Landgericht Braunschweig
Beschl. v. 05.01.2006, Az.: 12 T 1221/05 (098)
Eigentumswohnanlage; Eigentumswohnungserwerber; Eigentumswohnungskäufer; Eintragungslöschung; Entlassung; Gerichtsgebühr; Gerichtskosten; Gesamtgrundschuld; Geschäftswert; Globalgrundschuld; Grundschuldlöschung; Kostenansatz; Löschungskosten; Mithaftung; Nennbetrag; Obergrenze; Wertbegrenzung; Wertbemessung; Wohnungseigentumsanlage; Wohnungseigentumsanteil; Wohnungseigentumserwerber; Wohnungseigentumskäufer; Wohnungsgrundbucheintragung; Wohnungsgrundbuchverfahren
Bibliographie
- Gericht
- LG Braunschweig
- Datum
- 05.01.2006
- Aktenzeichen
- 12 T 1221/05 (098)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53281
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 21.11.2005 - AZ: BS-A 10941
Rechtsgrundlagen
- § 23 Abs 2 Halbs 1 KostO
- § 68 S 1 Halbs 1 KostO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der Wert für die Löschungsgebühr einer Grundschuld ist der Nennbetrag des zu löschenden Rechts. Der Wert ist nicht begrenzt auf den Wert des Wohnungseigentums.
Tenor:
Die Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 21.11.2005 wird zurückgewiesen.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
1.
Die Kostenschuldnerin verkaufte mit Vertrag vom 22.04.2005 (UR Nr. 159/2005 Notar ...) für 42.100,00 Euro den im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Braunschweig im Grundbuchband Nr. ... Blatt ... eingetragenen 256/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung ..., Flur ..., Flurstücke ..., Hof- und Gebäudefläche ..., zur Größe von ... qm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nummer ... bezeichneten Wohnung im dritten Obergeschoss nebst Kellerraum.
In Abt. III ist das Wohneigentum unter der laufenden Nr. 3 mit einer brieflosen Grundschuld in Höhe 2.315.000,00 DM für die ... Bank ...belastet. Die Kostenschuldnerin verpflichtete sich insoweit zur lastenfreien Übertragung und beantragte dementsprechend die Löschung der in Abt. III unter lfd. Nr. 3 des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Gesamtgrundschuld.
Ihr wurden dafür vom Amtsgericht Braunschweig durch Vorschusskostenrechnung vom 25.10.2005 921,00 Euro in Rechnung gestellt, die am 18.11.2005 gezahlt wurden. Parallel dazu erhob die Kostenschuldnerin mit Schriftsatz vom 09.11.2005 Beschwerde, die das Amtsgericht Braunschweig als Erinnerung behandelte und nach Beteiligung des Bezirksrevisors mit Beschluss vom 21.11.2005 unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 14.11.2005 zurückwies. Auf den Beschluss, die Stellungnahme und den Schriftsatz der Kostenschuldnerin vom 09.11.2005 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Gegen den am 23.11.2005 zugestellten Beschluss vom 21.11.2005 richtet sich die am 06.12.2005 beim Amtsgericht Braunschweig eingegangene Beschwerde der Kostenschuldnerin. Sie hält daran fest, dass der Wert für die halbe Löschungsgebühr nach § 68 Satz 1 Halbsatz 1 KostO nicht gemäß § 23 KostO mit dem Nominalwert der Grundschuld angesetzt werden dürfe, vielmehr der Wert durch den Wert des verkauften Wohneigentums begrenzt sei, hier mithin auf 42.100,00 Euro.
Wegen weiterer Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 06.12.2005 verwiesen.
Das Amtsgericht Braunschweig hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
2.
Die gemäß § 14 Abs. 3 KostO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Wert für die gemäß §§ 68 Satz 1 Halbsatz 1, 62 Abs. 1 KostO anfallende halbe Gebühr für die Löschung der Grundschuld beträgt gemäß § 23 Abs. 2 Halbsatz 1 KostO 1.183.640,71 Euro (2.315.000,00 DM). Nach der letztgenannten Vorschrift ist der Nennbetrag der Schuld maßgebend für den Wert der Grundschuld, also des zu löschenden Rechts. Der Wert ist nicht begrenzt durch den Wert des Wohnungseigentums, wie es zum Teil in der Rechtsprechung insbesondere für die Konstellation vertreten wird, dass eine zur Schaffung einer Wohnungseigentumsanlage eingetragene Globalgrundschuld nach Entlassung aus der Mithaft der übrigen Miteigentumsanteile nur noch auf einem Wohnungseigentum lastet und der Erwerber dieser Wohnung den Löschungsantrag stellt (vgl. u.a. Bayrisches Oberstes Landesgericht Juristisches Büro 1993, 43; OLG Köln Juristisches Büro 1997, 544).
Abgesehen davon, dass hier nicht der Erwerber, sondern die Veräußerin, die allerdings anscheinend nicht mit der Erstellerin der Anlage identisch ist, den Antrag gestellt hat, überzeugt es nicht, dass der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit den Miteigentumsanteilen, die durch Entlassung aus der Mithaft wesentlich preiswerter lastenfrei geworden seien, zu einem geringeren Wert führen müsse. Ebenso ist auch das Argument nicht zwingend, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei es nicht zu vereinbaren, wenn für die Löschung ursprünglich durch einen umfangreichen Grundbesitz gesicherter Globalgrundschulden von dem letzten nach der Aufteilung noch belasteten Wohnungseigentümer - über die Heranziehung des Nennbetrags der Globalgrundschulden als Geschäftswert - Gebühren erhoben werden, die außer Verhältnis zu dem Interesse des Gebührenschuldners an dieser staatlichen Leistung stehe (so aber Bayrisches Oberstes Landesgericht und OLG Köln a.U.).
Nach dem formalisierten System der Kostenordnung richtet sich der Gebührenanfall nach konkreten Lebenssachverhalten und hängt grundsätzlich nicht davon ab, welches Interesse die Person hat, die die Eintragung beantragt und deshalb als Kostenschuldner heranzuziehen ist. Es handelt sich bei der Entlassung aus der Mithaft um einen anderen Lebenssachverhalt als bei der Löschung eines Gesamtrechts. Deshalb ist aufgrund des verschiedenen Abgeltungsbereichs der Gebühren entgegen der Auffassung des Bayrischen Obersten Landesgerichts keine Gleichbehandlung wegen Artikel 3 Abs. 1 GG geboten (OLG Frankfurt NJW - RR 2004, 90, 91; ebenso vorher schon OLG Hamm Juristisches Büro 1999, 433; OLG Köln Juristisches Büro 1997, 544; Rohs/Wedewer, Kostenordnung, § 68 Rdn. 6 ff mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand).
Soweit für eine Reduzierung des Wertes Erwägungen der Billigkeit oder Verhältnismäßigkeit angeführt werden, ist zu bedenken, dass die allein auf den einzig verbliebenen Wohnungseigentümer abstellende Sichtweise ausblendet, dass die Kosten der Löschung einer Globalgrundschuld von vornherein wirtschaftlich einkalkuliert werden können, z.B. über die Gestaltung des Kaufpreises, und sich wirtschaftlich nicht notwendig im Vermögen des Wohnungseigentümers niederschlagen müssen, der den Löschungsantrag letztlich tatsächlich stellt. Von daher besteht kein Anlass, durch ein Abweichen von der Wertvorschrift des § 23 Abs. 2 Kostenordnung erst noch einen zusätzlichen Anreiz für Besteller von Globalgrundschulden zu schaffen, sich der Löschungskosten auf Kosten der Staatseinnahmen zu entledigen.
Gemäß § 14 Abs. 5 KostO wird die weitere Beschwerde zugelassen. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Geschäftswert bei der Löschung von Globalgrundschulden in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich angesetzt wird. Für den OLG- Bezirk Braunschweig liegt nach Kenntnis der Kammer noch keine einschlägige Entscheidung vor.