Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.03.2006, Az.: L 8 AS 388/05
Anforderungen an die vollständige Übernahme der tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten; Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunftskosten; Anwendbarkeit der "Bestandsschutzregelung" des § 22 Abs. 1 S. 2 letzter Hs. Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei Anmietung einer Wohnung in Kenntnis der Unangemessenheit der Kosten; Anforderungen an die Zugehörigkeit minderjähriger unverheirateter Kinder zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 23.03.2006
- Aktenzeichen
- L 8 AS 388/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 17833
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2006:0323.L8AS388.05.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II
- § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II
- § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II
- § 19 S. 1 Nr. 1 SGB II
- § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB II
- § 11 Abs. 1 BSHG
- § 12 Abs. 1 BSHG
- § 3 Abs. 1 Regelsatz-Verordnung
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Bei der Prüfung der Angemessenheit von Unterkunftskosten wird die aktuelle Wohngeldtabelle nach dem Wohngeldgesetz zugrunde gelegt.
- 2.
Kann ein minderjähriges Kind, welches bei einem Hilfebedürftigen lebt, seinen Lebensunterhalt durch Unterhaltszahlungen und Kindergeld selber bestreiten, fällt es aus der Bedarfsgemeinschaft heraus.
Tenor:
Die Berufungen der Kläger gegen die Urteile des Sozialgerichts Oldenburg vom 28. September 2005 werden zurückgewiesen. Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Kläger begehren für die Zeit von Januar bis Oktober 2005 höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeit Suchende - (SGB II). In der Bedarfsberechnung sollen höhere Kosten für Unterkunft und Heizung berücksichtigt werden, das bei dem Kläger zu 5) - L., geboren 18. Dezember 1996 - den Bedarf übersteigende Kindergeld solle nicht als Einkommen der Klägerin zu 1) - der Mutter - berücksichtigt werden.
Die Kläger sind eine 5-köpfige Familie, bestehend aus der Mutter und 4 Kindern (geboren 19. Mai 1987, 12. Juli 1988, 18. Juli 1993 und 18. Dezember 1996). Die Klägerin zu 4) erhielt bis zur Vollendung ihres 12. Lebensjahres Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) in Höhe von 164,00 EUR monatlich, der Kläger zu 5) entsprechende Leistungen bis Juni 2005, ab Juli 2005 in Höhe von 170,00 EUR. Außerdem wird Kindergeld für die Kläger zu 2) bis 4) in Höhe von 154,00 EUR, für den Kläger zu 5) in Höhe von 179,00 EUR gezahlt. Die Kläger haben zudem längere Zeit bis zum 31. Dezember 2004 Sozialhilfe Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen. Bei der Anmietung im Oktober 2002 der jetzt noch bewohnten Wohnung wurde die Klägerin zu 1) durch den damaligen Sozialhilfeträger darüber unterrichtet, dass die Miete die sozialhilferechtlich angemessenen Unterkunftskosten übersteige, bei 5 Personen liege die Angemessenheitsgrenze bei 580,00 EUR. Ein höherer Betrag werde nicht übernommen. So geschah es in der Folgezeit; den nicht aus Sozialhilfemitteln gedeckten Anteil der Unterkunftskosten trugen die Kläger selbst. Ab dem 1. Januar 2005 beziehen die Kläger Leistungen nach dem SGB II. Hinsichtlich der Unterkunftskosten wurden dieselben Maßstäbe wie vorher angelegt. Das den Bedarf des Klägers zu 5) übersteigende Kindergeld - ein Betrag von 16,04 EUR wurde als Einkommen der Mutter - der Klägerin zu 1) - bedarfsmindernd berücksichtigt (Bescheid vom 1. Dezember 2004 für die Monate Januar - April 2005, Zahlbetrag 1.137,78 EUR; Bescheid vom 20. April 2005 für die Monate Mai bis Oktober 2005, Zahlbetrag 1.024,03 EUR für Mai 2005 sowie 853,82 EUR für Juni bis Oktober 2005; dazu die Widerspruchsbescheide vom 9. März und 17. August 2005).
