Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 12.06.2018, Az.: 4 A 2002/18

Außenbereich im Innenbereich; Innenbereich; Wald; Waldeigenschaft

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
12.06.2018
Aktenzeichen
4 A 2002/18
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73963
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger einen Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des auf dem vom Kläger vorgelegten Lageplan vom 13. Oktober 2017 neben dem Schützenhaus skizzierten Gebäudes zu erteilen. Der Bescheid des Beklagten vom 14. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2018 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung widerspricht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und der Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flur 2, Flurstück B. in C.. Das Grundstück liegt in einem von der Straße D. und der L 332 gebildeten Dreieck. Auf dem westlichen Teil des insgesamt 7655 m² großen Grundstücks stehen das Wohnhaus des Klägers sowie zwei Garagen. Die Wohnbaufläche beträgt nach dem Liegenschaftskataster 1664 m². Den östlichen Teil des Grundstücks mit einer Größe von rund 5991 m² bewirtschaftete der Onkel des Klägers bis zum 1996 landwirtschaftlich. Ab Mitte 1999 fasste der Kläger das Grundstück mit Hecken und Bäumen ein und besetzte die Fläche u. a. mit Waldbäumen.

Der Flächennutzungsplan der Ortsgemeinde stellt den westlichen bebauten Teil des Grundstücks des Klägers als gemischte Baufläche und den anschließenden östlichen Teil „Grünfläche“ mit dem Symbol „Schießstand“ dar.

Am 13. Oktober 2017 beantragte der Kläger einen Bauvorbescheid für „Wohnhaus mit Garage“ und fügte einen Lageplan bei. Der Lageplan weist neben dem bestehenden Gebäude entlang der D. zwei weitere gleich gestaltete Wohnhäuser aus. Zur Begründung verwies der Kläger darauf, die geplanten Häuser ständen in einem Bebauungszusammenhang zwischen dem bestehenden Gebäude auf seinem Grundstück und der Bebauung des Sportplatzgeländes.

Unter dem 17. Oktober 2017 erteilte der Beklagte dem Kläger einen positiven bauplanungsrechtlichen Vorbescheid unter Ausklammerung immissions- und naturschutzrechtlicher Aspekte für ein Gebäude neben seinem Wohnhaus. Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers für das weitere geplante Wohnhaus mit Bescheid vom 14. November 2017 ab. Das Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Flächennutzungsplans.

Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und bat darum zu klären, ob sein Grundstück auch von einem Wald bestanden sei.

Das Forstamt Nienburg am 12. Februar 2018 erklärte auf Nachfrage des Beklagten, auf der zu beurteilenden Fläche ständen im Wesentlichen 20 – 30 jährige Hainbuche/Rotbuche, vereinzelt Ahorn, Eiche, Pappel und Birke. Es handele sich um eine Wiesenaufforstung. Die Flächengröße sei knapp 4000 m² groß. Hinsichtlich der Waldfunktionen dominiere die Schutzfunktion Lärm- und Sichtschutz. Das Holz werde zur Brennholzgewinnung genutzt.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2018 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach den Regeln für den Außenbereich, es handele sich nicht um einen im Zusammenhang bebauten Innenbereich. Das Vorhabe widerspreche Festsetzungen des Flächennutzungsplans. Zudem stehe dem Vorhaben entgegen, dass das Baugrundstück mit Wald bestanden sei. Dieser dürfe nur mit Genehmigung der Waldbehörde umgewandelt werden.

Am 12. März 2018 hat der Klage erhoben. Er vertieft sein Vorbringen. Die Lücke zwischen seinem Wohnhaus und der Schützenhalle sei nur 65 m lang. In ländlich geprägten Gebieten unterbreche das den Siedlungszusammenhang nicht. Wald stehe auf seinem Grundstück entgegen der Behauptung des Beklagten nicht. Die Gehölze seien mit dem Ziel baldiger Holzentnahme gepflanzt worden. Außerdem handele es sich um eine Parkanlage.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm den Bauvorbescheid für das auf dem Lageplan skizzierte in der Bauvoranfrage vom 13. Oktober 2017 bezeichnete Gebäude in Richtung Schützenhaus zu erteilen und den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2018 aufzuheben sowie ihm einen Bauvorbescheid für beide in der Bauvoranfrage vom 13. Oktober 2017 bezeichneten Gebäude zu erteilen, ob zur Bebauung jeweils eine Waldumwandlungserlaubnis erforderlich ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das noch im Streit befindliche Wohnhaus befinde sich nicht in einem im Zusammenhang bebauten Innenbereich. Bei der Beurteilung käme es nicht nur auf die Baulücke entlang der D. an. Das Grundstück ziehe sich bis zur Hauptstraße und erreiche so eine Größe, die dem „Außenbereich im Innenbereich“ entspreche. Außerdem sei der Standort für beide Wohnhäuser mit Wald bestanden.

