Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 15.06.2018, Az.: 4 A 1677/16

Moor; mündliche Verhandlung; naturschutzrechtliche Eingriffsregelung; Verzicht

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
15.06.2018
Aktenzeichen
4 A 1677/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 73961
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine von dem Beklagten erlassene naturschutzrechtliche Anordnung.

Die Klägerin ist Pächterin des im Eigentum ihres Geschäftsführers stehenden Flurstücks 82/6 der Flur 7. Das Flurstück hat eine Größe von 10.919 m² und gliederte sich bis 2014 nach seiner Vegetation in einen westlichen und einen östlichen Teil. Die westliche Teilfläche war in Handarbeit teilweise abgetorft und mindestens seit 2002/2003 mit Bäumen bewachsen. Der östliche Teil des Grundstücks wurde bereits vor dem Jahre 2002 industriell abgetorft und besaß keinen Baumbewuchs. Im Liegenschaftskataster des Beklagten wird das Flurstück mit Stand vom 07.09.2014 hinsichtlich seiner tatsächlichen Nutzung als „Moor“ beurteilt und als „Geringstland“ bewertet.

Der Geschäftsführer der Klägerin erwarb das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 20. August 2014. In diesem wird es als „Landwirtschaftsfläche“ sowie „nicht bebaute Moor- und Grünlandfläche“ bezeichnet. Die gemäß § 55 GBO erfolgte Eintragungsbekanntmachung bezeichnete die übertragene Fläche ebenfalls als „Landwirtschaftsfläche“. Der Kaufpreis betrug 0,29 €/m².

Anfang Januar 2015 stellte der Beklagte fest, dass das Grundstück Ende des Jahres 2014 umgebrochen worden war: Auf dem teilweise abgetorften westlichen Teil des Flurstücks waren große Gehölze entfernt und kleinere Gehölze mit einem Forstmulchgerät bearbeitet worden. Das gesamte Flurstück war gefräst und anschließend mit einer Getreideeinsaat (Gerste) versehen worden.

Der Beklagte bewertete das betreffende Flurstücks anhand der ihm für das Donstorfer Moor vorliegenden Biotopkartierungen aus dem Jahre 2010 naturschutzfachlich. Er kam zu dem Ergebnis, dass sich der westliche Teil des Flurstücks mit einer Größe von 4.569 m² als „Birken- und Kiefernbruchwald (WB), Biotoptyp 1.12 sowie als „Birken- und Kiefernwald entwässerter Moore (WV), Biotoptyp 1.15“ darstellte. Bei der östlichen Teilfläche mit einer Größe von 6.350 m² handele es sich um ein „Moorheide-Stadium von Hoch- und Übergangsmooren (MG), Biotoptyp 6.4“. Der Beklagte hielt in einem die Bewertung zusammenfassenden Vermerk vom 6. Januar 2015 fest, dass die Biotoptypen auf beiden Teilflächen den im Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtyp „7120 – noch renaturierungsfähige degradierte Hochmoore“ entsprächen.

Nach Anhörung ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2015 gegenüber der Klägerin an, jegliche Eingriffsmaßnahmen auf dem Flurstück (z.B. Nutzung als Grünland oder als Acker) zu unterlassen. Bei den von der Klägerin vorgenommenen Arbeiten handele es sich um den unerlaubten Umbruch eines Moores.

