Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 27.06.2018, Az.: 12 B 10379/17
absoluter Verfahrensfehler; erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen; Klagebegründungsfrist; Nebenbestimmung; Prüftiefe; UVP-Vorprüfung; verfahrenslenkende Funktion; Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 27.06.2018
- Aktenzeichen
- 12 B 10379/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 74330
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst. a UmwRG
- § 1 Abs 1 S 1 Nr 5 UmwRG
- § 2 Abs 1 UmwRG
- § 3c UVPG
- § 3a UVPG
- § 4 Abs 1 S 1 Nr 1 UmwRG
- § 6 UmwRG
- § 74 Abs 1 UVPG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Einzelfall einer fehlerhaften UVP-Vorprüfung mit nicht nachvollziehbarem Ergebnis; Verkennung der verfahrenslenkenden Funktion der UVP-Vorprüfung.
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 12 A 6814/17 geführten Klage des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2017 und der Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem der Antragsgegner der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windenergieanlagen erteilt hat.
Der Antragsteller ist eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung.
Unter dem 24.06.2016 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen des Typs Enercon E-92 mit jeweils einer Nabenhöhe von 103,9 m, einem Rotordurchmesser von 92,0 m, einer Gesamthöhe von 149,9 m und einer Nennleistung von 2350 kW. Der Standort der Anlagen befindet sich in den Gemeinden E. und F. auf den im Antrag im Einzelnen bezeichneten Flurstücken der Gemarkungen E. und G.. Die Anlagen WEA 01 bis 04 sollen nördlich, die Anlagen WEA 05 bis 08 südlich der Bahnlinie A-Stadt - Hamm errichtet werden. Die geplante Windenergieanlage 08 liegt im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der H.. Etwa 375 bis 525 m entfernt von den geplanten Anlagen werden bereits drei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils rund 100 m betrieben. Zu den teilweise mit Antragstellung, teilweise erst während des Genehmigungsverfahrens vorgelegten oder ergänzten Antragsunterlagen zählen unter anderem ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP), ein Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (ASB) und eine UVP-Vorstudie, die sämtlich durch das I. erstellt worden sind.
In zwei Abstimmungsgesprächen am 09.07.2015 und 17.06.2016 waren die Beigeladene und der Antragsgegner ausweislich von dem Antragsgegner übersandter Gesprächsvermerke (Bl. 348 und 349 - 351 GA) übereinstimmend davon ausgegangen, dass nach damaligem Kenntnisstand eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich und für die - erforderliche - UVP-Vorprüfung von der Beigeladenen ein kurzes Gutachten zu erstellen sei, in dem alle relevanten Umweltauswirkungen zusammenfassend dargestellt und bewertet werden sollten.
In einer unter dem 17.08.2016 gefertigten Stellungnahme forderte das Amt für Naturschutz des Antragsgegners, den bis dahin lediglich als Entwurf vorliegenden Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Bezug auf den Rotmilan, die Feldlerche, die Wachtel, den Mäusebussard, die Greifvögel Baumfalke, Turmfalke und Rohrweihe und zu Greifvögeln allgemein zu ergänzen und den Genehmigungsunterlagen beizufügen, zahlreiche Ergänzungen in den bereits vorgelegten LBP aufzunehmen sowie eine detaillierte Berechnung des Ersatzgeldes für Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und den Fachbeitrag „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß Ziffer 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG“ vorzulegen.
Ein Entwurf des geforderten Fachbeitrags zur UVP-Vorprüfung ging am 11.10.2016 bei dem Antragsgegner ein und wurde ausweislich eines - nicht in den Verwaltungsvorgängen befindlichen, aber vom Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren vorgelegten (Bl. 342ff. GA) - handschriftlich ausgefüllten Formulars „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls“ am 23.11.2016 vom Amt für Naturschutz geprüft. Dem Formular ist zu entnehmen, dass Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Tieren, Pflanzen und Landschaftsbild betroffen (Nr. 2.2), die Auswirkungen teilweise erheblich (Nr. 3.3) und abschätzbare Auswirkungen zu erwarten (Nr. 3.4) sind. Neben Nr. 2.2 des Formulars befindet sich folgender handschriftlicher Zusatz: “aber es ist absehbar, dass sich alle Konflikte durch geeignete Maßnahmen verhindern, vermeiden oder ausgleichen lassen werden. An Details der Planung besteht jedoch noch Änderungsbedarf. Aber sehr gutes, zusammenhängendes Gesamtpaket an Maßnahmen. Zumutbarkeit v. Abschaltzeiten prüfen.“ Am Ende von Nr. 3 befindet sich folgender Zusatz: “Fazit → absehbar, dass UVP nicht erforderlich aber: Ändg + weitere Erkenntnisse abwarten.“ Die formularmäßig vorgenommene Prüfung endet schließlich mit folgenden
„Bemerkungen:
UVP-Vorstudie ist vollständig + nachvollziehbar aufbereitet. Mit Ausnahme der Details, die geändert werden müssen: Angaben aus Artenschutzbeitrag aktualisieren, Ergänzung zum Thema Mäusebussard notwendig.