Die Kläger haben am 10. März 2005 - S 48 AS 111/05 - und am 23. August 2005 - S 48 AS 715/05 - Klagen beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Ihre Einwände gehen im Wesentlichen dahin, dass jedenfalls für eine Zeit von 6 Monaten ab dem 1. Januar 2005 die tatsächlich anfallenden Unterkunftskosten zu übernehmen seien. Dies folge aus der Bestandschutzregelung des§ 22 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II. Soweit durch das Einkommen des Klägers zu 5) - Unterhaltsvorschussleistungen und Kindergeld - der Bedarf überschritten werde, dürfe das übersteigende Kindergeld nicht als Einkommen der Klägerin zu 1) berücksichtigt werden. Das SG hat die Klagen mit Urteilen vom 28. September 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kläger höhere Leistungen nicht erhalten könnten. Sie hätten seit dem Jahr 2002 hinreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, eine finanziell angemessene Unterkunft anzumieten und dadurch die Mietkosten in den Angemessenheitsbereich zu senken. Die Berücksichtigung des den Bedarf übersteigenden Kindergeldes als Einkommen der Mutter sei gerechtfertigt. Kindergeld sei nur insoweit als Einkommen des minderjährigen Kindes anzusehen, soweit dieses zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigt werde. Werde der Bedarf anderweitig abgedeckt, verbleibe es bei der Regelung im Kindergeldrecht, so dass der überschießende Kindergeldanteil dem Kindergeldberechtigten zuzurechnen sei - hier also der Klägerin zu 1) -. Die Urteile wurden den Klägern am 28. Oktober 2005 zugestellt.
Die Kläger haben am 7. November 2005 Berufung eingelegt. Sie verweisen auf das bisherige Vorbringen. Für den Kläger zu 2) wurden die Ansprüche bis zum 18. Mai 2005 beschränkt (Volljährigkeit ab 19. Mai 2005).
Die Rechtsstreite L 8 AS 388/05 und L 8 AS 389/05 wurden in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2006 durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die Kläger beantragen,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 28. September 2005 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 1. Dezember 2004 und 20. April 2005 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 9. März und 17. August 2005 zu ändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. März 2006 ein von den Klägern angenommenes Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass die tatsächlichen Heizungskosten in Höhe von 87,00 EUR monatlich ohne einen Abzug für die Warmwasserbereitung berücksichtigt werden; in den beigefügten Berechnungen für die streitigen Monate sind zudem die geänderten Unterhaltsvorschussleistungen ab Juli 2005 berücksichtigt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Sozialhilfeträgers verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Insbesondere ist der erforderliche Berufungsbeschwerdewert von 500,00 EUR des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG überschritten. Der Rechtsstreit betraf die Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten, höherer Heizkosten und die Nichtanrechnung des überschießenden Kindergeldes bei dem Kläger zu 5) als Einkommen der Mutter - der Klägerin zu 1) -. Die Beklagte hat monatliche Unterkunftskosten von 580,00 EUR anerkannt. Die Differenz zu den monatlich tatsächlich anfallenden Mietkosten betrug 68,53 EUR (Miete 457,95 EUR, Betriebskosten 186,00 EUR, Modernisierungszuschlag 4,58 EUR). Diese Unterkunftskosten ergeben sich aus einer Mietbescheinigung vom 13. Dezember 2004, so dass sich der monatliche Gesamtbetrag auf 648,53 EUR beläuft, die monatliche Differenz zu den anerkannten Unterkunftskosten von 580,00 EUR beträgt daher 68,53 EUR. Der streitige Zeitraum erfasst die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 2005, so dass sich insoweit ein streitiger Betrag von 685,30 EUR ergibt. Dem sind hinzuzurechnen die zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung noch streitigen Heizkosten. Die Beklagte hatte ursprünglich in ihrer Bedarfsberechnung 19,78 EUR berücksichtigt, die Differenz zu den tatsächlich anfallenden Heizkosten von 78,00 EUR beträgt monatlich 58,22 EUR, für den 10-Monats-Zeitraum daher 582,20 EUR. Letzter streitiger Punkt war die Nichtanrechnung des bei dem Kläger zu 5) überschießenden Kindergeldanteiles als Einkommen der Klägerin zu 1) im monatlichen Umfang von 16,04 EUR (also 160,40 EUR bei 10 Monaten).