Die Klägerin erhob hiergegen mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Oktober Widerspruch. Sie habe kein Moor bearbeitet. Ein solches müsse sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, was wegen bereits in der Vergangenheit erfolgter landwirtschaftlicher Nutzung nicht der Fall sei, wie die Eintragung als Feldblock zeige. Zudem sei die Anordnung hinsichtlich ihrer Rechtsfolge fehlerhaft, weil sie einerseits nicht hinreichend bestimmt sei und andererseits nicht, wie es das Gesetz vorsieht, auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes gerichtet sei, denn jedenfalls sei ein vermeintlich in der Vergangenheit bestehendes Moor mittlerweile weitgehend zerstört und nicht wiederherzustellen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 4. Februar 2016 zurück. Vor den Arbeiten der Klägerin auf dem Grundstück habe dort keine landwirtschaftliche Nutzung stattgefunden. Dies belegten Luftbildaufnahmen aus den Jahren 2002/2003, 2011 und 2014, die zeigten, dass die Teilfläche West mindestens seit 2002/2003 mit Bäumen bestanden sei und daher gar nicht landwirtschaftlich genutzt werden konnte. Die Teilfläche Ost sei zwar bereits vor 2002 abgetorft worden, jedoch ebenfalls nicht landwirtschaftlich bewirtschaftet worden. Fotos aus dem Jahre 2015 mit teilweise noch vorhandenem Bewuchs von Gräsern und Gestrüpp belegten, dass hier eine landwirtschaftliche Nutzung wegen der Vegetation gar nicht erfolgt sein konnte. Vielmehr habe die östliche Teilfläche nach der Abtorfung als Renaturierungsfläche gedient, so dass sich der Bereich zu einem Moorheide-Stadium von Hoch- und Übergangsmooren entwickelt habe. Die von der Klägerin angesprochenen Feldblöcke ließen keine Rückschlüsse auf naturschutzrechtliche Belange zu. Sie stellten lediglich ein grobräumiges Hilfsmittel zur Agrarförderung dar. Zudem zeige der geringe Kaufpreis von nur 0,29 €/m², dass es sich auch insofern nicht um eine landwirtschaftliche Fläche handeln könne. Gemäß Bodenrichtwertkarte für landwirtschaftliche Nutzflächen für die Landkreise Diepholz und Nienburg habe der Preis für das Jahr 2014 in dem gegenständlichen Gebiet 3,80 €/m² und für Grünland 1,20 €/m² betragen. Für die Einstufung als Moorbiotop spräche, dass das Flurstück im Gebiet des (laufenden) Flurbereinigungsverfahrens Dörpel, Verf.-Nr. 2620, liege und dort als Teil des Donstorfer Moores zur „Wiedervernässung“ ausgewiesen sei.

Die Klägerin hat am 10. März 2016 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Es fehle bereits an einem Moorbiotop. Der Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, indem er sich ausschließlich auf die lediglich deklaratorisch wirkenden und im Übrigen auch tatsächlich verfehlten Biotopkartierungen gestützt habe. Hiervon ausgehend habe er verkannt, dass es sich bei dem Flurstück nicht (mehr) um ein natürliches bzw. naturnahes Moor handele, sondern (allenfalls) um Grünland auf Moorböden. Gegen ein Moorbiotop spreche auch, dass an der westlichen wie östlichen Grenze des Grundstücks schon seit langer Zeit Entwässerungsgräben vorhanden seien, die ihrer Zweckbestimmung entsprechend zu einer Entwässerung der Fläche führten. Unabhängig von dieser Frage habe der Beklagte zudem eine unzutreffende Rechtsgrundlage gewählt.

Die Klägerin beantragt,

die naturschutzrechtliche Anordnung des Beklagten vom 22.09.2015 – – in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 04.02.2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bekräftigt, dass sich der Moorbiotopcharakter des Flurstücks auch darin zeige, dass man bei einer Ortsbesichtigung Anfang des Jahres 2015 habe feststellen können, dass auf den Nachbarflächen die in 2010 festgestellten und kartierten Biotoptypen noch vorlägen. Das betroffene Flurstück sei aus hydrogeologischer Sicht als Moorfläche zu betrachten. Ein durch Meliorationsmaßnahmen und Torfabbau veränderter Wasserhaushalt und Bodenaufbau führe nicht automatisch zum Verlust des Moorcharakters. Ein eingeleitetes Flurbereinigungsverfahren lege Zielflächen, in denen auch das betroffene Flurstück liege, zur Wiedervernässung des Moores fest. Diese Wiedervernässungskulisse sei nur deshalb ausgewählt worden, weil großräumig, einschließlich des streitgegenständlichen Flurstücks, genügend Restmoor vorhanden sei, was eine erfolgreiche Wiedervernässung überhaupt erst ermögliche.