Die Beeinträchtigung auf Vögel-, und Fledermäuse lassen sich alle durch geeignete Maßnahmen verhindern oder vermeiden. Für die Mäusebussarde (Wechselhorst, nur einmal besetzt, im Jahr der Genehmigung nicht besetzt) wurde - rein vorsorglich - eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Nach bisheriger überschlägiger Prüfung kann diese erteilt werden, voraussichtlich. Für die Schutzgüter Boden, Wasser, Arten + Biotope wird im LBP dargelegt, dass die unvermeidbare Beeinträchtigung vollständig ausgeglichen werden könne.
Für das Labi wird Ersatzgeld bezahlt.
Bedingung ist, das vorgeschlagenes Maßnahmenkonzept* konsequent umgesetzt wird.
*in LBP + ASB Änderung notwendig: Details Zuwegung, Ergänzende Maßnahmen Mäusebussard, Bäume, Tabellen anpassen. → Details siehe SN-Entwurf vom 25.11.16“
Das Ergebnis dieser Prüfung teilte das Amt für Naturschutz unter dem 25.11.2016 per E-Mail dem Bauordnungsamt des Antragsgegners mit (Bl. 203 Beiakte Band 3).
Unter dem 13.12.2016 bat das Bauordnungsamt des Antragsgegners die Amtsblattstelle um Bekanntmachung der Feststellung, dass die Vorprüfung ergeben habe, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.
Unter dem 15.12.2016 beantragte die Beigeladene, das Genehmigungsverfahren hinsichtlich der vier nördlich der Bahnlinie gelegenen WEA 01 bis 04 wegen der noch fehlenden Zustimmung aus militärischer/flugbetrieblicher Sicht vorerst ruhen zu lassen.
Die Endfassung der UVP-Vorstudie ging am 19.12.2016 bei dem Antragsgegner ein und wurde ausweislich eines weiteren - ebenfalls nicht in den Verwaltungsvorgängen befindlichen, aber vom Antragsgegner im gerichtlichen Verfahren vorgelegten (Bl. 345ff. GA) - handschriftlich ausgefüllten Formulars „Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls“ am selben Tag vom Amt für Naturschutz geprüft. Dem Formular ist zu entnehmen, dass Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit von Wasser, Boden, Tieren, Pflanzen und Landschaftsbild betroffen (Nr. 2.2), die Auswirkungen teilweise erheblich (Nr. 3.3) und abschätzbare Auswirkungen zu erwarten (Nr. 3.4) sind. Neben der Nr. 2.2 des Formulars ist nunmehr handschriftlich vermerkt: „aber umfangreiches, sinnvolles Gesamtpaket an auch freiwilligen! Verhinderungs-, Vermeidungs-, Ausgleichsmaßnahmen Luzerne + Brachstreifen + H. (?) + (unleserlich). Neben Nr. 3 des Formulars befinden sich die beiden - fast gleichlautenden - Zusätze „aber umfangreiches Maßnahmenpaket für jetzt noch 4 WEA außerhalb Schutzradien WEE“ bzw. „aber umfangreiches Maßnahmenpaket für jetzt nur noch 4 WEA außerhalb Radien WEE (oder WEP?). Die formularmäßig vorgenommene Prüfung endet mit folgender
„Bemerkung für SN:
UVP-VP vollständig, nachvollziehbar aufbereitet. Die in der vorhergegangenen Prüfung geforderten Änderungen sind eingearbeitet. Alle Konflikte wurden betrachtet, alle Beeinträchtigungen lassen sich verhindern, vermeiden oder ausgleichen. Obwohl nur noch 4 WEA und diese nun außerhalb 1.500m - Radius Rotmilan und Hauptnahrungsgebiet werden von AN Maßnahmen durchgeführt: (unleserlich). Mit diesen in einem zusammenhängenden Gebiet geplanten Maßnahmen bin ich sehr zufrieden, wird Umfeld naturschutzfachlich aufwerten. Wird Renaturierungsmaßnahmen auch H., auch von Seiten A-Stadt, weiter vervollständigen + ergänzen + aufwerten. Keine UVP notwendig.“
In einer Stellungnahme des Amtes für Naturschutz an das Bauordnungsamt des Antragsgegners vom 22.12.2016 heißt es unter der Überschrift UVP-Vorprüfung:
„Der Antragsteller hat mit Datum vom 16.12.2016 eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3c UVPG durchgeführt. Der dort begründeten Auffassung, dass bei strikter Umsetzung aller o.g. Maßnahmen keine erheblichen Umweltauswirkungen bleiben und keine Notwendigkeit zur Durchführung einer UVP besteht, schließe ich mich inhaltlich an.“
In einem Vermerk des Bauordnungsamtes vom 23.12.2016 wird unter anderem Folgendes ausgeführt:
„Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens ist … durch eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zu ermitteln, ob für das beantragte Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
Hierzu wurde durch den Antragsteller eine UVP Vorstudie des J. aus Hameln vorgelegt. … Aus gutachtlicher Sicht wurde in der Vorstudie festgestellt, dass durch den beantragten Windpark keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne des UVP-Rechts (§ 3c UVPG i.V.m. Anlage 2 zum UVPG) zu erwarten sind.