Nicht mehr zu entscheiden ist über den Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, der durch das von den Klägern im Termin am 23. März 2006 angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten erledigt ist, §§ 153 Abs. 1, 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dieses Teilanerkenntnis betrifft die Kosten für die Heizung. Die Beklagte hatte zunächst unzutreffend monatliche Heizkosten von 44,48 EUR berücksichtigt; tatsächlich hatten die Kläger monatliche Abschlagszahlungen für Heizkosten seit Dezember 2004 in Höhe von 87,00 EUR zu tragen. Diesen monatlichen Betrag hat die Beklagte durch das angenommene Teilanerkenntnis in die Bedarfsberechnung ab Januar 2005 akzeptiert und die Kläger insoweit klaglos gestellt. Eine Kürzung der Heizkosten um einen Anteil für die Warmwasserzubereitung ist nicht erfolgt, weil die Warmwasserzubereitung nicht über die Heizung erfolgt. Auch über mögliche Ansprüche des Klägers zu 2) ab dem 19. Mai 2005 ist hier nicht mehr zu entscheiden. Dessen Anspruch wird nur für die Zeit bis zum 18. Mai 2005 geltend gemacht, weil dieser Kläger am 19. Mai 2005 volljährig geworden ist und ab diesem Tag selbst Leistungen nach dem SGB II bezieht, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind. Eine dementsprechende Erklärung wurde vom Prozessbevollmächtigten der Kläger im Termin am 23. März 2006 abgegeben.
In dem erhalten gebliebenen Umfang ist die Berufung nicht begründet. Die Unterkunftskosten können nur mit einem monatlichen Betrag von 580,00 EUR in die Bedarfsberechnung eingestellt werden, wie dies bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) geschehen ist. Ein Anspruch auf Berücksichtigung höherer - der tatsächlich angefallenen - Unterkunftskosten besteht nicht. Auch aus dem Kindergeld des Klägers zu 5) folgt kein höherer Anspruch der Klägerin zu 1). Höhere Leistungen als zugesprochen können die Kläger nicht erhalten.
Die Beklagte hat als Unterkunftskosten monatlich 580,00 EUR berücksichtigt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats zur Angemessenheit der Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die diesen Betrag tatsächlich übersteigenden Unterkunftskosten stehen den Klägern nicht zu. Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten gemäß § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II als Arbeitslosengeld II (Alg II) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Sind die tatsächlichen Aufwendungen unangemessen, sind sie durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise zu senken. In der Regel sollen die "unangemessenen Kosten" längstens für 6 Monate übernommen werden.
Nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der Angemessenheit von Unterkunftskosten sind die Unterkunftskosten der Kläger unangemessen. Der Senat legt insoweit regelmäßig, sofern nicht spezielle örtliche Mietspiegel vorhanden sind, die aktuelle Wohngeldtabelle nach dem Wohngeldgesetz (§ 8) zu Grunde. Wird diese Tabelle zu Grunde gelegt, und zwar die rechte Spalte - wie dies auch durch die Beklagte erfolgt -, wäre eine Wohnungsmiete einschließlich Nebenkosten bis zu 580,00 EUR monatlich angemessen. Denn die Stadt M., in welcher die Kläger wohnen, gehört zu einer Gemeinde mit der Mietenstufe 3 (Anlage zu § 1 Abs. 4 Wohngeldverordnung, in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2001, BGBl I Seite 2722, zuletzt geändert durch Art 54 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl I Seite 2954), bei 5 zum Haushalt rechnenden Familienmitgliedern - den Klägern - ergibt sich daraus unter Zugrundelegung des Tabellenwertes der rechten Spalte (Wohnraum, der ab 1. Januar 1992 bezugsfertig geworden ist) ein Tabellenwert von 580,00 EUR. Dieser Tabellenwert in der rechten Spalte wird regelmäßig zu Grunde zu legen sein, auch um Leistungsempfängern und den Sozialleistungsträgern zur Bestimmung des Begriffs der