In einem am 12. April 2018 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz reicht der Beklagte ein stratigraphisches Gutachten der Ingenieursgesellschaft für Ökologie, Umweltschutz und Landschaftsplanung Hofer & Pautz GbR, Altenberge, vom 26. März 2018 ein. Es führt aus, dass die Vegetation der streitbefangenen Fläche deutlich erkennen lasse, dass der oligotrophe Standortcharakter des Hochmoores erhalten sei und somit eine Regeneration in Richtung eines Hochmoores unter entsprechenden Moorwasserständen möglich sei. Bei der Fläche handele es sich geologisch wie vegetationskundlich um ein Hochmoor. Die geologische Definition des Moorstandortes verlange eine Schicht von mindestens 30 cm Torf, dessen organische Substanz mindestens 30 % einnehmen müsse. Diese Anforderungen seien im Untersuchungsgebiet überall erfüllt. Auch vegetationskundlich sei das Flurstück als Moor einzuordnen. Die Sukzessionsstadien hätten sich allesamt aus der ehemalig torfbildenden Hochmoorvegetation entwickelt und seien demgemäß dem Standort Hochmoor zuzuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2018 übereinstimmend auf eine erneute mündliche Verhandlung verzichtet haben, entscheidet das Gericht durch den Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Das Gericht entspricht nicht dem Wunsch der Klägerin, eine erneute mündliche Verhandlung durchzuführen. Grundsätzlich ist der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung nicht anfechtbar und grundsätzlich auch nicht widerruflich. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein Beteiligter geltend macht, eine wesentliche Änderung der Prozesslage erfordere unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs die Durchführung der mündlichen Verhandlung, und wenn er einen entsprechenden Antrag stellt. Dann wäre der Verzicht „verbraucht“ (Schoch/Schneider/Bier/Ortloff/Riese, VwGO, § 101 Rn. 12). Eine wesentliche Änderung der Prozesslage ist nicht dadurch eingetreten, dass der Beklagte das Gutachten vom 26. März 2018 in das Verfahren einführte, das seine Schlussfolgerung stützt, dass das Grundstück der Klägerin noch als „Moor“ angesehen werden kann, weil trotz aller Bearbeitungsspuren eine vernässbare Schicht von mindestens 30 cm Torf vorliegt. Die Frage, ob das Grundstück der Klägerin als Moor angesprochen werden kann, war von vornherein Streitgegenstand. Der Beklagte hat hierzu schon vor Abgabe der Verzichtserklärung auf eigene botanische Beobachtungen, die Biotopkartierung, die Erhebungen für das niedersächsische Moorschutzprogramm verwiesen. Vor allem hat die untere Naturschutzbehörde zuletzt in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass unter der bearbeiteten Oberfläche des Grundstücks der Klägerin auf einer stauenden Schicht eine Schicht von Weiß- und Schwarzmoor liegt, die Grundlage für eine Moorregeneration sein kann. Das bestätigt das Gutachten vom 26. März 2018 nur.

Auch der Wunsch der Klägerin, den Gutachter des Beklagten in einer mündlichen Verhandlung zu befragen, kann das Gericht nicht veranlassen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Zwar ist trotz des erklärten Verzichts Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, wenn die Klägerin beantragt hätte, einen gerichtlicherseits bestellten Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens in der mündlichen Verhandlung zu hören (BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2009 – 8 B 56/09 –, Rn. 12, juris). Das hier von der Beklagten vorgelegte Gutachten ist jedoch nicht ein gerichtlich eingeholtes, sondern ein weiteres von dem Beklagten vorgelegtes Dokument, um seine eigene Einschätzung zu bestätigen, dass es sich um ein Moorbiotop auf dem Grundstück der Klägerin handele.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Sie ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene naturschutzrechtliche Anordnung vom 22.09.2015, Az. , rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte kann die Anordnung des Bescheids vom 22. September 2015 gegenüber der Klägerin, jegliche Eingriffsmaßnahmen auf dem Flurstück (z.B. Nutzung als Grünland oder als Acker) zu unterlassen, auf § 3 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) stützen. Das Gericht geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass der Bescheid nicht auch – wie er ausführt – auf § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG gestützt werden kann. Gem. § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßen Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NAGBNatSchG trifft die Naturschutzbehörde die nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes sicherzustellen.

Die Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG wird – jedenfalls in Niedersachsen – nicht durch die Regelung des § 17 Abs. 8 BNatSchG verdrängt.