Hierzu wurden im Antragsverfahren folgende Stellungnahmen abgegeben:
…
Amt für Naturschutz vom 22.12.2016.
Diese Stellungnahmen bestätigen die Ausführungen in der UVP-Vorstudie. Auch hinsichtlich der durch das Bauordnungsamt zu vertretenden Belange sind durch den beantragten Windpark keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen im Sinne des UVP-Rechts („3c UVPG i.V.m. Anlage 2 zum UVPG) zu erwarten.
Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist somit für dieses Vorhaben nicht erforderlich.“
Mit Bescheid vom 30.12.2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Genehmigung, die vier Windenergieanlagen (WEA 05, 06, 07 und 08) zu errichten und zu betreiben und ordnete hinsichtlich der übrigen Anlagen (WEA 01, 02, 03 und 04) das Ruhen des Verfahrens an. In Abschnitt II Nr. 2 der Genehmigung wird eine Ausnahme vom Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Vogelart „Mäusebussard“ zugelassen.
Die Genehmigung enthält in Abschnitt IV unter anderem folgende - auf die im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen Bezug nehmende - Nebenbestimmungen:
„6.5 Maßnahme V 9 (Brachestreifen für Feldlerchen und Monitoring)
6.5.1 Die Ergebnisse des Monitorings sind der UNB unaufgefordert spätestens bis zum Ende des jeweiligen Untersuchungsjahres zur Verfügung zu stellen.
6.5.2 Sollte sich der erwünschte Erfolg der Maßnahme während des Monitorings nicht einstellen (-> Optimalhabitat für die Feldlerche, d.h. regelmäßig hohe bis überdurchschnittliche hohe Feldlerchendichte), wird in Abstimmung mit dem begleitenden Ornithologen und dem Betreiber eine Anpassung der Maßnahme an die Ergebnisse des Monitorings vorgenommen.
6.6 Maßnahme V 10 (Ablenkflächen für den Rotmilan und Monitoring)
6.6.1 Die Ergebnisse des Monitorings sind der UNB unaufgefordert spätestens bis zum Ende des jeweiligen Untersuchungsjahres zur Verfügung zu stellen.
6.6.2 Sollte sich der erwünschte Erfolg der Maßnahme während des Monitorings nicht einstellen (-> anziehende Wirkung der Maßnahme auf die jeweils im Umfeld des Windparks brütenden Rotmilane), wird in Abstimmung mit dem begleitenden Ornithologen und dem Betreiber eine Anpassung der Maßnahme an die Ergebnisse des Monitorings vorgenommen.“
Gegen die Genehmigung vom 30.12.2016 erhob der Antragsteller unter dem 27.01.2017 Widerspruch: Das in der Genehmigung vorgesehen Abschaltkonzept für Fledermäuse sei diffus, das insoweit angeordnete Monitoring für lediglich zwei Anlagen unzureichend. Die vom Tötungsverbot für den Mäusebussard erteilte Ausnahme sei rechtswidrig, weil sie gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie verstoße und nicht sämtliche Standort- und Betriebsführungsalternativen geprüft worden seien. Für den Rotmilan sei zu Unrecht ein signifikant erhöhtes Tötungsrisikos verneint worden. Die Funktionstauglichkeit von Ablenkflächen für den Rotmilan sei aufgrund des ausgeprägten Revierverhaltens dieser Art fraglich. Die Ablenkflächen seien außerdem im Hinblick auf den Aktionsraum des Rotmilans während der Brutzeit zu klein. Schließlich werde auch für die Feldlerche ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu Unrecht verneint.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers zurück. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 29.06.2017 zugestellt.
Am 27.07.2017 erhob der Antragsteller Klage.
Am 02.11.2017 hat er um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Mit Bescheid vom 30.03.2017 hat der Antragsgegner der Beigeladenen die wasserrechtliche Plangenehmigung für Teilverrohrungen diverser Gewässer für den Bau von Erschließungsanlagen sowie die wasserrechtliche Genehmigung zur Errichtung der WEA 08 mit Nebenanlagen im festgesetzten Überschwemmungsgebiet erteilt. Mit Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 hat der Antragsgegner in der Genehmigung enthaltene Auflagen zu Betriebseinschränkungen aufgrund eines neuen Turbulenzgutachtens geändert bzw. aufgehoben.