Angemessenheit klare und eindeutige "Richtlinien" an die Hand zu geben. Die Anwendung der günstigsten (rechten) Spalte beruht auch darauf, dass die Bezugsfertigkeit des Wohnraums für die Höhe der vereinbarten Miete geringe Aussagekraft hat; ausschlaggebend ist die Lage und Ausstattung der Wohnung und die Nachfrage nach dem jeweiligen Wohnraum. Weiterhin spiegeln die derzeitigen Tabellenwerte nicht die aktuelle Mietpreisentwicklung wieder, weil die Tabellenwerte aus dem Jahre 2001 stammen. Um diesen Unwägbarkeiten Rechnung zu tragen und auch Leistungsbeziehern nach dem SGB II den Erhalt einer angemessenen Wohnung zu ermöglichen, wird regelmäßig der Tabellenwert der rechten Spalte zur Bestimmung der Angemessenheit zu Grunde zu legen sein. Davon sollte nur abgesehen werden, wenn der örtliche Wohnungsmarkt durch aussagekräftige Mietspiegel erschlossen wurde oder im Einzelfall eine andere Betrachtungsweise angezeigt ist. Letztgenannte Umstände liegen hier nicht vor.
Die Beklagte berücksichtigt in ihrer für den streitigen Zeitraum gemachten Bedarfsberechnung monatliche Unterkunftskosten von 580,00 EUR. Ein höherer Betrag ist daher nicht in die Bedarfsberechnung einzustellen.
Die "Bestandsschutzregelung" des § 22 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II findet bei der vorliegenden Fallgestaltung auf die Kläger keine Anwendung. Die Kläger haben im Oktober 2002 die noch jetzt bewohnte Wohnung angemietet, zu einer Zeit, als sie Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - nach dem BSHG bezogen; dieser Leistungsbezug erfolgte bis zum 31. Dezember 2004. Vor der Anmietung der Wohnung wurden die Kläger darüber unterrichtet, dass die Unterkunftskosten unangemessen hoch sind. Die Klägerin zu 1) unterschrieb eine entsprechende Erklärung am 7. Oktober 2002. Die Erklärung lautet insoweit folgendermaßen:
"Ich erhalte Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes. Ich wurde vom Amt für soziale Dienste unterrichtet, dass im Rahmen der Sozialhilfe nur die sozialhilferechtlich angemessenen Unterkunftskosten als Sozialhilfebedarf anerkannt werden können. Diese betragen für 5 Personen zurzeit kalt (Grundmiete + Betriebskosten) 580,00 EUR. Ich wurde unterrichtet, dass ich Mietkosten, die diesen Betrag übersteigen, selbst aufbringen muss. Der oben genannte Miethöchstbetrag bleibt auch im Falle einer Mieterhöhung unverändert."
Die Kläger haben gleichwohl die Wohnung mit den unangemessenen Unterkunftskosten angemietet, seit dieser Zeit Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - insoweit nur im Umfang der angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 580,00 EUR erhalten und keinerlei Versuche zur Senkung der unangemessenen Unterkunftskosten unternommen. Bei einer derartigen Sachlage lässt sich für die im § 22 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II benannte Bestandsschutzzeit von 6 Monaten ein Umschwenken auf die tatsächlich angefallenen Unterkunftskosten von Gesetzes wegen nicht rechtfertigen. Die Maßstäbe für die Bemessung der Angemessenheit der Unterkunftskosten waren unter Geltung des BSHG und jetzt unter Geltung des SGB II im Wesentlichen gleich. Für die Bemessung der Angemessenheit wurde und wird die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz als Orientierungshilfe herangezogen (vgl Oberverwaltungsgericht - OVG - Lüneburg, Urteil vom 29. Januar 2004 - 12 LB 454/02 - Niedersächsische Verwaltungsblätter 2004, Seite 236). Unter Geltung des BSHG wurden die Unterkunftskosten erfasst von § 12 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Regelsatz-Verordnung, der inhaltlich § 22 Abs. 1 SGB II entspricht. Denn nach § 3 Abs. 1 Regelsatz-Verordnung wurden laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt; soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigen sind, solange anzuerkennen, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken.