Grundsätzlich ist es nicht geklärt, ob die als Generalklausel ausgestaltete Vorschrift des § 3 Abs. 2 BNatSchG, die nur gilt „soweit nichts anderes bestimmt ist“, durch § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG verdrängt wird (so für Wiederherstellungsverlangen VG Lüneburg, Urt. v. 18.08.2017 - 2 A 144/16 -, juris Rn. 24 f. m. w. N.; offen gelassen von Nds. OVG, Urt. v. 30.06.2015 - 4 LC 285/13 -, juris Rn. 54; Beschl. v. 24.07.2017 – 4 ME 352/17) und dem Beklagten für seine Anordnung ein Rückgriff auf diese Regelung deshalb verwehrt wird. § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG bestimmt, dass die zuständige Behörde die weitere Durchführung eines (naturschutzrechtlichen) Eingriffs ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige untersagen soll. Selbst wenn das Gericht davon ausgeht, dass die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bundesrechtlich erfüllt sind, ist die Norm nicht anwendbar.

In Niedersachsen ist infolge der Abweichungsgesetzgebung über §§ 5 und 7 Abs. 1 NAGBNatSchG die Anwendung der Eingriffsregelungen ausgeschlossen. Nach § 7 Abs. 1 NAGBNatSchG findet § 17 Abs. 3 BNatSchG keine Anwendung. Nach § 5 NAGBNatSchG sind Veränderungen der Gestaltung oder Nutzung von Grundflächen und Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die nicht von einer Behörde durchgeführt werden und die keiner behördlichen Zulassung oder Anzeige nach anderen Rechtsvorschriften als der des § 17 Abs. 3 BNatSchG bedürfen, abweichend von § 14 BNatSchG kein Eingriff. Mangels des für Niedersachsen ausgeschlossenen Eingriffs ist – zu Gunsten der Klägerin unterstellt – auch die Rechtsgrundlage des § 17 Abs. 8 BNatSchG ausgeschlossen, nach der begonnene und noch nicht abgeschlossene Eingriffe (i.S.d. der bundesgesetzlichen Vorgabe) untersagt werden sollen. Niedersachsen sieht in diesem Bereich nur für geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 22 Abs. 4 NAGBNatSchG eine Genehmigung vor, was hier jedoch nicht einschlägig ist (VG Oldenburg, Urt. v. 30.08.2017 – 5 A 2892/14 –, Rn. 29, juris). Das Gericht geht hierbei davon aus, dass die Abweichung des § 7 Abs. 1 NAGBNatSchG überhaupt verfassungsgemäß ist (vgl. zu den gravierenden Bedenken: VG Oldenburg, Urt. v. 30.08.2017, a.a.O. Rn. 31).

Im Übrigen dürfte dann, wenn wie hier, lediglich noch andauernde Störungen unterbunden werden sollen, ohnehin eine darauf abzielende Maßnahme auf das Verschlechterungsverbot der Generalklausel des § 3 Abs. 2 BNatSchG zu stützen sein (Endres, in: Frenz/Müggenborg, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2016, § 30 Rn. 11; ebenso VGH München, Beschl. v. 09.08.2012 - 14 C 12.308 -, Rn. 10, juris; VG Oldenburg, Urt. v. 30.08.2017, a.a.O. Rn. 29).

Der Beklagte war für die Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG sachlich gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 NAGBNatSchG sowie örtlich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) zuständig.

Die Klägerin wurde gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) angehört, indem ihr mit Schreiben vom 13.08.2015 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 3 NAGB-NatSchG sind erfüllt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 NAGBNatSchG trifft die Naturschutzbehörde die nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes sicherzustellen.

Nach § 30 Abs. 1 BNatSchG werden bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz). Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von Mooren führen, verboten.

Das Grundstück der Klägerin ist Moor im Sinne von § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. § 30 Abs. 1 BNatSchG zählt das Moor zu den Biotopen mit besonderer Bedeutung. Ein Biotop ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG ein „Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pflanzen“. Unter einem Moor-Lebensraum sind zu verstehen (nach Endres, in: Frenz/Müggenborg, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2016, § 30 Rn. 17):

„… vom Regen- oder Mineralbodenwasser abhängige Lebensgemeinschaften auf Torfböden in natürlichem oder naturnahem Zustand einschließlich bestimmter Degenerations- und Regenerationsstadien. Überwiegend waldfreie Formationen aus moortypischer Vegetation. Dazu gehören: Hoch- und Übergangsmoore einschließlich Moorwälder, z. B. aus Birke (Betula pubescens, B. carpatica), Waldkiefer (Pinus sylvestris), Spirke (Pinus rotundata), Latsche (Pinus mugo), Fichte (Picea abies), ferner Schwingrasen, Moorkolke, regenerierende Torfstiche, pfeifengras-, zwergstrauch- und moorbirkenreiche Hochmoordegenerationsstadien, weiterhin intakte, völlig oder überwiegend unbewaldete Niedermoore (z. B. Seggenriede, Röhrichte, Weidenbüsche auf Torfböden) sowie Komplexe aus diesen Einheiten (Utricularietea intermediominoris, Scheuchzerio-Caricetea nigrae p. p., Oxycocco-Sphagnetea, Vaccinio-Piceatea p. p.).“

Unter den Biotopschutz nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG fallen Moore, die sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befinden. Anders als für andere in § 30 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 BNatSchG aufgeführte Biotope beschränkt der Wortlaut von Nr. 2 der Regelung den Biotopschutz zwar nicht ausdrücklich darauf (das Folgende nach Nds. OVG, Urteil vom 30. Juni 2015 – 4 LC 285/13 –, Rn. 44, juris). Dass sich der Biotopschutz nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht auf Moore erstreckt, die sich nicht mehr in einem naturnahen Zustand befinden, ist anhand der Anlage zur Begründung des Gesetzentwurfs, der dem Bundesnaturschutzgesetz 2002 zugrunde liegt, zu ersehen, in der die einzelnen Biotoptypen definiert und erläutert werden. Moore werden dort als „vom Regen- oder Mineralboden wasserabhängige Lebensgemeinschaften auf Torfböden in natürlichem oder naturnahem Zustand einschließlich bestimmter Degenerations- und Regenerationsstadien“ beschrieben (BT-Drs. 14/6378, S. 66). In einem solchen naturnahen Zustand befindet sich aber das Grundstück der Klägerin.

Dafür, dass das betroffene Grundstück der Klägerin als Moor anzusehen ist, sprachen schon ungeachtet des Gutachtens vom 26. März 2018 zahlreiche Indizien:

-Die Fläche wird in der auf der Grundlage von § 30 Abs. 7 BNatSchG und § 14 Abs. 9 NAGBNatSchG erfolgten Biotopkartierung des Beklagten aus dem Jahr 2010 mit der Teilfläche Ost als „Moorheidestadium von Hochmooren“ und mit der Teilfläche West als „entwässertes Moor“, und dabei jeweils als „noch renaturierungsfähige degradierte Hochmoore“ ausgewiesen. Zwar kann allein ein Eintrag in das Verzeichnis der geschützten Teile von Natur und Landschaft keine öffentliche Urkunde darstellen, die gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen und somit für das Vorhandensein des Biotops begründet. Doch kommt der Registrierung des Biotops als eine von sachkundigen Mitarbeitern einer Naturschutzbehörde erstellte Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten jedenfalls ein erheblicher Indizienwert für das Vorhandensein eines Biotops zu (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2015 - 4 ME 270/15, Rn. 5 f., juris). § 30 Abs. 7 BNatSchG regelt die Verpflichtung, die gesetzlich geschützten Biotope zu registrieren. Die Registrierung hat allerdings nur deklaratorischen Charakter, weil der Schutz der Biotope unmittelbar durch das Gesetz erfolgt. Daher hat die Kenntnis oder Unkenntnis des Betroffenen von der Registrierung keinen Einfluss auf die Biotopeigenschaft (vgl. Endres, in: Frenz/Müggenborg, Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), 2. Aufl. 2016, § 30 Rn. 29).
-Die Fläche der Klägerin ist Bestandteil des Niedersächsischen Moorschutzprogramms. Sie liegt innerhalb des Moors Nr. 11 B „Das Mittlere Wietingsmoor“ (http://www.nlwkn.niedersachsen.de/naturschutz/biotopschutz/moorschutzprogramm/das-niedersaechsische-moorschutzprogramm-116062.html).

Der Einwand der Klägerin, den Beklagten treffe hinsichtlich der Klärung der Moor-Eigenschaft eine Ermittlungspflicht aus § 24 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG), der er nicht entsprochen habe, folgt das Gericht nicht. Die den Beklagten treffende Ermittlungspflicht bedeutet nicht, dass er bei jedem registrierten Biotop vor Erlass einer naturschutzrechtlichen Anordnung erneut den Nachweis seines Bestehens führen muss. Vielmehr kommt der durch sachkundige Mitarbeiter einer Naturschutzbehörde vorgenommenen Dokumentation der natürlichen Gegebenheiten - wie sie der Beklagte vorliegend erstmalig aktenkundig im Jahr 2010 vorgenommen hat - ein erheblicher Indizienwert für das Vorhandensein eines Biotops zu. Aufgrund dieser Indizwirkung wäre der Beklagte im Rahmen der ihn treffenden Ermittlungs- und Nachweispflichten nur dann gehalten gewesen, vor Erlass einer naturschutzrechtlichen Anordnung zum Schutz eines Biotops erneute Ermittlungen zu dessen Vorliegen anzustellen, wenn Anhaltspunkte vorgelegen hätten, dass die Biotop-Eigenschaft unabhängig von dem festgestellten beeinträchtigenden Ereignis verlustig gegangen wäre (Nds. OVG, Beschl. v. 04.12.2017, a.a.O. Rn. 4).

Seit der Biotopkartierung 2010 hat sich der Bodencharakter auf dem Grundstück der Klägerin nicht entscheidend geändert. Die von dem Beklagten vorgelegten Luftbildaufnahmen aus den Jahren 2011 und 2014 zeigen denselben Baumbestand auf dem gegenständlichen Flurstück. In unmittelbarer Nachbarschaft des Grundstücks stellte die Naturschutzbehörde des Beklagten eine moortypische Vegetation fest. Nachforschungen in der Nachbarschaft des Grundstücks der Klägerin erbrachten nach den Erkundungen der Naturschutzbehörde, dass über einer stauenden Fläche eine der Regeneration als Moor dienende Weiß- und Schwarzmoorschicht liegen müsse.

Die bereits auf starke Indizien gestützte Einschätzung des Grundstücks der Klägerin als Moor wird bestätigt durch das nach der mündlichen Verhandlung erstellte Gutachten der Ingenieursgesellschaft für Ökologie, Umweltschutz und Landschaftsplanung Hofer & Pautz GbR, Altenberge, vom 26. März 2018. Danach lässt die Vegetation des Grundstücks der Klägerin deutlich erkennen, dass der oligotrophe Standortcharakter des Hochmoores erhalten ist und somit eine Regeneration in Richtung eines Hochmoores unter entsprechenden Moorwasserständen möglich ist. Der Gutachter stellt über einer ca. 1 m tiefen stauenden Schicht eine ca. 30 cm starke Torfschicht fest. Seine Schlussfolgerung, damit sei das Flurstück als Moor einzuordnen, teilt das Gericht.

Dies entspricht auch der bodenkundlichen Betrachtung. Danach werden Moore als „hydromorphe Böden mit über 3 dm mächtigem Torfhorizont und starken Reduktionsmerkmalen des Mineralkörpers“ definiert (Scheffer/Schachtschnabel, Lehrbuch der Bodenkunde, 16. Auflage, Berlin/Heidelberg 2016, S. 343). Diesen Anforderungen wird die Bodenschichtung auf dem Grundstück der Klägerin gerecht. Voraussetzung für den Biotopschutz als Moor ist nicht, worauf die Klägerin abstellt, dass sich auf der Fläche bereits sämtliche Merkmale eines voll ausgebildeten „intakten“ Moorbodens zeigen, sondern es genügt (auch bodenkundlich), dass das Moor noch in einem „naturnahen“ Zustand ist, mit anderen Worten noch die Fähigkeit besitzt, im Sinne eines natürlichen Moores regenerationsfähig zu sein. Diese Eignung hat der Beklagte bereits in der mündlichen Verhandlung angesprochen. Für die Regeneration genügt, was offensichtlich ist, eine Wiedervernässung des Grundstücks (möglichst gemeinsam mit den Nachbargrundstücken) unter Einschluss des Verschließens der Entwässerungsgräben, wie es der Beklagte auch plant. Wenn von den sechs Bohrungen des Gutachters zwei (Bohrungen D und E) bei einer Teufe von 1 m nicht den für die Moorgeneration erforderlichen stauenden (Lehm-) Boden antrafen, schließt das die Regeneration nicht aus. Die Mooreigenschaft hängt nicht davon ab, dass ein durchgehend stauender Untergrund (im Sinne einer „Betonwanne“ bei einem Hausbau) erforderlich ist. Wenn die vollständige Regeneration einen Zeitraum von mehr als 100 Jahre bedarf, hebt das den naturnahmen Zustand des Moores nicht auf.