Zur Begründung seines vorläufigen Rechtsschutzantrags wiederholt und vertieft der Antragsteller unter Vorlage eines Gutachtens des K. Umweltplanung vom 20.09.2017 sowie ergänzender Hinweise dieses Büros zur naturschutzfachlichen Unverträglichkeit von Windkraftanlagen im Windpark G. /E. /Ottensen vom 16.03.2018 sein bisheriges Vorbringen zum artenschutzrechtlichen Tötungsverbot. Ergänzend trägt er vor: Sein Antrag sei zulässig. Die Voraussetzungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) seien erfüllt, insbesondere habe ihm ein Beteiligungsrecht zugestanden, da der Antragsgegner die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu Unrecht verneint und damit die Genehmigung zu Unrecht im vereinfachten Verfahren ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt habe. Die von dem Antragsgegner durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles erfülle nicht die Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Sie sei weder unverzüglich noch lediglich überschlägig erfolgt. Die Vorprüfung habe daher ihrer Funktion, ein Besorgnispotential festzustellen oder auszuschließen, nicht gerecht werden können. Unabhängig davon sei auch das Ergebnis der Vorprüfung nicht nachvollziehbar. Mit seiner Entscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, überschreite der Antragsgegner die ihm insoweit zustehende Einschätzungsprärogative. Indiz dafür, dass von dem Vorhaben der Beigeladenen erhebliche schädliche Umweltauswirkungen ausgehen könnten mit der Folge, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei, seien die zahlreichen der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen. Ob die fehlerhaft durchgeführte Vorprüfung im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden könne, sei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht zu prüfen. Selbst wenn der Antragsgegner zu Recht keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt haben sollte, sei der vorläufige Rechtsschutzantrag zulässig, da das Vorhaben der Beigeladenen auch ein Vorhaben im Sinne des Auffangtatbestands des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG darstelle. Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen für diese Vorhaben setzten ein Beteiligungsrecht nicht voraus.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner unter dem Aktenzeichen 12 A 6814/17 anhängigen Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 30.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2017 und der Nachtragsgenehmigung vom 28.05.2018 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wendet er sich unter Vorlage einer fachgutachtlichen Stellungnahme des J. vom 07.12.2017 gegen die Auffassung des Antragstellers, durch das Vorhaben werde das Tötungsrisiko für die genannten Vogelarten signifikant erhöht. Im Übrigen trägt er vor: Der Antrag sei unzulässig. Zwar handele sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen nicht um ein Vorhaben im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, da es bereits von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst.a) UmwRG erfasst sei. Für das Vorhaben könne nämlich - wie in dieser Vorschrift vorausgesetzt - eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen, da für das Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles durchzuführen gewesen sei. Dem Antragsteller habe jedoch kein Beteiligungsrecht zugestanden, da nach dem Ergebnis der Vorprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch keine Öffentlichkeitsbeteiligung habe durchgeführt werden müssen. Die Vorprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Auch wenn die Prüfung erst zu einem späten Zeitpunkt abgeschlossen worden sei, habe sie bereits zu einem frühen Zeitpunkt begonnen, womit dem Frühzeitigkeitsgebot Genüge getan sei. Das Ergebnis der Vorprüfung sei auch nachvollziehbar. Bei seiner Prüfung habe er, der Antragsgegner, bereits auch vorhandene Erkenntnisse aus der vorangegangenen Flächennutzungsplanung berücksichtigt. Um den Eintritt artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände von vornherein zu verhindern, sei ein Gesamtmaßnahmenkonzept entwickelt worden. Mit dem Entwurf dieses Gesamtkonzeptes habe die Beigeladene schon zu Beginn des Verfahrens Maßnahmen vorgeschlagen, die im weiteren Abstimmungsprozess weiter angepasst und konkretisiert worden seien. Er, der Antragsgegner, gehe davon aus, dass unter Berücksichtigung des Maßnahmenkonzeptes Verbotstatbestände nicht verletzt würden. Die Ausnahmegenehmigung für den Mäusebussard sei nur vorsorglich erteilt worden. Zwar könne die Aufnahme von Nebenbestimmungen in die Genehmigung Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Hier seien die Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen jedoch bereits von der Beigeladenen vorgesehen und in den Antragsunterlagen konkret beschrieben worden, um nachteilige Umweltauswirkungen auszuschließen. Die entsprechenden Nebenbestimmungen hätten daher nicht erst durch die Behörde bestimmt und in die Genehmigung aufgenommen werden müssen. Diese Vorgehensweise könne eine Umweltverträglichkeitsprüfung entbehrlich machen. Entscheidend sei, ob bereits im Zeitpunkt der Vorprüfung und nicht erst im späteren Stadium der Genehmigungserteilung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen werden könnten.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor: Soweit der Antragsteller im Zusammenhang mit der Zulässigkeit seines Antrags die Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Vorprüfung und das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung rüge, sei sein Vorbringen nicht zu berücksichtigen, da es nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist von zehn Wochen erfolgt sei. Die durchgeführte Vorprüfung sei darüber hinaus entsprechend den Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und mit einem nachvollziehbaren Ergebnis durchgeführt worden. Abgesehen davon, dass es nicht verfahrensfehlerhaft sei, wenn im Rahmen der Vorprüfung weitere Gutachten angefordert würden, könne eine zunächst fehlerhafte Vorprüfung nachgeholt werden. Dies zeige, dass sich allein aus dem späten Zeitpunkt der Prüfung kein Verfahrensfehler ergeben könne. Im Übrigen sei die ihr erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen; ihr Inhalt war Gegenstand der Beratung.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Er ist zulässig (1.) und begründet (2.).
1. Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung angeordnet hat. Der Antragsteller ist auch antragsbefugt.
Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung erstens geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, zweitens geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen berührt zu sein und drittens im Falle eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG zur Beteiligung in dem Verfahren berechtigt war.
Der Antragsteller ist eine anerkannte Vereinigung im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes (§ 3 Abs. 1 Satz 2 UmwRG).
Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG über die Zulässigkeit eines Vorhabens. Für das in Rede stehende Vorhaben kann nach § 3c UVPG a.F., der nach § 74 Abs. 1 UVPG hier im Hinblick auf den Antragszeitpunkt vor dem 16.05.2017 weiterhin anzuwenden ist, eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen. Ausreichend für das Vorliegen einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ist die Möglichkeit einer UVP-Pflicht. Ob eine solche Pflicht tatsächlich besteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Umweltrechtsbehelfs (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 UmwRG Rdnr. 29, Stand April 2012). Die Möglichkeit einer UVP-Pflicht besteht bei allen Vorhaben, für die nach der Anlage 1 zum UVPG eine allgemeine oder eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen ist. Nach Nr. 1.6.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls für Vorhaben mit sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m durchzuführen und damit auch für das Vorhaben der Beigeladenen. Nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 2 Sätze 1 und 2 UVPG a.F. ist bei sog. kumulierenden Vorhaben für das erstmalige Erreichen oder Überschreiten der maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte entscheidend, ob sie zusammen diese Werte erreichen. Im Hinblick auf die am Standort bereits vorhandenen drei Windenergieanlagen eines anderen Betreibers war daher eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen, und zwar unabhängig davon, ob insoweit auf das beantragte Vorhaben - acht Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 149,9 m - oder auf das genehmigte - vier Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 149,9 m - abzustellen ist.
Handelt es sich bei der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung somit um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG, kann es sich nicht gleichzeitig - wie der Antragsteller weiterhin jedenfalls hilfsweise geltend macht - um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG handeln. Denn nach dieser Vorschrift findet das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nur auf Verwaltungsakte oder öffentlich-rechtliche Verträge Anwendung, durch die gerade „andere“ als die in den Nummern 1 bis 2b bereits genannten Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften zugelassen werden.
Indem der Antragsteller Bedenken und Einwendungen gegen das Vorhaben in planungs- und artenschutzrechtlicher Hinsicht erhebt und Verstöße gegen des Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung rügt, macht er auch geltend, dass die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung Rechtsvorschriften widerspricht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), und in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen durch Naturschutz und Landschaftspflege sowie durch Umwelt- und Lebensschutz“ (§ 2 Abs. 1 der Vereinssatzung, www.lbu-niedersachsen.de) durch die erteilte Genehmigung berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG).
Da es sich bei der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG handelt, setzt die Antragsbefugnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a) UmwRG schließlich auch voraus, dass der Antragsteller zur Beteiligung berechtigt war.
Der Antragsteller wurde in dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zwar nicht beteiligt. Ein Beteiligungsrecht stand bzw. steht ihm im Verfahren der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung jedoch nach § 9 Abs. 1 UPVG a.F. bzw. nach § 18 UVPG n.F. sowie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) der 4. BImSchV i. V. m. § 10 Abs. 3 BImSchG zu. Denn für das Vorhaben der Beigeladenen hätte - wie sich aus den unter 2. folgenden Ausführungen ergibt - eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgen und das Genehmigungsverfahren daher nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) der 4. BImSchV als förmliches Verfahren nach § 10 BImSchG - unter Beteiligung der Öffentlichkeit - durchgeführt werden müssen. Einer Entscheidung darüber, ob es in der vorliegenden Fallkonstellation in Anlehnung an § 42 Abs. 2 VwGO und in erweiternder Auslegung des Wortlauts auf der Zulässigkeitsebene ausreichen muss, dass die klagende Umweltvereinigung (nach ihrem Vortrag) möglicherweise in dem Verfahren hätte beteiligt werden müssen, bedarf es daher nicht (vgl. OVG NRW, Urt. v. 18.05.2017 - 8 A 870/15 -, Rdnr. 48).
Der Auffassung der Beigeladenen, der Antragsteller sei mit seinem Vorbringen zur Zulässigkeit bzw. zur fehlenden Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeschlossen, kann nicht gefolgt werden.