Dies verdeutlicht das Gleichbleiben der Maßstäbe des BSHG wie des SGB II hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten. Den Klägern war - wie oben dargelegt - seit Oktober 2002 die Unangemessenheit der Unterkunftskosten der von ihnen damals neu angemieteten Wohnung bekannt. Sie haben gleichwohl diese Wohnung angemietet und seit dem die nicht von der Sozialhilfe gedeckten Unterkunftskosten mit eigenen Mitteln getragen. Einen Versuch zur Senkung der unangemessenen Unterkunftskosten haben die Kläger nicht unternommen. Die Bestandsschutzregelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB II kann ihnen daher nicht zugute kommen. Diese greift ein, wenn beispielsweise Anspruchsteller das erste Mal in den Geltungsbereich dieser Vorschrift fallen und erfahren, dass die Unterkunftskosten ihrer bislang bewohnten Wohnung aus Sicht des Sozialleistungsträgers zu hoch sind. Dieser Personenkreis soll für gewisse Zeit Sozialleistungen in Höhe der tatsächlichen aber unangemessenen Unterkunftskosten erhalten, weil ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, die unangemessen hohen Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß zu senken. Dies lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen, so dass diesem Personenkreis eine gewisse Übergangszeit einzuräumen ist, den der Gesetzgeber für den Regelfall mit 6 Monaten bezeichnet hat.
Demgegenüber erhalten die Kläger schon seit Jahren Sozialleistungen und wissen seit Oktober 2002, dass sie eine unangemessen teure Wohnung bewohnen. Ein nochmaliger Hinweis darauf, dass ihre Unterkunftskosten unangemessen hoch sind und sie diese Kosten auf den angemessenen Bereich senken müssen, war daher nicht erforderlich, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse seit Oktober 2002 nicht geändert hatten.
Auch aus anderen Gründen steht den Klägern keine höhere Leistung als nunmehr bewilligt zu. Der monatliche Bedarf der Kläger ist unter Berücksichtigung folgender Daten zu ermitteln:
Regelleistung (§ 20 Abs. 1 SGB II) der Klägerin zu 1) 345,00 EUR
Regelleistung des Klägers zu 2) bis zum 18. Mai 2005 276,00 EUR
Regelleistung des Klägers zu 3) 276,00 EUR
Sozialgeld (§ 28 Abs. 1 SGB II) der Klägerin zu 4) 207,00 EUR
Sozialgeld der Klägerin zu 5) 207,00 EUR
Mehrbedarf für Erziehung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II) bis zum 18. Mai 2005 166,00 EUR
Mehrbedarf für Erziehung ab 19. Mai 2005 124,00 EUR
Kosten der Unterkunft (§ 22 Abs. 1 SGB II) für 5 Personen 667,00 EUR
Als Einkommen ist das monatliche Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR hinsichtlich der Kläger zu 2) bis 4) bzw. 179,00 EUR hinsichtlich des Klägers zu 5) zu beachten, weiter ein Unterhaltsvorschuss bei der Klägerin zu 4) in Höhe von 164,00 EUR monatlich bis zum 17. Juli 2005 sowie beim Kläger zu 5) in Höhe von 164,00 EUR monatlich bis Juni 2005 bzw. 170,00 EUR ab Juli 2005.
Hieraus folgt, dass der minderjährige Kläger zu 5) auf Grund seines den Bedarf übersteigenden Einkommens nicht zur Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gehört und Ansprüche nach dem SGB II nicht erfolgreich geltend machen kann. Minderjährige unverheiratete Kinder wie der Kläger zu 5) gehören nur dann zur Bedarfsgemeinschaft, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beschaffen können. Der Bedarf des Klägers zu 5) setzt sich zusammen aus seiner Regelleistung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II in monatlicher Höhe von 207,00 EUR sowie den auf ihn entfallenden Anteilen an Kosten der Unterkunft und Heizung (1/5 von 580,00 EUR und 1/5 von 87,00 EUR), woraus sich ein monatlicher Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung von 133,40 EUR errechnet, so dass der Gesamtbedarf 340,40 EUR beträgt (207,00 EUR Regelleistung + 133,40 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Diesem Gesamtbedarf stehen Unterhaltsleistungen und anteiliges Kindergeld in ausreichender Höhe gegenüber, die die Hilfebedürftigkeit des Klägers zu 5) und damit dessen Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1) entfallen lassen.
