die rechtlich komplexe Frage, ob bestimmte Genehmigungen erforderlich sind und erteilt sind. Die Stadt selber ist gar nicht unmittelbar, sondern nur reflexartig angesprochen.
b)
Hinsichtlich der Klägerin ist jedenfalls der Tatbestand des § 186 StGB nicht verwirklicht.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts wie die Klägerin können zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Dem steht nicht entgegen, daß dieser Rechtsschutz, anders als für das allgemeine Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen, schon deshalb nicht aus den Wertentscheidungen von Art. 1 und 2 GG ableitbar ist, weil juristische Personen des öffentlichen Rechts in Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben keine Grundrechtsträger sind, sofern sie nicht, was hier ausscheidet, unmittelbar durch Grundrechte gewährleisteten Lebensbereichen zuzuordnen sind. Denn sie sind durch die §§ 185 ff StGB strafrechtlich und damit über § 823 Abs. 2 BGB zivilrechtlich gegen beleidigende Angriffe geschützt; § 194 Abs. 3 StGB beruht darauf, dass die Straftatbestände der §§ 185 ff StGB auch gegenüber einer "Behörde oder einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt", erfüllt werden können.
Deshalb kann auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sich mit der zivilrechtlichen Unterlassungsklage gegen die drohende Wiederholung von Vorwürfen wenden, die einen der Straftatbestände in §§ 185 - 187 StGB erfüllen (BGH NJW 83, 1183, BGH NJW 2000, 3421 [BGH 30.05.2000 - VI ZR 276/99]; BGH v. 22.11.05 VI ZR 204/04 vgl. Damm/Rehbock Rn. 298)
Im Hinblick auf die Stadt liegt keine Tatsachenbehauptung vor, die geeignet wäre, den anderen verächtlich zu machen oder ihn in der öffentlichen Meinung herab zu würdigen.
Nicht jede unwahre Tatsachenbehauptung ist zur Herabwürdigung geeignet. Weder isoliert noch zusammen betrachtet können die dazu gemachten Angaben das Ansehen der Kl. herabmindern; mit ihnen ist die Ablehnung des Projekts (Privatisierung der Stadtentwässerung), nicht eine Herabwürdigung der Kl. selbst verbunden (vgl. BGH NJW 1984, 1607, (1608) [BGH 07.02.1984 - VI ZR 193/82]) für falsche Angaben im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen eine Bundesbahntrasse.)
c)
Ein Anspruch der Klägerin aus § 824 BGB besteht ebenfalls nicht.
Die Vorschrift ist auf die Verhältnisse der Privatwirtschaft zugeschnitten. Sie schützt wirtschaftliche Grundlagen für die berufliche und unternehmerische Betätigung und Entfaltung im Wirtschaftsleben. Auf die hoheitliche Betätigung des Staats lässt sich dieser Schutz schon deshalb nicht übertragen, weil der Interessenkonflikt, den § 823BGB zum Gegenstand hat, mit der Lage, in der sich der Staat auf seinem angestammten Feld gegenüber den über ihn umlaufenden Behauptungen befindet, nicht vergleichbar ist. Es etwas anderes kann gelten, wenn und soweit der Staat ähnlich einem Privatmann am Wirtschaftsleben teilnimmt, auch wenn er dadurch öffentliche Aufgaben erfüllt. (BGH NJW 1985, 1606 (1608).
Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Privatisierung der Stadtentwässerung mag im Vorfeld eines privatwirtschaftlichen Tätigwerden liegen, sie ist selbst aber untrennbar mit bisherigen hoheitlichen Wahrnehmung der Aufgaben verbunden. Dies zeigt sich auch an dem Umfang der für die Privatisierung erforderlichen Genehmigungen der Kommunalaufsicht.
Die Umwandlung des hoheitlichen Handelns in privatrechtliches Handeln ist nicht vom Schutzbereich des § 824 BGB erfasst, der nur bestimmte Aspekte ungestörter wirtschaftlicher Betätigung schützt. Einen umfassenden Schutz geschäftlicher Interessen gibt es nicht; insbesondere gibt es keinen Schutz gegen Nachteile die sich nicht auf
konkrete Geschäftsbeziehungen sondern eher "außergeschäftlich" auswirken (vgl. BGH NJW 1984, 1607 (1608) [BGH 07.02.1984 - VI ZR 193/82],
Aus den selben Erwägungen besteht auch kein Anspruch der Klägerin wegen der Verletzung des Rechts am Unternehmen. Sie wird allenfalls mittelbar bei der Neuorganisation ihrer hoheitlichen Tätigkeit, aber nicht durch einen betriebsbezogenen Eingriff in ihrer unternehmerischen Tätigkeit betroffen.
6)
Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 890 Abs. 1 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt, soweit der Antrag zurückgewiesen worden ist, aus § 708 Nr. 6 ZPO. Im Übrigen ist eine einstweilige Verfügung ihrem Wesen nach aus sich heraus vorläufig vollstreckbar.
7)
Der Streitwert war gemäß der Streitwertangabe der Kläger auf 25.000,-- EUR festzusetzen. Dieser Wert ist zu Beginn der mündlichen Verhandlung erörtert und von den Beklagten auch nicht beanstandet worden. Angesichts der Funktion des Klägers und der Bedeutung der Privatisierung für die Klägerin hält die Kammer diesen Wert für angemessen.