Damit kann der Einwand der Klägerin, zum Zeitpunkt des Umbruchs habe kein Biotop mehr vorgelegen, weil das Flurstück bereits zuvor als Ackerfläche genutzt worden sei und damit kein sich in einem natürlichen oder naturnahen Zustand befindliches Moor mehr bestanden habe (wie im Falle des Nds. OVG, Urt. v. 30.06.2015, a.a.O. Rn. 44), nicht durchgreifen.

Die Indizienwirkung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das betroffene Grundstück in dem Kaufvertrag als „Landwirtschaftsfläche“ bzw. als „Feldblock“ in dem Referenzsystem für die Flächenidentifizierung durch die Nds. Landwirtschaftskammer bezeichnet wird. Beide Einschätzungen sind nicht das Ergebnis einer naturschutzfachlichen Bewertung durch fachkundige Stellen wie den Beklagten. Im Übrigen wird an anderer Stelle im Kaufvertrag von „nicht bebauten Moor- und Grünlandflächen“ gesprochen. Die laut Landesamt für Geoinformation festgehaltene „tatsächliche Nutzung“ des Grundstücks mit 0 m² Moor und 10919 m² Ackerland“, bewertet als „10919 m² Geringstland“ besagt nichts zu der naturschutzrechtlichen Einordnung.

Gegen eine vor dem streitgegenständlichen Umbruch stattgefundene Ackernutzung, wie sie die Klägerin behauptet, sprechen andere Indizien: Das Grundstück

-wechselte zu einem bedeutend geringerem Kaufpries als Ackerland den Eigentümer;
-ist im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens als Gebiet zur „Wiedervernässung vorgesehen,
-wird im Liegenschaftskataster des beklagten Landkreises als „Moor“ und „Geringstland“ geführt.

Überdies belegt die fehlgeschlagene Einsaat des Grundstücks durch die Klägerin mit Gerste im Jahre 2014 die fehlende Eignung zur landwirtschaftlichen Nutzung.

Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der gelisteten Biotope führen können, verboten. Das damit ausgesprochene weitgehende Veränderungsverbot geht deutlich über die Eingriffsregelung hinaus und ähnelt dem Schutzregime in Naturschutzgebieten (Endres, in: Frenz/Müggenborg, Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), 2. Aufl. 2016, § 30 Rn. 6).

Unter Zerstörung ist die vollständige oder teilweise Vernichtung der Gebietssubstanz oder einzelner Bestandteile zu verstehen, wie z.B. die Aufforstung oder Beweidung von Feuchtwiesen (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, Stand 2016, § 23 BNatSchG Rn. 17; Heugel, in: Lütkers/Ever, BNatSchG, Kommentar, 2011, § 23 Rn. 12; Appel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 23 Rn. 38). Demgegenüber ist unter dem Begriff der sonstigen Beschädigung eine erhebliche Beeinträchtigung zu verstehen, die im Gegensatz zur Zerstörung nicht zu einem Verlust, wohl aber zu einer Verminderung des Wertes und der Eignung als Lebensraum für die dort zu findenden Lebensgemeinschaften von Tier- und Pflanzenarten führt (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. II, Stand 2016, § 23 BNatSchG Rn. 17; Heugel, in: Lütkers/Ever, BNatSchG, Kommentar, 2011, § 23 Rn. 12; Appel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 23 Rn. 39). Ausreichend ist die Möglichkeit der Beeinträchtigung, es ist nicht erforderlich, dass der Erfolg sicher eintreten wird (vgl. Hendrischke/Kieß, in: Schlacke, GK-BNatSchG, Stand 2017, § 30 Rn. 35 m.w.N). Die auf dem Grundstück der Klägerin vorgenommene Abholzung sowie der Umbruch des Erdbodens stellen eine physische Beseitigung bzw. Umgestaltung des Moorbiotops dar und sind unter Rückgriff auf die bereits zur allgemeinen Eingriffsregelung gemachten Ausführungen wenigstens als erhebliche Beeinträchtigung zu bewerten.

Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Maßnahmen vorgenommen bzw. diese wurden ihr zurechenbar vorgenommen. Sie ist demnach Handlungsstörerin. Daneben übte sie als Pächterin des Flurstücks zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügungen auch die tatsächliche Sachherrschaft über dieses aus und ist somit ebenfalls Zustandsstörerin, mithin richtige Adressatin der Anordnung.

Die Beeinträchtigung des Moores ist auch nicht gerechtfertigt, selbst wenn die Bearbeitung des Bodens erfolgte, um das Grundstück landwirtschaftlich zu nutzen. Nach § 14 Abs. 2 BNatSchG (modifiziert durch § 5 NAGBNatSchG) ist zwar die landwirtschaftliche Bodennutzung nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Diese sog. Landwirtschaftsklausel findet aber bei Handlungen im Sinne des § 30 Abs. 2 BNatSchG keine Anwendung, vgl. VGH München (Beschl. v. 09.08.2012, a.a.O., Rn. 19):

„Soweit der Antragsteller (nunmehr) vortragen lässt, seine Eigentümerbefugnisse würden unangemessen beschränkt, da er eine landwirtschaftliche Nutzung des Geländes zur Gewinnung von Heu beabsichtige und hierfür die vorhandene Zufahrt für die Bewirtschaftung der Fläche nicht geeignet sei, da sie zum Abtransport des Heus zu eng und der vorhandene Hang zu steil sei, ist dem bereits entgegenzuhalten, dass die sogenannte Landwirtschaftsklausel der § 5 und § 14 Abs. 2 BNatSchG sowie Art. 3 und Art. 6 Abs. 4 BayNatSchG die landwirtschaftliche Bodennutzung nicht von den Anforderungen des gesetzlichen Biotopschutzes freizustellen vermag, da § 30 BNatSchG insoweit (wohl) eine vorrangige und speziellere Regelung darstellt (Hendrischke/Kieß in Schlacke, a.a.O., RdNr. 18 zu § 30 m.w.N.). Hinzu kommt, dass Veränderungen der Form und Gestalt von geschützten Grundflächen, die eine landwirtschaftliche Nutzung erst ermöglichen bzw. sinnvoll gestalten sollen, von der im Gesetz bestimmten Privilegierung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bodennutzung nicht erfasst werden (BayVGH, Urteil vom 8.11.1999 Az. 9 B 96.3273 <juris> RdNr. 21 unter Hinweis u.a. auf BVerwG, Beschluss vom 14.4.1998 NuR 1989, 342).“

Dem schließt sich das Gericht an.

Für eine Ausnahme von dem Beeinträchtigungsverbot nach § 30 Abs. 1, 2 BNatSchG i.V.m. § 30 Abs. 3 BNatSchG oder eine Befreiung von dem Verbot nach § 67 Abs. 1 BNatSchG ist nichts ersichtlich.

Die durch § 3 Abs. 2 BNatSchG eröffnete Ermessensentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Er hat nach pflichtgemäßen Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes sicherzustellen. Das Ermessen (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 40 VwVfG) ist - wie bereits der Wortlaut nahelegt - in keiner Weise gebunden oder intendiert. Es gelten somit die allgemeinen Anforderungen an die Ermessensausübung (BVerwG, Urt. v. 01.09.2016 – 4 C 4/15 –, BVerwGE 156, 94-102, Rn. 27). Ermessen hat der Beklagte aber in einem gerade noch ausreichenden Maße ausgeübt, wie die Begründung des Bescheids vom 22. September 2015 auf Seite S. 3 und 4 ausweist.

Der Bescheid ist auch im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG) hinreichend bestimmt. Er muss zum einen den Adressaten in die Lage versetzen zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zum anderen eine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung darstellen. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 –, Rn. 13 f, juris m. w. N., sowie Nds. OVG, Beschl. v. 29.11.2017 - 11 ME 268/17 -, Rn. 8, juris). Der Beklagte hat seine Anordnung mittels Klammerzusatzes „z.B. Nutzung als Grünland oder als Acker“ im Tenor sowie durch nähere Ausführungen im Begründungsteil des Verwaltungsaktes hinreichend konkretisiert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.