Die Hilfebedürftigkeit vermindert sich gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II um das zu berücksichtigende Einkommen. Bei dem Kläger zu 5) sind dies die Leistungen nach dem UVG in Höhe von monatlich 164,00 EUR (bis Juli 2005, danach 170,00 EUR). Außerdem ist ihm gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II der Teil des Kindergeldes als Einkommen zuzurechnen, welches zur Sicherung seines Lebensunterhalts benötigt wird, hier der Differenzbetrag zwischen dem Bedarf von 340,40 EUR und den Leistungen nach dem UVG (164,00 EUR bzw. 170,00 EUR), also 176,40 EUR bzw. 170,40 EUR. Von dem Kindergeld in Höhe von 179,00 EUR verbleiben demnach 2,60 EUR bzw. 8,60 EUR.
Aus der Berücksichtigung von Einkommen bei dem Kläger zu 5) folgt, dass die einkommensmindernden Bestimmungen im SGB II und in der Alg II-VO Anwendung finden. § 11 Abs. 2 SGB II sieht für den hier zu entscheidenden Fall keine Abzüge vor. Abzusetzen sind nach § 11 Abs. 2 SGB II (in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung), soweit hier überhaupt in Betracht kommend, Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (Nr. 3 der Vorschrift). Weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren ist geltend gemacht worden, dass entsprechende Versicherungsbeiträge von dem Kläger zu 5) aufzubringen sind. Eine Reduzierung nach § 11 Abs. 2 SGB II ist deshalb nicht möglich.
Ein Abzug vorzunehmen ist jedoch nach § 3 Nr. 1 Alg II-VO (ebenfalls in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung). Nach dieser Vorschrift ist ein Pauschbetrag in Höhe von 30,00 EUR monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger und von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger abzusetzen, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Der minderjährige Kläger zu 5) lebt zwar mit der volljährigen hilfebedürftigen Klägerin zu 1) zusammen, gehört jedoch, wie bereits ausgeführt, wegen fehlender Hilfebedürftigkeit nicht zu ihrer Bedarfsgemeinschaft. Mithin ist die Regelung des § 3 Nr. 1 Alg II-VO auf ihn anwendbar. Sein den Bedarf übersteigendes Einkommen von 2,60 EUR bzw. 8,60 EUR mindert sich um den Pauschbetrag von 30,00 EUR, das den Bedarf übersteigende Einkommen beträgt bei dieser Berechnung während der gesamten streitigen Zeit nunmehr null und kann als Einkommen der Klägerin zu 1) nicht mehr berücksichtigt werden.
Bei der am 18. Juli 1993 geborenen Klägerin zu 4) ändert sich der Bedarf während des streitigen Zeitraumes, weil sie nur bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres Unterhaltsvorschussleistungen erhalten hat. Ihrem gleich bleibenden Gesamtbedarf von 340,40 EUR (207,00 EUR Sozialgeld, 133,40 EUR anteilige Unterkunftskosten) stehen Einnahmen in Höhe von 318,00 EUR (Kindergeld und volle Unterhaltsvorschussleistungen) bis Juni 2005, in Höhe von 251,00 EUR (Kindergeld und anteilige Unterhaltsvorschussleistungen) für Juli 2005 und in Höhe von 154,00 EUR (nur Kindergeld) ab August 2005 gegenüber. Daraus ergeben sich monatliche Ansprüche für die Zeit bis Juni 2005 in Höhe von 22,40 EUR, für Juli 2005 in Höhe von 89,40 EUR und ab August 2005 in Höhe von 186,40 EUR. Abzüge vom Einkommen sind bei der Klägerin zu 4) nicht vorzunehmen. Versicherungsbeiträge werden für die nicht aufgebracht, der Abzug einer Versicherungspauschale nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II kommt bei der minderjährigen hilfebedürftigen Klägerin zu 5) nicht in Betracht.