Nach § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG, das heißt eine Vereinigung, die - wie der Antragsteller - nach § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannt ist, die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb von zehn Wochen ab Klageerhebung anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nach § 6 Satz 2 UmwRG nur zuzulassen, wenn die Voraussetzung nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO erfüllt ist. Diese Regelung dient - wie bereits die Vorgängerregelung des § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. - der Beschleunigung von Gerichtsverfahren (vgl. BT-Drs. 422/16, S. 36). Mit seinem - unstreitig nach Ablauf der Klagebegründungsfrist eingegangenen - Schriftsatz vom 21.03.2018 hat der Antragsteller jedoch weder Tatsachen noch Beweismittel angegeben, sondern sich lediglich zu der vom Gericht in seinem Schreiben vom 07.03.2018 aufgeworfenen Rechtsfrage der Zulässigkeit des Antrags geäußert. Zu ihrer - allein in den Verantwortungsbereich des Gerichts fallenden Beantwortung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.09.1999 - 11 A 22/98 -, juris Rdnr. 17) - bedurfte es auch keiner tatsächlichen Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts, die zu einer Verzögerung des Rechtsstreits hätten führen können.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bedarf es einer Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten. Maßgeblich ist, ob das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt. Für das Interesse des Antragstellers sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von besonderer Bedeutung. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn bereits die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der Verwaltungsakt voraussichtlich rechtswidrig ist. Umgekehrt überwiegt bei voraussichtlicher Rechtmäßigkeit in der Regel das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides.
Die Klage des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der vier Windenergieanlagen hat voraussichtlich Erfolg, so dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung überwiegt.
Die angefochtene Genehmigung leidet voraussichtlich an dem absoluten Verfahrensfehler des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Danach kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung (Buchstabe a)) oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalles zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit (Buchstabe b)) weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des - nach § 74 Abs. 1 UVPG hier weiterhin anstelle des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG n.F. anwendbaren - § 3a Satz 4 UVPG a.F. genügt, steht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) UmwRG gleich.
Der Antragsgegner ist aufgrund der von ihm vorgenommenen allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c UVPG a.F. zu der Feststellung gelangt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll. Diese Feststellung ist nach § 3a Satz 4 UVPG a.F. in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Einer solchen Überprüfung hält die von dem Antragsgegner vorgenommene Beurteilung der UVP-Pflichtigkeit voraussichtlich nicht stand.
Nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. ist, sofern - wie hier - für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles vorgesehen ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG a.F bzw. § 25 Abs. 2 UVPG n.F. zu berücksichtigen wären. Bei den Vorprüfungen ist nach § 3c Satz 3 UVPG a.F. zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden.
Zweifel daran, ob der Antragsgegner die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG a.F. durchgeführt hat, ergeben sich jedenfalls aus dem Umfang der von ihm vorgenommenen Prüfung.
Zwar darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Genehmigungsbehörde ergänzt werden können (vgl. VGH Ba-Wü, Beschl. v. 22.12.2017 - 8 S 902/17 -, juris Rdnr. 4; Nds. OVG, Urt. v. 09.11.2016 - 13 LC 71/14 -, juris Rdnr. 46).
Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion muss sich die Vorprüfung in ihrer Prüftiefe jedoch auf eine überschlägige Vorausschau beschränken, die die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf (vgl. BVerwG, Urt. vom 20.08.2008 - 4 C 11.07 - juris, Rdnr. 35). Letztere erfolgt in einem Verfahren, das vor allem wegen der obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung eine besondere Richtigkeitsgewähr für die Prüfergebnisse sichert. Diese Sicherung würde ausgeschaltet, wenn im Rahmen der Vorprüfung mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe „durchermittelt" würde, sei es, dass die Genehmigungs- oder Planfeststellungsbehörde selbst Gutachten mit einer auf die Sachentscheidung zugeschnittenen Prüftiefe einholte, sei es, dass sie zur Beurteilung auf entsprechende vom Vorhabenträger beschaffte Gutachten zurückgriffe (Nds. OVG, Urt. v. 09.11.2016 - 13 LC 71/14 - juris Rdnr. 46).
Diese verfahrenslenkende Funktion der Vorprüfung hat der Antragsgegner verkannt, indem er während des Genehmigungsverfahrens bereits vorgelegte Fachgutachten immer wieder ergänzen ließ, um auf diese Weise nicht nur die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens herbeizuführen, sondern - gleichzeitig - zu der Feststellung zu gelangen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. So hat sein Amt für Naturschutz, nachdem es am 23.11.2016 festgestellt hatte, dass teilweise erhebliche Auswirkungen auf die Schutzgüter Wasser, Boden, Tiere, Pflanzen und Landschaftsbild zu erwarten seien, die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für nicht erforderlich gehalten, weil „absehbar“- nicht aber offensichtlich im Sinne von § 3c Satz 3 UVPG a.F. - sei, dass „sich alle Konflikte durch geeignete Maßnahmen verhindern, vermeiden oder ausgleichen“ ließen. Allerdings - so der handschriftliche Vermerk vom 23.11.2016 - seien die für erforderlich gehaltenen Änderungen und „weitere Erkenntnisse“ abzuwarten. Um die zu diesem Zeitpunkt damit offenbar noch bestehenden Zweifel auszuräumen, hat der Antragsgegner weitere Angaben zum Artenschutz, insbesondere zum Mäusebussard angefordert und auf die Möglichkeit, vorsorglich eine Ausnahmegenehmigung vom Tötungsverbot zu erteilen, hingewiesen. Erst nachdem die Beigeladene die Endfassung der UVP-Vorstudie am 19.12.2016 vorgelegt hatte, kam der Antragsgegner zu dem Ergebnis, dass bei strikter Umsetzung der von ihm genannten Maßnahmen keine erheblichen Umweltauswirkungen blieben und - damit - keine Notwendigkeit zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe.