Das Gericht hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Verpflichtungsklage auf Bescheidung von zwei Bauvoranfragen zulässig. Hinsichtlich der Klage auf einen planungsrechtlichen Bauvorbescheid für das zweite von dem Kläger geplante Wohnhauses ist ein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 2 VwGO durchgeführt. Die Bescheidung der Bauvoranfrage hinsichtlich der Notwendigkeit einer Waldumwandlungserlaubnis für den Bauplatz der beiden geplanten Wohnhäuser begehrte der Kläger zwar nicht bereits von vornherein, da der Streit darum erst im Verwaltungsverfahren anwuchs. Diesbezüglich ist die Durchführung eines Vorverfahrens aber entbehrlich, da zwar von dem Kläger ein neuer Verwaltungsakt begehrt wird, dieser aber auf im Wesentlichen denselben tatsächlichen Gründen beruht wie der Verwaltungsakt, der bereits Gegenstand des Vorverfahrens ist (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 68, Rdn. 23). Die Frage, ob der Bewuchs des Grundstücks des Klägers gegen eine Baugenehmigung dort spricht, war von vornherein Gegenstand der Bauvoranfrage des Klägers. Außerdem hält das Bundesverwaltungsgericht, dem sich das Gericht anschließt, in ständiger Rechtsprechung aus Gründen der Prozessökonomie ein Vorverfahren dann für entbehrlich, wenn sich der Beklagte auf die Klage einlässt und deren Abweisung beantragt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 1980 – 2 A 4/78 –, Rn. 20, juris).

Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgreich.

Nach § 73 Abs. 1 NBauO ist auf Antrag über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden; dies gilt auch für die von dem Kläger gestellten Frage, ob ein zweites Wohnhaus auf seinem Grundstück planungsrechtlich zulässig ist.

Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Klägers beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, da - entgegen dem Vorbringen des Beklagten - das Vorhaben-grundstück keine sogenannte „Außenbereichsinsel“ im Innenbereich darstellt, sondern innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt.

Die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. den Beschluss vom 8. Oktober 2015 - 4 B 28/15 -, m.w.N., juris) danach vorgenommen, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Mit den Begriffen „Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit“ soll eine gewisse – trotz vorhandener Lücken – bestehende räumliche Verklammerung gekennzeichnet und damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das unbebaute Grundstück gleichsam „gedanklich übersprungen“ werden kann, weil es ein verbindendes Element in Gestalt der Verkehrsanschauung gibt, die das unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt.

Gemessen daran steht für die Kammer außer Frage, dass der vom Kläger zur Bebauung vorgesehene Teil seines Grundstücks innerhalb eines solchen Bebauungszusammenhangs liegt. Der unbebaute Teil seines Grundstücks ist flächenmäßig mit 5991 m² nicht so groß, dass der Eindruck einer „Außenbereichsinsel“ entsteht, zum anderen unterbricht er die umgebende Bebauung nicht wesentlich. Hierbei berücksichtigt das Gericht, dass entsprechend der Größe des bereits bebauten Teils des Grundstücks mit 1664 m² Größe zwei in etwa gleich geschnittene Baugrundstücke entlang der D. die Baulücke zu dem Schützenhaus geschnitten werden können. Für eines das westliche dieser beiden Baugrundstücke hat der Beklagte auch bereits einen positiven Bauvorbescheid erteilt.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügt, d.h. in den Rahmen, der sich aus der vorhandenen Bebauung ergibt. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Grundstücks prägt oder jedenfalls beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 4 C 7.15 -, BauR 2017, 709). Die Ausdehnung des Bereichs der näheren Umgebung muss also in zwei Richtungen ermittelt werden, nämlich in der Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung sowie in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben (BVerwG, Urteil vom 21. November 1980 - 4 C 30/78 -, juris).

Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks sowohl die Bebauung entlang der D. als auch entlang der Hauptstraße umfasst, zu denen vom Grundstück der Klägerin aus (mehr oder weniger ungestörte) Sichtbeziehungen bestehen. Die D. ist zwischen der Siedlung an der Straße E. und der Bebauung an dem Heckenweg zwischen dem klägerischen Grundstück und der Straße E. auf der Nordseite zwar nicht bebaut, aber im rückwärtigen Bereich sind bereits Baugruben ausgehoben und für die Flächen entlang der Straße scheint die Ortsgemeinde eine Bebauung zu planen. Derzeit fehlt es hier jedoch einer einen Innenbereichszusammenhang herstellenden Bebauung. Weist die Bebauung auf sich gegenüberliegenden Straßenseiten unterschiedliche Nutzungsstrukturen auf, spricht viel dafür, die gegenüberliegende Seite nicht in die maßgebliche nähere Umgebung mit einzubeziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. April 2018 – 7 A 165/16 –, Rn. 38, juris).

Dies ist auf der gegenüber liegenden Seite südlich der D. dagegen der Fall. Neben dem Haus Hauptstraße 80 und dem Wohnhaus des Klägers bilden hier das Schützenhaus und der Sportplatz zwischen diesem und der Straße E. bereits eine zwischen den Siedlungen am Heckenweg und der Straße E. vermittelnde Bebauung. Die Verbindung des Schützenhauses mit der Bebauung an der Straße E. wird nicht durch den dazwischenliegenden Sportplatz zerrissen. Ein Sportplatzgrundstück ist jedenfalls dann Bestandteil eines Bebauungszusammenhangs, wenn es im beplanten Bereich liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1971 - BVerwG IV C 28.70 - BVerwGE 38, 147 <150>). Dies ist hier nicht der Fall, der Sportplatz ist lediglich im Flächennutzungsplan ausgewiesen. Grundsätzlich mögen Sportplatzgrundstücke in unbeplanten Gebieten wegen ihrer Ausdehnung regelmäßig dem Außenbereich zuzurechnen sein (BVerwG, Urteil vom 19. August 1994 – 8 C 23/92 –, Rn. 16, juris). Dies ist jedoch für den hier zu betrachtenden Platz nicht der Fall. Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung - trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z. B. stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (z. B. Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind - den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. Oktober 2014 – 7 A 1969/13 –, Rn. 5, juris). Die Sportplatzfläche südlich der D. ist in einen Bebauungszusammenhang im Westen (das Schützenhaus), im Süden (die Vereinsgaststätte) und im Osten (Bebauung an der Straße E.) so eingebettet, dass das Schützenhaus vom äußeren Anschein dem Sportplatz mit seinen Zuschauerrängen zugerechnet wird und in etwa einen stadionähnlichen Eindruck vermittelt.

In diese maßgebliche Umgebung fügt sich das Vorhaben des Klägers auch nach der zu überbauenden Grundstücksfläche ein. Mit dem Begriff der „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint (BVerwG, Beschl. v. 17.09.1985 - 4 B 167/85 -, juris). Da der Kläger nur eine Bebauung entlang der D. plant, kommt es hierbei nur auf die Lage zu den dortigen Nachbarbauten an, nicht aber darauf, ob auch eine rückwärtige Bebauung des Grundstücks zulässig ist.

Anhaltspunkte dafür, dass sich das von dem Kläger zur Entscheidung gestellte Vorhaben deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil es sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht einfügt, bestehen nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB solche Maßfaktoren entscheidend, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen. Dabei ist auf die nach außen wirkenden Größen der baulichen Anlage in ihrer Gesamterscheinung, also die Kubatur, und nicht auf die in den §§ 16 ff. BauNVO enthaltenen Definitionen und Kriterien abzustellen (BVerwG, Urteil vom 8. Dezember 2016 - 4 C 7/15 -, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18/92 -, juris). Die Kubatur soll dem Wohnhaus des Klägers selbst entsprechen.