Bei dem über 15-jährigen erwerbsfähigen Kläger zu 3) beträgt der Anspruch nach dem SGB II durchgehend 255,40 EUR monatlich. Seinem Bedarf von 409,40 EUR (276,00 EUR Regelleistung, 133,40 EUR anteilige Unterkunftskosten) steht als Einkommen das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR monatlich gegenüber. Abzüge sind ebenso wenig wie bei der Klägerin zu 4) vorzunehmen.
Hinsichtlich des Klägers zu 2) betrug der Anspruch bis zur Vollendung seines 18. Lebensjahres ebenfalls 255,40 EUR monatlich, der anteilige Anspruch im Mai 2005 betrug 153,24 EUR.
Der Anspruch der volljährigen erwerbsfähigen Klägerin zu 1) betrug bis einschließlich April 2005 monatlich 644,40 EUR (345,00 EUR Regelleistung, 133,40 EUR anteilige Unterkunftskosten sowie 166,00 EUR 4 x 12 v.H. der Regelleistung als Mehrbedarf für Alleinerziehung ). Da das vierte Kind, der Kläger zu 2), seit dem 19. Mai 2005 volljährig ist, verringerte sich der Mehrbedarf für Alleinerziehung entsprechend auf 149,00 EUR im Mai 2005 bzw. 124,00 EUR ab Juni 2005 (zur anteiligen Berechnung und Rundung vgl. § 41 SGB II). Mangels eigenen Einkommens sind bei der Klägerin zu 1) keine Abzüge vorzunehmen.
Da das den Bedarf übersteigende Einkommen des Klägers zu 5) während der gesamten streitigen Zeit null beträgt, kann es insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht als Einkommen der Klägerin zu 1) berücksichtigt werden (s. oben). Gleichwohl führt dies nicht zu einem höheren Zahlungsanspruch der verbleibenden Kläger. Denn die Beklagte hat in ihrer Bedarfsberechnung durchgehend wegen des nach ihrer Ansicht den Bedarf übersteigenden Einkommens den Pauschbetrag im vollen Umfang von 30,00 EUR berücksichtigt, also weit über das den Bedarf übersteigende Einkommen hinaus. Damit ist den übrigen Klägern gleichsam ein zusätzlicher Bedarf in Höhe von 30,00 EUR monatlich zuerkannt worden. Dieser von der Beklagten rechtswidrig eingeräumte Anteil erhöht den Bedarf über die zu Unrecht vorgenommene Einkommensanrechnung von 2,60 EUR bzw. 8,60 EUR hinaus. Die Kläger haben daher rechtswidrig höhere Leistungen erhalten als ihnen tatsächlich zustanden. Sie sind daher durch die Einkommensanrechnung rechtlich nicht beschwert.
Hinzu kommt, dass ab der Vollendung des 18. Lebensjahres des Klägers zu 2) dessen Kindergeld bei der Klägerin zu 1) als Einkommen zu berücksichtigen wäre. Dies ist auch in der Neuberechnung der Beklagten nicht vorgesehen. Eine nähere Prüfung, wie lange ein Kindergeldanspruch für den Kläger zu 2), dessen Schulbesuch laut der der Beklagten vorliegenden Schulbescheinigung im Juli 2005 enden sollte, bestand, ist hier entbehrlich, da den Klägern, wie ausgeführt, trotz der zu Unrecht vorgenommenen Einkommensanrechnung des beim Kläger zu 5) überschießenden Kindergeldes kein höherer Anspruch nach dem SGB II zusteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenverteilung entspricht dem Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten im Prozess. Die Kläger obsiegen, soweit die Beklagte nunmehr die Heizkosten im vollständigen Umfang von 87,00 EUR berücksichtigt hat, im Übrigen unterliegen die Kläger.
Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden.