Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 28.09.2005, Az.: S 48 AS 111/05

Berücksichtigung von Unterhaltsvorschusszahlungen nebst Kindergeld in der überschießenden Höhe als Einkommensüberhang bei der Berechnung von Leistungen der Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende; Zurechnung des zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Kindes überschießenden Kindergeldanteils dem Kindergeldberechtigten

Bibliographie

Gericht
SG Oldenburg
Datum
28.09.2005
Aktenzeichen
S 48 AS 111/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 35735
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOLDBG:2005:0928.S48AS111.05.0A

Hinweis

Hinweis: Verbundenes Verfahren

Verbundverfahren:
SG Oldenburg - 28.09.2005 - AZ: S 48 AS 715/05

In den Rechtsstreitigkeiten
[...]
hat das Sozialgericht Oldenburg - 48. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2005
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hoffmeyer
sowie die ehrenamtlichen Richter Frau Zirks und Herrn Niemann
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klagen werden abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1

I.

Die Kläger bewohnen seit Jahren als Familie zwei Wohneinheiten in der Breslauer Str. 77 in 27755 Delmenhorst und bezogen in der Vergangenheit Leistungen nach BSHG. Die Kläger zu 2. bis 3. erhalten daneben Kindergeld- sowie Unterhaltsvorschusszahlungen. Die Klägerin zu 1) wurde bereits anlässlich einer Vorsprach bei der Sozialbehörde der Stadt Delmenhorst am 27. September 2002 darauf hingewiesen, dass dar Mietzins der Wohnung die Mietobergrenze überschreite und deswegen eine Mietzusicherung nicht gewährt werden könne. Diese erklärte daraufhin, sie würde den übersteigenden Betrag monatlich selbst aufbringen. Erneut wurde sie am 7. Oktober 2002 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Sozialhilfe nur die sozialhilferechtlich angemessenen Unterkunftskosten als Sozialhilfebedarf anerkannt werden könnten. Diese betrügen für fünf Personen zum damaligen Zeitpunkt für Grundmiete zzgl. der Betriebskosten 580,00 EUR. Die übersteigenden Mietkosten müsse sie selbst aufbringen. Diese Erklärung nahm die Klägerin zu 1) entgegen.

2

Auf ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II wurden den Klägern mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 Kosten der Unterkunft nebst Heizkosten in der Gesamthöhe von 599,78 EUR bewilligt. Bzgl. der Kindergeld- und Unterhaltsvorschusszahlungen wurde zudem der beschließende Betrag von 16,04 EUR vom Bedarf in Abzug gebracht. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. Februar 2005 legten die Kläger insoweit Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 9. März 2005 zurückgewiesen wurde. Hiergegen haben die Kläger am 10. März 2005 zunächst Klage zum Az. S 48 AS 111/05 erhoben.

3

Für den Folgezeitraum ab 1. Mai 2005 wurden den Klägern sodann wiederum entsprechende Leistungen für den Zeitraum bis 31. Oktober 2005 durch Bescheid vom 20. April 2005 bewilligt. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde durch Bescheid vom 17. August 2005 ebenfalls zurückgewiesen. Hiergegen haben die Kläger am 23. August 2005 Klage zum Az. S 48 AS 715/05 erhoben.

4

Mit den Klagen verfolgen die Kläger ihr begehren auf Zahlung von Leistungen in Höhe der vollen Kosten für Unterkunft und Heizung mit dem Hinweis auf § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II weiter. Bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende handele es sich gerade nicht um Sozialhilfe, so dass es gerechtfertigt sei, höhere als die in der Tabelle zu § 8 WoGG maßgeblichen Beträge zu berücksichtigen, zumal nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auch schon bis zum 31. Dezember 2004 eine angemessene Erhöhung der Sätze nach der Tabelle zu § 8 WoGG möglich gewesen sei. Zudem dürfe der auf die Kinder entfallende überschießende Betrag von 16,04 EUR an Kindergeld sowie Unterhaltsvorschussleistungen nicht bedarfsmindernd berücksichtigt werden.

5

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, den Klägern Leistungen nach den Bestimmungen des SGB II für die Zeit zwischen dem 01.01.2005 und dem 31. Oktober 2005 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und die entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 01.12.2004 und 20. April 2005 sowie die Widerspruchsbescheide vom 9. März 2005 sowie 17.08.2005 aufzuheben, soweit sie dem geltend gemachten Begehren entgegenstehen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

7

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte zu den vorliegenden Verfahren sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

9

II.

Die zulässigen Klagen sind unbegründet.

10

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der vollen Mietkosten. Diesbezüglich ist die Rechtslage zwischen den Beteiligten im Hinblick auf die entscheidungserhebliche Anspruchsgrundlage unstreitig. Zur Begründung verweist das Gericht deshalb zunächst auf die zutreffenden Feststellungen der Beklagten in den Widerspruchsbescheiden vom 9. März sowie 17. August 2005 (Feststellung gem. § 136 Abs. 3 SGG).

11

Auch nach der Rechtsauffassung der vorliegenden Kammer hat im Übrigen die Kläger bereits in der Vergangenheit ab 2002 hinreichend Zeit und Gelegenheit bestanden, eine familienangemessene Unterkunft anzumieten und dadurch die Mietunkosten auf die Höhe zu reduzieren, die nach der ständigen Rechtsprechung des Sozialgerichts Oldenburg entsprechend den Festlegungen der Beklagten auch für den Zuständigkeitsbereich der Beklagten als maßgebliche Bezugsgrößen anerkannt und im vorliegenden Verfahren auch zutreffend zugrunde gelegt worden sind.

12

Danach sind die Bescheide auch nicht deshalb rechtswidrig, weil bei der Berechnung der den Klägern zustehenden Leistungen die Unterhaltsvorschusszahlungen nebst Kindergeld in der überschießenden Höhe von monatlich 16,04 EUR als Einkommensüberhang bedarfsmindernd Berücksichtigung gefunden haben. Dies folgt nach der Rechtsprechung auch des LSG Niedersachsen-Bremen (s. Beschluss vom 4. Mai 2005 - L 8 AS 69/05 ER - unter Abänderung der stattgebenden Entscheidung des SG Oldenburg vom 7. März 2005 im Verfahren S 47 AS 59/05 ER - als Konsequenz aus der Regelung des § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II: Danach wird das Kindergeld für minderjährige Kinder dem jeweiligen Kind zugerechnet, soweit dieses zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Der Gesetzgeber gehe danach davon aus, dass Alg II für ein minderjähriges Kind nicht zzgl. des Kindergeldes gezahlt werden soll. Etwaiges Einkommen des Kindes wie z.B. aus Unterhaltsleistungen des Vaters führen dazu, dass Kindergeld nur insoweit als Einkommen des minderjährigen Kindes anzusehen, soweit dieses zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt wird. Wird der Bedarf anderweitig abgedeckt, verbleibt es bei der Regelung im Kindergeldrecht, das der überschießende Kindergeldanteil dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen ist. Dies ist hier die Klägerin zu 1., so dass die Entscheidung nach Auffassung der erkennenden Kammer auch insoweit zu Recht erfolgt ist.

13

Danach waren die vorliegenden Klagen abzuweisen.

14

Da die Kläger insoweit unterlegen sind, entsprach es auch den Rechtsgrundsätzen des § 193 Abs. 1 SGG, die außergerichtlichen Kosten der Kläger nicht für erstattungsfähig zu erklären.

15

Das Verfahren ist gem. § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei.

Dr. Hoffmeyer