Das noch nicht vorbeschiedene Wohnhaus des Klägers fügt sich flächenmäßig in die Baulücke zwischen Wohnhaus/schon vorbeschiedenem Haus und dem Schützenhaus ein. Das Grundstück hat eine Länge von 103 m. Davon werden für das schon stehende Wohnhaus 33 m eingenommen, so dass die „Baulücke“ inklusive des bereits vorbeschiedenen Wohnhauses 70 m beträgt. Wäre jedes der beiden geplanten Hausgrundstücke so groß wie das 1664 m² große Wohngrundstück des Klägers, nähmen sie eine Fläche von ca. 3200 m² des im übrigen 5991 m² großen Grundstücks des Klägers ein. Der „Rest“ von (5991 m² - 3200 m² =) des Grundstücks des Klägers läge dann nicht mehr an der D., sondern an der Hauptstraße.

Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf einen Bauvorbescheid mit dem Inhalt, dass sein Grundstück nicht als Wald anzusehen ist und er deshalb zur Bebauung keiner Waldumwandlungserlaubnis bedarf (über deren Erteilung hier nicht zu entscheiden ist). Der Kläger hat zum Gegenstand seiner Bauvoranfrage nur die Frage gemacht, ob er für die Bebauung der streitigen Grundstücksfläche einer Waldumwandlungsgenehmigung bedarf. Dies ist zu bejahen.

Nach § 73 Abs. 1 NBauO ist auf Antrag über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden; dies gilt auch für die von dem Kläger zur Klärung gestellte Einschätzung des Bewuchses auf seinem Grundstück, denn für den Fall, dass dieser als Wald im Sinne von § 2 Abs. 1 BWaldG sowie von § 2 Abs. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) anzusehen wäre, bedürfte der Kläger einer Genehmigung zur Waldumwandlung, die von dem Beklagten durch eine Baugenehmigung im Einvernehmen mit der Waldbehörde nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 2 NWaldLG zu erteilen wäre.

Bei dem Bewuchs auf dem in Rede stehenden, von dem Kläger auf einer ursprünglichen Wiese mit Bäumen besetzten Grundstück außerhalb seines bisherigen Wohngrundstücks handelt es sich um Wald im Sinne von § 2 Abs. 1 BWaldG sowie von § 2 Abs. 3 NWaldLG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BWaldG ist Wald ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Die Länder können nach § 2 Abs. 3 BWaldG andere Grundflächen dem Wald zurechnen und Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen vom Waldbegriff ausnehmen. Entsprechend bestimmt § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG, dass Wald jede mit Waldbäumen bestockte Grundfläche ist, die aufgrund ihrer Größe und Baumdichte einen Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima aufweist.

Da die mit Bäumen bestandene streitige Fläche – wie ausgeführt – innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, kommt die Bestimmung des § 2 Abs. 5 Nr. 2 NWaldLG nicht zum Zuge, dass zum Wald im Sinne der Bestimmung auch mit Waldbäumen bestandene Parkanlagen gehören, die nicht unter Absatz 2 Nr. 4 fallen und nicht innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen.

Die streitige Fläche des Grundstücks des Klägers ist (überwiegend) mit Waldbäumen bestockt. Dies geht aus der Erklärung des Forstamts Nienburg vom 12. Februar 2018 hervor. Wenn der Kläger bei der Inaugenscheinnahme des Gerichts auch darauf verweist, dass er Bonsai-Bäume in von ihm durch Holzeinschlag geschaffene kleine Lichtungen setze, widerspricht das der Waldeigenschaft nicht, weil die so eingenommene Fläche von ihrer Größe her nicht ins Gewicht fällt. Die Inaugenscheinnahme des Gerichts ergab ferner, dass die teilweise wenigstens 10 m hohen Bäume zu einem Waldcharakter beitragen.