Diese Verfahrensweise zeigt, dass - auch aus der Sicht des Antragsgegners - schädliche Umweltauswirkungen durch die von dem Beigeladenen vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, die nach § 3c Satz 3 UVPG a.F. bei der Vorprüfung zu berücksichtigen sind, eben nicht offensichtlich ausgeschlossen waren, sondern erst mit Herbeiführung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens - jedenfalls nach Auffassung des Antragsgegner - ausgeschlossen werden konnten.
Die Verfahrensweise des Antragsgegners lässt sich - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - auch nicht mit der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschl. v. 03.11.2015 - 9 B 1051/15, 9 E 1161/15 -, juris Rdnr. 42) rechtfertigen. Dort wird zwar ausgeführt, dass es dem gewöhnlichen Verlauf eines Genehmigungsverfahrens entspreche, wenn im Rahmen der Beteiligung der Fachbehörden Nachbesserungs- und Änderungsbedarf in Bezug auf die gutachtlichen Untersuchungen und damit auch der UVP-Vorprüfung entstehe und deshalb für die UVP-Vorprüfung noch weitere Gutachten angefordert und vorgelegt würden. Diese Ausführungen stehen jedoch im Zusammenhang mit der weiteren - im Einklang mit der oben zitierten Rechtsprechung stehenden - Aussage des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Vorprüfung überschlägig, aber nicht oberflächlich vorzunehmen sei. Dass die Vorprüfung mit einer dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorbehaltenen Prüftiefe vorzunehmen sei bzw. vorgenommen werden dürfe, lässt sich der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs dagegen nicht entnehmen. Einer solchen Auffassung wäre auch nicht zu folgen. Denn anderenfalls würde - bei gleichzeitiger Bejahung der Genehmigungsfähigkeit - jede Vorprüfung mit der Feststellung enden, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung setzt nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG unter anderem voraus, dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu diesen anderen Vorschriften gehören insbesondere naturschutzrechtliche Vorschriften. Nach § 13 BNatSchG sind erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vom Verursacher vorrangig zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren. Wird im Genehmigungsverfahren festgestellt, dass durch das Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen verursacht werden, darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn diese vermieden oder ausgeglichen werden. Lässt sich dies bereits aufgrund überschlägiger Prüfung auf der Grundlage vorhandener oder angeforderter Gutachten ohne weiteres, d.h. offensichtlich im Sinne von § 3c Satz 3 UVPG a.F. bejahen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen. Lässt sich dies dagegen nicht bejahen, ist die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens zwar noch nicht ausgeschlossen. Es ist jedoch zunächst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen und die Genehmigung zu erteilen, wenn die weitere Prüfung ergibt, dass die von dem Vorhaben verursachten erheblichen Beeinträchtigungen vermieden oder ausgeglichen werden.
Dahingestellt bleiben kann, ob die somit fehlerhafte Vorprüfung des Einzelfalls nachgeholt werden kann, was grundsätzlich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz möglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.08.2008 - 4 C 11.07 -, juris Rdnr. 25). Ebenso kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung die Nachholbarkeit der Vorprüfung für das vorläufige Rechtsschutzverfahren hat. Denn die aufgrund der hier vorgenommenen Vorprüfung getroffenen Feststellung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, weil das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, ist nicht nachvollziehbar.
Dies folgt aus den der Genehmigung beigefügten Nebenbestimmungen Nr. 6.5 und 6.6 sowie aus der erteilten Ausnahme vom Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.
Das Erfordernis umweltbezogener Nebenbestimmungen muss zwar nicht zwangsläufig zu der Annahme führen, von dem Vorhaben könnten erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machten. Umweltbezogene Nebenbestimmungen können einer Genehmigung allein schon deshalb beigefügt worden sein, weil auf der Grundlage der vom Vorhabenträger vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen geklärt ist, das heißt im Sinne von § 3c Satz 3 UVPG a.F. „offensichtlich“ ist, dass die Nebenbestimmungen zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geeignet und ausreichend sind. In solchen Fällen ist das Beifügen von Auflagen und Nebenbestimmungen regelmäßig zur Sicherung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG notwendig, so dass aus ihrer Existenz allein keine Rückschlüsse auf die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung gezogen werden können (vgl. Sächs. OVG, Beschl. v. 07.03.2018 - 4 B 185/17 -, juris Rdnr. 20). Die von der Behörde einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beigefügten umweltbezogenen Nebenbestimmungen können aber ein Indiz dafür sein, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann (vgl. Bayer. VGH, Beschl. v. 20.12.2016 - 22 AS 16.2421 -, juris Rdnr. 34). Die Notwendigkeit, diese Auswirkungen nach § 12 UVPG a. F. zu berücksichtigen, findet dann in diesen Nebenbestimmungen Ausdruck (OVG NRW, Urt. v. 25.02.2015 - 8 A 959/10 -, juris Rdnr. 172).
Davon ist hier auszugehen. Die genannten Nebenbestimmungen hinsichtlich der Feldlerche und des Rotmilans sowie die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zeigen, dass das Vorhaben der Beigeladenen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann und die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Denn nach der für die genannten Nebenbestimmungen bzw. für die erteilte Ausnahme jeweils gegebenen Begründung kann der Antragsgegner derartige Auswirkungen weiterhin nicht sicher ausschließen und konnte er die Genehmigung daher nur unter gleichzeitiger Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bzw. mit Auflagen erteilen, die sicherstellen, dass die angeordneten Vermeidungsmaßnahmen auch wirksam sind und ggf. angepasst werden können.
So führt der Antragsgegner in Bezug auf die Feldlerche aus, dass eine Artenschutzmaßnahme durchgeführt werden müsse, da insgesamt neun Brutpaare von einem Brutplatzverlust durch die geplanten WEA betroffen seien. Der Gutachter habe pro Brutpaar 0,2 ha als Maßnahmefläche angesetzt. Nach seinen - des Antragsgegners - Erkenntnissen benötigten Feldlerchen jedoch Reviergrößen von mindesten 0,5 ha bis 1 ha. Die Maßnahme werde trotz der genannten Differenz als ausreichend anerkannt, da durch die Anlagen von linienhaften Strukturen in regelmäßigen Abständen vermutlich auch die Zwischenräume optimiert würden und so insgesamt die Verbesserung eines insgesamt größeren Lebensraumes erreicht werden könne. Diese Vermutung sei jedoch durch ein Monitoring zu kontrollieren. Die Ergebnisse des Monitorings müssten von der Unteren Naturschutzbehörde fachlich begleitet und ggf. angepasst werden können. Die Nebenbestimmung in Bezug auf die Ablenkfläche für den Rotmilan und das Monitoring begründet der Antragsgegner damit, dass Ablenkflächen für Greifvögel durch den Anbau von Luzerne (oder anderen Kulturen, die oft gemäht werden könnten) in der Fachliteratur inzwischen zwar als anerkannte Maßnahme gelten würden, in der Praxis jedoch noch wenig erprobt seien. Auch gebe es in der Fachliteratur bezüglich der Details (Flächengrößen, Mähtermine usw.) bisher nur (teilweise recht unterschiedliche) Empfehlungen, jedoch keine verbindlichen oder rechtlichen Vorgaben. Die Details der hier geplanten Maßnahme müssten dementsprechend im Hinblick auf ihre Wirkung kontrolliert und wenn notwendig im Detail an die Erkenntnisse des Monitorings angepasst werden können. Zur Begründung der erteilten Ausnahme vom Tötungsverbot heißt es schließlich, für den Mäusebussard könne eine signifikante Erhöhung des Risikos der Tötung einzelner Individuen nicht in jedem Jahr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass der in 2015 besetzte Horst bei Wiederbesetzung auf allen Seiten von den geplanten WEA umzingelt wäre und in diesem Fall (Wiederbesetzung des Horstes aus 2015 oder Bau eines neuen Horstes innerhalb des Windparks) mit Sicherheit von einem signifikant gestiegenen Tötungsrisiko auszugehen sei. Bei dem Mäusebussard handele es sich um eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützte Art, so dass zukünftig davon auszugehen sei, dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt werde. Antragsgemäß sei daher die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung geprüft und bejaht worden.
Ist der Antragsgegner somit nicht einmal im Zeitpunkt der Genehmigung davon ausgegangen, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch die von der Beigeladenen vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich im Sinne von § 3c Satz 3 UVPG a.F. ausgeschlossen werden können, ist seine Einschätzung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erforderlich, nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 1.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57). Angesichts der nicht unbeträchtlichen Auswirkungen der begehrten Entscheidung auf die vertretenen Interessen erachtet die Kammer für das Klageverfahren einen Streitwert am oberen Rand des nach dem Streitwertkatalog in der Hauptsache regelmäßig zwischen 15.000,- und 30.000,- Euro festzusetzenden Streitwerts für interessengerecht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26.10.2016 - 12 ME 58/16 -, juris Rdnr. 49). Dieser Wert ist für das hier vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren auf die Hälfte zu ermäßigen.