Der Einstufung der zur Vorbescheidung gestellten Fläche als „Wald“ stand und steht auch die Lage mitten im Innenbereich nach § 34 BauGB nicht entgegen. Denn für eine Ausnahme gem. § 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG wäre erforderlich, dass es sich um „kleinere Flächen in der übrigen freien Landschaft handelt, die nur mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt sind“. Wann eine - hier allein in Betracht kommende - einzelne Baumgruppe in diesem Sinne vorliegt, ist gesetzlich zwar nicht definiert. Allerdings dient das - weder in § 2 Abs. 7 NWaldLG noch in § 2 Abs. 1 BWaldG enthaltene - in Rechtsprechung und Literatur aber anerkannte Kriterium der Flächenhaftigkeit gerade der Abgrenzung von Wald i.S.d. § 2 Abs. 3 NWaldLG zu den in § 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG genannten einzelnen Baumgruppen und Baumreihen, denen keine Waldeigenschaft zukommt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Februar 2014 – OVG 11 A 1.11 –, Rn. 47, juris). Das Bundeswaldgesetz geht für die Abgrenzung von einer Orientierungsgröße von 0,2 ha aus (BT-Drucks. 7/889, S. 25), diese Größe überschreitet der mit Waldbäumen bewachsene Grundstücksteil des Klägers um mehr als die Hälfte.

Das nach § 2 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG erforderliche Binnenklima bildet sich nicht erst im Zusammenhang und -wirken mit mehreren Hektar umfassenden Waldflächen. Ein solches kann sich teilweise schon bei Flächen von unter 1.000 m² einstellen und bei einer Fläche der hier in Rede stehenden Größe bestehen nach der Ortsbesichtigung daran keine Zweifel. Entscheidend ist, ob sich in der Fläche ein waldtypischer Haushalt im ökologischen und klimatischen Sinne entwickelt hat (Nds. OVG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 8 LB 45/01 -, NuR 2003, 702 [OVG Rheinland-Pfalz 22.01.2003 - 8 A 11286/02]). Dies konnte aufgrund des optischen Eindruck bejaht werden. Innerhalb der mit Bäumen bestanden Fläche herrschten deutlich andere (niedrige) Temperaturen als auf der freien Fläche ringsum. Danach bot der mit Bäumen bestandene Bereich des Grundstücks des Klägers eine eigene gegenüber der Umgebung abgesetzte (kühlere) Atmosphäre mit einer geschlossenen Laubdeckung („Kronenschluss“). Ökologisch auffällig ist, dass dieser Bereich in starkem Maße von Vögeln aufgesucht wird.

Der Einwand des Klägers, es handele sich bei der mit Waldbäumen bestandenen Fläche seines Grundstücks um eine Parkanlage, die den Garten seines Wohnbereiches ergänze, kann das Gericht nicht folgen. Zwar gehören mit Waldbäumen bestockte Parkanlagen selbst dann nicht unter das BWaldG, wenn sie eine geschlossene Baumbestockung aufweisen (BT-Drs. 7/889, S. 25). Das Gericht kann in dem Baumbewuchs jedoch keine Parkfläche erkennen. Ersichtlich nutzt der Kläger die Fläche zur Gewinnung von Brennholz, wie er sie auch selbst als Kurzumtriebsplantage in der Klageschrift bezeichnet. Jedenfalls bewirtschaftet der Kläger die Fläche so, dass er größere Bäume entnimmt. Durch den Baumbestand führen zwar verschlungene Wege, der äußere Eindruck entspricht aber dem eines forstwirtschaftlich genutzten Waldstücks. Der Kläger kann das Gericht nicht davon überzeugen, dass eine solche Nutzung des Waldes die einer Parkanlage ist. Diese ist darauf ausgerichtet, einzelne (möglichst seltene) Bäume auf Dauer zu bewahren, nicht aber es hinzunehmen, dass auf wechselnden Stellen auf dem Grundstückstück Kahlschläge entstehen. Ein Parkcharakter fordert zudem eine erkennbare gartenbauliche Gestaltung mit einer Wechselbeziehung zwischen Forstpflanzen, Strauchflächen, Hecken, angelegten Wegen und besonderem Bodenbewuchs wie Zierrasen, Blumenrabatten o.ä. (OVG Brandenburg, Urteil vom 18. August 1998 - 4 A 176/96 -, Rn 3, juris). Solche Wechselbeziehungen fehlen im Wesentlichen. Die rein tatsächliche Durchführung von Pflegemaßnahmen, Fällarbeiten und Auslichtungen des Unterwuchses auf einer baumbestandenen Fläche, die einen Charakter der Fläche als Park herstellen sollen, ließen deren Eigenschaft als Wald im Sinne des Gesetzes ohnehin nicht entfallen, wenn sie ohne entsprechende Waldumwandlungsgenehmigung erfolgten (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Februar 2014 – OVG 11 A 1.11 –, Rn. 52, juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.